Kommunikation in der Praxis. Die digitale Kommunikation liegt voll im Trend - von der praxisinternen WhatsApp-Gruppe über Videosprechstunde bis zur Teambesprechung via Zoom. Ist das tatsächlich alles schick oder vielleicht sogar manchmal schädlich? Mehr zu Chancen und Stolperfallen rund um die Anwendungen zur digitalen Kommunikation.
Mails, Text- und Sprachnachrichten sind auch in Arztpraxen beliebt. Ihr Vorteil ist ganz klar die Geschwindigkeit, mit der gut eingespielte Teams Fragen stellen und klären können. Immer vorausgesetzt, der Griff zum Handy in der Kitteltasche passt in das Hygienekonzept.
Die Schnelligkeit der Kommunikation hat allerdings auch Nachteile. Was man kurz und knapp formuliert, kann besonders hart und unfreundlich wirken. Dagegen helfen freundliche Emojis, die zum Instant-Messaging gehören wie das Wetter zum Smalltalk. Andererseits können die Bildchen auch für Missverständnisse sorgen. Was ist ironisch gemeint, was nicht?
Wann geeignet und wann nicht
Der schnelle digitale Weg von Handy zu Handy ist vor allem für Themen ratsam, die nicht diskutiert werden müssen, also zum Beispiel eindeutige kurze Informationen wie Terminerinnerungen, Themen der Teambesprechung oder der Hinweis "Hitzefrei ab 14 h". Weniger gut geeignet sind Absprachen: "Wer kann morgen XY vertreten?" Auch umstrittene Themen oder solche, zu denen Informationsbedarf bestehen könnte, sollten eher im direkten Kontakt angesprochen werden.
Mehrere Zeitungen berichteten Anfang des Jahres über einen Pfaffenhofener Zahnarzt, der einen COVID-19-Impftermin für sich und seine Mitarbeiterinnen ausgemacht hatte. Die Angestellten bekamen eine WhatsApp-Nachricht mit dem Termin und dem Hinweis: "Wer die Impfung nicht möchte, wird ohne Gehalt von der Arbeit freigestellt." Ergebnis waren ein Shitstorm und ein (inzwischen eingestelltes) Strafverfahren. Inhalt und Form der Benachrichtigung haben es in sich - eine Teambesprechung mit sachlich geführter Diskussion hätte vermutlich weniger Aufregung und mehr Erfolg ausgelöst.
Im direkten Kontakt mit anderen Menschen nimmt man ganz nebenbei auch Intonation, Gestik, Mimik und Körperhaltung wahr. Wichtige Informationen, die in Mitarbeitergesprächen genauso wertvoll sind wie in der Beratung von Patienten. Gehaltsgespräche oder die bevorstehende Kündigung - das sind Themen, die wirklich nur im Notfall digital besprochen werden sollten.
Grundsätzlich kann eine Sprachnachricht den persönlichen Face-to-face-Kontakt nicht ersetzen. Eine Textnachricht mit "Happy Birthday" ist gut, aber ein individueller Glückwunsch plus Blumenstrauß und Geburtstagskarte wird von vielen Menschen auch heute noch als größeres Zeichen von Wertschätzung empfunden.
Das Team fragen
Instant-Messaging kann das Team vor ein paar kleine Herausforderungen stellen. Es fängt schon mit der Anrede an. In den sozialen Medien ist das Du die übliche Ansprache. Ist das im Team auch so gewollt?
Bevor man anfängt, Nachrichten zu verschicken, ist zu klären, ob überhaupt alle Gruppenmitglieder mit der App-Nutzung auf ihren privaten Handys einverstanden sind. Was, wenn jemand kein Smartphone hat? Und wer soll/darf eigentlich an der Gruppenkommunikation teilnehmen? Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Auch Reinigungskräfte, Praktikanten oder Angestellte mit befristeten Verträgen? Führen lange AU-Zeiten oder ein Mutterschutz zum Ausschluss? Wo beginnt das Mobbing, wenn über nicht anwesende Dritte kommuniziert wird? In großen Teams können mehrere Gruppen sinnvoll sein.
Am besten legt man sich von Anfang an einen inhaltlichen Rahmen fest. Was soll eigentlich gepostet werden - und was nicht? Es nervt, wenn in einer beruflichen Gruppe ungefragt süße Katzenbilder oder Kochrezepte verschickt werden. Anders blöd ist es, wenn niemand die App nutzt - oder nur für AU-Meldungen (mit vielen Tränen-Smileys). Auch über den zeitlichen Rahmen der Kommunikation muss gesprochen werden: Nicht jeder im Team freut sich über berufliche Nachrichten in der Freizeit.
Für Teambesprechungen muss man sich - technisch gesehen - nicht an einem Tisch treffen, eine Videokonferenz ermöglicht den Austausch ebenso. Oder fast: Erfahrungsgemäß gibt es immer Konferenzteilnehmer, deren Kamera angeblich oder wirklich nicht funktioniert, so dass statt Gesicht eine schwarze Kachel sichtbar ist. Möglicherweise möchte sich hier jemand unauffällig mit anderen Dingen beschäftigen, manche Menschen haben aber auch Hemmungen, das eigene Gesicht über den Bildschirm freizugeben. Im echten Meeting ist eine aktive Teilnahme jedenfalls eher sichtbar.
Welche App nutzen?
Nicht erst seit der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) warnen die verschiedensten Experten davor, ausgerechnet WhatsApp einzusetzen. Heißt das im Umkehrschluss, dass Apps wie Threema, Stashcat oder Signal tatsächlich sicher sind? Diese Frage muss der Anwender - die Praxisführung also - für jede genutzte Software und streng genommen nach jedem Software-Update entscheiden.
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer haben im Juni den Leitfaden "Datenschutz und IT-Sicherheit in der Zahnarztpraxis" neu aufgelegt (Download: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/za/datenschutzleitfaden.pdf). Auch hier gibt es allerdings keine gezielten Empfehlungen für oder gegen bestimmte Apps. Allgemein wird dazu geraten, die Datenschutzeinstellungen möglichst restriktiv zu handhaben. Sinnvoll sind end-to-end verschlüsselte Messengerdienste. Konkret sollten keine Apps benutzt werden, die pauschalen Zugriff auf die Kontaktdaten fordern. Die Realität zeigt sich übrigens, wenn man "Zahnarzt" und "WhatsApp" in eine Suchmaschine eingibt. Offensichtlich nutzen viele Praxen diese App.

Videosprechstunde und Videofallkonferenzen
Per Video können Zahnärztinnen und Zahnärzte natürlich nicht diagnostizieren und behandeln, aber Sie und Ihre Mitarbeitenden können sichten und beraten. Ein echter Vorteil für Menschen mit pandemiebedingten Einschränkungen, mit kleinen Kindern oder großen beruflichen Anforderungen!
Über die technischen und Abrechnungsmöglichkeiten von Telekonsil, Videosprechstunde und Videofallkonferenz informiert die KZBV (https://www.kzbv.de/videosprechstunden-und-videofallkonferenzen.1396.de.html) auch als pdf-Broschüre.
Das Angebot eines Erstkontakts per Videosprechstunde ist nicht nur interessant für Menschen, die in der Mobilität eingeschränkt sind. Auch Angstpatienten könnte ein erstes Kennenlernen per Video leichter fallen als in der Praxis. Der Zeitaufwand dafür muss allerdings passen.
Nach einem größeren Eingriff freut sich wohl jeder Patient, wenn er den Heilungsverlauf mit dem Zahnarzt vom eigenen Sofa aus besprechen kann.
Auch ein Heil- und Kostenplan kann per Video erklärt und besprochen werden. Natürlich sind auch Zweitmeinungen möglich.
Messengerdienste - was ist rechtlich relevant?
Nachgefragt bei Walburga van Hövell (www.lennmed.de). Die Rechtsanwältin berät und vertritt schwerpunktmäßig in den Bereichen Datenschutz- sowie Medizinrecht.
