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. 2023 Jan 17;72(4):261–265. [Article in German] doi: 10.1007/s00101-022-01246-0

Inhalativ toxisches Lungenversagen – „E-cigarette or vaping product use-associated lung injury“

Inhalative toxic lung failure—E-cigarette or vaping product use-associated lung injury

G Gerresheim 1,, U Schwemmer 1
PMCID: PMC9843653  PMID: 36648508

Elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) sind seit 2007 auf dem deutschen Markt erhältlich und finden zunehmende Verbreitung. Im Jahr 2021 konsumierten ca. 2,2 Mio. Deutsche E‑Zigaretten [8]. Die Produkte werden zur Tabakentwöhnung, als geschmackliche Alternative zum konventionellen Tabak oder als Life-Style-Produkte beworben. Weltweite Fallbeschreibungen legen nahe, dass es zu einem akut-toxischen Lungenversagen im Zusammenhang mit der Nutzung von E‑Zigaretten kommen kann. Die größten Fallserien wurden 2019 in den USA berichtet und unter dem Begriff der „E-cigarette or vaping product use-associated lung injury“ (EVALI) zusammengefasst.

Falldarstellung

Anamnese

Die Einweisung eines normalgewichtigen, athletischen 20-jährigen Mannes (Größe: 182 cm, Gewicht: 82 kg, BMI: 24,8 kg/m2) erfolgte durch den Notarzt, nachdem der Patient eine rasch zunehmende Dyspnoe, trockenen Husten, Fieber, Übelkeit und Schwindelgefühl beklagte.

Anamnestisch wurde eine SARS-CoV-2-Infektion vor 14 Monaten, die im häuslichen Setting ohne Hospitalisation kuriert wurde, angegeben. Folgen dieser COVID-Erkrankung, weitere Vorerkrankungen und Allergien ergaben sich nicht.

Der Patient war als Soldat der US-amerikanischen Streitkräfte über mehrere Monate in Litauen stationiert. Zwei Wochen vor dem hier beschriebenen Ereignis wurde die Einheit auf einen nahegelegenen Truppenübungsplatz zur militärischen Weiterbildung verlegt. Bis zum Beginn der Symptome bestand eine gut trainierte körperliche Leistungsfähigkeit. Ein tropischer Auslandsaufenthalt und beruflicher Kontakt zu potenziell inhalativ-toxischen Gasen wurden ausgeschlossen.

Der Patient rauchte seit Jahren intermittierend Tabak und konsumierte seit ca. 8 Wochen täglich E‑Zigaretten. Zu deren Befüllung wurde eine in Litauen erworbene Flüssigkeit („liquid“) verwendet, deren genauen Inhaltstoffe unklar verblieben.

Klinischer Aufnahmebefund

Bei Eintreffen im Notfallzentrum war der Patient wach, vollumfänglich orientiert, tachykard bei normotonen Kreislaufverhältnissen. Unter 4 l Sauerstoffinsufflation/min ergab sich eine periphere Sauerstoffsättigung von 96 %; ohne Sauerstoffsupplementierung lag diese bei 88 %.

Radiologischer Befund

In einem ersten Röntgenbild des Thorax (Abb. 1a) ergab sich eine nahezu symmetrische interstitielle Zeichnungsvermehrung mit teils feinfleckigen Verdichtungen, sodass aus radiologischer Sicht der Verdacht auf eine interstitielle Pneumonie oder allergische Pneumonitis formuliert wurde.

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Das am Folgetag durchgeführte Computertomogramm (CT) der Lunge mit Kontrastmittel (Abb. 1b, c) belegte dann beidseitige ausgedehnte dichte und konfluierende pulmonale Konsolidierungen mit einer deutlichen interstitiellen Zeichnungsvermehrung und panpulmonale Milchglastrübungen. Eine Lungenembolie oder Lungenfibrose konnte ausgeschlossen werden.

Das CT erschien grundsätzlich mit einer COVID-19-Erkrankung vereinbar. Eine frische SARS-CoV-2-Infektion wurde virologisch ausgeschlossen. Das gebotene Bild war auch mit einer zurückliegenden COVID-19-Erkrankung vereinbar, erklärte jedoch nicht die binnen Tagen zunehmende Dyspnoe des Patienten, der nach überstandener Infektion keine Leistungseinschränkung mehr beklagte.

