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. 2021 Oct 12;83(12):965–975. [Article in German] doi: 10.1055/a-1630-7601

Seroprävalenz von COVID-19 und psychosoziale Auswirkungen in der Allgemeinbevölkerung: Ergebnisse des STAAB-COVID-One Programms

Seroprevalence of COVID-19 and Psychosocial Effects in the General Population: Results of the STAAB-COVID-One Program

Felizitas A Eichner 1,, Götz Gelbrich 1, Benedikt Weißbrich 2, Lars Dölken 2, Oliver Kurzai 3,4, Jürgen Deckert 5, Georg Ertl 6, Maria Barth 1,7, Grit Hein 5, Hannelore Neuhauser 8, Caroline Morbach 7,9, Stefan Störk 7,9, Peter Heuschmann 7,10,11
PMCID: PMC11248002  PMID: 34638159

Zusammenfassung

Ziel der Studie Die aktuelle SARS-CoV-2 Forschung fokussiert sich bisher weitgehend auf symptomatische Fälle. Die STAAB-COVID-Studie untersuchte daher die Seroprävalenz von COVID-19 in der Allgemeinbevölkerung und die psychosozialen Auswirkungen der Pandemie.

Methodik Von Juni-Oktober 2020 wurden im Rahmen des STAAB-COVID-Programms, einer Unterstudie der „Häufigkeit und Einflussfaktoren auf frühe STAdien A und B der Herzinsuffizienz in der Bevölkerung (STAAB)“ Kohortenstudie, 4860 Probanden aus einer repräsentativen altersstratifizierten Stichprobe Würzburger Einwohner zur Blutabnahme und Fragebogenerhebung eingeladen. Alle Teilnehmenden erhielten zudem das Angebot, an einer Punktprävalenzerhebung (selbst-entnommener Nasenabstrich Anfang November 2020) teilzunehmen.

Ergebnisse Insgesamt nahmen 3034 Probanden am STAAB-COVID-Programm teil (Antwortrate 62%). Bei 33 Teilnehmenden (1,1%; 95% Konfidenzintervall 0,7–1,5%) wurden Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen. Höhere Werte auf der GAD-7-Angstskala waren mit niedrigeren Raten von SARS-CoV-2-Antikörpern assoziiert (Odds Ratio=0,78 je+1 Punkt im GAD-7; 95% Konfidenzintervall 0,65–0,95). Innerhalb dieser eher ängstlichen Probandengruppe war jedoch auch die Absagerate von medizinischen Terminen erhöht (Odds Ratio=1,13 je+1 Punkt im GAD-7; 95% Konfidenzintervall 1,10–1,16). Bei sechs von insgesamt 2451 Teilnehmenden der Punktprävalenzerhebung (0,24%; 95% Konfidenzintervall 0,09–0,53%) wurde eine akute Infektion nachgewiesen.

Schlussfolgerung Zwischen der ersten und zweiten COVID-19 Welle fanden wir in Würzburg eine geringe Durchseuchung mit SARS-CoV-2. Eine ängstlichere Persönlichkeit war dabei mit einer geringeren Seroprävalenz assoziiert. Die Studiendurchführung wurde durch die bereits bestehende Kohortenstudie entscheidend erleichtert.

Schlüsselwörter: SARS-CoV-2, Seroprävalenz, asymptomatische Infektion, psychosoziale Belastung

Einleitung

Die Corona-Pandemie, ausgelöst durch das Severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2), stellt die Bevölkerung seit Beginn 2020 vor erhebliche medizinische und gesellschaftliche Herausforderungen 1 . In Deutschland weisen etwa 90% der Personen mit Infektionsnachweis milde bis mäßige Symptome und 10% schwere Symptome mit der Notwendigkeit einer akut-stationären Behandlung auf 2 . Die Rate der asymptomatischen Fälle ist hingegen schwieriger zu erfassen, da ein Virusnachweis bisher nur bei akutem Verdacht aufgrund von Corona-spezifischen Symptomen oder in ausgewählten Kollektiven versucht wurde 3 . Da auch asymptomatische Fälle infektiös sein können, spielt diese Personengruppe jedoch potenziell eine wichtige Rolle in der Infektionsausbreitung 4 5 . Seroprävalenzstudien in möglichst repräsentativen Stichproben der Allgemeinbevölkerung sind daher geeignet, um die gesamte Belastung durch COVID-19 Infektionen abzuschätzen und die Ausbreitung des Erregers besser zu verstehen 6 7 . Eine Möglichkeit zur effizienten Durchführung von Seroprävalenzstudien bieten bereits etablierte Kohortenstudien, die auf bereits vorhandene Infrastrukturen sowie präpandemisch erhobene Daten zurückgreifen können. Gleichzeitig gibt es bisher nur begrenzte Daten zu den psychischen Folgen aufgrund der COVID-19 Pandemie sowie zum Einfluss von psychosozialen Faktoren auf das Risiko einer COVID-19 Infektion 8 . Die wissenschaftlichen Ziele des STAAB-COVID Programms sind daher: (1) Iterative Erfassung des Antikörperstatus sowie Veränderung des Antikörperstatus innerhalb einer etablierten Kohortenstudie im Verlauf von zwei Jahren; (2) Systematische Untersuchung von Determinanten für Suszeptibilität für SARS-CoV-2 inklusive psychosozialer Determinanten; (3) Erfassung des Einflusses der Corona-bedingten Beschränkungen auf psychische Gesundheit, Lebensqualität, kardiovaskuläre Risikofaktoren und allgemeine medizinische Versorgung; sowie (4) Iterative punktuelle Erhebung des aktiven Infektionsgeschehens im Würzburger Raum im Verlauf von 2 Jahren. Nachstehend berichten wir über Ergebnisse der ersten Erhebungswelle des STAAB-COVID-Programms.

