Zusammenfassung
Ziel der Studie Die aktuelle SARS-CoV-2 Forschung fokussiert sich bisher weitgehend auf symptomatische Fälle. Die STAAB-COVID-Studie untersuchte daher die Seroprävalenz von COVID-19 in der Allgemeinbevölkerung und die psychosozialen Auswirkungen der Pandemie.
Methodik Von Juni-Oktober 2020 wurden im Rahmen des STAAB-COVID-Programms, einer Unterstudie der „Häufigkeit und Einflussfaktoren auf frühe STAdien A und B der Herzinsuffizienz in der Bevölkerung (STAAB)“ Kohortenstudie, 4860 Probanden aus einer repräsentativen altersstratifizierten Stichprobe Würzburger Einwohner zur Blutabnahme und Fragebogenerhebung eingeladen. Alle Teilnehmenden erhielten zudem das Angebot, an einer Punktprävalenzerhebung (selbst-entnommener Nasenabstrich Anfang November 2020) teilzunehmen.
Ergebnisse Insgesamt nahmen 3034 Probanden am STAAB-COVID-Programm teil (Antwortrate 62%). Bei 33 Teilnehmenden (1,1%; 95% Konfidenzintervall 0,7–1,5%) wurden Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen. Höhere Werte auf der GAD-7-Angstskala waren mit niedrigeren Raten von SARS-CoV-2-Antikörpern assoziiert (Odds Ratio=0,78 je+1 Punkt im GAD-7; 95% Konfidenzintervall 0,65–0,95). Innerhalb dieser eher ängstlichen Probandengruppe war jedoch auch die Absagerate von medizinischen Terminen erhöht (Odds Ratio=1,13 je+1 Punkt im GAD-7; 95% Konfidenzintervall 1,10–1,16). Bei sechs von insgesamt 2451 Teilnehmenden der Punktprävalenzerhebung (0,24%; 95% Konfidenzintervall 0,09–0,53%) wurde eine akute Infektion nachgewiesen.
Schlussfolgerung Zwischen der ersten und zweiten COVID-19 Welle fanden wir in Würzburg eine geringe Durchseuchung mit SARS-CoV-2. Eine ängstlichere Persönlichkeit war dabei mit einer geringeren Seroprävalenz assoziiert. Die Studiendurchführung wurde durch die bereits bestehende Kohortenstudie entscheidend erleichtert.
Schlüsselwörter: SARS-CoV-2, Seroprävalenz, asymptomatische Infektion, psychosoziale Belastung
Abstract
Background Research of SARS-CoV-2 has so far largely focused on symptomatic cases. The STAAB-COVID study therefore examined the seroprevalence of COVID-19 in the general population and the psychosocial effects of the pandemic.
Methods From June-October 2020, a sub-study was conducted within the “Characteristics and Course of Heart Failure Stages A-B and Determinants of Progression (STAAB)” cohort study. 4,860 study participants identified from a representative age-stratified sample of Würzburg residents were asked to provide a blood sample and to fill in a questionnaire. All participants also received an offer to take part in a point prevalence assessment (nasal swab taken from the participant at the beginning of November 2020).
Results A total of 3,034 subjects took part in the STAAB-COVID program (response rate 62%). Antibodies against SARS-CoV-2 were detected in 33 participants (1.1%; 95% confidence interval 0.7–1.5%). Higher values on the GAD-7 anxiety scale were associated with lower rates of SARS-CoV-2 antibodies (Odds Ratio=0.78 for each+1 point in GAD-7; 95% confidence interval 0.65–0.95). Within this rather anxious group of subjects, however, the rate of cancellation of medical appointments was also increased (Odds Ratio=1.13 for each+1 point in GAD-7; 95% confidence interval 1.10–1.16). An acute infection was detected in six of a total of 2,451 participants in the point prevalence assessment (0.24%; 95% confidence interval 0.09–0.53%).
Conclusion Between the first and second COVID-19 waves in Germany, we found a low level of SARS-CoV-2 contamination in the city of Würzburg. A more anxious personality was associated with a lower seroprevalence. Conducting the study was largely facilitated by the existing cohort study.
Key words: SARS-CoV-2, seroprevalence, asymptomatic infection, psychosocial impact
Einleitung
Die Corona-Pandemie, ausgelöst durch das Severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2), stellt die Bevölkerung seit Beginn 2020 vor erhebliche medizinische und gesellschaftliche Herausforderungen 1 . In Deutschland weisen etwa 90% der Personen mit Infektionsnachweis milde bis mäßige Symptome und 10% schwere Symptome mit der Notwendigkeit einer akut-stationären Behandlung auf 2 . Die Rate der asymptomatischen Fälle ist hingegen schwieriger zu erfassen, da ein Virusnachweis bisher nur bei akutem Verdacht aufgrund von Corona-spezifischen Symptomen oder in ausgewählten Kollektiven versucht wurde 3 . Da auch asymptomatische Fälle infektiös sein können, spielt diese Personengruppe jedoch potenziell eine wichtige Rolle in der Infektionsausbreitung 4 5 . Seroprävalenzstudien in möglichst repräsentativen Stichproben der Allgemeinbevölkerung sind daher geeignet, um die gesamte Belastung durch COVID-19 Infektionen abzuschätzen und die Ausbreitung des Erregers besser zu verstehen 6 7 . Eine Möglichkeit zur effizienten Durchführung von Seroprävalenzstudien bieten bereits etablierte Kohortenstudien, die auf bereits vorhandene Infrastrukturen sowie präpandemisch erhobene Daten zurückgreifen können. Gleichzeitig gibt es bisher nur begrenzte Daten zu den psychischen Folgen aufgrund der COVID-19 Pandemie sowie zum Einfluss von psychosozialen Faktoren auf das Risiko einer COVID-19 Infektion 8 . Die wissenschaftlichen Ziele des STAAB-COVID Programms sind daher: (1) Iterative Erfassung des Antikörperstatus sowie Veränderung des Antikörperstatus innerhalb einer etablierten Kohortenstudie im Verlauf von zwei Jahren; (2) Systematische Untersuchung von Determinanten für Suszeptibilität für SARS-CoV-2 inklusive psychosozialer Determinanten; (3) Erfassung des Einflusses der Corona-bedingten Beschränkungen auf psychische Gesundheit, Lebensqualität, kardiovaskuläre Risikofaktoren und allgemeine medizinische Versorgung; sowie (4) Iterative punktuelle Erhebung des aktiven Infektionsgeschehens im Würzburger Raum im Verlauf von 2 Jahren. Nachstehend berichten wir über Ergebnisse der ersten Erhebungswelle des STAAB-COVID-Programms.