WhatsApp nicht für die Übermittlung von Patientendaten zu nutzen, versteht sich - hoffentlich - von selbst. Aber ist die Nutzung einer WhatsApp-Praxis-Gruppe zur internen beruflichen Kommunikation erlaubt? Um es vorwegzunehmen: Nein. Das Problem dabei ist, dass WhatsApp zu Facebook und damit zu einem amerikanischen Unternehmen gehört, das nicht dem gleichen Datenschutzniveau verpflichtet ist wie in der EU ansässige Unternehmen. So ergeben sich im Wesentlichen folgende datenschutzrechtliche Problemstellungen:
Übermittlung von Kontakten aus dem Adressbuch des Nutzers an WhatsApp
Übermittlung personenbezogener Daten in die USA
Nutzung personenbezogener Daten durch WhatsApp
Übermittlung von Nutzerdaten an andere Unternehmen des Facebook-Konzerns
Unverschlüsselte Backups
Aus den genannten Gründen ist der Einsatz von WhatsApp im Praxisalltag rechtlich nicht zulässig. Gleiches gilt für andere Messengerdienste, die nicht DSGVO-konform sind. Die Nutzung datenschutzgerechter Alternativen (z. B. Threema oder Hoccer) ist zulässig, teilweise aber kostenpflichtig. Verantwortlich für den datenschutzgerechten Einsatz eines Messengerdienstes ist im Übrigen der Praxisinhaber, sofern er diesen Kommunikationskanal als Arbeitgeber vorgibt. Auch bezüglich der Kommunikation mit Patienten ist der Datenschutz zu beachten. So kann beispielsweise bei der Terminvergabe ein entsprechendes Online-Portal eingesetzt werden, solange dies der DSGVO entspricht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang zudem, mit dem Portal einen sogenannten Auftragsverarbeitungsvertrag zu schließen! Was die sonstige Kommunikation mit Patienten betrifft, ist darauf zu achten, ob die Kontaktaufnahme zur Durchführung der Behandlung bzw. des Behandlungsverhältnisses notwendig ist; dies ist ohne die Einwilligung des jeweiligen Patienten möglich. Sollte aber eine anderweitige Kontaktaufnahme gewünscht sein (Recall, Übersendung Weihnachtsgrüße), so bedarf es dafür der ausdrücklichen Einwilligung des betreffenden Patienten.
WhatsApp-Nutzung im Arbeitsvertrag festlegen?
Nachgefragt bei Rechtsanwalt Marius Luciano (www.lennmed.de), Master of Laws Medizinrecht (Düsseldorf). Er berät und vertritt schwerpunktmäßig in den Bereichen Arbeits- sowie Medizinstrafrecht. Gerade im Strafrecht ist er zudem über den Kanzleialltag hinweg als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW tätig.
Die Verarbeitung von Mitarbeiterdaten durch den Arbeitgeber aufgrund des Einsatzes von WhatsApp oder anderen Apps bedarf der Einwilligung. Dabei gilt das sogenannte Koppelungsverbot. Die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Datenverarbeitung darf nicht im Wege des Arbeitsvertragsschlusses abverlangt werden.
Hintergrund ist, dass die Einwilligung in die Datenverarbeitung freiwillig erfolgen muss (Art. 7 Abs. 4 DSGVO). Der sogenannte EG 43 konkretisiert das: Eine Einwilligung gilt jedenfalls dann nicht als freiwillig erteilt, wenn die Erfüllung eines Vertrags von der Einwilligung abhängig gemacht wird, obwohl das für die Erfüllung nicht erforderlich ist. Mit Blick auf das Beispiel "WhatsApp" ist davon auszugehen, dass die Erforderlichkeit für die Arbeitsvertragserfüllung nicht gegeben ist.
Eine solche Einwilligung wäre also unwirksam, und selbst wenn sie wirksam wäre, wäre der Vorteil für den Arbeitgeber nicht von Dauer, da die Einwilligung in die Datenverarbeitung gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO jederzeit widerruflich ist. Besagte Einwilligung sollte daher stets individuell vereinbart werden, um unwirksame Klauseln zu vermeiden, die nicht nur keinen Vorteil bringen, sondern sogar die Gefahr eines Bußgeldes (Art. 88 Abs. 5 DSGVO) bergen.
So viel Liebe überall.
Zwinker-Smiley und Hallo! Der Ton in E-Mails und Geschäftsbriefen hat sich gründlich geändert. Die sozialen Medien hinterlassen ihre Spuren. Wie salopp aber darf es wirklich werden - und was folgt daraus für Zahnarztpraxen und ihre Patientenansprache? Zwei Expertinnen geben Auskunft.
Kurzer Selbsttest: Sie bekommen einen Brief, der mit "Hochachtungsvoll" endet. Was denken Sie? A) Oh, alte Schule, aber schön. B) Ups, schon wieder Behördenpost? C) Hochachtungsvoll? - Du mich auch!
Wer hat Recht? Alle. Denn wie so oft in der Sprache gilt: Es kommt auf den Kontext an. Noch vor 30, 40 Jahren wurde "Hochachtungsvoll" in der Schule als valide Abschiedsformel gelehrt. Inzwischen gilt es als aus der Zeit gefallen, allenfalls noch für Behörden tauglich, manchmal sogar als verächtlich. "Mit 'Hochachtungsvoll' können Sie beispielsweise Verärgerung, Ironie oder Ablehnung zum Ausdruck bringen", heißt es auf der Webseite der Gesellschaft für deutsche Sprache. Unter gegenparteilichen Anwälten werden angeblich schon mal solch vergiftete Grüße verschickt. Andererseits: Manch ein Arzt schließt noch mit absolut ernst gemeinter "kollegialer Hochachtung", und das Protokoll Inland des Bundesinnenministeriums empfiehlt sogar "Mit vorzüglicher Hochachtung" als Formel der Wahl, würde jemand zum Beispiel die französische Botschafterin in Berlin anschreiben wollen.
Sonnige Grüße aus Bottrop
Ein Wort, so viele Möglichkeiten, und es wird noch komplizierter. Wer im Berufsleben Briefe oder wichtige E-Mails verschicken muss, zermartert sich immer wieder mal den Kopf: Wie schreibe ich den Herrn Professor oder die Frau Professorin korrekterweise an? Wie Kundin oder Patientin? Wie verabschiede ich mich: Mit freundlichen Grüßen? Beste Grüße? Liebe Grüße? Sonnige Grüße aus Bottrop oder Grüße aus dem sonnigen Bottrop?
Das Problem ist gar nicht, dass es keine offizielle Norm gibt. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann einfach nachschlagen in der "DIN 5008 Schreib- und Gestaltungsregeln für die Text- und Informationsverarbeitung". Die wird regelmäßig aktualisiert vom Normenausschuss Informationstechnik und Anwendungen, der bis hin zur Schreibweise von IBAN-Nummern alle möglichen Regeln festlegt, mit denen man in der Bürokorrespondenz nichts falsch machen kann.
Aber vielleicht auch nicht alles richtig. Denn wo bleibt da die individuelle Freundlichkeit? Genau darin besteht jedoch in der Unternehmenssprache die Kunst: seinen ganz eigenen Ton zu finden.
Sprache prägt die Wahrnehmung
"Sprache ist immer Ausdruck von Persönlichkeit, und sie ist damit ein Instrument, das die Wahrnehmung von uns prägt", erläutert Prof. Dr. Silke Hahn, Dozentin für Unternehmenskommunikation und Inhaberin der Agentur PR-Wording in Königswinter. "In der Unternehmenskommunikation sprechen wir vom 'Impression Management': der Steuerung von Wahrnehmung über Sprache."
Dafür entwickelten tatsächlich immer mehr Firmenchefs und Firmenchefinnen ein Bewusstsein und Strategien, beobachtet Hahn, auch im klein- und mittelständischen Bereich. Für die Zahnarztpraxis bedeute dies, dass es lange reichte, mit Logo, Praxiskleidung und Farbgebung einen stimmigen Auftritt zu schaffen. Heute komme die Sprache dazu, mit der sich die Praxis auf Webseite, Instagram oder in E-Mails präsentiere.