Methode

Die STAAB Kohortenstudie („ Häufigkeit und Einflussfaktoren auf frühe STAdien A und B der Herzinsuffizienz in der Bevölkerung“) untersucht die Häufigkeit und den natürlichen Verlauf der Vorläuferstadien einer Herzinsuffizienz in einer Stichprobe von 5.000 Einwohnern der Stadt Würzburg im Alter von 30–79 Jahren bei Basiserhebung. Diese erfolgte von 2013 bis 2017, die erste Nachuntersuchung wurde 2021 abgeschlossen. Studiendesign und Ergebnisse der Basisuntersuchung wurden veröffentlicht 9 10 . In einem multidisziplinären Team, in dem die Fachrichtungen Epidemiologie, Kardiologie, Psychiatrie, Psychologie, Virologie, Mikrobiologie und Hygiene vertreten waren, wurde ein Konzept für die STAAB-COVID-Substudie zur Erfassung des Seroprävalenzstatus der STAAB-Teilnehmenden implementiert.

Ethikvotum

Das Amendement für das STAAB-COVID-Programm (Aktenzeichen 98/13) wurde am 6. Juni 2020 von der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg genehmigt. Alle Teilnehmenden erteilten schriftlich ihre Einwilligung zur Studienteilnahme.

Teilnehmer*innen

Von den 5010 rekrutierten STAAB-Teilnehmenden wurden zwischen dem 17. Juni und 18. Oktober 2020 die zu diesem Zeitpunkt 4860 in der Studie verbliebenen Probanden zum STAAB-COVID-Programm eingeladen. Die Untersuchung erfolgte in der gemeinsamen Untersuchungsstraße des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI) und des Instituts für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) in Würzburg. Das Hygienekonzept umfasste u. a. Vorgaben zur Raumausstattung, Desinfektion von Oberflächen und sanitären Anlagen, Einhaltung der Abstandsregeln und Maskenpflicht sowie Lüftvorgaben. Das Personal wurde im Hinblick auf das Hygienekonzept geschult. Die Untersuchung wurde nur bei Personen durchgeführt, die am Untersuchungstag keine COVID-19 assoziierten Symptomen zeigten. Symptomatischen Probanden erhielten einen neuen Termin nach Abklingen der Symptome.

Untersuchung

Allen Probanden wurde zur Bestimmung der Seroprävalenz von COVID-19 Antikörpern 22 ml Blut abgenommen. Die Einlagerung der Blutproben erfolgte in der Interdisziplinären Biomaterial- und Datenbank der Medizinischen Fakultät Würzburg (ibdw). Andere körperliche Untersuchungen wurden im Gegensatz zum herkömmlichen STAAB Untersuchungsprogramm nicht durchgeführt, um die Termindauer möglichst gering zu halten. Den Probanden wurde ein Fragebogen ausgehändigt, der folgende Angaben erfasste: chronische Vorerkrankungen, aktuelle Arbeits- und Wohnsituation, bisherige Testung auf SARS-CoV-2, Informationen zu stattgehabter Corona-Infektion, Angst (GAD-7) 11 , depressive Verstimmung (PHQ-9) 12 , Lebensqualität (EQ-5D-5L), psychosoziale Belastung (Social-distancing Fragebogen (GH)), Veränderung von Gewicht und Ernährung und von weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen sowie Einfluss der Beschränkungen auf die allgemeine medizinische Versorgung ( für aller Fragebogeninhalte, siehe Supplement Methodenteil ). Der Fragebogen konnte digital oder papierbasiert zu Hause ausgefüllt werden.

Punktprävalenzerhebung

Allen Probanden, die an der Blutabnahme der Seroprävalenzerhebung teilgenommen hatten, wurde angeboten, im November 2020 eigenständig einen Abstrich der mittleren Nasenmuschel durchzuführen. Die Probanden erhielten dafür postalisch alle benötigen Materialien und Anleitungen ( für genaue Materialbeschreibungen, siehe Supplement Methodenteil ). Die Punktprävalenzerhebung erfolgte am 04.11.2021 Für einen Abstrich der mittleren Nasenmuschel wurde zu diesem Zeitpunkt eine Sensitivität zwischen 74–96% angenommen 13 14 .

Fallzahl

Basierend auf der bisherigen Teilnahmebereitschaft für Folgeuntersuchungen innerhalb der STAAB-Kohorte und abzüglich inzwischen verzogener oder aufgrund des Infektionsgeschehens nicht zu persönlicher Untersuchung bereiter Probanden wurde eine Antwortrate von 70% und eine Teilnehmerzahl von 3400 erwartet. Für die Punktprävalenzerhebung wurde eine Einwilligungsrate von 90% und eine tatsächliche Rücksenderate von 75% erwartet.