Mikrobiologische Diagnostik

Wir führten eine umfassende laborchemische und mikrobiologische Diagnostik aus Blut und bronchoalveolärer Lavage durch. Eine inhaltliche Übersicht ergibt die Tab. 1. Zusammenfassend konnte in keinem der gewonnenen Medien ein pathogener viraler, bakterieller oder mykotischer Keim nachgewiesen werden, und es ergaben sich keine Hinweise auf eine Immunsuppression.

Laborchemische Blutdiagnostik Blutbild mit Differenzialblutbild, CRP, PCT, Kreatinin, Harnstoff, GOT, GPT, γ‑GT, alkalische Phosphatase, LDH
HIV- und Hepatitis-Serologie
Bronchoalveoläre Lavage Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia psittaci, Legionella pneumoniae, Aktinomyzeten
SARS-CoV‑2, Influenza A/B, Parainfluenza Typ 3, Respiratory Syncytial Virus, Zytomegalievirus, Epstein-Barr-Virus, Adenovirus, Herpes simplex 1/2, Varicella zoster
Nativpräparat Pilze, Aspergillus fumigatus, Pneumocystis jirovecii, Histoplasma capsulatum
Eosinophile Granulozyten
Mikrobiologie, Blutkulturen/Blutdiagnostik

Mikroorganismen, Tuberkulose (Auraminpräparat, Kultur, DNA), Legionellen,

Chlamydia pneumoniae (IgA/IgG < 1:32), Chlamydia psittaci (IgA/IgG < 1:16),

Borrelia burgdorferi (Lyme-IgM-Antikörper 3,5 AU/ml), Leptospiren (IgG < 2,0 U/ml), Coxiella burnetii (IgA, IgG)

Hepatitis A, -B, -C, Human Immunodeficiency Virus, Zytomegalievirus,

Epstein-Barr-Virus, Hantavirus (IgM, IgG), FSME (IgM-Antikörper, RNS),

Puumala orthohantavirus (IgM, IgG)

Toxoplasma gondii (IgG < 3,0 U/ml)
Urin Toxikologisches Screening

Intensivmedizinischer Verlauf

In der ersten intensivmedizinischen Blutgasanalyse zeigten sich unter 8 l Sauerstoffinsufflation über eine „Nasenbrille“ ein paO2 von 81 mm Hg und ein paCO2 von 36 mm Hg bei einem ausgeglichenen pH-Wert von 7,39. Bei subjektiv empfundener Dyspnoe des Patienten begannen wir eine nichtinvasive Ventilation, die bei einer zunehmenden Oxygenierungsstörung (paO2: 53 mm Hg, paCO2:46 mm Hg) nach 8 h abgebrochen werden musste, und eine orotracheale Intubation erfolgte. Binnen der ersten Behandlungstage entwickelte der Patient ein schweres ARDS (minimaler Oxygenierungsquotient (Horovitz-Index) am Tag 2: 72, FIO2: 1,0, PEEP: 20 mbar). Wir führten eine kinetische Lagerungstherapie mit insgesamt 7 Bauchlagerungen durch, von denen der Patient deutlich profitierte.

In der Echokardiographie des beatmeten Patienten ergab sich eine allenfalls leicht eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion bei moderaten Zeichen der akuten Rechtsherzbelastung (PEEP bis 20 mbar), sodass supportiv Prostazyklin vernebelt wurde – hier ergab sich keine messbare klinische Besserung. Kardiozirkulatorisch zeigte sich der Patient unter einer niedrig dosierten Katecholamintherapie stabil (maximaler Noradrenalinbedarf an den Tagen 3 und 5: 0,19 µg/kg KG und min).

Aufgrund einer primär angenommenen Sepsis erfolgte binnen der ersten 48 h eine Volumengabe von kumulativ 6500 ml kristalloider Flüssigkeit; nachdem das ARDS in den Mittelpunkt der Problematik rückte, verfolgten wir ein restriktives Volumenmanagement (ab Tag 3 Furosemid 3‑mal 20 mg bei guter Nierenfunktion). Eine konsequente negative Bilanzierung gelang jedoch erst ab dem 5. Tag.