Methode
Die STAAB Kohortenstudie („ Häufigkeit und Einflussfaktoren auf frühe STAdien A und B der Herzinsuffizienz in der Bevölkerung“) untersucht die Häufigkeit und den natürlichen Verlauf der Vorläuferstadien einer Herzinsuffizienz in einer Stichprobe von 5.000 Einwohnern der Stadt Würzburg im Alter von 30–79 Jahren bei Basiserhebung. Diese erfolgte von 2013 bis 2017, die erste Nachuntersuchung wurde 2021 abgeschlossen. Studiendesign und Ergebnisse der Basisuntersuchung wurden veröffentlicht 9 10 . In einem multidisziplinären Team, in dem die Fachrichtungen Epidemiologie, Kardiologie, Psychiatrie, Psychologie, Virologie, Mikrobiologie und Hygiene vertreten waren, wurde ein Konzept für die STAAB-COVID-Substudie zur Erfassung des Seroprävalenzstatus der STAAB-Teilnehmenden implementiert.
Ethikvotum
Das Amendement für das STAAB-COVID-Programm (Aktenzeichen 98/13) wurde am 6. Juni 2020 von der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg genehmigt. Alle Teilnehmenden erteilten schriftlich ihre Einwilligung zur Studienteilnahme.
Teilnehmer*innen
Von den 5010 rekrutierten STAAB-Teilnehmenden wurden zwischen dem 17. Juni und 18. Oktober 2020 die zu diesem Zeitpunkt 4860 in der Studie verbliebenen Probanden zum STAAB-COVID-Programm eingeladen. Die Untersuchung erfolgte in der gemeinsamen Untersuchungsstraße des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI) und des Instituts für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) in Würzburg. Das Hygienekonzept umfasste u. a. Vorgaben zur Raumausstattung, Desinfektion von Oberflächen und sanitären Anlagen, Einhaltung der Abstandsregeln und Maskenpflicht sowie Lüftvorgaben. Das Personal wurde im Hinblick auf das Hygienekonzept geschult. Die Untersuchung wurde nur bei Personen durchgeführt, die am Untersuchungstag keine COVID-19 assoziierten Symptomen zeigten. Symptomatischen Probanden erhielten einen neuen Termin nach Abklingen der Symptome.
Untersuchung
Allen Probanden wurde zur Bestimmung der Seroprävalenz von COVID-19 Antikörpern 22 ml Blut abgenommen. Die Einlagerung der Blutproben erfolgte in der Interdisziplinären Biomaterial- und Datenbank der Medizinischen Fakultät Würzburg (ibdw). Andere körperliche Untersuchungen wurden im Gegensatz zum herkömmlichen STAAB Untersuchungsprogramm nicht durchgeführt, um die Termindauer möglichst gering zu halten. Den Probanden wurde ein Fragebogen ausgehändigt, der folgende Angaben erfasste: chronische Vorerkrankungen, aktuelle Arbeits- und Wohnsituation, bisherige Testung auf SARS-CoV-2, Informationen zu stattgehabter Corona-Infektion, Angst (GAD-7) 11 , depressive Verstimmung (PHQ-9) 12 , Lebensqualität (EQ-5D-5L), psychosoziale Belastung (Social-distancing Fragebogen (GH)), Veränderung von Gewicht und Ernährung und von weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen sowie Einfluss der Beschränkungen auf die allgemeine medizinische Versorgung ( für aller Fragebogeninhalte, siehe Supplement Methodenteil ). Der Fragebogen konnte digital oder papierbasiert zu Hause ausgefüllt werden.
Punktprävalenzerhebung
Allen Probanden, die an der Blutabnahme der Seroprävalenzerhebung teilgenommen hatten, wurde angeboten, im November 2020 eigenständig einen Abstrich der mittleren Nasenmuschel durchzuführen. Die Probanden erhielten dafür postalisch alle benötigen Materialien und Anleitungen ( für genaue Materialbeschreibungen, siehe Supplement Methodenteil ). Die Punktprävalenzerhebung erfolgte am 04.11.2021 Für einen Abstrich der mittleren Nasenmuschel wurde zu diesem Zeitpunkt eine Sensitivität zwischen 74–96% angenommen 13 14 .
Fallzahl
Basierend auf der bisherigen Teilnahmebereitschaft für Folgeuntersuchungen innerhalb der STAAB-Kohorte und abzüglich inzwischen verzogener oder aufgrund des Infektionsgeschehens nicht zu persönlicher Untersuchung bereiter Probanden wurde eine Antwortrate von 70% und eine Teilnehmerzahl von 3400 erwartet. Für die Punktprävalenzerhebung wurde eine Einwilligungsrate von 90% und eine tatsächliche Rücksenderate von 75% erwartet.