Datenauswertung

Blutproben wurden mit dem Elecsys Anti-SARS-CoV-2 Immunoassay (cobas e411 analyzer, Roche) auf das Vorliegen von Antikörpern IgG, IgM, IgA) gegen das Nukleokapsid-Protein untersucht. Die PCR-Testung der Nasenabstriche erfolgte mittels NeuMoDx SARS-CoV-2 Assay (Qiagen). SARS-CoV-2-RNA-positive Proben wurden mit Alinity m SARS-CoV-2 (Abbott) bestätigt. Ausgehend vom Zensus der Einwohner Würzburgs zum 31.12.2019, den tagesaktuellen an das Gesundheitsamt gemeldeten Infektionen und der Annahme einer 7-tägigen Zeitspanne zwischen Infektions- und Antikörpernachweis wurde für jeden Studienteilnehmer die Wahrscheinlichkeit berechnet, am Untersuchungstag bei bekannter vorangegangener Infektion Antikörper zu haben. Durch Addition über alle Teilnehmenden ergab sich der erwartete Anteil von Antikörperträgern. Die Differenz zum tatsächlich gefundenen Anteil ist eine Schätzung der „Dunkelziffer“ für den Würzburger Raum (siehe auch Supplement Methodenteil, Im Internert ). Zudem wurde der erwartete und der tatsächliche Anteil von Antikörperträgern nach der Formel von Rogan und Gladen adjustiert 15 (siehe Supplement Methodenteil, Im Internert ). Fragebogendaten wurden deskriptiv ausgewertet und durch Übersichtsstatistiken zusammengefasst. Gruppenvergleiche wurde mittels t-Test für numerische Daten und exaktem Fisher-Test für kategorische Daten durchgeführt. Fehlende Werte („true missings“ und „nicht zutreffend“) wurden nicht imputiert. Bei einem p-Wert<0,05 wurde statistische Signifikanz angenommen. Die Datenauswertung erfolgte mit der Software SPSS Version 26 und R Version 3.5.0. Für die Outcomes „seropositiv“ und „medizinische Visite storniert“ wurde jeweils eine binär- logistische Regression mit dem GAD-7-Summenscore aus der Baseline-Untersuchung der STAAB-Studie als Prädiktor durchgeführt und Odds Ratios mit 95% Konfidenzintervallen (KI) berichtet. Um die Ergebnisse auf die Normalbevölkerung übertragen zu können, wurde die Rechnung ohne GAD-7-Summenwerte≥10 wiederholt. Zudem wurde für Alter und Geschlecht adjustiert.

Ergebnisse

Von den 4860 eingeladenen Probanden nahmen 3034 (62% Antwortrate) am STAAB-COVID-Programm teil ( Tab. 1 ). Es lagen von 2859 Teilnehmenden (58,8%, Alter 54,9±11,2 Jahre) Blutproben und Fragebogendaten vor, von 142 Teilnehmenden (2,9%, 59,7±10,5 Jahre) nur Blutproben und von 33 (0,7%, 49,8±9,1 Jahre) nur Fragebogendaten. Bei 0,6% der Probanden wurde ein positiver PCR-Befund aus der Vergangenheit berichtet ( Tab. 1 ). Die Teilnahmebereitschaft war zwischen Männern und Frauen identisch (62,4 vs. 62,4%, p>0,99). Die Teilnahmequote lag in den fünf Altersdekaden (30–80 Jahre) bei 56,1, 60,9, 67,5, 64,5 und 53,9% (p für Trend<0,001). Probanden, die auf die Einladung zum STAAB-COVID-Programm reagierten, hatten häufiger einen höheren Bildungsabschluss (49 vs. 40%, p<0,001) und im Mittel niedrigere GAD-7 (3,0 vs. 3,4, p<0,001) und niedrigere PHQ-9 Summenwerte bei Baseline Untersuchung (3,7 vs. 4,4, p<0,001).

Tab. 1 Basisdaten der Studienteilnehmer insgesamt und bei Personen ohne und mit positivem SARS-CoV-2-Antikörpertest.

Merkmal Zahl der Teilnehmer Seropositiv, n (%) p-Wert
Alle Teilnehmer 3001 33 (1,1)
Demografie/allgemein
Geschlecht 0,16
 Männlich 1424 20 (1,4)
 Weiblich 1577 13 (0,8)
Alter (Basisuntersuchung) 0,04
 30–39 Jahre 256 5 (2,0)
 40–49 Jahre 733 11 (1,5)
 50–59 Jahre 859 10 (1,2)
 60–69 Jahre 860 4 (0,5)
 70–79 Jahre 293 3 (1,0)
Arbeitsplatz 0,002
 In medizinischer Einrichtung 299 10 (3,2)
 Andere oder kein Arbeitsplatz 2545 23 (0,9)
Aktuelle Wohnsituation >0,99
 Privat, allein 592 7 (1,2)
 Mit anderen Personen 2246 26 (1,1)
Raucher 0,64
 Nie 1416 16 (1,1)
 Früher 1224 15 (1,2)
 Aktuell 360 2 (0,6)
Immunstatus/Erkrankungen
Grippe-Impfung seit 09/2019 >0,99
 Ja 983 11 (1,1)
 Nein 1870 22 (1,2)
Pneumokokken-Impfung >0,99
 Ja 573 8 (1,4)
 Nein 2268 24 (1,1)
Erkältungskrankheiten 0,50
 Selten (<1 pro Jahr) 279 2 (0,7)
 Im Mittel etwa 1 pro Jahr 1495 21 (1,4)
 Häufiger als 1 pro Jahr 1060 9 (0,8)
Immunsuppressiva 0,64
 Ja 109 0 (0)
 Nein 2738 33 (1,2)
COPD >0,99
 Ja 71 0 (0)
 Nein 2765 32 (1,2)
Asthma 0,74
 Ja 219 3 (1,4)
 Nein 2576 30 (1,2)
Kardiovaskuläre Risikofaktoren
Hypertonus 0,16
 Ja 1372 11 (0,8)
 Nein 1629 22 (1,4)
Arteriosklerotische Erkrankung* >0,99
 Ja 164 2 (1,2)
 Nein 2837 31 (1,1)
Diabetes mellitus >0,99
 Ja 256 3 (1,2)
 Nein 2745 30 (1,1)
Adipositas 0,65
 Ja 545 7 (1,3)
 Nein 2456 26 (1,1)
Metabolisches Syndrom** 0,65
 Ja 534 7 (1,3)
 Nein 2467 26 (1,1)
COVID-19-assoziierte Risikofaktoren
Kontakt mit Infizierten <0,001
 Kein bekannter Kontakt 2815 22 (0,8)
 Ja,≥1,5 Meter Abstand 84 2 (2,4)
 Ja,<1,5 Meter Abstand 102 9 (8,8)
Vorbefund aus Abstrich <0,001
 Keiner/unbekannt 2546 15 (0,6)
 Befund negativ 436 2 (0,5)
 Befund positiv 19 16 (84,2)

