Zusammenfassung
Hintergrund Lärm und fehlende Privatsphäre in Unterkünften wirken sich möglicherweise negativ auf die psychische Gesundheit der Geflüchteten aus. Es wird untersucht, ob sich Zusammenhänge zwischen der Zufriedenheit mit bestimmten Unterkunftsmerkmalen in Einzel- und Gemeinschaftsunterkünften und der psychischen Gesundheit nachweisen lassen.
Methode Basis ist die IAB-BAMF-SOEP Befragung aus Deutschland 2016 (n=4491 Geflüchtete). Mittels linearer Regressionsmodelle wird der Zusammenhang zwischen der psychischen Gesundheit und des Unterkunftstyps (Einzelunterkunft/Gemeinschaftsunterkunft) als auch der Zufriedenheit mit der Unterkunft (allgemein/Essensqualität/Geräuschpegel/Privatsphäre/Freizeitangebote/Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr/Sicherheit/Deutschkursangebote) geprüft. Es wird für soziodemographische Faktoren, potenziell traumatische Erlebnisse vor Ankunft in Deutschland und postmigrantische Expositionen (u. a. Asylstatus) adjustiert.
Ergebnisse In beiden Unterkunftstypen fand sich eine große Heterogenität hinsichtlich der untersuchten Merkmale. Geflüchtete mit einer schlechten psychischen Gesundheit lebten signifikant häufiger in Gemeinschaftsunterkünften. Wurde für die genannten Kovariablen kontrolliert, verschwand der Zusammenhang. Die weiteren acht Unterkunftsmerkmale blieben signifikant mit einer schlechteren psychischen Gesundheit assoziiert. Die größten Effekte auf die mentale Gesundheit waren bei den Merkmalen Zufriedenheit mit der Sicherheit, Privatsphäre und allgemeine Zufriedenheit zu beobachten. Hier belief sich der Unterschied zwischen Personen, die kaum zufrieden waren, verglichen mit Personen die sehr zufrieden waren, auf 5–6 Punkte auf der psychischen Summenskala des SF-12.
Schlussfolgerung Internationale Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Unterkunftsbedingungen und der psychischen Gesundheit von Geflüchteten wurden für Deutschland bestätigt. Daraus ergibt sich ein erhöhter Bedarf an psychischer Gesundheitsversorgung in subjektiv schlechteren Unterkünften. Zur Identifikation von kritischen Unterkünften sind Fragen nach der Zufriedenheit (v. a. Sicherheit, Privatsphäre und allgemeine Zufriedenheit) besser geeignet als die Einteilung in Einzel- oder Gemeinschaftsunterkünfte, da letztere sehr unterschiedlich bewertet wurden. Screening-Instrumente für Unterkünfte können helfen, problematische Unterkünfte zu identifizieren. Eine umgekehrte Kausalität ist jedoch nicht abschließend auszuschließen.
Schlüsselwörter: Geflüchtete; Flüchtlinge; Unterkunft; Unterbringung; psychische Gesundheit; Stressor, Integration
Abstract
Background Crowded conditions, noise and little privacy and other characteristics of refugee accommodations can have a negative impact on the mental health of the partially traumatized refugees. The study investigates, whether there are correlations between satisfaction with certain accommodation features in individual and shared accommodation and mental health.
Method We used the IAB-BAMF-SOEP survey from Germany 2016 (n=4491 refugees). Linear regression models are calculated to test the association between mental health and the type of accommodation (single accommodation/shared accommodation) and satisfaction with the accommodation (general satisfaction, satisfaction with food quality/noise level/privacy/leisure activities/access to public transport/security, german language courses). We adjust for sociodemographic factors, potentially traumatic experiences prior to arrival in Germany and postmigrant exposures (e. g. asylum status).
Results Within the two accommodation types, there is high heterogeneity with respect to the characteristics examined. Refugees with poor mental health were significantly more likely to live in shared accommodation. When the above covariates were controlled for, the association disappeared. The other eight accommodation characteristics remained significantly associated with poorer mental health. The largest effects on mental health were observed for the satisfaction with safety, privacy, and general satisfaction. Here, the difference between persons who were barely satisfied compared with persons who were very satisfied amounted to 5–6 points on the SF-12 mental sum scale.
Conclusion International results on the relationship between accommodation conditions and mental health of refugees were confirmed for Germany. This results in an increased need for mental health services in subjectively worse housing. Questions about satisfaction (especially safety, privacy, and general satisfaction) are more suitable for identifying critical accommodations than the classification into single or shared accommodations, because shared accommodations were assessed very differently. Screening instruments can help identify problematic shelters. However, reverse causality cannot be conclusively ruled out.