Dein Freund, die Bank
Im Alltag fällt auf: Gerade in Mails an Kunden, Auftraggeber und Kollegen geht es mittlerweile sehr munter drunter und drüber, der Ton wird locker, der Inhalt verbindlicher. Was vor 20 Jahren noch als No-Go galt, fällt heute fast nicht mehr auf. Zum Anfang wird geliebt ("Liebe Brigitte"), zum Abschied geherzt ("Ganz liebe Grüße", "Herzliche Grüße"), dazwischen dekorieren Smileys und Emojis den Text. Weitaus nicht jeder handhabt das so, und nicht immer ist das strategiegetrieben und zielgerichtet, oft aber schon: Haben zuerst schwedische Möbelhäuser, kiezige Fitnessstudios oder Carsharing-Plattformen sich den Kunden per Du als vermeintliche Freunde angedient, versuchen sich jetzt erste Banken und Energieversorger am Duzen. Faustregel: Je jünger Absender oder Adressaten, je hipper und internationaler die Branche, desto flockiger die Umgangsformen. Aber eine Regel ist auch das nicht.
Das Verständnis von Sprache und ihrer Funktion habe sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert, erklärt Sprachwissenschaftlerin Silke Hahn. "Früher gab es das klassische Sender-Empfänger-Modell, in dem Sprache vor allem informationsorientiert verstanden wurde. Heute läuft sprachliche Gestaltung viel komplexer ab. Die Unternehmenskommunikation ist zielgruppenorientiert, die Beziehungsebene zu den Empfängern relevanter, und es gibt immer mehr Kommunikationskanäle." Konkret heißt das: "Wenn ich sprachlich an die Empfänger heranrücke, kann das ein Wettbewerbsvorteil sein, vor allem, wenn sich in meinem Markt Dienstleistungen oder Produkte angleichen." Die Ansprache von Kundinnen oder Patienten macht dann den Unterschied. "Formelle Sprache bedeutet Distanz, wenn ich Kunden erreichen will, muss ich also Bedürfnisse und Beziehungen neu denken."
Emojis überbrücken die Distanz
Einen mächtigen Schub haben die Sozialen Medien dieser Entwicklung gegeben, wie die internationale Marketing-Expertin Sabine Nemec betont. "Seit 2004 Facebook gegründet wurde, hat sich unser Kommunikationsverhalten stark geändert. Wir haben es uns angewöhnt, kurze Texte zu verfassen, weil niemand Lust und Zeit hat, zum Beispiel auf WhatsApp lange Nachrichten zu schreiben. Wir arbeiten mit Abkürzungen, und wir arbeiten mit Emojis, weil sie unsere Emotionen über die körperliche Distanz hinweg übermitteln", erklärt die Trainerin, die auch im FVDZ zahlreiche Seminare leitet. "Wenn ich nur mit dem Handy kommuniziere, fehlen Informationen. Der andere sieht nicht meine Körpersprache, Gestik und Mimik fehlen. Das birgt Stoff für Missverständnisse. Emojis können diese Lücke auffüllen."
Das ist schon mal die erste Botschaft, die die beiden Expertinnen Praxisinhaberinnen und -inhabern auf den Weg geben möchten: Emojis sind in der Patientenansprache grundsätzlich okay, in den Sozialen Medien gehören sie ohnehin dazu. "Emojis sind ein Scroll-Stopper", sagt Silke Hahn. "Die Interaktionsrate in den Sozialen Medien lässt sich mit ihnen nachweislich steigern. Allerdings würde ich empfehlen, nicht die immer gleichen bekannten Emojis zu verwenden, sondern solche herauszusuchen, die zur Zahnarztbranche und den Praxiszielen passen. Dann sind sie nicht beliebig, sondern wertvoll."
In Mails und Briefen lieber vorsichtig
"In einen Brief würde ich Emojis niemals setzen", ergänzt Sabine Nemec. "Erst wenn man mit jemandem regelmäßig schreibt und den anderen besser einschätzen kann, kann man eine eigene Ebene zu der Person finden und der Ton entsprechend lockerer werden." Überhaupt empfehlen Hahn und Nemec, gerade zu Beginn einer Mail- oder Geschäftskorrespondenz auf jeden Fall die Form zu wahren: Wen man nicht kennt, der wird gesiezt und im Zweifel immer noch mit "Sehr geehrte Frau x" oder "Sehr geehrter Herr y" angesprochen. Oder mit neutraleren Formeln wie "Guten Tag, Frau y" oder "Guten Morgen, Herr x". Korrekte Rechtschreibung und Kommasetzung seien ein Zeichen von Professionalität und deshalb immer ein Muss.
Es sei übrigens ein Trugschluss, dass die jüngere Generation unbedingt eine "funky und lustige" Ansprache wünsche, sagt Linguistin Silke Hahn. "Ich bin immer überrascht, dass manche Dinge bei meinen Studierenden die gleichen Störgefühle auslösen wie bei mir." Die exzessive Nutzung von Ausrufungszeichen zum Beispiel oder ein aufgedrängtes "Du", das nicht der Beziehungsebene zwischen den Kommunikationspartnern entspricht.
Tschö mit ö
Was aber gut gehe, seien Abschiedsgrüße mit Verweis auf Ort oder Wetter wie "Schöne Grüße nach Berlin" oder "aus dem trüben München", sagt Sabine Nemec. Oder man könne Dialektsprache einfließen lassen, wenn der in der Region üblich sei. "Das hat Humor und bleibt im Kopf. Denn darum geht es doch, bei unserer Kommunikation: Wir wollen den Leuten als wohlwollend, sympathisch und kompetent in Erinnerung bleiben."
Noch mehr Tipps für die Praxis:
Du oder Sie?
Sabine Nemec: "Grundsätzlich ist es eine Frage der Praxismarke: Wer sind wir? Eher die Sie-Typen oder die Du-Typen? Auf Webseiten bleiben die meisten Zahnarztpraxen eher beim "Sie" oder beim "man". Social Media ist aber für Praxen ein Muss, wenn sie die jungen Leute erreichen wollen, und wer hier reinpassen möchte, sollte in der Ansprache das "Du" verwenden. Wer sich damit unwohl fühlt, kann auf das plurale Du ausweichen, also "Ihr" oder "Euch". Die Ansprache kann auch je nach Situation wechseln: Suche ich Mitarbeiterinnen, verwende ich das "Du", spreche ich meine Patienten an, das "Sie".
Wie lässig darf es werden?
Silke Hahn: "Die Grenzen werden immer da gesteckt, wo am Sprechakt Beteiligte sich unwohl fühlen. Ein Du muss nicht verbinden, sondern kann beim Gegenüber auch Störgefühle auslösen. Es gibt das sehr bekannte Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun, nach dem jede Botschaft vier Seiten hat: Information, Selbstkundgabe, Appell, Beziehung. Wenn wir über lässigere Sprache reden, tangiert das die Selbstkundgabe (= Schaut her - ich bin locker und niederschwellig) und die Beziehungsebene zwischen Sender und Empfänger. Lässigkeit kann je nach Art dieser Beziehung zur Entspannung beitragen oder im Gegenteil irritieren, verunsichern, vielleicht sogar verärgern."
Wie finde ich meine passende Sprache?
Silke Hahn: "Jede Zahnärztin, jeder Zahnarzt muss für sich herausfinden: Wer bin ich in meinem Beruf? Jede Praxisinhaberin und jeder Inhaber braucht einen Kern, eine Markenidentität, zu der auch die Sprache passt. Wenn Sie sich zu einer sprachlichen Handlung zwingen, die nicht zu Ihnen passt, halten Sie es nicht durch. Für Social-Media-Auftritte meine Empfehlung: Setzen Sie eine insta-affine Mitarbeiterin dran, die sich ansieht, wie andere Praxen auftreten. Was passt zu Ihnen? Und: Fragen Sie doch einfach mal Ihre Patientinnen und Patienten, wie sie angesprochen werden möchten."
Wie kann eine Praxis ihren Standard halten?
Sabine Nemec: "Um in der schriftlichen Kommunikation einen roten Faden zu verfolgen, kann es hilfreich sein, Vorlagen für bestimmte Standardmails anzufertigen, die die Mitarbeiterinnen in Teilen individualisieren können. Achten Sie bei jeder Korrespondenz darauf, dass die Sätze vollständig sind und die Rechtschreibung stimmt. Lassen Sie immer gegenlesen. Im Notfall helfen professionelle Lektorinnen und Lektoren."