Datenauswertung
Blutproben wurden mit dem Elecsys Anti-SARS-CoV-2 Immunoassay (cobas e411 analyzer, Roche) auf das Vorliegen von Antikörpern IgG, IgM, IgA) gegen das Nukleokapsid-Protein untersucht. Die PCR-Testung der Nasenabstriche erfolgte mittels NeuMoDx SARS-CoV-2 Assay (Qiagen). SARS-CoV-2-RNA-positive Proben wurden mit Alinity m SARS-CoV-2 (Abbott) bestätigt. Ausgehend vom Zensus der Einwohner Würzburgs zum 31.12.2019, den tagesaktuellen an das Gesundheitsamt gemeldeten Infektionen und der Annahme einer 7-tägigen Zeitspanne zwischen Infektions- und Antikörpernachweis wurde für jeden Studienteilnehmer die Wahrscheinlichkeit berechnet, am Untersuchungstag bei bekannter vorangegangener Infektion Antikörper zu haben. Durch Addition über alle Teilnehmenden ergab sich der erwartete Anteil von Antikörperträgern. Die Differenz zum tatsächlich gefundenen Anteil ist eine Schätzung der „Dunkelziffer“ für den Würzburger Raum (siehe auch Supplement Methodenteil, Im Internert ). Zudem wurde der erwartete und der tatsächliche Anteil von Antikörperträgern nach der Formel von Rogan und Gladen adjustiert 15 (siehe Supplement Methodenteil, Im Internert ). Fragebogendaten wurden deskriptiv ausgewertet und durch Übersichtsstatistiken zusammengefasst. Gruppenvergleiche wurde mittels t-Test für numerische Daten und exaktem Fisher-Test für kategorische Daten durchgeführt. Fehlende Werte („true missings“ und „nicht zutreffend“) wurden nicht imputiert. Bei einem p-Wert<0,05 wurde statistische Signifikanz angenommen. Die Datenauswertung erfolgte mit der Software SPSS Version 26 und R Version 3.5.0. Für die Outcomes „seropositiv“ und „medizinische Visite storniert“ wurde jeweils eine binär- logistische Regression mit dem GAD-7-Summenscore aus der Baseline-Untersuchung der STAAB-Studie als Prädiktor durchgeführt und Odds Ratios mit 95% Konfidenzintervallen (KI) berichtet. Um die Ergebnisse auf die Normalbevölkerung übertragen zu können, wurde die Rechnung ohne GAD-7-Summenwerte≥10 wiederholt. Zudem wurde für Alter und Geschlecht adjustiert.
Ergebnisse
Von den 4860 eingeladenen Probanden nahmen 3034 (62% Antwortrate) am STAAB-COVID-Programm teil ( Tab. 1 ). Es lagen von 2859 Teilnehmenden (58,8%, Alter 54,9±11,2 Jahre) Blutproben und Fragebogendaten vor, von 142 Teilnehmenden (2,9%, 59,7±10,5 Jahre) nur Blutproben und von 33 (0,7%, 49,8±9,1 Jahre) nur Fragebogendaten. Bei 0,6% der Probanden wurde ein positiver PCR-Befund aus der Vergangenheit berichtet ( Tab. 1 ). Die Teilnahmebereitschaft war zwischen Männern und Frauen identisch (62,4 vs. 62,4%, p>0,99). Die Teilnahmequote lag in den fünf Altersdekaden (30–80 Jahre) bei 56,1, 60,9, 67,5, 64,5 und 53,9% (p für Trend<0,001). Probanden, die auf die Einladung zum STAAB-COVID-Programm reagierten, hatten häufiger einen höheren Bildungsabschluss (49 vs. 40%, p<0,001) und im Mittel niedrigere GAD-7 (3,0 vs. 3,4, p<0,001) und niedrigere PHQ-9 Summenwerte bei Baseline Untersuchung (3,7 vs. 4,4, p<0,001).
Tab. 1 Basisdaten der Studienteilnehmer insgesamt und bei Personen ohne und mit positivem SARS-CoV-2-Antikörpertest.
| Merkmal | Zahl der Teilnehmer | Seropositiv, n (%) | p-Wert |
|---|---|---|---|
| Alle Teilnehmer | 3001 | 33 (1,1) | – |
| Demografie/allgemein | |||
| Geschlecht | 0,16 | ||
| Männlich | 1424 | 20 (1,4) | |
| Weiblich | 1577 | 13 (0,8) | |
| Alter (Basisuntersuchung) | 0,04 | ||
| 30–39 Jahre | 256 | 5 (2,0) | |
| 40–49 Jahre | 733 | 11 (1,5) | |
| 50–59 Jahre | 859 | 10 (1,2) | |
| 60–69 Jahre | 860 | 4 (0,5) | |
| 70–79 Jahre | 293 | 3 (1,0) | |
| Arbeitsplatz | 0,002 | ||
| In medizinischer Einrichtung | 299 | 10 (3,2) | |
| Andere oder kein Arbeitsplatz | 2545 | 23 (0,9) | |
| Aktuelle Wohnsituation | >0,99 | ||
| Privat, allein | 592 | 7 (1,2) | |
| Mit anderen Personen | 2246 | 26 (1,1) | |
| Raucher | 0,64 | ||
| Nie | 1416 | 16 (1,1) | |
| Früher | 1224 | 15 (1,2) | |
| Aktuell | 360 | 2 (0,6) | |
| Immunstatus/Erkrankungen | |||
| Grippe-Impfung seit 09/2019 | >0,99 | ||
| Ja | 983 | 11 (1,1) | |
| Nein | 1870 | 22 (1,2) | |