Key words: refugees, accomondation, mental health, stressor, integration, migration
Hintergrund
Die Auswirkungen von fehlenden Rückzugsmöglichkeiten und sozialer Isolation auf die psychische Gesundheit Geflüchteter werden, auch mit Blick auf die Quarantänemaßnahmen in Geflüchtetenunterkünften, diskutiert 1 . Internationale Studien zeigen, dass bestimmte Unterkunftsbedingungen mit einer verringerten psychischen Gesundheit zusammenhängen 2 3 4 5 . Diese und andere gesundheitlich ungünstige Lebensbedingungen im Ankunftsland werden unter dem Begriff postmigrantische Expositionen gesammelt 3 4 . Neben den Wohnverhältnissen zählen auch das Einkommen, Arbeitslosigkeit, Sprachkenntnisse, Stand des Asylverfahrens, soziale Unterstützung, Isolation und Diskriminierung dazu 4 . Nicht selten treten sie gleichzeitig auf bzw. bedingen sich gegenseitig 3 4 6 . Mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verbessern sich meist gleichzeitig psychische Gesundheitsparameter und die Lebensverhältnisse 6 . Dies sollte bei Analysen berücksichtigt werden.
Für Deutschland zeigten bisherige quantitative Studien, dass eine höhere bauliche Qualität 7 und eine höhere allgemeine Zufriedenheit mit der Unterkunft mit einer signifikant verbesserten psychischen Gesundheit einhergeht 8 . Zusammenfassungen qualitativer Untersuchungen für Gemeinschaftsunterkünfte weisen bereits darauf hin, dass mangelnde Privatsphäre, Lärm und Sicherheits- und Hygienemängel psychisch belastend sein können 9 10 11 . Insgesamt ist die Studienlage zur psychischen Gesundheit Geflüchteter in Deutschland durch geringe Fallzahlen und fehlende Repräsentativität meist begrenzt 8 . Detaillierte quantitative Analysen zu spezifischen Unterkunftsmerkmalen wie z. B. der Privatsphäre stehen noch aus. Bekannt ist, dass in Deutschland einige Faktoren mit der psychischen Gesundheit als auch mit der Wahrscheinlichkeit für die Zuweisung in eine Einzelunterkunft, mit tendenziell besseren Unterkunftsbedingungen, assoziiert sind. Zu diesen zählten z. B. soziodemographische Faktoren, der Schutzstatus oder Deutschkenntnisse 12 .
Die Forschungsfrage lautet: Gibt es einen Zusammenhang zwischen mindestens einem Unterkunftsmerkmal und der psychischen Gesundheit Geflüchteter? Als subjektives Unterkunftsmerkmal wird die Zufriedenheit mit verschiedenen Merkmalen genutzt. Als objektives Merkmal soll der Unterkunftstyp (Einzel- oder Gemeinschaftsunterkunft) geprüft werden. Adjustiert werden soll für weitere Faktoren, welche die psychische Gesundheit von Geflüchteten beeinflussen (soziodemographische Faktoren, psychische Belastungen vor der Ankunft sowie postmigrantische Expositionen) und/oder die Zuweisung in Unterkunftstypen beeinflussen.
Methode
Stichprobe: IAB-BAMF-SOEP
Basis für die Stichprobenziehung M3-M4 war das Ausländerzentralregister. Die Stichprobe ist repräsentativ für alle Asylbewerber, die zwischen dem 1.1.2013 und 31.1.2016 eingereist sind und bis spätestens Ende Juni 2016 einen Asylantrag gestellt haben. Es sind überproportional viele Frauen, Personen über 30 und Menschen aus Eritrea, Iran, Irak, Somalia und Syrien ausgewählt worden (mehr Informationen siehe 13 14 ). Mit ihnen als auch ihren Haushaltsangehörigen wurden persönliche Einzelinterviews in verschiedenen Sprachen in Erstaufnahmeeinrichtungen, Sammelunterkünften und Privathaushalten in 2016 durchgeführt 13 .
Outcome
Die psychische Gesundheit wird mittels der psychischen Summenskala des SF-12-Fragebogens erhoben 15 . Auf einer Skala von 1–100 (100=bestmögliche psychische Gesundheit) entspricht 50 dem Mittelwert der Normstichprobe. Zehn Punkte entsprechen einer Standardabweichung von 1 16 .
Prädiktoren (objektive und subjektive Unterkunftsmerkmale)
Die Variable Unterkunftstyp, als objektives Unterkunftsmerkmal, unterscheidet zwischen Einzelunterkünften (meist private Wohnungen oder Häuser) und Gemeinschaftsunterkünften (alle anderen Unterkünfte, inkl. (Erst-) Aufnahmeeinrichtungen und Notunterkünfte 12 ). Zur Operationalisierung subjektiver Unterkunftsmerkmale werden alle im Datensatz verfügbaren Variablen ( Tab. 1 ) genutzt, welche die subjektive Zufriedenheit mit bestimmten Unterkunftsmerkmalen auf einer Skala von 1 (ganz und gar unzufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden) messen: im Allgemeinen, Qualität des Essens, Geräuschpegel, Privatsphäre, Freizeitangebote, Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Sicherheit in der Unterkunft sowie die Möglichkeiten Deutsch zu lernen.