Fallstricke im Zusammenhang mit der Praxiswebseite .
Rechtliche Aspekte. Visuell ansprechend, intuitiv bedienbar, agil, mobile-friendly, gut lesbar, SEO-optimiert - das sind die Mindestanforderungen, die eine Webseite gegenwärtig aufweisen sollte. Das Netz ist voller Tipps und Leitfäden zur Webseitengestaltung, und auch Webdesign-Agenturen muss man nicht lange suchen.
Was aber sind die rechtlichen Aspekte, die bei einem Webseiten-(Re-)Launch zu beachten sind? Worauf sollte, insbesondere bei einem Webdesign-Vertrag, geachtet werden, und welche Fallstricke gilt es zu beachten. Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick zu diesem Thema bieten und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass man sich informieren und ggf. rechtlich beraten lassen sollte, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Von der Idee zur Praxiswebsite
Ausgangspunkt ist - im Idealfall - eine Idee, vielmehr eine Vision, von der Außendarstellung der eigenen Praxis im Web. Doch schon zu Anfang sind wichtige Weichen zu stellen: Gibt es einen Unternehmensnamen (Praxisname)? Unter welcher Domain soll die Webseite abrufbar sein? Gibt es ein Logo? Wenn ja, ist es noch zeitgemäß oder sollte es verändert werden? Welcher Webseitentyp soll umgesetzt werden? Welcher Webhosting-Anbieter soll den erforderlichen Speicherplatz auf Basis welcher Technologie zur Verfügung stellen? Was ist, wenn der Webdesigner zu spät liefert? Was passiert, wenn der Webdesigner Bilder, Texte oder Anwendungen verwendet, ohne hierzu berechtigt zu sein?
Rechtlich übersetzt geht es dabei um Fragen zur Verletzung von Namensrechten oder gar Markenrechten, zum Urheberrecht und entsprechenden Nutzungsrechtseinräumungen, Mietrecht (ja, Sie lesen richtig!), Werkvertrag, Internet-System-Vertrag, Vertragsrecht, allgemeingesetzliche und/oder spezialgesetzliche Haftungsregelungen, Datenschutzrecht etc.
Nicht ohne Grund sollten die mit einem Webdesigner oder einer Webdesign-Agentur abgesprochenen Punkte schriftlich und umfassend fixiert werden. Je klarer die Regelungen zu den essenziellen Punkten des Vertrages sind, desto geringer ist das potenzielle Konfliktrisiko zwischen den Vertragsparteien. Wir alle sind manchmal geneigt, Verträge zu überfliegen und mit einem gedanklichen "Wird schon passen!" zu unterschreiben. Diesen Fehler sollte man hier nicht machen. Es gilt mehr denn je: Erst lesen, dann unterschreiben!
1. Internetdomain
Zu prüfen ist einerseits, ob die angedachte Domain noch verfügbar ist, und andererseits, ob diese Domain im konkreten Fall so genutzt werden kann, dass Rechte Dritter nicht verletzt werden.
Eine Domainabfrage kann für die Top-Level-Domain .de über die Webseite der DENIC eG erfolgen. Eine Rechtsverletzung kann sich u. a. daraus ergeben, dass die Domain gegen das Namensrecht eines Dritten verstößt oder ein markenrechtlich geschütztes Kennzeichen eines Dritten enthält.
2. Webhosting
Wann immer eine Webseite im Web einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll, ist Webhosting erforderlich. Beim Webhosting stellt der Provider seinen Kunden Speicherplatz auf seinem Webserver zur Verfügung und sorgt dafür, dass die dort gespeicherte Webseite unter einer bestimmten Domain an das Internet angebunden ist und damit für jeden Internetnutzer angerufen werden kann.
Das BGB kennt keinen "Webhosting-Vertrag". Ein solcher Vertrag wird regelmäßig als sogenannter typengemischter Vertrag qualifiziert, da der Provider unterschiedliche Leistungen erbringen muss und sich der Vertrag faktisch aus verschiedenen gesetzlichen Vertragstypen zusammensetzt. Maßgeblich ist der individuelle Vertragsgegenstand des jeweiligen Vertrages, der immer anhand der Umstände des Einzelfalls ermittelt wird.
Die Einordnung ist keine juristische Haarspalterei, sondern hat konkrete praktische Auswirkungen auf Ihren Vertrag. Ist der Vertrag bspw. als Werkvertrag zu qualifizieren, schuldet der Vertragspartner die Herstellung eines mängelfreien Werkes. Die Vergütung ist gemäß § 641 Abs. 1 S. 1 BGB erst bei Abnahme des Werkes fällig. Andererseits stellt die Abnahme des Werks eine Hauptleistungspflicht dar und kann sogar, sollte der Besteller hier zu träge sein, fingiert werden. sogenannte Abnahmefiktion gemäß § 640a BGB. Ist der Vertrag hingegen als Dienstvertrag zu qualifizieren, wird lediglich die Arbeitsleistung und kein bestimmter Erfolg geschuldet. Zudem stehen dem Auftraggeber keine Gewährleistungsrechte zu.
3. Webdesign-Vertrag
Wenn die Gestaltung der Webseite in professionelle Hände gegeben wird, gilt es, einen entsprechenden Vertrag zu unterschreiben, der in der Regel "Webdesign-Vertrag" genannt wird. Auch bei diesem Vertrag, den es als solchen im BGB nicht gibt, handelt es sich regelmäßig um einen typengemischten Vertrag, da der Webdesigner/die Agentur diverse Leistungen zu erbringen hat, die verschiedenen gesetzlichen Vertragstypen zugeordnet werden können. Auch hier kommt es auf den Schwerpunkt des Vertrages an, wobei regelmäßig ein Werkvertrag angenommen wird (vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - Az. VII ZR 133/10).
Klassischerweise wird ein Webdesign-Projekt nach der sogenannten Wasserfallmethode entwickelt, wonach das Projekt in aufeinanderfolgende Phasen organisiert ist. Bei dieser Methode, die ein relativ hohes Maß an Planungssicherheit bietet, ist es empfehlenswert, dem Vertrag ein sogenanntes Lasten- und Pflichtenheft beizufügen und zur Basis des Vertrages zu machen. Achten Sie darauf, dass Ihre Vorgaben klar und detailliert nachlesbar sind und die Leistungsbeschreibung präzise Ihre Vorgaben von der Struktur und Funktionalität der Webseite - über Social Plugins oder bis hin zur Suchmaschinenoptimierung (SEO OnSite-/OffSite-Optimierung), Programmiersprachen etc. -widerspiegelt. Auch sollte der Vertrag Regelungen zu den Leistungsphasen (Konzeptphase, Entwurfsphase, Fertigstellungsphase), zur Vergütung, zu Nutzungsrechtseinräumungen (Logo etc.), Laufzeit des Vertrages und Kündigungsregelungen enthalten.
Mehr und mehr bieten Webdesigner aber auch die agile Softwareentwicklung an, die sich dadurch auszeichnet, dass die Entwicklungsarbeit in sogenannten Sprints erfolgt, und die in den Sprints entwickelten Teillösungen in relativ kurzen Zeitabständen mit dem Auftraggeber besprochen werden. Die Weiterentwicklung erfolgt dann auf dem direkten Feedback und im nachfolgenden Sprint. Bei dieser Methode billigt der Auftraggeber dem Webdesigner mehr Freiräume bei der Entwicklung und Umsetzung zu, wird im Gegenzug aber auch mehr in die Entwicklung einbezogen und Änderungen fließen "agil" in den Entwicklungsprozess ein. In diesem Fall ist es besonders wichtig, dass Sie bereit sind, sich aktiv in den Entwicklungsprozess einzubringen und tatsächlich regelmäßig das Arbeitsergebnis zu beurteilen. Insbesondere diese Einbeziehung und die Möglichkeit einer Kündigung sind dann wichtige Elemente, die im Vertrag geregelt werden müssen.
Für welches Modell man sich entscheidet, ist reine Geschmackssache. Sie müssen für sich herausfinden, welche Vorgehensweise Ihnen eher zusagt.