| Pneumokokken-Impfung | >0,99 | ||
| Ja | 573 | 8 (1,4) | |
| Nein | 2268 | 24 (1,1) | |
| Erkältungskrankheiten | 0,50 | ||
| Selten (<1 pro Jahr) | 279 | 2 (0,7) | |
| Im Mittel etwa 1 pro Jahr | 1495 | 21 (1,4) | |
| Häufiger als 1 pro Jahr | 1060 | 9 (0,8) | |
| Immunsuppressiva | 0,64 | ||
| Ja | 109 | 0 (0) | |
| Nein | 2738 | 33 (1,2) | |
| COPD | >0,99 | ||
| Ja | 71 | 0 (0) | |
| Nein | 2765 | 32 (1,2) | |
| Asthma | 0,74 | ||
| Ja | 219 | 3 (1,4) | |
| Nein | 2576 | 30 (1,2) | |
| Kardiovaskuläre Risikofaktoren | |||
| Hypertonus | 0,16 | ||
| Ja | 1372 | 11 (0,8) | |
| Nein | 1629 | 22 (1,4) | |
| Arteriosklerotische Erkrankung* | >0,99 | ||
| Ja | 164 | 2 (1,2) | |
| Nein | 2837 | 31 (1,1) | |
| Diabetes mellitus | >0,99 | ||
| Ja | 256 | 3 (1,2) | |
| Nein | 2745 | 30 (1,1) | |
| Adipositas | 0,65 | ||
| Ja | 545 | 7 (1,3) | |
| Nein | 2456 | 26 (1,1) | |
| Metabolisches Syndrom** | 0,65 | ||
| Ja | 534 | 7 (1,3) | |
| Nein | 2467 | 26 (1,1) | |
| COVID-19-assoziierte Risikofaktoren | |||
| Kontakt mit Infizierten | <0,001 | ||
| Kein bekannter Kontakt | 2815 | 22 (0,8) | |
| Ja,≥1,5 Meter Abstand | 84 | 2 (2,4) | |
| Ja,<1,5 Meter Abstand | 102 | 9 (8,8) | |
| Vorbefund aus Abstrich | <0,001 | ||
| Keiner/unbekannt | 2546 | 15 (0,6) | |
| Befund negativ | 436 | 2 (0,5) | |
| Befund positiv | 19 | 16 (84,2) |
Antikörperanalyse
Bei 33 der 3.001 untersuchten Blutproben (1,1%, 95%KI 0,7–1,5%; gleiches Ergebnis nach Adjustierung) fiel der Test für Antikörper gegen SARS-CoV-2 positiv aus ( Tab. 1 ). Dabei gab es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Seropositivität und dem Erhebungsdatum der Probe. Berücksichtigt man die Altersstruktur der Würzburger Bevölkerung im Vergleich zu derjenigen im STAAB-COVID-Programm (Alter 32–87 Jahre), hätte man ausgehend vom Infektionsgeschehens im Erhebungszeitraum eine Positivrate von etwa 1,3% erwartet. Zudem ergibt sich aus den vorliegenden Studiendaten für den Raum Würzburg eine relative Dunkelziffer von 1,4 unbekannten Infektionen (95% KI 0,6–2,3) für jede dem Gesundheitsamt gemeldete Infektion (zur Berechnung der Dunkelziffer siehe Supplement Methodenteil).
Ängstliches Verhalten und Antikörperstatus
Verglichen mit der Baseline-Untersuchung lag in der aktuellen Untersuchung keine Veränderung der PHQ-9 Werte der Probanden vor (Baseline MW 3,7±3,4 vs. STAAB-COVID MW 3,7±3,6; p=0,92), die GAD-7 Werte hatten sich im Mittel sogar um 0.4 Punkte verbessert (Baseline MW 3,0±3,4 vs. STAAB-COVID MW 2,6±3,1; p<0,001). Es zeigte sich ein leichter Anstieg beider Skalen im Laufe des Untersuchungszeitraums, die Korrelation der beiden Skalen mit dem Untersuchungsdatum war jedoch nicht statistisch signifikant (für GAD-7: p=0,06; für PHQ-9: p=0,07). Personen mit einem höheren Punktwert in der Angstskala (GAD-7, höhere Werte entsprechen einer stärkeren Ausprägung) bei der Basisuntersuchung 3–6 Jahre vor der Pandemie hatten ein geringeres Risiko für eine durch Antikörper nachgewiesene Infektion mit SARS-CoV-2, vermieden nach eigenen Angaben aber gleichzeitig häufiger elektive medizinische Visiten ( Abb. 1 , Tab. 2 ).
Abb. 1.

Zusammenhang von GAD-7-Summenwert 3–6 Jahre vor der Pandemie mit der Infektionsrate und der Vermeidung elektiver medizinischer Visiten am Ende der ersten Welle der Pandemie. Dargestellt sind die aus den logistischen Regressionsmodellen (vgl. Tab. 2 ) geschätzten Anteile. In diese Analyse wurden nur Personen einbezogen, bei denen der Verdacht auf eine Angsterkrankung nicht gegeben war (GAD-7-Summenwert≤10). Summenwerte im oberen Bereich können hier eher als erhöhte Vorsicht und Gefahrenbewusstsein angesehen werden, nicht als krankhafte Angst. Personen mit höheren Summenwerten scheinen Infektionsraten aufzuweisen, die, wenn sie flächendeckend realisiert worden wären, wahrscheinlich zu einem Abebben der Pandemie hätten führen können. Gleichzeitig sind diese Personen vermutlich in deutlich höherem Maße gefährdet, Gesundheitsschäden durch vermiedene Inanspruchnahme medizinischer Betreuung davonzutragen.