Antikörperanalyse

Bei 33 der 3.001 untersuchten Blutproben (1,1%, 95%KI 0,7–1,5%; gleiches Ergebnis nach Adjustierung) fiel der Test für Antikörper gegen SARS-CoV-2 positiv aus ( Tab. 1 ). Dabei gab es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Seropositivität und dem Erhebungsdatum der Probe. Berücksichtigt man die Altersstruktur der Würzburger Bevölkerung im Vergleich zu derjenigen im STAAB-COVID-Programm (Alter 32–87 Jahre), hätte man ausgehend vom Infektionsgeschehens im Erhebungszeitraum eine Positivrate von etwa 1,3% erwartet. Zudem ergibt sich aus den vorliegenden Studiendaten für den Raum Würzburg eine relative Dunkelziffer von 1,4 unbekannten Infektionen (95% KI 0,6–2,3) für jede dem Gesundheitsamt gemeldete Infektion (zur Berechnung der Dunkelziffer siehe Supplement Methodenteil).

Ängstliches Verhalten und Antikörperstatus

Verglichen mit der Baseline-Untersuchung lag in der aktuellen Untersuchung keine Veränderung der PHQ-9 Werte der Probanden vor (Baseline MW 3,7±3,4 vs. STAAB-COVID MW 3,7±3,6; p=0,92), die GAD-7 Werte hatten sich im Mittel sogar um 0.4 Punkte verbessert (Baseline MW 3,0±3,4 vs. STAAB-COVID MW 2,6±3,1; p<0,001). Es zeigte sich ein leichter Anstieg beider Skalen im Laufe des Untersuchungszeitraums, die Korrelation der beiden Skalen mit dem Untersuchungsdatum war jedoch nicht statistisch signifikant (für GAD-7: p=0,06; für PHQ-9: p=0,07). Personen mit einem höheren Punktwert in der Angstskala (GAD-7, höhere Werte entsprechen einer stärkeren Ausprägung) bei der Basisuntersuchung 3–6 Jahre vor der Pandemie hatten ein geringeres Risiko für eine durch Antikörper nachgewiesene Infektion mit SARS-CoV-2, vermieden nach eigenen Angaben aber gleichzeitig häufiger elektive medizinische Visiten ( Abb. 1 , Tab. 2 ).

Abb. 1.

Abb. 1

Zusammenhang von GAD-7-Summenwert 3–6 Jahre vor der Pandemie mit der Infektionsrate und der Vermeidung elektiver medizinischer Visiten am Ende der ersten Welle der Pandemie. Dargestellt sind die aus den logistischen Regressionsmodellen (vgl. Tab. 2 ) geschätzten Anteile. In diese Analyse wurden nur Personen einbezogen, bei denen der Verdacht auf eine Angsterkrankung nicht gegeben war (GAD-7-Summenwert≤10). Summenwerte im oberen Bereich können hier eher als erhöhte Vorsicht und Gefahrenbewusstsein angesehen werden, nicht als krankhafte Angst. Personen mit höheren Summenwerten scheinen Infektionsraten aufzuweisen, die, wenn sie flächendeckend realisiert worden wären, wahrscheinlich zu einem Abebben der Pandemie hätten führen können. Gleichzeitig sind diese Personen vermutlich in deutlich höherem Maße gefährdet, Gesundheitsschäden durch vermiedene Inanspruchnahme medizinischer Betreuung davonzutragen.

Tab. 2 Zusammenhang zwischen dem GAD-7-Summenwert 3–6 Jahre vor Beginn der COVID-19-Pandemie und der Häufigkeit von SARS-CoV-2-Antikörpern sowie der Vermeidung geplanter medizinischer Visiten (Vorstellung beim Hausarzt oder bei Fachärzten, therapeutische Sitzungen, elektive stationäre Aufenthalte) während oder unmittelbar nach der ersten Welle der Pandemie.