4. Berufsrechtliche Besonderheiten
Bei der Erstellung der Texte sind die Grundsätze und Besonderheiten des (zahn)ärztlichen Werberechts zwingend zu berücksichtigen, da hier besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit von Werbeaussagen gestellt werden.
Da bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Werbemaßnahme verschiedene rechtliche Regelungen zu beachten sind und sich die Einzelfälle als vielschichtig erweisen, ist es ratsam, die Texte der Webseite auf ihre werberechtliche Zulässigkeit im Lichte berufsrechtlicher Vorschriften, Regelungen des UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb), des HWG (Heilmittelwerbegesetz) und des MarkenG (Markengesetzes) anwaltlich prüfen zu lassen.
5. Pflichtangaben
Hier ist es wichtig, dass das Impressum die Vorgaben des Telemediengesetzes (TMG) erfüllt, insbesondere die spezifischen Pflichtangaben für (Zahn-)Ärzte vollständig vorgehalten werden. Unter anderem muss ein Impressum Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, zur zuständigen Kammer, zu den anwendbaren berufsständischen Regelungen und zur Berufshaftpflichtversicherung enthalten. Bitte beachten Sie, dass die Impressumspflicht auch für geschäftlich genutzte Social-Media-Accounts gilt.
Sofern personenbezogene Daten auf der Webseite verarbeitet werden - das ist regelmäßig schon dann der Fall, wenn jemand Ihre Webseite aufruft - muss die Webseite eine Datenschutzerklärung, die insbesondere den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) entspricht, enthalten.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, sowohl das Impressum als auch die Datenschutzerklärung anwaltlich erstellen oder prüfen zu lassen. Ein fehlerhaftes Impressum oder eine fehlerhafte Datenschutzerklärung können kostenpflichtig abgemahnt werden.
Rechtsanwältin Bita Foroghi, LLM. oec. verantwortet bei lennmed.de Rechtsanwälte die Bereiche Wettbewerbs-, Marken-, Urheber- und Persönlichkeitsrecht. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind die außergerichtliche Interessenvertretung, insbesondere in wettbewerbsrechtlichen Belangen und im Bereich Reputationsschutz, sowie die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen in sämtlichen Bereichen des gewerblichen Rechtschutzes.
Die Schweigepflicht ist schnell gebrochen .
In der Strafbarkeitsfalle. Eine schlechte Google-Bewertung und darauf eine unbedachte Antwort - das kann schon reichen, um die zahnärztliche Schweigepflicht zu verletzen. Drei Beispiele und was Zahnärztinnen und Zahnärzte beachten sollten.
Zahnärzte zählen zum Kreis der Berufsgeheimnisträger. Aus strafrechtlicher Sicht bedeutet dies, dass ein Zahnarzt gemäß § 203 StGB mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft wird, wenn er ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis offenbart, das ihm als Zahnarzt anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist. Nun mag man meinen, dass das Risiko einer Schweigepflichtverletzung leicht vermeidbar ist. Nahezu jeder Zahnarzt und jede Zahnärztin werden für sich in Anspruch nehmen, noch nie mit Blick auf Berufsgeheimnisse in "Plauderlaune" geraten zu sein. Hier drei Beispiele, die zeigen: Es lauern regelrechte Strafbarkeitsfallen.
Beispiel eins: der minderjährige Patient in der Praxis
Ein 16-jähriger, einwilligungsfähiger Junge sucht seinen Zahnarzt für eine Behandlung auf, da ihm bei einer Prügelei ein Schneidezahn abgebrochen ist. Er möchte nicht, dass seine Eltern davon erfahren, da ihm die Sache peinlich ist. Bei Behandlungsbeginn erkundigt er sich daher, ob diese die Bruchstelle sehen werden. Die Eltern erfahren trotzdem von der Behandlung, und da sich der Sohn ausschweigt, fragen sie beim Zahnarzt nach, der daraufhin Auskunft erteilt, da er das für pädagogisch sinnvoll hält.
Exkurs: Neben der Dreieckskonstellation Minderjähriger-Eltern-Zahnarzt bei der Schweigepflicht ist diese noch bei der Einwilligung in die Heilbehandlung von praktisch hoher Relevanz. So muss sich der Leistungserbringer vor jeder Intervention von deren Einwilligungsfähigkeit überzeugen, um sich nicht wegen Körperverletzung strafbar zu machen. Problematisch: Es gibt keine starren Altersgrenzen, weshalb auch Einwilligungs- und Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB) auseinanderfallen können. Der Minderjährige kann im Einzelfall wirksam in die Behandlung einwilligen und trotzdem keinen wirksamen Behandlungsvertragsschluss herbeiführen. Fehlt wiederum die Einwilligungsfähigkeit, kann er trotzdem gegen bestimmte Interventionen ein Veto einlegen, dessen Verhältnis zu der dann elterlich erklärten Einwilligung umstritten ist.
Zurück zum Fall. Der Zahnarzt hätte den Eltern des 16-Jährigen keinesfalls Auskunft erteilen dürfen. Die wohlgemeinte Hilfestellung des Zahnarztes ist tatsächlich eine Straftat, was sich an den einzelnen Tatbestandsmerkmalen nachvollziehen lässt. Das "Geheimnis" liegt hier in der zahnärztlichen Behandlung als Folge der Prügelei, die dem Patienten als Geheimnisträger gegenüber den Eltern peinlich ist. "Geheimnis" ist wiederum jede Tatsache, deren Geheimhaltung der Patient will. Die persönliche Sicht des Patienten und dessen (auch mutmaßlicher) Geheimhaltungswille sind dabei entscheidend.
Daneben liegt die berufsspezifische Kenntniserlangung des "Geheimnisses" aufgrund eines "Anvertrauens" vor, da sich der 16-Jährige zu Beginn der Behandlung offenbart, dass ihm bei einer Prügelei ein Schneidezahn abgebrochen ist. Es genügt bereits der berufsspezifische Konnex der Kenntnis und damit der funktionale Zusammenhang zwischen Wissenserlangung und der Berufsausübung.
Außerdem ist das Tatbestandsmerkmal des "Offenbaren eines Geheimnisses" durch den Zahnarzt gegeben. Das kann jede mündliche, schriftliche oder auf sonstige Weise erfolgende Weitergabe des "Geheimnisses" und seines Trägers an einen Dritten sein. Dritte sind ausdrücklich die Eltern in Bezug auf ihre Kinder und umgekehrt sowie unter anderem Ehegatten untereinander. Der Vorsatz folgt aus der billigenden Inkaufnahme der Geheimnisoffenbarung gegen den Patientenwillen gegenüber Dritten, da der Zahnarzt den Willen seines minderjährigen Patienten sachfremden Erwägungen eines erzieherischen Einwirkens auf diesen untergeordnet hat. Diese Tatbestandsmerkmale des § 203 StGB lassen sich leicht auf zwei andere Fallbeispiele übertragen.
Beispiel zwei: Berufsgeheimnis und Internetplattformen
Wer im Internet grundlos schlecht bewertet wird, kann sich zu Recht darüber ärgern. Entgeltliche Plattformen, wie zum Beispiel Jameda, prüfen schnell solche Bewertungen und sind eher geneigt, diese im Kundeninteresse zu löschen. Schlechter sieht es da bei Google-Bewertungen aus, die zu allem Überfluss noch mehr beachtetet werden und sich hartnäckig halten können. Der Umgang damit will geübt sein. Wer zu impulsiv reagiert, kann sich gemäß § 203 StGB strafbar machen.
Wandeln wir zur Veranschaulichung das obige Beispiel ab. Diesmal erscheint die Mutter mit ihrem Sohn, der nach der Behandlung sehr zufrieden ist und dem weiter daran gelegen ist, dass sich die Prügelei und ihre Folgen nicht herumsprechen. Bewertet im Anschluss die Mutter den Zahnarzt bei Google negativ, da er aus ihrer Sicht unfreundlich gewesen sei, und reagiert der Zahnarzt wiederum mit einem Eintrag, dass dies eine Unverschämtheit sei, sie ohnehin nicht Patientin gewesen sei, sondern ihr Sohn, der nun dank ihr nach der nächsten Prügelei schauen könne, wo er sich in Behandlung begeben mag, so ist der Tatbestand des § 203 StGB erfüllt.
