3.14. |
Eine genetische Untersuchung sollte angeboten werden, wenn eine familiäre bzw. individuelle Belastung vorliegt, die mit einer mindestens 10%igen Mutationsnachweiswahrscheinlichkeit einhergeht. Dies trifft zu, wenn in einer Linie der Familie
mindestens 3 Frauen an Brustkrebs erkrankt sind
mindestens 2 Frauen an Brustkrebs erkrankt sind, davon 1 vor dem 51. Lebensjahr
mindestens 1 Frau an Brustkrebs und 1 Frau an Eierstockkrebs erkrankt sind
mindestens 2 Frauen an Eierstockkrebs erkrankt sind
mindestens 1 Frau an Brust- und Eierstockkrebs erkrankt ist
mindestens 1 Frau mit 35 Jahren oder jünger an Brustkrebs erkrankt ist
mindestens 1 Frau mit 50 Jahren oder jünger an bilateralem Brustkrebs erkrankt ist
mindestens 1 Mann an Brustkrebs und eine Frau an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind
Es ist eine angemessene Bedenkzeit vor Durchführung der Diagnostik zu beachten. |
B |
|
27
|
EK/2a für Mutationswahrscheinlichkeit |
3.15. |
Die Beratung soll eine partizipative Entscheidungsfindung ermöglichen. Diese setzt eine umfassende Information der Frau und die Klärung und Einbeziehung der Präferenzen der Frau in den Entscheidungsprozess voraus. Evidenzbasierte Entscheidungshilfen können die Entscheidungen der Frauen verbessern. Bei der Risikoberatung vor genetischer Testung sollten insbesondere folgende Inhalte berücksichtigt werden:
Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Mutation
Erkrankungsrisiken bei positivem Befund
Nutzen und Schaden präventiver und therapeutischer Optionen einschließlich der Option, nichts zu tun
Wahrscheinlichkeit falsch negativer Befunde
Bedeutung der genetischen Testung für die Familienangehörigen
Nach Erhalt des Genbefundes sollten bei der Risikoberatung vor dem Angebot präventiver Maßnahmen insbesondere folgende Inhalte vertieft werden:
Erkrankungsrisiko in Abhängigkeit vom genetischen Befund, Alter und Begleiterkrankungen (natürlicher Verlauf)
Wahrscheinlichkeit für falsch positive und falsch negative Testergebnisse der intensivierten Früherkennung
Nutzen der präventiven Optionen (intensivierte Früherkennung, prophylaktische Operationen, medikamentöse Therapien) hinsichtlich Mortalitätsreduktion, Morbiditätsreduktion und Lebensqualität
Risiken der präventiven Optionen einschließlich Langzeitfolgen
konkurrierende Risiken, Prognose und Therapierbarkeit im Falle eines Krankheitseintrittes ohne präventive Maßnahmen unter Berücksichtigung des spezifischen Erscheinungsbildes des genetisch definierten Tumorsubtyps
ggf. Risiken für assoziierte Tumoren
psychoonkologische Beratungsangebote
|
EK/1a für Verbesserung der Entscheidung
28
,
29
,
30
,
31
,
32
,
33
|
3.16. |
a) BRCA1-assoziierte Mammakarzinome weisen häufig einen charakteristischen histopathologischen und immunhistochemischen Phänotyp auf:
invasives Karzinom mit medullären Eigenschaften
G3-Morphologie
Östrogenrezeptor-, Progesteronrezeptor- und HER2-Negativität (triple-negativ)
|
2a für histopath. Charakteristika |
b) Bei Vorliegen dieser Charakteristika sollte vom Pathologen auf die Möglichkeit eines erblichen Hintergrunds hingewiesen werden. |
EK |
3.17. |
Bei Patientinnen mit einer pathogenen BRCA1/2-Mutation (IARC class 4/5) sollte und bei Patientinnen mit einem verbleibenden Lebenszeitrisiko von ≥ 30% kann eine intensivierte Früherkennung unter Hinzunahme des MRT nur im Rahmen einer transparenten Qualitätssicherung und entsprechender Evaluation erfolgen.
Die zusätzliche Mammografie ab dem 40. Lebensjahr sollte im Rahmen einer transparenten Qualitätssicherung und entsprechender Evaluation erfolgen.
|
|
3.18. |
a)
Die operative Therapie des BRCA-assoziierten Mammakarzinoms richtet sich nach den Leitlinienempfehlungen für das sporadische Mammakarzinom.
