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. 2020 Apr 27;47(4):179–189. [Article in German] doi: 10.1055/a-1159-5562

Tab. 1. Charakteristika und Ergebnisse von Studien zu psychosozialen Folgen von Quarantänemaßnahmen bei schwerwiegenden Coronavirus-Ausbrüchen vor der COVID-19-Pandemie (n = 13).

Studie und Publikationsjahr Studienteilnehmer Studienort Studiendesign Quarantänemaßnahme untersuchte psychosoziale Faktoren Erhebungsinstrumente Hauptergebnisse
Bai et al. 2004 22 338 Krankenhaus-mitarbeiter (12,1 % von Quarantäne betroffen, 51 % Frauen)
mittleres Alter: 39,1±9,4
Hua-Lien, Taiwan Querschnittstudie aufgrund von möglichem Kontakt zu SARS-Patienten,
Quarantäne für 9 Tage
u. a. Kriterien für akutes Stresssyndrom, Stigmatisierung durch Umfeld, Ängstlichkeit selbstdesignter Fragebogen, nach DSM-IV-Kriterien für akutes Stresssyndrom Die Quarantäne erwies sich als der am stärksten assoziierte Faktor für die Entwicklung eines akuten Stresssyndroms. Die unter Quarantäne stehende Gruppe zeigte im Vergleich zur Gruppe ohne Quarantäne signifikant höhere Werte bei Erfahrungen von Stigmatisierung und Ablehnung durch das Umfeld.
Cava et al. 2005 24 21 Personen (76 % Frauen);
Alter: 85,7 % 25–64 Jahre; 9,5 % > 65 Jahre; 4,8 % < 24 Jahre
Toronto, Kanada qualitativ im Rahmen des SARS-Ausbruchs 2003, mittlere Dauer: 9 Tage individuell unterschiedlich, da qualitative Interviews semistrukturiertes Leitfadeninterview Belastungen umfassten Angst um die eigene Gesundheit, Langeweile, negative Effekte bzgl. der Isolation von Mitmenschen und Stigmatisierung. V. a. Stigmatisierungserfahrungen wurden auch noch nach der Quarantänezeit erlebt. Bleibende Verhaltensänderungen, wie häufiges Händewaschen oder Meiden von Menschenmengen.
DiGiovanni et al. 2004 27 1509 Einwohner Torontos (43 direkt von Quarantäne betroffen);
195 Angestellte im Gesundheitswesen (keine Angabe zu Alter und Geschlecht)
Toronto, Kanada Mixed methods 10 Tage abzüglich der vergangenen Zeit zu vermutetem SARS-Kontakt Stress, allg. emotionale Reaktionen, Stigmatisierung Interviews, Telefonumfragen, Fokusgruppen Quarantäne in Allgemeinbevölkerung: 37,2 % berichteten von emotionalen Problemen wie Angst, Einsamkeit, Schlaflosigkeit und depressiven Symptomen im Zusammenhang mit der Quarantäne. 39,5 % waren zudem von Stigmatisierungserfahrungen betroffen.
Angestellte im Gesundheitswesen: 39 % berichteten von relevantem Stress während der Quarantäne, 68 % von Stigmatisierungserfahrungen.
Hawryluck et al. 2004 23 129 Personen (Geschlecht: keine Angabe)
Alter: 63,3 % 26–45 Jahre; 25,1 % 46–65 Jahre; 8,6 % 18–25 Jahre; 3,1 % > 66 Jahre
Toronto, Kanada Querschnittstudie freiwillige Heimquarantäne aufgrund von möglichem Kontakt zu SARS; mediane Dauer: 10 Tage PTBS und depressive Symptome PTBS: IES-R (Cut-off: ≥ 20; Max.: 88)
depressive Symptome: CES-D (Cut-off: ≥ 16; Max.: 60)
Hohe Prävalenz von PTBS (28,9 %) und depressiven Symptomen (31,2 %). Niedriges Einkommen wurde mit höheren Werten in beiden Scores assoziiert. Längere Dauer der Quarantäne ( ≥ 10 Tage) zeigte ein erhöhtes Risiko für PTBS-Symptome.
