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. 2021 Dec 8;32(12):24–25. [Article in German] doi: 10.1007/s15016-021-9326-z

Auch ohne schnellen Therapieplatz Depressionen den Kampf ansagen

Markus Weih 1,
PMCID: PMC8651271

Versorgungsengpässe, Personalknappheit, COVID-19 und lange Wartezeiten auf Psychotherapie - die Hürden, eine adäquate Unterstützung und Behandlung bei psychischen Problemen wie Depressionen zu erhalten, sind so hoch wie nie zuvor. Die Anwendung iFightDepression® wurde entwickelt, um diese Lücke zu schließen. Wie empfehlenswert ist das Online-Programm?

Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) gemeinsam mit den Digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGA) und der zunehmenden Verfügbarkeit von Internet, Smartphones und Tablets hat zur Folge, dass technikbasierte Gesundheitshelfer immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Selbstmanagement-Tools stellen insbesondere aus aktivierend-psychotherapeutischen Gründen und für Patienten, die sich eine niederschwellige, zeit- und ortsunabhängige Therapie wünschen, ein attraktives Angebot dar. Auch für solche, denen es aus verschiedenen Gründen schwer fällt, Termine einzuhalten, sowie für sehr technikaffine oder junge Menschen können die Anwendungen interessant sein.

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Es herrscht allgemeine Einigkeit darüber, dass die Gesundheitsprogramme die effiziente Kommunikation mit einem Therapeuten nicht ersetzen können. Zur Überbrückung der Wartezeit bis zur Psychotherapie können sie jedoch eine gute Ergänzung sein. Eine dieser Anwendungen ist das Selbstmanagement-Programm iFightDepression®.

Entwicklung und Konzept

iFightDepression® wurde als Teil des internationalen Projektes "Preventing Depression and Improving Awareness through Networking in the EU" (PREDI-NU) entwickelt. Es basiert auf der kognitiven Verhaltenstherapie, existiert aktuell in 13 Sprachen und wird international durch die European Alliance Against Depression (EAAD) bereitgestellt. Im Projekt "Neue Impulse, Bewährtes umsetzen" (NIMBUS) des in Leipzig ansässigen Vereins "Deutsches Bündnis gegen Depression" wurde es vor kurzem noch um eine arabische Version erweitert, die speziell für geflüchtete Menschen gedacht ist.

Das Projekt wird seit 2014 durch die Stiftung Deutsche Depressionshilfe unter dem Vorsitz des in der Thematik bestens bekannten Prof. Dr. Ulrich Hegerl in Deutschland zur Verfügung gestellt und unter anderem durch die Deutsche Bahn Stiftung gefördert.

Im Gegensatz zu den teuren DIGA ist iFightDepression® für den Patienten kostenlos. Das Programm muss jedoch durch einen Psychiater oder Psychotherapeuten begleitet werden, es handelt sich also um einen therapeutengestützten Ansatz. Dazu muss der Therapeut sich zunächst als "Guide" mit seiner Approbationsurkunde und einem Online-Training beziehungsweise einem Webinar (ifightdepression.com/webinar/) legitimieren, um einen Zugang zu erhalten. Das dann zu absolvierende Training besteht aus vier Modulen von insgesamt 70 Minuten, für die zwei CME-Punkte gutgeschrieben werden. Zum Abschluss des Trainings muss ein kurzer, 14 Fragen umfassender Test absolviert werden.

Aufbau und Ablauf

Anwender registrieren sich mit Nutzernamen und Passwort. Die Zielgruppe des Programms sind Patienten mit subklinischen und leichten bis mittelgradigen Depressionen. Nicht geeignet ist das Tool bei

  • Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren,

  • schweren Depressionen,

  • Bipolarer Störung,

  • Suizidalität sowie

  • Komorbiditäten wie

    • Substanzmissbrauch,
    • kognitive Störung oder
    • Persönlichkeitsstörung.

Zum Screening können der WHO5- oder der PHQ-9-Fragebogen verwendet werden. Die Module sind von guter Qualität und trainieren die gängigen "Basics" zur Depression, wie achtsames "im hier und jetzt"-Sein, Verhaltensbeobachtung mit Aktivierung, Strukturierung von Aktivitäten oder das Erkennen von Teufelskreisen. Insgesamt bietet das Programm sechs aufeinander aufbauende Workshops mit Unterseiten, die Arbeitsblätter zu verschiedenen Themen enthalten (Arbeitsmodule in iFightDepression®). Darüber hinaus gibt es Zusatzworkshops zu den Bereichen gesunder Lebensstil, Beziehungen und soziale Angst. Die Patienten sollen einen Workshop pro Woche durchführen, der etwa 30 bis 45 Minuten dauert. Damit entspricht der zeitliche Aufwand dem einer klassischen Verhaltenstherapie. Liegen Anhaltspunkte für schwere Depressivität (PHQ-9 mindestens 15 Punkte) oder Suizidalität vor, zeigt die Anwendung automatische Sicherheitshinweise für den Patienten an.

Wie üblich wird mit interaktiven Stimmungsfragebögen gearbeitet, die einmal pro Woche ausgefüllt werden sollen. Der Patient kann die Funktion "Daten teilen" freigeben, damit der Arzt oder Therapeut Einsicht in die Fragebögen erhält.

2020 wurde iFightDepression® wissenschaftlich evaluiert, was zu einem positiven Ergebnis führte (Oehler C, Görges F, Rogalla M, Rummel-Kluge C, Hegerl U. Efficacy of a Guided Web-Based Self-Management Intervention for Depression or Dysthymia: Randomized Controlled Trial With a 12-Month Follow-Up Using an Active Control Condition. J Med Internet Res. 2020;22(7):e15361).

Arbeitsmodule in iFightDepression®.

  • Denken, Fühlen und Handeln,

  • Schlaf,

  • Vorausplanung angenehmer Aktivitäten,

  • Problemlösung,

  • Erkennen und Identifizieren negativer Gedanken und Denkstile (ABC-Modell) und

  • Veränderung negativer Gedanken

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Fazit für die Praxis

Zusammenfassend kann iFightDepression® nur empfohlen werden. Das Programm hebt sich positiv von den anderen DIGA zum Thema Depression ab. Durch den Ansatz der Zusammenarbeit mit einem Therapeuten ist es anspruchsvoller. Das Konzept der Anwendung ist ernsthaft, fundiert und umfangreich und kann somit jedem Betroffenen zur Unterstützung vorgeschlagen werden.

In den letzten Jahren haben schon einige Tausend Patienten iFightDepression® verwendet. Aktuell plant das Entwickler-Team eine weitere Studie. Interessierte können sich bei den Organisatoren unter ifightdepression@deutsche-depressionshilfe.de melden.

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