Die Strafbarkeit droht stets dann, wenn man öffentlich bezüglich des Patienten oder dessen Behandlung Tatsachen offenbart. Es ist daher ratsam - nötigenfalls mit rechtlicher Hilfestellung - möglichst neutral auf negative Bewertungen im Internet zu reagieren. Bestenfalls erlaubt eine Reaktion nicht einmal einen Rückschluss darauf, dass die bewertende Person zum Patientenkreis gehört. Oft steckt hinter nicht nachvollziehbaren Negativbewertungen nur ein Querulant, der möglicherweise nur darauf wartet, dass er im nächsten Schritt Strafantrag stellen kann. Solchen Personen muss man im Zweifel auf rechtlicher Ebene begegnen - und nur dort.
Beispiel drei: Forderungsabtretung und Schweigepflicht
Der persönliche Ärger auf Leistungserbringerseite ist ebenfalls Risikofaktor für das letzte Fallbeispiel: die Forderungsabtretung. Wird eine zahnärztliche Leistung lege artis erbracht und ordnungsgemäß abgerechnet, jedoch konsequent nicht bezahlt, muss wohlüberlegt sein, wie man damit umgeht. Hat der Patient sein Einverständnis erklärt, dass über einen Zahlungsdienstleister abgerechnet werden darf, gibt es kein Problem, da dem Dienstleister mit Blick auf § 402 BGB alle abrechnungsrelevanten Daten weitergegeben werden dürfen. Verfolgt der Zahlungsdienstleister die Forderung bei fortwährender Nichtzahlung allerdings nicht weiter, wäre es der einzig richtige Weg, die Forderung einzuklagen.
Der falsche und strafbare Weg wäre demgegenüber jedoch die nicht vom Einverständnis des Patienten abgedeckte Abtretung an einen Dritten. Der Dritte erlangt dadurch Kenntnis vom Behandlungsverhältnis an sich sowie den zahnärztlich gestellten Diagnosen und erfolgten Therapien. Die Strafbarkeit dieses Verhaltens gemäß § 203 StGB - Offenbarung eines anvertrauten Geheimnisses - ist offensichtlich und führt zudem zur Nichtigkeit der Abtretung gemäß § 134 BGB, da die Schweigepflichtverletzung ein gesetzliches Verbot darstellt, gegen das mit der Abtretung verstoßen wird. Das gilt nicht nur für den Honoraranspruch selbst, sondern auch für Schadenersatzansprüche wegen entgangenen Gewinns.
Zusammenfassend steht somit der Appell, die zahnärztliche Schweigepflicht unbedingt zu befolgen, um straf- und berufsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Das gilt übrigens über den Tod des Patienten hinaus.
Rechtsanwalt Marius Luciano, LL.M., ist freier Mitarbeiter der Kanzlei lennmed.de Rechtsanwälte. Er vertritt schwerpunktmäßig in den Bereichen Arbeits- sowie Medizinstrafrecht und ist zudem Lehrbeauftragter an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW.
Eine Frage des Geschlechts?
Frauen und Männer kommunizieren unterschiedlich. Diese Erkenntnis ist sowohl im Alltag als auch im beruflichen Umfeld sehr hilfreich. Wenn weibliche und männliche Kommunikationsmechanismen aufeinandertreffen, wie es oft in den zahnärztlichen Praxen der Fall ist, sind Missverständnisse programmiert. Dr. Jeannine Bonaventura beschäftigt sich mit diesem Thema seit vielen Jahren. Sie ist Bundesvorstandsmitglied im Freien Verband und arbeitet mit einem Kollegen in einer Gemeinschaftspraxis im Saarland.
Eine kleine Anekdote vorab: Es steht eine gemeinsame Autofahrt zu einer Fortbildung an. Mein Kollege sagt abends zu mir: Ich hole dich um 8 Uhr bei dir zuhause ab. Er denkt, er ist voll der Gentleman und tut mir einen Gefallen, wenn er fährt. Ich denke: Wieso fragt er mich nicht mal, ob mir die Uhrzeit passt und ob ich nicht lieber selbst fahren möchte, denn sein Fahrstil ist grauenhaft.
Frauen und Männer missverstehen sich häufig, weil sie unterschiedliche Kommunikationsmuster aufweisen. Es lohnt sich für alle Teilnehmer an der beruflichen Kommunikation, diese Unterschiede genauer zu betrachten und zu lernen, nicht nur die Sprache des anderen Geschlechts besser zu verstehen - in verbaler und nonverbaler Kommunikation -, sondern auch die Grundlagen selbst zu beherrschen.
Wenn Frauen kommunizieren, treten sie in Beziehung zu ihrem Gesprächspartner, und das dient in den meisten Situationen nicht primär der Lösung von Problemen. Sie benutzen gerne indirekte Sprachmuster, bleiben selbstkritisch. Ihre Sprache ist emotionaler als die ihres männlichen Gegenübers. Frauen hören aktiv zu und suchen Harmonie im Dialog. Statt sich klar zu artikulieren, bevorzugen sie Konjunktive in der Kommunikation, reden mit einer höheren Stimme und schneller, was von Männern gerne als Unsicherheit oder Unentschlossenheit ausgelegt wird. Das hatte die Autorin Deborah Tannen bereits Ende der 1990er Jahre in dem Buch "Du kannst mich einfach nicht verstehen! Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden" aufgezeigt.
Männer hingegen äußern sich in der Regel direkt und ohne Beschönigungen und nutzen Sprache zur konstruktiven Lösungsfindung. Männer bevorzugen in der Kommunikation die Sachebene, sind faktenorientierter und verwenden abstrakte Wörter. Sie setzen Sprache als Instrument der Macht ein, und die gesamte Kommunikation ist von Erfolgsgedanken geprägt. Zu diesem Schluss kamen die Autorinnen Katrin Oppermann und Erika Weber ebenfalls Ende der 1990er Jahre.
Frauen drücken sich oft vorsichtiger aus
Frauen präferieren tendenziell eine wortreichere Kommunikation. Sie verwenden mehr Nebensätze, liefern mehr Informationen, nutzen vermehrt grammatikalische Variationen und haben einen komplexeren Satzbau sowie einen wesentlich breitgefächerten aktiven Wortschatz. Je mehr sich eine Frau durch ihre Sprachgewandtheit hervorhebt, desto geringer sind ihre Chancen, sich in einer männerdominierten Umgebung verständlich zu machen. Viele männliche Gesprächspartner werten eine zu detaillierte blumige Sprache und Umwege im Denken als Unsicherheit. Für Männer ist das Konzentrieren auf die eigentliche Sache gleichzusetzen mit Erfolgsdenken und konstruktiver Lösungsfindung. Dadurch werden wichtige und entscheidende Beiträge von Frauen oft einfach überhört.
Frauen drücken sich, abgesehen vom Konjunktiv, oft viel vorsichtiger aus. Sie verwenden mehr Weichmacher wie "vielleicht", "wahrscheinlich" und "eventuell" und reden von "ich und mich", um Verallgemeinerungen zu vermeiden und werden deshalb oft als zu emotional wahrgenommen. Sie gehen mit sich sehr selbstkritisch um, bevor sie ihre Meinung äußern. In der männlichen Kommunikation finden sich dagegen bestimmte Artikel wie "der" oder "diese" häufiger. Damit wollen sie verdeutlichen, dass ihre Aufmerksamkeit lösungsorientiert ausgerichtet ist. Sie sprechen konkret über Dinge und Fakten. Das erhöht ihre Überzeugungskraft.
Hinzu kommt, dass bei Frauen das Redetempo schneller ist und der Redefluss weniger Pausen enthält als bei Männern. Das schnellere Reden wird zwar häufig als dynamisch empfunden, jedoch kann der Eindruck entstehen, dass die Sprecherin ein unangenehmes Gespräch schnellstmöglich beenden möchte. Auch das kann als ein Zeichen der Unsicherheit gewertet werden.