Jeong et al. 2016 17 1656 Personen
(57 % Frauen);
Alter: 43,9 ± 19,2
Südkorea Längsschnittstudie 14-tägige Quarantäne aufgrund von direktem Kontakt zu bestätigten MERS-Patienten Wut und Ängstlichkeit Wut: koreanischer Version des STAXI (Cut-off: ≥ 14)
Ängstlichkeit: GAD-7 (Cut-off: ≥ 10)
Während der Isolation: 7,6 % Symptome von Ängstlichkeit; 16,6 % Symptome von Wut. 4–6 Monate nach der Isolation: 3,0 % Symptome von Ängstlichkeit und 6,4 % Symptome von Wut. Die Prävalenz von Ängstlichkeit konnte somit als wieder normalisiert betrachtet werden. Risikofaktoren für beide untersuchten Größen zeigten sich u. a. schlechte Versorgung (mit Lebensmitteln, Haushaltswaren etc.), vorbekannte psychiatrische Erkrankungen und finanzielle Einbußen während der Quarantäne.
Liu et al. 2012 18 549 Krankenhausmitarbeiter aus Peking (19 % von Quarantäne betroffen; 76,5 % Frauen);
Alter: 35 % 36–45 Jahre; 33 % ≤ 35 Jahre; 32 % ≥ 46 Jahre
Peking, China Querschnittstudie Heim- oder Arbeitsquarantäne aufgrund von Kontakt zu SARS-Patienten oder Entwicklung von SARS-Symptomen; mediane Dauer: 14 Tage Symptome einer Depression, Symptome einer PTBS depressive Symptome: CES-D (3 Gruppen: 1. < 16, 2. 16–24, 3. ≥ 25)
PTBS: IES-R (Cut-off: ≥ 20)
Starke Assoziation zwischen dem Erleben einer Quarantäne und Ausprägung depressiver Symptome nach 3 Jahren. 59,5 % der Personen mit CES-D ≥ 25 waren von Quarantäne betroffen.
Maunder et al. 2003 26 Mitarbeiter eines Krankenhauses in Toronto (genaue Zahl nicht angegeben, keine Angabe zu Alter und Geschlecht) Toronto, Kanada qualitativ freiwillige 10-tägige Quarantäne aufgrund von potenziellem Kontakt mit SARS individuell unterschiedlich, da qualitative Interviews unstrukturiertere qualitative Interviews Mitarbeiter unter Quarantäne berichteten Bedenken bezüglich ihrer persönlichen Sicherheit, einer möglichen Ansteckungsgefahr für Familienmitglieder, Stigmatisierung, zwischenmenschlicher Isolierung, Ängstlichkeit, Wut und Frustration.
Mihashi et al. 2009 19 187 Personen (Mitarbeiter einer Druckerei sowie Mitarbeiter und Studierende einer Universität und Angehörige; 62,6 % Männer); Alter: 26,3±8 Peking, China Querschnittstudie SARS-bedingte Isolation großer Gebiete Pekings, Dauer unbekannt allg. psychische Störungen GHQ-30 (Cut-off: ≥ 7) 26,2 % zeigten 7–8 Monate nach der Quarantänemaßnahme Symptome einer psychischen Störung. Prädiktive Faktoren waren männliches Geschlecht, beschränkte Aktivitäten, eingeschränkte Lebensmittelversorgung und in besonderem Maße eine Reduktion des Einkommens.