Analyse GAD-7 Summenwert N Outcome, n (%) Statistik OR (95% KI)
Seropositiv
Alle Teilnehmer mit Datenfür GAD-7 in der Basisuntersuchungund Antikörperstatus 0–1 1123 17 (1,5) 0,78 je+1 Punkt im GAD-7 Summenwert (0,65–0,95; p=0,01)
2–3 860 11 (1,3)
4–5 479 3 (0,6)
6–7 214 1 (0,5)
8–9 100 0 (0)
≥10 133 0 (0)
Ohne GAD-7-Summenwert≥10 0–9 2776 0,79 je+1 Pkt. (0,65–0,97; p=0,02)
und adjustiert für Alter und Geschlecht 0–9 2776 0,79 je+1 Pkt. (0,65–0,97; p=0,03)
Visite storniert
Alle Teilnehmer mit Datenfür GAD-7 in der Basisuntersuchungund COVID-Fragebogen 0–1 1063 262 (24,6) 1,13 je+1 Punkt im GAD-7 Summenwert (1,10–1,16; p<0,001)
2–3 827 289 (34,9)
4–5 457 178 (38,9)
6–7 205 91 (44,4)
8–9 96 47 (49,0)
≥10 126 74 (58,7)
Ohne GAD-7-Summenwert≥10 0–9 2648 1,16 je+1 Pkt. (1,11–1,20; p<0,001)
und adjustiert für Alter und Geschlecht 0–9 2648 1,13 je+1 Pkt. (1,09–1,18; p<0,001)

Psychosoziale Gesundheit

Im Mittel bewerteten die Probanden ihre aktuelle Gesundheit mit 76 von 100 Punkten (Standardabweichung 16,9, visuelle Analog-Skala EQ-5D-5L). Im Social-distancing Fragebogen berichteten Probanden häufiger im Arbeits-als im familiären Umfeld eine Verschlechterung der Stimmung und mangelnde Unterstützung ( Tab. 3 ). Frauen fühlten sich signifikant häufiger etwas oder schwer belastet durch Versorgung von Kindern/Angehörigen, fehlende Ansprechpartner für Probleme sowie Kontaktverbot zu älteren Personen ( Tab. 3 ).

Tab. 3 Stimmung, emotionale Belastung und soziale Unterstützung: Selbstauskünfte aus dem Social-distancing Fragebogen.

Merkmal Insgesamt N=2892 Männer N=1370 Frauen N=1522 p-Wert
Skala 1=sehr gut bis 5=sehr schlecht; Mittelwert (Standardabweichung)
Unterstützung durch soziales Umfeld 1,8 (0,8) 1,8 (0,8) 1,8 (0,8) 0,074
 Keine Angabe, N (%) 216 (9) 180 (13) 181 (12)
Stimmung in der Familie/im Haushalt 1,9 (0,8) 1,8 (0,9) 1,9 (0,8) <0,01
 Keine Angabe, N (%) 282 (10) 118 (9) 164 (11)
Stimmung im Arbeitsumfeld 2,4 (0,9) 2,3 (0,9) 2,5 (0,9) <0,001
 Keine Angabe, N (%) 1149 (40) 543 (40) 606 (40)
Unterstützung durch Kollegen 2,2 (0,9) 2,1 (0,9) 2,2 (0,9) 0,079
 Keine Angabe, N (%) 1274 (44) 611 (46) 663 (44)
Unterstützung durch Vorgesetzte 2,3 (1,1) 2,3 (1,1) 2,3 (1,1) 0,537
 Keine Angabe, N (%) 1428 (50) 713 (52) 718 (47)
Belastung der Kinder durch die Pandemie 2,6 (1,1) 2,5 (1,0) 2,7 (1,1) <0,001
 Keine Angabe, N (%) 116 (4) 48 (4) 68 (4)
Angst vor Vereinsamung 1,5 (0,9) 1,4 (0,8) 1,6 (0,9) <0,001
 Keine Angabe, N (%) 42 (1) 19 (1) 23 (2)
Veränderung der Stimmung im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie; N (%)
… in der Familie 0,183
Verbessert 183 (6) 88 (7) 95 (6)
Unverändert 1967 (69) 957 (71) 1010 (68)
Verschlechtert 454 (16) 207 (15) 247 (17)
Keine Angabe, N (%) 288 (10) 118 (9) 170 (11)
… im Arbeitsumfeld 0,484
Verbessert 75 (3) 39 (3) 36 (2)
Unverändert 958 (34) 469 (35) 489 (33)
Verschlechtert 675 (24) 308 (23) 367 (25)
Keine Angabe, N (%) 1184 (41) 554 (40) 630 (41)
Belastung in den letzten zwei Wochen durch … ; N (%)
… Versorgung von Kindern/Angehörigen <0,001
Nicht beeinträchtigt 2036 (73) 1039 (78) 997 (68)
Wenig beeinträchtigt 586 (21) 240 (18) 346 (24)
Stark beeinträchtigt 183 (7) 57 (4) 126 (9)
Keine Angabe, N (%) 87 (3) 34 (2) 53 (3)
… Stress im Arbeitsumfeld/in der Schule <0,001
Nicht beeinträchtigt 1776 (64) 887 (67) 889 (61)
Wenig beeinträchtigt 661 (24) 307 (23) 354 (24)
Stark beeinträchtigt 342 (12) 129 (10) 213 (15)
Keine Angabe, N (%) 113 (4) 47 (3) 66 (4)
… finanzielle Sorgen 0,144
Nicht beeinträchtigt 2298 (82) 1098 (82) 1200 (83)
Wenig beeinträchtigt 397 (14) 184 (14) 213 (15)
Stark beeinträchtigt 92 (3) 53 (4) 39 (3)
Keine Angabe, N (%) 105 (4) 35 (3) 70 (5)
… Kein Ansprechpartner für Probleme <0,001
Nicht beeinträchtigt 2420 (87) 1192 (90) 1228 (85)
Wenig beeinträchtigt 299 (11) 113 (9) 186 (13)
Stark beeinträchtigt 59 (2) 21 (2) 38 (3)
Keine Angabe, N (%) 114 (4) 44 (3) 70 (5)
… Kontaktverbot zu älteren Menschen <0,001
Nicht beeinträchtigt 1959 (70) 993 (75) 966 (66)
Wenig beeinträchtigt 648 (23) 282 (21) 366 (25)
Stark beeinträchtigt 189 (7) 54 (4) 135 (9)
Keine Angabe, N (%) 96 (3) 41 (3) 55 (4)