Unterschiede in der Lautstärke des Redens
Auch gibt es deutliche Unterschiede in der Lautstärke des Redens. Einer dunklen, warmen und kräftigen Stimme schreibt man Kompetenz zu, und sie wirkt beruhigend - ein klarer Nachteil für Frauen, da sie in der Regel eine höhere Stimme haben. Frauen sprechen häufig leiser als Männer und werden deshalb oft überhört. Die höhere Frequenz der weiblichen Stimmlage wird sogar manchmal als schrill und damit auch als unangenehm empfunden.
Auch in der Art des Zuhörens unterscheiden sich Frauen und Männer voneinander. Frauen hören hörbar zu. Sie nehmen am Gespräch aktiv teil und tauschen im Dialog Emotionen aus. Sie signalisieren ihre Aufmerksamkeit zusätzlich durch Nicken und geben verbale Rückmeldung durch Worte, wie "aha", "hmh", "oh nein", "ja ja" und "echt?".
Der Mann ist dagegen eher der geräuschlose Zuhörer. Außerdem schweift und lenkt er rascher ab. Seine Aufmerksamkeitsspanne beim "aktiven zuhören" ist deutlich geringer. Eine Frau interpretiert die fehlende Rückmeldung auf das Gesagte unter Umständen als grundsätzliches Desinteresse und reagiert mit Anpassung oder Ausstieg. Gut nachzulesen ist das im Buch von John Gray "Männer sind anders, Frauen auch, Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus" aus dem Jahr 2019.
Die Frau verbindet in der Kommunikation ihre Bedürfnisse mit ihrer Gefühlswelt, während der Mann den reinen Sachinhalt der Botschaft wahrnimmt und hört. Männer sind beim Zuhören eher auf den Inhalt fixiert, um Problemlösungsansätze zu finden, während Frauen sich eher auf die Beziehungsebene begeben.
Das Schweigen stellt noch mal einen besonderen Unterschied in den Kommunikationsebenen von Frauen und Männern heraus. Während Frauen sich untereinander ständig in einem Kommunikationsfluss befinden, können Männer oft wortkarg oder sprechfaul sein. Sie sind dann konzentriert oder wollen ganz einfach nicht reden. Dieses Verhalten kommt aber oft bei Frauen als eine Art Beleidigtsein oder Nichtbeachtung ("Ist irgendwas?") an. Lange Phasen des Schweigens sind bei Männern evolutionsbedingt, schließlich mussten sie früher bei der Jagd still sein, um die mögliche Beute nicht zu verscheuchen.
Wie diese Unterschiede miteinander vereinbar sind, beschreibt Melanie Tintera in ihrem aktuellen Buch "Frauen reden anders - Männer auch, 7 goldene Regeln der erfolgreichen Mann-Frau-Kommunikation".
Aufmerksamkeit und Akzeptanz füreinander
Übrigens ist es wissenschaftlich noch nicht geklärt, warum Männer und Frauen so unterschiedlich kommunizieren - aus biologischen oder soziologischen Gründen.
Wie aber lässt sich jetzt die Kommunikation zwischen den Geschlechtern verbessern? Sollen Frauen mehr "männlich" kommunizieren lernen? Sollen Männer ihre Kommunikation auf "Frauensprache" umstellen? Was bringt das im beruflichen Alltag als Zahnarzt?
Zusammenfassend lassen sich zwei Kommunikationsmodelle herausarbeiten:
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das männliche Kommunikationsmodell:
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-zielorientiert,
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-gewinnorientiert,
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-zeitlich begrenzt.
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das weiblichen Kommunikationsmodell:
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-Vier-Augen-Gespräch wichtig,
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-harmonieorientiert,
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-mit jedem auf Augenhöhe.
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(Quelle: Saskia Graciella Dürr: Die Männerversteherin und der Frauenflüsterer: In 10 Schritten zur optimalen Mann-Frau-Kommunikation, BoD - Books on Demand; 1. Edition, 2018)
Ohne ein funktionierendes Praxisteam kann eine Zahnarztpraxis kaum erfolgreich sein. Ein freundliches Miteinander im Beruf führt zu weniger Fehlern und zu zufriedeneren Patienten.
Eine Möglichkeit bietet sich vor allem in der Aufmerksamkeit und Akzeptanz gegenüber dem eigenen Kommunikationsverhalten, wie auch den Kommunikationsgewohnheiten des anderen. Es ist wichtig, bestimmte Aspekte in der Art der Kommunikation, die immer wieder zu Missverständnissen und unangenehmen Reaktionen führen, zu reflektieren und dementsprechend sein Kommunikationsverhalten anzupassen oder zu verändern.
Die Änderung von Sprechweise oder Gestik, Mimik und Körperhaltung allein ist aber nicht ausschlaggebend, sondern der Kommunikationsstil muss auch immer im Sinne der Person authentisch sein. Das bedeutet, dass die innere Einstellung und Verfassung überdacht und gegebenenfalls verändernd werden muss. Das führt im besten Fall zu einer nachhaltigen, erkennbaren Modifikation der Stimme, Sprechweise und nonverbalen Kommunikation.
Studien zufolge lassen sich knapp zwei Drittel der befragten Patienten lieber von einer Zahnärztin als von einem männlichen Kollegen behandeln. Gründe dafür: Patienten sprechen den weiblichen Behandlern mehr zwischenmenschliche Fähigkeiten zu, die Kommunikation sei einfühlsamer.
Mit diesen Ratschlägen kann die Kommunikation in der Zahnarztpraxis optimiert werden, was langfristig zu einer besseren Arbeitsatmosphäre für alle Beteiligten führt.
Auf Du und Du.
Nachgefragt bei Studierenden. Duzen oder Siezen? Wie sehen es die Zahnärztinnen und Zahnärzte von morgen? Ändert sich die Kommunikation in der Praxis maßgeblich? Wir haben nachgefragt. Drei Studierende erzählen, wie sie es mit der Anrede halten.
"Du, sag mal, Chefin …" Auch heute noch dürften bei derart salopper Anrede manch einem und einer die Ohren klingeln. Nichtsdestoweniger: Mittlerweile scheint das lockere Du dem förmlichen Sie zunehmend den Rang abzulaufen, auch im Businessleben. Einige große Player wie internationale Konzerne machen es schon lange, und auch bei Start-ups wird über alle Hierarchieebenen hinweg geduzt. Die einen preisen die wachsende Duz-Kultur als zeitgemäße Kommunikationsform auf Augenhöhe, die das Wir-Gefühl in der Unternehmung, die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden und die gegenseitige Wertschätzung fördere. Die anderen bringen die familiäre Anrede mit einer ungesunden Hierarchieabflachung in Verbindung, die mit Distanzverlust zwischen Personal und Leitungsebene einhergehe und letztlich dem gegenseitigen Respekt schade.
Wir haben drei Studierende der Zahnmedizin gefragt, ob und wann Sie das förmliche Sie bevorzugen und wann sie lieber auf Augenhöhe per Du kommunizieren. Zudem wollten wir wissen, welche Anredeform sie später in ihrer eigenen Praxis verwenden wollen.
Hüssein Al-Hashimi Charité Berlin
Während als Ausdruck der Höflichkeit und (künstlichen) Distanz Lehrenden, Fremden und älteren Menschen gegenüber vom Anredepronomen Sie Gebrauch gemacht wird, ist die Duz-Kultur in der Kommunikation mit Familienmitgliedern, im Freundeskreis und unter Kolleginnen und Kollegen ein weitverbreitetes - und von uns Jüngeren geschätztes - Phänomen.

Duzkultur in Praxen zunehmend salonfähig
Gleichzeitig nimmt die Beliebtheit der Duz-Kultur in jungen zahnärztlichen Betrieben zu. Gerade in eingespielten Teams fasst diese innige und persönliche verbale Kommunikationsform allmählich immer mehr Fuß. So werden entscheidende Werte wie Nähe und Vertrautheit miteinander geteilt.
Dies fördert ein harmonisches Arbeitsklima und damit das Wohlbehagen der Mitarbeitenden. Das Du schafft Teamgeist und ein Gemeinschaftsgefühl, ohne der Professionalität, der Souveränität und der Kritikfähigkeit oder dem gegenseitigen Respekt zu schaden. Schließlich ist Respekt keine Frage der Anrede, sondern eine Frage von Autorität und gegenseitiger Akzeptanz.