Reynolds et al. 2008 20 1057 Kontaktpersonen potenzieller SARS-Fälle (63 % Frauen); Alter: 49,2 ± 15,7 Kanada Querschnittstudie Dauer im Durchschnitt 8,3 Tage (2–30 Tage) Symptome einer PTBS, Compliance PTBS: IES-R (Cut-off: ≥ 20; Max.: 88) 14,6 % zeigten PTBS-Symptome. Prädiktive Faktoren waren eine längere Quarantänedauer, die Ausübung eines medizinischen Berufs, Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Quarantänemaßnahmen als auch eine vollständige Umsetzung der Maßnahmen. Hohe Prävalenzen von sozialer Isolation (60,6 %), Frustration (58,5 %), Wut (28,6 %) und Angst (22,4 %). Geringe vollständige Compliance (15,8 %); höher, wenn die Gründe für die Quarantäne bewusst waren.
Robertson et al. 2004 25 10 Angestellte aus dem medizinischen Sektor (60 % Frauen); Altersrange: 25–58 Jahre Toronto, Kanada qualitativ 10-tägige Heimquarantäne oder Umsetzung besonderer Schutzmaßnahmen bei der Arbeit aufgrund von Kontakt zu SARS individuell unterschiedlich, da qualitative Interviews semistrukturierte qualitative Interviews Benannte Emotionen waren Angst, Frustration, Wut und Kontrollverlust. Die Notwendigkeit von klarer Information und Unterstützung wurde hervorgehoben. Auch Stigmatisierungserfahrungen wurden erlebt.
Sprang, Silman 2013 28 398 Eltern (25 % von Quarantäne betroffen, 78 % Frauen); Durchschnittsalter: 37 Jahre (Range: 18–67 Jahre) USA, Mexiko und Kanada gemischte Erhebungsverfahren Teilnehmende aus Gebieten, die besonders von H1N1 bzw. SARS betroffen waren; Quarantänedauer nicht angegeben Symptome einer PTBS PCL-C (Cut-off: > 25) für Eltern, Elternversion des PTBS-RI („klinischer Cut-off)“ für Kinder 25 % der Eltern und 30 % der Kinder unter Quarantäne zeigten relevante PTBS-Symptome; signifikant höher als die der Vergleichsgruppe ohne Quarantäne. Eltern mit relevanten PTBS-Symptomen hatten in 85,7 % auch ein Kind mit PTBS-Symptomen. Prädiktive Faktoren für die Entwicklung von PTBS-Symptomen bei Eltern waren weibliches Geschlecht und junges Alter.
Wu et al. 2009 21 549 Krankenhausmitarbeiter (19 % von Quarantäne betroffen, 76,5 % Frauen); Alter: 47,1 % 36–50 Jahre; 33,8 % ≤ 35 Jahre; 19,1 % ≥ 51 Jahre Peking, China Querschnittstudie Arbeits- oder Heimquarantäne unklarer Länge aufgrund von Kontakt zu SARS Symptome einer PTBS PTBS: IES-R (Cut-off: ≥ 20; Max.: 88) Die Gruppe unter Quarantäne zeigte ein signifikant höheres Risiko, PTBS- Symptome zu entwickeln als die Gruppe ohne Quarantäne.
Yoon et al. 2016 29 6231 Personen (keine Angabe zu Alter und Geschlecht) Südkorea Fallstudie Quarantäne aufgrund von MERS, Dauer unbekannt emotionale Störungen wie Depression es wurden Schlüsselfragen zur Ermittlung depressiver Symptome gestellt Prävalenz emotionaler Störungen wie Depression: 19,3 %. Davon benötigten 28,7 % weitere psychologische Betreuung durch lokale Community Mental Health Center

CES-D = Center for Epidemiologic Studies Depression Scale; DSM-IV = Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders; GAD-7 = Generalizied Anxiety Disorder Scale-7; GHQ-30 = General Health Questionnaire, 30-Item-Version; H1N1 = Influenza-A/H1N1-Virus, „Schweinegrippe“; IES-R = Impact of Event Scale, revidierte Form; MERS = Middle East Respiratory Syndrome; OR = Odds ratio; PCL-C = PTSD Check List Civilian Version; PTSD = Posttraumatic stress disorder; PTSD-RI = University of California at Los Angeles Posttraumatic Stress Disorder Reaction Index; SARS = Severe acute respiratory syndrome; STAXI = State-Trait Anger Expression Inventory