Tab. 2 Zusammenhang zwischen dem GAD-7-Summenwert 3–6 Jahre vor Beginn der COVID-19-Pandemie und der Häufigkeit von SARS-CoV-2-Antikörpern sowie der Vermeidung geplanter medizinischer Visiten (Vorstellung beim Hausarzt oder bei Fachärzten, therapeutische Sitzungen, elektive stationäre Aufenthalte) während oder unmittelbar nach der ersten Welle der Pandemie.
| Analyse | GAD-7 Summenwert | N | Outcome, n (%) | Statistik OR (95% KI) |
|---|---|---|---|---|
| Seropositiv | ||||
| Alle Teilnehmer mit Datenfür GAD-7 in der Basisuntersuchungund Antikörperstatus | 0–1 | 1123 | 17 (1,5) | 0,78 je+1 Punkt im GAD-7 Summenwert (0,65–0,95; p=0,01) |
| 2–3 | 860 | 11 (1,3) | ||
| 4–5 | 479 | 3 (0,6) | ||
| 6–7 | 214 | 1 (0,5) | ||
| 8–9 | 100 | 0 (0) | ||
| ≥10 | 133 | 0 (0) | ||
| Ohne GAD-7-Summenwert≥10 | 0–9 | 2776 | – | 0,79 je+1 Pkt. (0,65–0,97; p=0,02) |
| und adjustiert für Alter und Geschlecht | 0–9 | 2776 | – | 0,79 je+1 Pkt. (0,65–0,97; p=0,03) |
| Visite storniert | ||||
| Alle Teilnehmer mit Datenfür GAD-7 in der Basisuntersuchungund COVID-Fragebogen | 0–1 | 1063 | 262 (24,6) | 1,13 je+1 Punkt im GAD-7 Summenwert (1,10–1,16; p<0,001) |
| 2–3 | 827 | 289 (34,9) | ||
| 4–5 | 457 | 178 (38,9) | ||
| 6–7 | 205 | 91 (44,4) | ||
| 8–9 | 96 | 47 (49,0) | ||
| ≥10 | 126 | 74 (58,7) | ||
| Ohne GAD-7-Summenwert≥10 | 0–9 | 2648 | – | 1,16 je+1 Pkt. (1,11–1,20; p<0,001) |
| und adjustiert für Alter und Geschlecht | 0–9 | 2648 | – | 1,13 je+1 Pkt. (1,09–1,18; p<0,001) |
Psychosoziale Gesundheit
Im Mittel bewerteten die Probanden ihre aktuelle Gesundheit mit 76 von 100 Punkten (Standardabweichung 16,9, visuelle Analog-Skala EQ-5D-5L). Im Social-distancing Fragebogen berichteten Probanden häufiger im Arbeits-als im familiären Umfeld eine Verschlechterung der Stimmung und mangelnde Unterstützung ( Tab. 3 ). Frauen fühlten sich signifikant häufiger etwas oder schwer belastet durch Versorgung von Kindern/Angehörigen, fehlende Ansprechpartner für Probleme sowie Kontaktverbot zu älteren Personen ( Tab. 3 ).
Tab. 3 Stimmung, emotionale Belastung und soziale Unterstützung: Selbstauskünfte aus dem Social-distancing Fragebogen.
| Merkmal | Insgesamt N=2892 | Männer N=1370 | Frauen N=1522 | p-Wert |
|---|---|---|---|---|
| Skala 1=sehr gut bis 5=sehr schlecht; Mittelwert (Standardabweichung) | ||||
| Unterstützung durch soziales Umfeld | 1,8 (0,8) | 1,8 (0,8) | 1,8 (0,8) | 0,074 |
| Keine Angabe, N (%) | 216 (9) | 180 (13) | 181 (12) | |
| Stimmung in der Familie/im Haushalt | 1,9 (0,8) | 1,8 (0,9) | 1,9 (0,8) | <0,01 |
| Keine Angabe, N (%) | 282 (10) | 118 (9) | 164 (11) | |
| Stimmung im Arbeitsumfeld | 2,4 (0,9) | 2,3 (0,9) | 2,5 (0,9) | <0,001 |
| Keine Angabe, N (%) | 1149 (40) | 543 (40) | 606 (40) | |
| Unterstützung durch Kollegen | 2,2 (0,9) | 2,1 (0,9) | 2,2 (0,9) | 0,079 |
| Keine Angabe, N (%) | 1274 (44) | 611 (46) | 663 (44) | |
| Unterstützung durch Vorgesetzte | 2,3 (1,1) | 2,3 (1,1) | 2,3 (1,1) | 0,537 |
| Keine Angabe, N (%) | 1428 (50) | 713 (52) | 718 (47) | |
| Belastung der Kinder durch die Pandemie | 2,6 (1,1) | 2,5 (1,0) | 2,7 (1,1) | <0,001 |
| Keine Angabe, N (%) | 116 (4) | 48 (4) | 68 (4) | |
| Angst vor Vereinsamung | 1,5 (0,9) | 1,4 (0,8) | 1,6 (0,9) | <0,001 |
| Keine Angabe, N (%) | 42 (1) | 19 (1) | 23 (2) | |
| Veränderung der Stimmung im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie; N (%) | ||||
| … in der Familie | 0,183 | |||
| Verbessert | 183 (6) | 88 (7) | 95 (6) | |
| Unverändert | 1967 (69) | 957 (71) | 1010 (68) | |
| Verschlechtert | 454 (16) | 207 (15) | 247 (17) | |
| Keine Angabe, N (%) | 288 (10) | 118 (9) | 170 (11) | |
| … im Arbeitsumfeld | 0,484 | |||
| Verbessert | 75 (3) | 39 (3) | 36 (2) | |
| Unverändert | 958 (34) | 469 (35) | 489 (33) | |
| Verschlechtert | 675 (24) | 308 (23) | 367 (25) | |
| Keine Angabe, N (%) | 1184 (41) | 554 (40) | 630 (41) | |
| Belastung in den letzten zwei Wochen durch … ; N (%) | ||||
| … Versorgung von Kindern/Angehörigen | <0,001 | |||
| Nicht beeinträchtigt | 2036 (73) | 1039 (78) | 997 (68) | |
| Wenig beeinträchtigt | 586 (21) | 240 (18) | 346 (24) | |
| Stark beeinträchtigt | 183 (7) | 57 (4) | 126 (9) | |
| Keine Angabe, N (%) | 87 (3) | 34 (2) | 53 (3) | |
| … Stress im Arbeitsumfeld/in der Schule | <0,001 | |||
| Nicht beeinträchtigt | 1776 (64) | 887 (67) | 889 (61) | |
| Wenig beeinträchtigt | 661 (24) | 307 (23) | 354 (24) | |
| Stark beeinträchtigt | 342 (12) | 129 (10) | 213 (15) | |
| Keine Angabe, N (%) | 113 (4) | 47 (3) | 66 (4) | |
| … finanzielle Sorgen | 0,144 | |||
| Nicht beeinträchtigt | 2298 (82) | 1098 (82) | 1200 (83) | |