Kardiovaskuläre Risikofaktoren und medizinische Versorgung

Fast alle Probanden berichteten über im Zuge der Pandemie unveränderte Ernährungsgewohnheiten, wohingegen 14% angaben, dass sich ihre körperliche Aktivität erhöht und 26%, dass sie sich vermindert hatte ( Tab. 4 ). Bezogen auf den Zeitraum von Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen bis zur Studienteilnahme berichteten mehr Probanden über eine Gewichtszunahme als Gewichtsabnahme: 18% vs. 11% der Männer und 26% vs. 9% der Frauen. Rund 8% der Probanden mit Hypertonus, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie oder einer anderen chronischen Erkrankung gaben an, dass es seit der Pandemie schwieriger sei ihre Medikamente zu erhalten.

Tab. 4 Zugang zu Medikamenten und Ärzten und Veränderung von kardiovaskulären Lebensstilfaktoren seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen März 2020.

Männer N=1370 Frauen N=1522 p-Wert
Zugang zu Medikamenten und Ärzten
Zugang zu meinen Medikamenten ist erschwert, N (%)* <0,001
 Ja 39 (5) 88 (9)
 Nein 812 (95) 920 (91)
Terminverschiebung/-absage bei Haus- und Fachärzten, N (%) <0,001
 Ja 281 (21) 463 (30)
 Nein 741 (54) 714 (47)
 Keine Termine vereinbart 342 (25) 339 (22)
Absage durch, N (%) 0,354
 Patient/in 137 (49) 228 (49)
 Arzt/Ärztin 142 (51) 227 (49)
Terminverschiebung/-absage bei Physio-/Ergotherapeuten/Logopäden, N (%) <0,001
 Ja 105 (8) 249 (17)
 Nein 476 (35) 508 (34)
 Keine Termine vereinbart 777 (57) 748 (50)
Absage durch, N (%) 0,922
 Patient/in 38 (36) 84 (34)
 Arzt/Ärztin 64 (61) 157 (63)
Terminverschiebung/-absage Krankenhaus, N (%) 0,215
 Ja 64 (5) 58 (4)
 Nein 501 (37) 601 (40)
 Keine Termine vereinbart 791 (58) 845 (56)
Absage durch, N (%) 0,247
 Patient/in 13 (20) 17 (29)
 Arzt/Ärztin 51 (80) 40 (69)
Ernährung
Veränderung Verzehr von Obst, N (%) 0,780
 ich esse mehr Obst 78 (6) 79 (5)
 ich esse genauso viel 1240 (91) 1383 (91)
 ich esse weniger Obst 44 (3) 53 (3)
Veränderung Verzehr von Gemüse, N (%) 0,598
 ich esse mehr Gemüse 73 (5) 86 (6)
 ich esse genauso viel 1264 (93) 1389 (92)
 ich esse weniger Gemüse 28 (2) 39 (3)
Veränderung Ernährung insgesamt, N (%)
 ich esse häufiger 90 (7) 198 (13) <0,001
 ich esse seltener 33 (2) 28 (2) 0,905
 ich esse größere Portionen 59 (4) 48 (3) 0,114
 ich esse kleinere Portionen 85 (6) 87 (6) 0,583
 ich ernähre mich weniger gesund 88 (6) 87 (6) 0,939
 ich ernähre mich gesünder 156 (11) 205 (13) 0,091
 Vermehrter Verzehr von Fast Food, N (%) 29 (2) 24 (2) 0,097
 Vermehrter Verzehr von Tiefkühlkost, N (%) 56 (4) 61 (4) 0,275
Körperliche Aktivität
Veränderung körperliche Aktivität, N (%) <0,01
 erhöht 172 (13) 233 (15)
 gleichgeblieben 855 (63) 849 (56)
 vermindert 325 (24) 418 (28)
Nutzung von Plattformen oder Tools für Sport zu Hause, N (%)
 YouTube 33 (2) 134 (9) <0,001
 Websites mit Workout-Videos 33 (2) 59 (4) 0,026
 Live-Streams/Live-Trainings 11 (1) 60 (4) <0,001
 Home-Trainer 103 (8) 60 (4) 0,050
 Andere 59 (4) 83 (5) 0,168
Gewicht
Veränderung Gewicht, N (%) <0,001
 Abnahme 154 (11) 129 (9)
 Gleich geblieben 938 (69) 947 (63)
 Zunahme 251 (18) 392 (26)