Die Mastektomie hat keinen Überlebensvorteil im Vergleich zur brusterhaltenden Therapie.
Die medikamentöse Therapie des BRCA-assoziierten Mammakarzinoms richtet sich nach den Leitlinienempfehlungen für das sporadische Mammakarzinom.
b) Es gibt Hinweise darauf, dass eine platinhaltige Chemotherapie im Vergleich zu einer Standard-Chemotherapie zu einem besseren Therapieansprechen führen kann. |
|
|
34
,
35
,
36
,
37
,
38
,
39
|
3.19. |
Gesunde Frauen mit einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation haben ein lebenszeitlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Mammakarzinoms.
Bei gesunden Frauen mit einer pathogenen BRCA1- oder BRCA2-Genmutation führt die beidseitige prophylaktische Mastektomie zu einer Reduktion der Brustkrebsinzidenz. Eine Reduktion der brustkrebsspezifischen Mortalität bzw. der Gesamtmortalität durch die beidseitige prophylaktische Mastektomie ist nicht ausreichend gesichert.
Daher setzt eine Einzelfallentscheidung für oder gegen eine bilaterale prophylaktische Mastektomie stets fallbezogen eine umfassende Aufklärung und ausführliche multidisziplinäre Beratung über potenzielle Vor- und Nachteile eines solchen Eingriffs mit Berücksichtigung der möglichen Alternativen voraus.
|
2a |
|
26
,
40
,
41
,
42
,
43
,
44
,
45
,
46
,
47
,
48
|
3.20. |
Frauen mit einer pathogenen BRCA1- oder BRCA2-Mutation haben ein lebenszeitlich erhöhtes Risiko für ein Ovarialkarzinom, Tubenkarzinom und/oder ein primäres Peritonealkarzinom.
Bei gesunden Frauen mit einer pathogenen BRCA1- oder BRCA2-Genmutation führt die prophylaktische Adnexektomie zu einer Reduktion der Ovarialkarzinominzidenz und der Gesamtmortalität. Daher soll die prophylaktische beidseitige Salpingo-Oophorektomie fallbezogen im Rahmen einer umfassenden, multidisziplinären Beratung über potenzielle Vor- und Nachteile eines solchen Eingriffs und unter Berücksichtigung fehlender effektiver Früherkennungsmöglichkeiten diskutiert und empfohlen werden.
|
2a |
|
40
,
44
,
49
,
50
,
51
,
52
|
3.21. |
Bereits an Brustkrebs erkrankte Frauen mit einer pathogenen BRCA1- oder BRCA2-Genmutation haben ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines kontralateralen Mammakarzinoms. Dieses Risiko hängt u. a. ab vom betroffenen Gen und dem Ersterkrankungsalter und ist bei der Beratung zu berücksichtigen.
Bei Frauen mit einer pathogenen BRCA1- oder BRCA2-Genmutation führt die kontralaterale, sekundär prophylaktische Mastektomie zu einer Reduktion des kontralateralen Karzinomrisikos. Bei der Indikationsstellung zur kontralateralen sekundär prophylaktischen Mastektomie soll die Prognose des Erstkarzinoms berücksichtigt werden.
Bei Patientinnen mit einer pathogenen BRCA1- oder BRCA2-Genmutation führt die prophylaktische Adnexektomie zu einer Reduktion der brustkrebsspezifischen Mortalität und zu einer Erhöhung des Gesamtüberlebens.
|
2a |
|
27
,
53
,
54
,
55
,
56
,
57
,
58
,
59
,
60
|
3.22. |
Bei Frauen ohne nachgewiesene BRCA1- oder BRCA2-Genmutation ist der Nutzen einer prophylaktischen oder sekundär prophylaktischen kontralateralen Mastektomie nicht nachgewiesen. |
2a |
|
55
,
61
,
62
|
3.23. |
Der Kontakt zur Krebsselbsthilfe sollte gesunden sowie erkrankten Frauen und Männern mit erhöhten Risiken angeboten werden, um ihrem Wunsch nach weiteren Informationen nachzukommen und sie in ihrem Recht auf Selbstbestimmung zu bestärken. Sie sollen unterstützt werden:
bei Verdacht auf familiäre Belastung
im Kontext der Gentestung
vor prophylaktischen Maßnahmen
Entsprechende schriftliche Informationsmaterialien sollten vorgehalten werden. |
EK |