| Wenig beeinträchtigt | 397 (14) | 184 (14) | 213 (15) | |
| Stark beeinträchtigt | 92 (3) | 53 (4) | 39 (3) | |
| Keine Angabe, N (%) | 105 (4) | 35 (3) | 70 (5) | |
| … Kein Ansprechpartner für Probleme | <0,001 | |||
| Nicht beeinträchtigt | 2420 (87) | 1192 (90) | 1228 (85) | |
| Wenig beeinträchtigt | 299 (11) | 113 (9) | 186 (13) | |
| Stark beeinträchtigt | 59 (2) | 21 (2) | 38 (3) | |
| Keine Angabe, N (%) | 114 (4) | 44 (3) | 70 (5) | |
| … Kontaktverbot zu älteren Menschen | <0,001 | |||
| Nicht beeinträchtigt | 1959 (70) | 993 (75) | 966 (66) | |
| Wenig beeinträchtigt | 648 (23) | 282 (21) | 366 (25) | |
| Stark beeinträchtigt | 189 (7) | 54 (4) | 135 (9) | |
| Keine Angabe, N (%) | 96 (3) | 41 (3) | 55 (4) | |
Kardiovaskuläre Risikofaktoren und medizinische Versorgung
Fast alle Probanden berichteten über im Zuge der Pandemie unveränderte Ernährungsgewohnheiten, wohingegen 14% angaben, dass sich ihre körperliche Aktivität erhöht und 26%, dass sie sich vermindert hatte ( Tab. 4 ). Bezogen auf den Zeitraum von Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen bis zur Studienteilnahme berichteten mehr Probanden über eine Gewichtszunahme als Gewichtsabnahme: 18% vs. 11% der Männer und 26% vs. 9% der Frauen. Rund 8% der Probanden mit Hypertonus, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie oder einer anderen chronischen Erkrankung gaben an, dass es seit der Pandemie schwieriger sei ihre Medikamente zu erhalten.
Tab. 4 Zugang zu Medikamenten und Ärzten und Veränderung von kardiovaskulären Lebensstilfaktoren seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen März 2020.
| Männer N=1370 | Frauen N=1522 | p-Wert | |
|---|---|---|---|
| Zugang zu Medikamenten und Ärzten | |||
| Zugang zu meinen Medikamenten ist erschwert, N (%)* | <0,001 | ||
| Ja | 39 (5) | 88 (9) | |
| Nein | 812 (95) | 920 (91) | |
| Terminverschiebung/-absage bei Haus- und Fachärzten, N (%) | <0,001 | ||
| Ja | 281 (21) | 463 (30) | |
| Nein | 741 (54) | 714 (47) | |
| Keine Termine vereinbart | 342 (25) | 339 (22) | |
| Absage durch, N (%) | 0,354 | ||
| Patient/in | 137 (49) | 228 (49) | |
| Arzt/Ärztin | 142 (51) | 227 (49) | |
| Terminverschiebung/-absage bei Physio-/Ergotherapeuten/Logopäden, N (%) | <0,001 | ||
| Ja | 105 (8) | 249 (17) | |
| Nein | 476 (35) | 508 (34) | |
| Keine Termine vereinbart | 777 (57) | 748 (50) | |
| Absage durch, N (%) | 0,922 | ||
| Patient/in | 38 (36) | 84 (34) | |
| Arzt/Ärztin | 64 (61) | 157 (63) | |
| Terminverschiebung/-absage Krankenhaus, N (%) | 0,215 | ||
| Ja | 64 (5) | 58 (4) | |
| Nein | 501 (37) | 601 (40) | |
| Keine Termine vereinbart | 791 (58) | 845 (56) | |
| Absage durch, N (%) | 0,247 | ||
| Patient/in | 13 (20) | 17 (29) | |
| Arzt/Ärztin | 51 (80) | 40 (69) | |
| Ernährung | |||
| Veränderung Verzehr von Obst, N (%) | 0,780 | ||
| ich esse mehr Obst | 78 (6) | 79 (5) | |
| ich esse genauso viel | 1240 (91) | 1383 (91) | |
| ich esse weniger Obst | 44 (3) | 53 (3) | |
| Veränderung Verzehr von Gemüse, N (%) | 0,598 | ||
| ich esse mehr Gemüse | 73 (5) | 86 (6) | |
| ich esse genauso viel | 1264 (93) | 1389 (92) | |
| ich esse weniger Gemüse | 28 (2) | 39 (3) | |
| Veränderung Ernährung insgesamt, N (%) | |||
| ich esse häufiger | 90 (7) | 198 (13) | <0,001 |
| ich esse seltener | 33 (2) | 28 (2) | 0,905 |
| ich esse größere Portionen | 59 (4) | 48 (3) | 0,114 |
| ich esse kleinere Portionen | 85 (6) | 87 (6) | 0,583 |
| ich ernähre mich weniger gesund | 88 (6) | 87 (6) | 0,939 |
| ich ernähre mich gesünder | 156 (11) | 205 (13) | 0,091 |
| Vermehrter Verzehr von Fast Food, N (%) | 29 (2) | 24 (2) | 0,097 |
| Vermehrter Verzehr von Tiefkühlkost, N (%) | 56 (4) | 61 (4) | 0,275 |
| Körperliche Aktivität | |||
| Veränderung körperliche Aktivität, N (%) | <0,01 | ||
| erhöht | 172 (13) | 233 (15) | |
| gleichgeblieben | 855 (63) | 849 (56) | |
| vermindert | 325 (24) | 418 (28) | |
| Nutzung von Plattformen oder Tools für Sport zu Hause, N (%) | |||
| YouTube | 33 (2) | 134 (9) | <0,001 |
| Websites mit Workout-Videos | 33 (2) | 59 (4) | 0,026 |
| Live-Streams/Live-Trainings | 11 (1) | 60 (4) | <0,001 |
| Home-Trainer | 103 (8) | 60 (4) | 0,050 |
| Andere | 59 (4) | 83 (5) | 0,168 |
| Gewicht | |||
| Veränderung Gewicht, N (%) | <0,001 | ||
| Abnahme | 154 (11) | 129 (9) | |
| Gleich geblieben | 938 (69) | 947 (63) | |
| Zunahme | 251 (18) | 392 (26) |
Punktprävalenzerhebung