Punktprävalenzerhebung

Von 2953 verschickten Paketen erhielt das Studienzentrum zwischen dem 04.11. und 18.11.2020 2451 Nasenabstriche, welche in die Analyse eingeschlossen werden konnten (83%). Zum Stichtag 18.11.2020 wurde aus 6 Proben (0,24%, 95% KI 0,09–0,53%) SARS-CoV-2 RNA nachgewiesen (Supplement Tab. 1, Im Internert). Die betroffenen Personen wurden durch das Gesundheitsamt umgehend informiert, angemessene Isolationsmaßnahmen wurden ausgesprochen. Positiv getestete Personen waren im Mittel 64±13 Jahre alt, 50% waren Frauen. Fünf Personen (83%) litten vor der Testung unter Corona-spezifischen Symptomen (Supplement Tab. 2, Im Internert). Bei allen sechs dieser Probanden, die sich im März 2021 zu einer weiteren Blutabnahme bereiterklärten, konnten Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen werden.

Diskussion

Im Zeitraum Juni-Oktober 2020 fanden wir in einer Kohorte von Probanden mittleren Alters, Einwohner einer mittelgroßen süddeutschen Stadt, eine SARS-CoV-2 Seroprävalenzrate von 1,1%. Die akute Infektionsrate zu Beginn der 2. Pandemie-Welle betrug in einer Subgruppe dieser Kohorte 0,24%. Rund ein Viertel der Probanden berichtete eine verringerte körperliche Aktivität und rund ein Fünftel eine Gewichtszunahme seit Pandemiebeginn. Im Hinblick auf psychosoziale Aspekte gaben Frauen in den meisten Bereichen eine signifikant höhere Belastung an als Männer. Im Vergleich zu anderen im europäischen Raum durchgeführten Bevölkerungsstudien, liegt die in STAAB-COVID beobachtete Seropositivität im unteren Bereich 6 . Die sehr ähnlich aufgesetzte SaarCoPS Studie, durchgeführt bis Oktober 2020 an 3000 Einwohnern, fand ebenfalls eine Seroprävalenzrate von 1% 16 . Die KoCo-19-Kohorte, die 2994 Münchner Haushalte zwischen April-Juni 2020 auf das Vorliegen von SARS-CoV-2 Antikörpern untersuchte, berichtete eine Seroprävalenz von 1,82% 17 . Die geringfügig höhere Seroprävalenz im Vergleich zum STAAB-COVID-Programm könnte auf Clustering von Infektionen innerhalb von Haushalten zurückzuführen sein. Der insgesamt geringen Seropositivität und geringen Rate an akuten Infektionen in der vorliegenden Studie könnten zum einen eine wirksame Teststrategie und weitreichende Einhaltung der AHA-Regeln im Würzburger Raum zugrunde liegen. Zum anderen, obwohl sich die STAAB-Studie insgesamt durch sein zufälliges Sampling über das Einwohnermeldeamt auszeichnet, muss teilweise davon ausgegangen werden, dass Personen, die die Corona-Pandemie ernst nehmen und von der Notwendigkeit wissenschaftlichen Daten überzeugt sind, eher bereit waren an STAAB-COVID teilzunehmen. Die Ergebnisse der Seroprävalenz- als auch die der Punktprävalenzerhebung sind daher nur begrenzt auf die Allgemeinbevölkerung übertragbar. Im Vergleich zu subjektiv angstfreien Probanden wiesen Probanden mit eher ängstlichem Verhalten, gemessen am GAD-7-Score, eine geringere Seropositivität auf. In klarer Abgrenzung zu behandlungsbedürftigen Angststörungen könnte demnach ein allgemein mild ausgeprägtes ängstliches Verhalten die Exposition gegenüber SARS-CoV-2 verringern und damit zur Begrenzung der Pandemie beitragen. Der Effekt wurde gegebenenfalls sogar noch unterschätzt, da Nicht-Teilnehmer im Mittel höhere GAD-7 und PHQ-9-Werte bei Baseline aufwiesen. Es sind jedoch weitere Studien mit größeren Stichproben nötig, um diesen Zusammenhang zu stützen. Zudem fand sich innerhalb dieser Probandengruppe auch eine erhöhte Absagerate von medizinischen Terminen. Ein Rückgang der Inanspruchnahme von notwendiger medizinischer Versorgung wurde bereits an anderen Stellen berichtet 18 . Somit bleibt es eine wichtige Aufgabe von Medien und Politik, Risiken differenziert zu kommunizieren, sodass die allgemeine medizinische Versorgung der Allgemeinbevölkerung auch während einer Pandemie erhalten bleibt und notwendige Arzttermine adäquat wahrgenommen werden. Die vorliegende Studie erbrachte keinen Hinweis auf Erhöhung von Angst- oder Depressionssymptomatik im Kontext der Pandemie. Diese Ergebnisse müssen jedoch mit Vorsicht interpretiert werden, da im Zeitraum der Erhebung das öffentliche Leben in Deutschland kaum eingeschränkt war. Eine andere Studie aus der Zeit des ersten Lock-down im Frühjahr 2020 berichtete hingegen eine Vermehrung depressiver Symptome 19 . Die mittleren Werte des PHQ-9 in der STAAB-Population sind vergleichbar mit anderen populationsbasierten Studien in Deutschland, der GAD-7 tendenziell etwas geringer 20 21 . Dies könnte mit sozioökonomischen und soziodemographischen Unterschieden der Regionen zusammenhängen und sollte in der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden. Konsistent mit bestehender Literatur berichteten Frauen im Vergleich zu Männern über stärkere psychosoziale Belastung 22 . So zeigte eine Umfrage aus Italien, dass sich insbesondere bei berufstätigen Frauen die tägliche Zeit für Hausarbeit erhöht hat 22 . Auch die im STAAB-COVID-Programm von den Eltern berichtete vergleichsweise hohe Belastung bei Kindern deckt sich mit der Literatur 23 24 . Während zu Beginn die psychische Belastung durch Ausgangs, bzw. Kontaktbeschränkungen wenig Beachtung fand, ist sie inzwischen wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses 25 . Durch klar formulierte und möglichst einheitlich implementierte Maßnahmen, die sich aus wissenschaftlichen Erkenntnissen ableiten lassen, kann der Bevölkerung wieder vermehrt Sicherheit vermittelt und dadurch die psychosoziale Belastung geringer gehalten werden. Beim Sport- und Ernährungsverhalten zeigten sich in unserer Kohorte keine eindeutigen Tendenzen hin zu einer Pandemie-bedingten gesünderen oder ungesünderen Lebensweise. Andere Studien deuten jedoch darauf hin, dass insbesondere die körperliche Aktivität während bestehender Ausgangsbeschränkungen weltweit zurückgegangen ist 26 . Einige Limitationen der vorliegenden Studie sind zu nennen. STAAB-COVID wurde in einem Zeitraum durchgeführt, in dem das Pandemiegeschehen im Raum Würzburg weitestgehend unter Kontrolle und das öffentliche Leben kaum mit Einschränkungen belegt war. Die Ergebnisse - vor allem in Bezug auf subjektive Belastung - sind demnach nur bedingt auf Zeiträume mit stärkerem Infektionsgeschehen und Einschränkungen übertragbar. Es sind jedoch weitere Erhebungen geplant, so dass verschiedene Stadien des Pandemiegeschehens abgedeckt und verglichen werden können. Aufgrund der Altersverteilung der Teilnehmenden darf angenommen werden, dass in der vorliegenden Studie nur eine geringe Zahl von Haushalten mit schulpflichtigen oder Kindergarten-Kindern inkludiert waren, so dass die Belastung innerhalb der Familien potenziell unterschätzt wurde. STAAB-COVID ist eine der ersten Seroprävalenzstudien, die in der deutschen Allgemeinbevölkerung bei asymptomatischen Probanden und nicht einer Hotspot-Region durchgeführt wurde 27 . Darüber hinaus zeichnet sich STAAB-COVID sowohl bei der Erhebung der Sero- als auch der Punktprävalenz durch eine hohe Teilnahmebereitschaft und einen beinahe ausgeglichenen Geschlechteranteil aus. Die STAAB-Studie bietet die außergewöhnliche Möglichkeit, aktuelle Angaben der Probanden zur Corona-Krise mit historischen Daten der STAAB-Studie zu verbinden. Dadurch ist nicht nur eine Aufnahme des Ist-Zustandes, sondern auch die Erfassung von durch die COVID-19 Pandemie ausgelösten Veränderungen möglich.