Die Analgosedation wurde primär mit Propofol und Sufentanil und bei einem deutlich erhöhten Sedierungsbedarf im Verlauf mit Sevofluran inhalativ und Sufentanil i.v. geführt.

In der Labordiagnostik des Aufnahmetags zeigten sich eine Leukozytose (25,2 Tsd/µl), ein auf 121 mg/l erhöhtes CRP bei einem negativen PCT (Letzteres stieg binnen zweier Tage auf 2,9 ng/ml an). Zur Behandlung einer bakteriellen (Super‑)Infektion führten wir eine antibiotische Therapie mit Piperacillin/Tazobactam und Clarithromycin durch. Bronchoskopisch zeigte sich ein endoluminal unauffälliger Befund.

Bei fehlendem Erregernachweis und bestehender Immunkompetenz erwogen wir eine inhalativ toxische Lungenschädigung infolge des Konsums von E‑Zigaretten als Ursache. Nach Infektkontrolle (CRP: 62 mg/l, PCT: 0,7 ng/ml) begannen wir am 7. Tag eine Kortisontherapie mit initial 2‑mal 50 mg Prednisolon täglich (1,2 mg/kgKG und Tag), entsprechend dem Standard unserer Klinik bei Pneumonitis. Bei rascher klinischer Besserung wurde dieses nach 5 Therapietagen auf einmal täglich 50 mg (0,6 mg/kgKG und Tag) reduziert und dann bis zur stationären Verlegung ausgeschlichen.

Der Verlauf der klinischen Parameter über den Behandlungszeitraum wird in Abb. 2 dargestellt.

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Eine zweite Computertomographie der Lunge ohne Kontrastmittel am 9. Tag zeigte eine deutliche Befundbesserung (Abb. 1d, e).

Unter dieser Therapie gelang die Kontrolle des ARDS. Am 9. Behandlungstag wurde erstmals eine druckunterstützte Spontanatmungsform integriert, am 11. Tag gelang die Extubation, und ab dem 14. Tag benötigte der Patient keine nichtinvasive Atemhilfe mehr. Er konnte am 19. Behandlungstag bei guter peripherer Sauerstoffsättigung (SpO2 > 95 %) ohne Sauerstoffinsufflation aus der intensivmedizinischen Behandlung entlassen.

„E-cigarette or vaping product use-associated lung injury“

Hintergrund und angenommene Pathogenese

E‑Zigaretten simulieren das Rauchen konventioneller Zigaretten, ohne dabei Tabak zu verbrennen, indem Flüssigkeiten („liquids“ oder „flavours“) durch einen elektrischen Vernebler aerosoliert werden. Grundsätzlich stehen 2 Systeme zur Verfügung: Bei E‑Zigaretten mit einem „Pod-System“ sind Heizspule, Mundstück und ein Liquidtank fest miteinander verbaut. Die zu verdampfende Flüssigkeit kann nachgefüllt werden, oder es handelt sich um Systeme für den Einweggebrauch. Diesen „geschlossenen Systemen“ stehen „offene Systeme“ gegenüber, deren Bauteile voneinander trennbar sind und deren Tank manuell mit Flüssigkeiten gefüllt wird.

Die zugelassenen Inhaltsstoffe der verdampften Liquids sind: Propylenglykol, Glyzerin, Nikotin und verschiedene Aromastoffe. Gewerblich vertriebene Liquids unterliegen in der Europäischen Union der behördlichen Kontrolle (Deutsches Tabakerzeugnisgesetz, 2016, und EU-Richtlinie 40, 2014).

In den Vereinigten Staaten stellte der Nikotinkonsum über E‑Zigaretten 2019 die häufigste inhalative Konsumform dar. Im Gegensatz zum deutschen Markt sind in einigen Bundesstatten der USA cannabidiolhaltige Liquids legal verfügbar und mit konventionellen E‑Zigaretten und Vaporen nutzbar („E-Joints“). Im Jahre 2019 wurde in den USA erstmals eine Häufung von Patienten mit akutem Lungenversagen, welches als Folge des Konsums von E‑Zigaretten gesehen wurde, beschrieben und als „E-cigarette or vaping product use-associated lung injury“ (EVALI) benannt [9]. Bis Februar 2020 wurden den US Centers for Disease Control and Prevention (CDC) insgesamt 2807 stationär behandelte Patienten mit EVALI gemeldet, von denen 68 Patienten verstarben [5].