Von 2953 verschickten Paketen erhielt das Studienzentrum zwischen dem 04.11. und 18.11.2020 2451 Nasenabstriche, welche in die Analyse eingeschlossen werden konnten (83%). Zum Stichtag 18.11.2020 wurde aus 6 Proben (0,24%, 95% KI 0,09–0,53%) SARS-CoV-2 RNA nachgewiesen (Supplement Tab. 1, Im Internert). Die betroffenen Personen wurden durch das Gesundheitsamt umgehend informiert, angemessene Isolationsmaßnahmen wurden ausgesprochen. Positiv getestete Personen waren im Mittel 64±13 Jahre alt, 50% waren Frauen. Fünf Personen (83%) litten vor der Testung unter Corona-spezifischen Symptomen (Supplement Tab. 2, Im Internert). Bei allen sechs dieser Probanden, die sich im März 2021 zu einer weiteren Blutabnahme bereiterklärten, konnten Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen werden.
Diskussion
Im Zeitraum Juni-Oktober 2020 fanden wir in einer Kohorte von Probanden mittleren Alters, Einwohner einer mittelgroßen süddeutschen Stadt, eine SARS-CoV-2 Seroprävalenzrate von 1,1%. Die akute Infektionsrate zu Beginn der 2. Pandemie-Welle betrug in einer Subgruppe dieser Kohorte 0,24%. Rund ein Viertel der Probanden berichtete eine verringerte körperliche Aktivität und rund ein Fünftel eine Gewichtszunahme seit Pandemiebeginn. Im Hinblick auf psychosoziale Aspekte gaben Frauen in den meisten Bereichen eine signifikant höhere Belastung an als Männer. Im Vergleich zu anderen im europäischen Raum durchgeführten Bevölkerungsstudien, liegt die in STAAB-COVID beobachtete Seropositivität im unteren Bereich 6 . Die sehr ähnlich aufgesetzte SaarCoPS Studie, durchgeführt bis Oktober 2020 an 3000 Einwohnern, fand ebenfalls eine Seroprävalenzrate von 1% 16 . Die KoCo-19-Kohorte, die 2994 Münchner Haushalte zwischen April-Juni 2020 auf das Vorliegen von SARS-CoV-2 Antikörpern untersuchte, berichtete eine Seroprävalenz von 1,82% 17 . Die geringfügig höhere Seroprävalenz im Vergleich zum STAAB-COVID-Programm könnte auf Clustering von Infektionen innerhalb von Haushalten zurückzuführen sein. Der insgesamt geringen Seropositivität und geringen Rate an akuten Infektionen in der vorliegenden Studie könnten zum einen eine wirksame Teststrategie und weitreichende Einhaltung der AHA-Regeln im Würzburger Raum zugrunde liegen. Zum anderen, obwohl sich die STAAB-Studie insgesamt durch sein zufälliges Sampling über das Einwohnermeldeamt auszeichnet, muss teilweise davon ausgegangen werden, dass Personen, die die Corona-Pandemie ernst nehmen und von der Notwendigkeit wissenschaftlichen Daten überzeugt sind, eher bereit waren an STAAB-COVID teilzunehmen. Die Ergebnisse der Seroprävalenz- als auch die der Punktprävalenzerhebung sind daher nur begrenzt auf die Allgemeinbevölkerung übertragbar. Im Vergleich zu subjektiv angstfreien Probanden wiesen Probanden mit eher ängstlichem Verhalten, gemessen am GAD-7-Score, eine geringere Seropositivität auf. In klarer Abgrenzung zu behandlungsbedürftigen Angststörungen könnte demnach ein allgemein mild ausgeprägtes ängstliches Verhalten die Exposition gegenüber SARS-CoV-2 verringern und damit zur Begrenzung der Pandemie beitragen. Der Effekt wurde gegebenenfalls sogar noch unterschätzt, da Nicht-Teilnehmer im Mittel höhere GAD-7 und PHQ-9-Werte bei Baseline aufwiesen. Es sind jedoch weitere Studien mit größeren Stichproben nötig, um diesen Zusammenhang zu stützen. Zudem fand sich innerhalb dieser Probandengruppe auch eine erhöhte Absagerate von medizinischen Terminen. Ein Rückgang der Inanspruchnahme von notwendiger medizinischer Versorgung wurde bereits an anderen Stellen berichtet 18 . Somit bleibt es eine wichtige Aufgabe von Medien und Politik, Risiken differenziert zu kommunizieren, sodass die allgemeine medizinische Versorgung der Allgemeinbevölkerung auch während einer Pandemie erhalten bleibt und notwendige Arzttermine adäquat wahrgenommen werden. Die vorliegende Studie erbrachte keinen Hinweis auf Erhöhung von Angst- oder Depressionssymptomatik im Kontext der Pandemie. Diese Ergebnisse müssen jedoch mit Vorsicht interpretiert werden, da im Zeitraum der Erhebung das öffentliche Leben in Deutschland kaum eingeschränkt war. Eine andere Studie aus der Zeit des ersten Lock-down im Frühjahr 2020 berichtete hingegen eine Vermehrung depressiver Symptome 19 . Die mittleren Werte des PHQ-9 in der STAAB-Population sind vergleichbar mit anderen populationsbasierten Studien in Deutschland, der GAD-7 tendenziell etwas geringer 20 21 . Dies könnte mit sozioökonomischen und soziodemographischen Unterschieden der Regionen zusammenhängen und sollte in der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden. Konsistent mit bestehender Literatur berichteten Frauen im Vergleich zu Männern über stärkere psychosoziale Belastung 22 . So zeigte eine Umfrage aus Italien, dass sich insbesondere bei berufstätigen Frauen die tägliche Zeit für Hausarbeit erhöht hat 22 . Auch die im STAAB-COVID-Programm von den Eltern berichtete vergleichsweise hohe Belastung bei Kindern deckt sich mit der Literatur 23 24 . Während zu Beginn die psychische Belastung durch Ausgangs, bzw. Kontaktbeschränkungen wenig Beachtung fand, ist sie inzwischen wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses 25 . Durch klar formulierte und möglichst einheitlich implementierte Maßnahmen, die sich aus wissenschaftlichen Erkenntnissen ableiten lassen, kann der Bevölkerung wieder vermehrt Sicherheit vermittelt und dadurch die psychosoziale Belastung geringer gehalten werden. Beim Sport- und Ernährungsverhalten zeigten sich in unserer Kohorte keine eindeutigen Tendenzen hin zu einer Pandemie-bedingten gesünderen oder ungesünderen Lebensweise. Andere Studien deuten jedoch darauf hin, dass insbesondere die körperliche Aktivität während bestehender Ausgangsbeschränkungen weltweit zurückgegangen ist 26 . Einige Limitationen der vorliegenden Studie sind zu nennen. STAAB-COVID wurde in einem Zeitraum durchgeführt, in dem das Pandemiegeschehen im Raum Würzburg weitestgehend unter Kontrolle und das öffentliche Leben kaum mit Einschränkungen belegt war. Die Ergebnisse - vor allem in Bezug auf subjektive Belastung - sind demnach nur bedingt auf Zeiträume mit stärkerem Infektionsgeschehen und Einschränkungen übertragbar. Es sind jedoch weitere Erhebungen geplant, so dass verschiedene Stadien des Pandemiegeschehens abgedeckt und verglichen werden können. Aufgrund der Altersverteilung der Teilnehmenden darf angenommen werden, dass in der vorliegenden Studie nur eine geringe Zahl von Haushalten mit schulpflichtigen oder Kindergarten-Kindern inkludiert waren, so dass die Belastung innerhalb der Familien potenziell unterschätzt wurde. STAAB-COVID ist eine der ersten Seroprävalenzstudien, die in der deutschen Allgemeinbevölkerung bei asymptomatischen Probanden und nicht einer Hotspot-Region durchgeführt wurde 27 . Darüber hinaus zeichnet sich STAAB-COVID sowohl bei der Erhebung der Sero- als auch der Punktprävalenz durch eine hohe Teilnahmebereitschaft und einen beinahe ausgeglichenen Geschlechteranteil aus. Die STAAB-Studie bietet die außergewöhnliche Möglichkeit, aktuelle Angaben der Probanden zur Corona-Krise mit historischen Daten der STAAB-Studie zu verbinden. Dadurch ist nicht nur eine Aufnahme des Ist-Zustandes, sondern auch die Erfassung von durch die COVID-19 Pandemie ausgelösten Veränderungen möglich.
Danksagung
Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen des STAAB-COVID- Programms und bei der Stadt Würzburg für die Unterstützung der Studie.
Funding Statement
Finanzierung Die STAAB Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert [BMBF 01EO1004 und 01EO1504]. Das STAABCOVID Programm wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst [Aktenzeichen U.7-H4001.1.7/24/2].
Footnotes
Interessenkonflikt FAE, GG, BW, LD, GE, MB, GH, HN, CM und SS berichten keine Interessenskonflikte bezogen auf die vorliegende Studie. OK berichtet Drittmittelförderungen in Bezug zum Thema COVID-19 durch den BMBF, den Freistaat Bayern und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. JD berichtet im Bezug zum Thema COVID-19 eine Drittmittelförderung durch den BMBF. PUH berichtet Drittmittelförderungen des Freistaats Bayern (Ministerium für Wissenschaft und Kunst), des BMBF, der Europäischen Union, der Charité - Universitätsmedizin Berlin, der Ärztekammer Berlin, der Deutschen Parkinson-Gesellschaft, des Universitätsklinikums Würzburg, des Robert-Koch Instituts, der Deutschen Herzstiftung, des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Rahmen des Innovationsfonds, des Universitätsklinikums Heidelberg (im Rahmen von RASUNOA-prime; RASUNOA-prime wird durch ein uneingeschränktes Forschungsstipendium des Universitätsklinikums Heidelberg von Bayer, BMS, Boehringer-Ingelheim und Daiichi Sankyo unterstützt), der Universität Göttingen (innerhalb von Find-AF(RANDOMISED); Find-AF wird durch ein uneingeschränktes Forschungsstipendium von Boehringer-Ingelheim an die Universität Göttingen unterstützt), der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Charité - Universitätsmedizin Berlin (innerhalb von Mondafis; Mondafis durch ein uneingeschränktes Forschungsstipendium der Charité von Bayer unterstützt).
Zusatzmaterial
Literatur
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Associated Data
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