Danksagung

Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen des STAAB-COVID- Programms und bei der Stadt Würzburg für die Unterstützung der Studie.

Funding Statement

Finanzierung Die STAAB Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert [BMBF 01EO1004 und 01EO1504]. Das STAABCOVID Programm wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst [Aktenzeichen U.7-H4001.1.7/24/2].

Footnotes

Interessenkonflikt FAE, GG, BW, LD, GE, MB, GH, HN, CM und SS berichten keine Interessenskonflikte bezogen auf die vorliegende Studie. OK berichtet Drittmittelförderungen in Bezug zum Thema COVID-19 durch den BMBF, den Freistaat Bayern und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. JD berichtet im Bezug zum Thema COVID-19 eine Drittmittelförderung durch den BMBF. PUH berichtet Drittmittelförderungen des Freistaats Bayern (Ministerium für Wissenschaft und Kunst), des BMBF, der Europäischen Union, der Charité - Universitätsmedizin Berlin, der Ärztekammer Berlin, der Deutschen Parkinson-Gesellschaft, des Universitätsklinikums Würzburg, des Robert-Koch Instituts, der Deutschen Herzstiftung, des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Rahmen des Innovationsfonds, des Universitätsklinikums Heidelberg (im Rahmen von RASUNOA-prime; RASUNOA-prime wird durch ein uneingeschränktes Forschungsstipendium des Universitätsklinikums Heidelberg von Bayer, BMS, Boehringer-Ingelheim und Daiichi Sankyo unterstützt), der Universität Göttingen (innerhalb von Find-AF(RANDOMISED); Find-AF wird durch ein uneingeschränktes Forschungsstipendium von Boehringer-Ingelheim an die Universität Göttingen unterstützt), der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Charité - Universitätsmedizin Berlin (innerhalb von Mondafis; Mondafis durch ein uneingeschränktes Forschungsstipendium der Charité von Bayer unterstützt).

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Literatur

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