Jorit Claußen Universität Witten/Herdecke
Das Du nutze ich gegenüber Gleichaltrigen und Jüngeren oder, wenn es mir angeboten wird. In der Lehre aber, so veraltet dies scheinen mag, schätze ich das Sie immer noch. Als Student muss man für sich einen Weg finden, Persönliches von Fachlichem zu unterscheiden. Gerade das Studium der Zahnheilkunde zeichnet sich durch einen engen, aber auch hierarchischen Kontakt zwischen Lehrenden und Studierenden aus. Vor dem Hintergrund, dass das Lehrpersonal die Verantwortung etwa bei studentischen Behandlungen trägt, ist dies auch sinnvoll.

Professionelle Distanz in der Lehre wünschenswert
Meiner Erfahrung nach ist das Siezen zwischen Studierenden und Lehrenden ein guter Weg, auch Kritik auf professioneller Ebene zu äußern und zu verstehen. Vor allem gegenüber jungen Assistenzzahnärzten und -zahnärztinnen kann im Patientenkontakt die respektvoll-distanzierte Anrede helfen, deren Kompetenz (trotz ihrer jungen Jahre) zu unterstreichen.
Generell ist für mich das Sie in Zeiten, in denen viele ihre Arbeit in der Hosentasche mit nach Hause tragen, mitunter die letzte Bastion, Privates von Geschäftlichem zu trennen - zumal die immer mehr verschwimmenden Grenzen im Sinne einer Work-Life-Balance durchaus kritisch betrachtet werden können.
Da die förmliche Kommunikation per Sie schon aus Höflichkeitsgründen mehr Achtsamkeit im Ausdruck erfordert, kann sie schließlich und endlich auch ein Schutz sein vor "dahergesagten" Äußerungen, die schnell als respektlos verstanden werden können.
Förmlichkeit im Praxisteam eher unerwünscht
Im Arbeitsumfeld hingegen - vor allem in eingespielten Teams - sind allzu förmliche Floskeln meines Erachtens für ein kollegiales Miteinander und ein entspanntes Arbeitsklima eher hinderlich. Angesichts der Herausforderungen einer digitalisierten Welt, in der Kommunikation einen immer höheren Stellenwert einnimmt, würde ich im beruflichen Bereich daher auf eine eher lockere Kommunikation setzen - zumal zu erwarten ist, dass zahnmedizinische Fachangestellte, die mittlerweile deutlich selbstbewusster auftreten als früher, von ihren ärztlichen Vorgesetzten auf Augenhöhe angesprochen werden wollen. Ich kann mir gut vorstellen, dass solche Faktoren gerade beim derzeitigen Personalmangel für viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ausschlaggebend sind.
Flache Hierarchien und eine freundschaftliche Kommunikationsatmosphäre fördern darüber hinaus den Zusammenhalt im Team - in Abgrenzung zur förmlichen Ansprache der Patientenschaft. Einem solchen Team anzugehören, dürfte auch das Engagement der Mitarbeitenden erhöhen, was wiederum der Behandlungsatmosphäre und -qualität zugutekommt.
Als junger, möglicherweise zukünftiger Arbeitgeber werde ich es gegenüber meinen Mitarbeitenden mit dem Du versuchen. Für mich ist die Anrede Sie allein kein Garant für Respekt. Sprache ist nur ein Puzzleteil aus vielen Faktoren für ein respektvolles Arbeitsklima. Für ein gutes Miteinander, bei dem ich als junger Vorgesetzter trotz einer lockeren Atmosphäre ernst genommen werde, sind für mich andere Dinge viel wichtiger: Beziehe ich meine Mitarbeitenden in die Entscheidungsfindung mit ein? Vermittle ich, dass ich zwar als Vorgesetzter viele Entscheidungen treffe, dass mein Team aber unersetzlich und wertvoll für meine Arbeit ist?
Isabel-Sophie Mache Universität Würzburg
Unter uns Studierenden ist die Duz-Kultur ausnahmslos vertreten. Auch die Dozierenden duzen sich untereinander, zumindest an unserer Universität. Interessant ist, dass sich von der Oberärztin über den Assistenzarzt bis zu den zahnmedizinischen Fachangestellten alle duzen. Zwischen Studierenden und Dozierenden überwiegt allerdings nach meiner Erfahrung immer noch das förmliche Sie, sodass im Lehrbetrieb ein distanzierter und respektvoller Ton herrscht. Aus anderen Fakultäten hört man aber, dass das Du dort vielfach auch schon zwischen Lehrenden und Studierenden Einzug gehalten hat - eine gute Entwicklung für ein kollegiales Miteinander, wie ich finde.

Außerhalb meines universitären Umfeldes duze ich jeden, der ungefähr gleich alt oder jünger ist als ich. Auch lasse ich mich selbst gerne duzen, da dies ein Gefühl von Zugehörigkeit und Akzeptanz in mir auslöst. Das Du steht für mich für eine vertraute und gemeinschaftliche Kommunikationsform auf Augenhöhe.
Ein Mensch, mit dem ich mich duze, erscheint mir sofort sympathisch und greifbar. Das Sie hingegen ist immer mit Distanz behaftet - im besten Fall höflich-respektvoll, im schlechtesten hierarchisch-abwertend.
Älteren mit Respekt begegnen
Älteren Menschen gegenüber verwende ich das Sie, um meinen Respekt auszudrücken - auch, weil das Du auf Menschen, die in einer Siez-Kultur sozialisiert worden sind, befremdlich oder gar abwertend wirken kann. Ich versuche also, mich bei der Wahl der Anrede der jeweiligen Situation anzupassen.
Bei jeder Anredeform ist es für mich essenziell, dass sie auf Gegenseitigkeit beruht. Bin ich diejenige, die siezt, werde selbst hingegen geduzt, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Hier werden ein gnadenloser Autoritätsanspruch und ein klares Hierarchiegefälle zum Ausdruck gebracht, die mich als geduzten Part in die ungeliebte "Untergebenen"-Rolle zwingen.
Besser auf Augenhöhe mit den Angestellten
Im betrieblichen Umfeld halte ich prinzipiell sowohl die Du- als auch die Sie-Anrede für angemessen - vorausgesetzt, alle Teammitglieder werden gleich angesprochen. Dennoch kann man die Siez-Kultur im Business aus meiner Sicht durchaus hinterfragen. Sollte nicht gerade hier ein gemeinschaftlicher und ebenbürtiger Umgang herrschen? Jede und jeder, von der Reinigungskraft über den Produktionsleiter bis hin zur allerobersten Chefin, arbeitet hart, um das Unternehmen am Laufen zu halten, und demnach sollte allen derselbe Respekt gezollt werden.
In meiner zukünftigen Praxis kann ich mir eine förmliche, Distanz schaffende Siez-Kultur nicht vorstellen. Für meine kleine "Praxisfamilie" wünsche ich mir eine Atmosphäre der Nähe, die vielleicht sogar einen Schuss Geborgenheit vermittelt. Ich bin mir daher sicher, mit meinen Mitarbeitenden später einen freund(schaft)lichen und anerkennenden Umgang auf Augenhöhe zu pflegen. Auf Du und Du.
Dies ist auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll. Mehrere Studien belegen, dass Mitarbeitende, die sich wertgeschätzt fühlen, präziser, motivierter und schneller arbeiten als weniger wertgeschätzte. Im Übrigen ist es natürlich auch für Patientinnen und Patienten angenehmer, in einer Praxis mit freundlicher Atmosphäre behandelt zu werden.
Duz-Kultur ohne Grenzen?
Im europäischen Kontext kann ich mir gut vorstellen, dass das Sie immer mehr an Bedeutung verlieren wird. In Schweden beispielsweise duzen sich fast alle - auch Dozierende und Studierende an den Universitäten. Die Deutschen hingegen tun sich erfahrungsgemäß eher schwer mit Veränderungen.
Daher wird das Sie in der deutschen Sprache vermutlich entweder gar nicht oder nur sehr schleichend aus dem sprachlichen Kontext verschwinden. Schade.