Als pathophysiologische Ursache der EVALI wird die illegale Beimischung von unterschiedlichen Substanzen zur Verdampferflüssigkeit angenommen. Dies ist v. a. bei offenen Vaporsystemen möglich. 2020 konnten in bronchoalveolären Lavagen (BAL) von Patienten mit EVALI in 94 % Vitamin-E-Acetat nachgewiesen werden – dieses war in keiner BAL der gesunden Vergleichsgruppe nachweisbar [2]. Wenngleich diese Arbeit nur 51 Patienten beobachtete, gilt die Beimengung von Vitamin-E-Acetat und die Lungentoxizität des γ‑Tocopherols als die wahrscheinlichste auslösende Substanz. Die Substanz wird den Liquids illegal als Streckmittel zugemischt, da sie eine ähnliche Farbgebung und Viskosität wie Tetrahydrocannabinolöl aufweist.

Der Zusammenhang zwischen der konsumorientierten Inhalation einer potenziell toxischen Substanz und EVALI konnte bislang nur für das Vitamin-E-Acetat nachgewiesen werden. Aufgrund der hohen Variabilität der theoretisch beimischbaren Substanzen und der Vielzahl möglicher Inhalationswege – E-Zigaretten mit offenen Systemen, Shisha und Tabakerhitzer – kann eine inhalativ toxische Wirkung auch für andere Stoffe vermutet werden.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat bereits 2019 und 2020 auf den zunehmenden Konsum von psychoaktiven Substanzen und Drogen über E‑Zigaretten und die damit verbundenen gesundheitlichen Schäden hingewiesen und rät davon ab, Verdampferflüssigkeiten selbst anzumischen [3, 4].

Klinisches Bild, Diagnose und Differenzialdiagnosen von EVALI

In einem Kollektiv von 98 Patienten betrug der Altersmedian der vornehmlich männlichen Patienten (79 %) 21 Jahre. Alle Patienten beklagten unspezifische konstitutionelle Symptome wie Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Fieber oder Schüttelfrost, 95 % gaben Dyspnoe und 77 % gastrointestinale Symptome an [7].

Der Namensgebung entsprechend gleicht das fortgeschrittene klinische Bild dem eines akuten Lungenversagens/ARDS und folgt dessen Diagnosekriterien. In der oben zitierten Arbeit wurden 76 % der Patienten sauerstoffpflichtig, 22 % wurden nichtinvasiv ventiliert, und 26 % benötigten eine invasive maschinelle Beatmung [7].

Die Kernfragen der Anamnese sind:

  • Steht der Symptombeginn in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem inhalativen Konsum einer Substanz?

  • Welche Liquids oder Substanzen wurden konsumiert?

  • Wurden nichtzugelassene oder hausgemachte Substanzen konsumiert?

In der radiologischen Schnittbildgebung der Lunge zeigen sich nahezu regelhaft panpulmonale diffuse und/oder sich konsolidierende Milchglastrübungen [1, 6].

Wie oben verdeutlicht, existieren keine einheitlich definierten Diagnosekriterien, und EVALI verbleibt letztendlich eine Ausschlussdiagnose.

Die Kernpunkte der Diagnose können sein [7]:

  • Konsum von E‑Zigaretten, Vapor oder vergleichbarere Inhalation in zeitlichem Zusammenhang mit dem Symptombeginn,

  • (Milchglas‑)Trübungen in der Computertomographie der Lunge,

  • Ausschluss möglicher Differenzialdiagnosen.

Mögliche Differenzialdiagnosen sind in der Infobox zusammengefasst, zu deren Ausschluss ergibt sich die initiale Diagnostik (Tab. 1).

Therapie

Wenngleich der therapeutische Nutzen nicht mit harter Evidenz belegt ist, werden Patienten mit schwerem Verlauf einer EVALI neben der Therapie des Lungenversagens mit Glukokortikoiden behandelt [1, 7]. Alle Quellen beschreiben eine rasche Besserung der Symptomatik unter diesem Therapieansatz.

In der Literatur wird eine Therapie mit 0,5–1 mg/kgKG Methylprednisolon-Äquivalent und Tag für 5 bis 10 Tage beschrieben [10].

Prognose

In der oben bereits zitierten Beobachtungsstudie mit 98 Patienten [7] verstarben 2. Von den 2807 den CDC gemeldeten Patienten verstarben 68 [5]. Als Risikofaktoren für einen tödlichen Verlauf gelten: Patientenalter größer 35 Jahre, Anamnese von Asthma, Herz- oder psychiatrische Vorerkrankung und Adipositas.

Valide Untersuchungen größerer Kollektive zur Langzeitprognose von Patienten mit überlebter EVALI oder inhalativ toxischem Lungenversagen liegen noch nicht vor.

Falldiskussion

Ein „E-cigarette-or-vaping-product-use“-assoziiertes Lungenversagen im Sinne der Erstbeschreibungen des Jahres 2019 ist eine seltene Erkrankung. Im weiteren Sinne beschreibt das Syndrom aber ein akutes inhalatives Lungenversagen, unabhängig davon, auf welchem Wege toxische Stoffe verdampft, verbrannt oder aerosoliert werden, und erlangt angesichts der vielen möglichen Konsumformen und -stoffe eine klinische Bedeutung.

Ein Beweis, dass es sich bei dem hier beschriebenen Fall um eine EVALI handelte, kann, obwohl der klinische Verlauf den in der Literatur geschilderten Fällen sehr gleicht, nicht geführt werden.

Der hier diskutierte Patient inhalierte ein in Litauen erworbenes Liquid über ein offenes System. Die genaue Zusammensetzung des Inhalts und die Frage, ob eine Beimischung anderer Substanzen stattgefunden hatte, verblieben unklar. Es ist kritisch anzumerken, dass kein toxikologisches Screening durchgeführt wurde, um in dieser Frage Klärung zu suchen.

Klinisch hinweisend war der ausgesprochen schnelle und kritische Verlauf bei einem bis dahin vollkommen gesunden, immunkompetenten jungen Mann, der binnen weniger Behandlungstage zum schweren ARDS führte. Die Diagnose der EVALI ergab sich nach den oben genannten Kriterien als Ausschlussdiagnose, insbesondere nach dem Ausschluss einer bakteriellen oder viralen Lungenerkrankung, sowie durch die rasche klinische Besserung nach dem Therapiebeginn mit einem Kortikosteroid.

Infobox Mögliche Differenzialdiagnosen der EVALI

  • Interstitielle Pneumonie

  • Atypische Pneumonie

  • Akute eosinophile Pneumonie

  • Kryptogene organisierende Pneumonie

  • Exogen allergische Alveolitis

  • Lipoide Pneumonie

Fazit für die Praxis

  • Die Diagnose ist eine Ausschlussdiagnose und fußt auf der Anamnese des inhalativen Konsums, dem Bild der Computertomographie der Lunge mit Milchglastrübungen und dem Ausschluss anderer pulmonaler Infektionskrankheiten.

  • Eine akute Lungenschädigung nach dem Konsum von gewerblich erhältlichen Verdampferflüssigkeiten ist in Deutschland (und der EU) aufgrund der behördlichen Kontrolle der Zusammensetzung sehr selten.

  • Die EVALI im Sinne eines akuten inhalativ-toxischen Lungenversagens hat auch in Deutschland eine klinische Bedeutung und kann Folge der Inhalation nichtzugelassener Substanzen sein.

  • Es wird eine Therapie mit 0,5–1 mg/kgKG Methylprednisolon-Äquivalent und Tag empfohlen.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

G. Gerresheim und U. Schwemmer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patient/-innen zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern/Vertreterinnen eine schriftliche Einwilligung vor.

Footnotes

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Literatur

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  • 3.Bundesinstitut für Risikobewertung (2019) „Dampfen“: BfR rät vom Selbstmischen von E‑Liquids ab. Stellungnahme Nr. 043/2019. www.bfr.bund.de. Zugegriffen: 16. Aug. 2022
  • 4.Bundesinstitut für Risikobewertung (2020) Vergiftungsfälle: Cannabidiolhaltige Liquids für E‑Zigaretten können manipuliert sein. Stellungnahme Nr. 005/2020. www.bfr.bund.de. Zugegriffen: 16. Aug. 2022. 10.17590/20200123-084503
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