Variablen | Mittelwert (Standardabweichung) | n (%) a | Fehlende Werte in % |
---|---|---|---|
Soziodemographische Merkmale | |||
Alter | 33,4 (10,40) | 0 | |
Geschlecht | 0 | ||
Männlich | 2811 (62,1) | ||
Weiblich | 1716 (37,9) | ||
Minderjähriges Kind im Haushalt | 27 | ||
Ja | 1994 (60,4) | ||
Nein | 1311 (39,6) | ||
Verheiratet/Partnerschaft | 0,8 | ||
Ja | 2973 (66,3) | ||
Nein | 1512 (33,7) | ||
(Prä-)migrantische Expositionen | |||
Anzahl potenziell traumatische Erlebnisse | 0,89 (1,01) | 0 | |
Terror im Herkunftsland | 5,7 | ||
Ja | 3981 (93,2) | ||
Nein | 290 (6,8) | ||
Postmigrantische Expositionen | |||
Schlechte Deutschkenntnisse | 0,0 | ||
Ja | 3639 (80,6) | ||
Nein | 879 (19,4) | ||
Arbeitslosigkeit | 0 | ||
Ja | 4036 (89,3) | ||
Nein | 484 (10,7) | ||
Haushalts-Nettoeinkommen | 1044,12 (626,14) | 31,3 | |
Kein Schutzstatus | 2,4 | ||
Ja | 1743 (39,5) | ||
Nein | 2668 (60,5) | ||
Erfüllter Hilfsbedarf bei Wohnungssuche | 2,1 | ||
Ja | 3360 (75,8) | ||
Nein | 1067 (24,2) | ||
Aufenthaltsdauer | 1,72 (1,29) | 4,4 | |
Soziale Isolation | 4,6 | ||
Ja | 1877 (43,5) | ||
Nein | 2438 (56,5) | ||
Diskriminierung in mancher Beziehung | 3,7 | ||
Ja | 295 (6,8) | ||
Nein | 4058 (93,2) | ||
Mindestens manchmal willkommen fühlen | 2 | ||
Ja | 4237 (95,7) | ||
Nein | 193 (4,3) | ||
Unterkunftsmerkmale | |||
Art der Unterkunft | 26,7 | ||
Gemeinschaftsunterkunft | 1197 (36,1) | ||
Einzelunterkunft | 2123 (63,9) | ||
Zufriedenheit mit der Wohnsituation | |||
Allgemein | 6,69 (2,95) | 0,6 | |
Qualität des Essens | 8,48 (2,26) | 4,8 | |
Geräuschpegel | 7,36 (3,19) | 0,7 | |
Privatsphäre | 7,24 (3,28) | 1,7 | |
Freizeitangebote | 5,36 (3,35) | 8,9 | |
Öffentlicher Nahverkehr | 7,38 (3,00) | 1,2 | |
Sicherheit in der Unterkunft | 8,35 (2,56) | 1,1 | |
Möglichkeit Deutsch zu lernen | 6,03 (3,34) | 3,4 | |
Outcome | |||
Psychische Gesundheit (SF-12) | 47,75 (11,84) | 9,3 |
a n=Anzahl der Fälle.
Kovariablen
Die Auswahl der Variablen erfolgt auf Basis eines Reviews zu sozialen Determinanten der psychischen Gesundheit im postmigrantischen Kontext 4 , einer früheren Analyse zu relevanten Variablen im Datensatz, welche die Zuweisung für eine Einzel- oder Gemeinschaftsunterkunft beeinflussen 12 sowie der Verfügbarkeit im Datensatz.
Als soziodemographische Faktoren werden Geschlecht, Alter, Anwesenheit eines minderjährigen Kindes im Haushalt und Partnerschaftsstatus (eingetragene Partnerschaften oder verheiratet) hinzugezogen.
Zur Erfassung der psychischen Belastung vor der Ankunft werden zwei neue Variablen gebildet. In einem Summenscore werden nur die Ereignisse als PTE (potenziell traumatisches Erlebnis) klassifiziert, die im Havard Trauma Questionaire (HTQ) benannt werden 17 18 und bei denen sicher ist, dass die Person sie selbst erlebt hat. Ereignisse, deren Schweregrad nicht klar zu beurteilen sind oder aus denen nicht hervorgeht, ob die Person diese Ereignisse tatsächlich selbst erlebt hat, gelten nicht als potenziell traumatisch. Die Variablen werden binär codiert und zu einem Summenscore addiert, der die Anzahl von PTEs pro Person angibt.
Die psychische Belastung im Herkunftsland wird auf ökologischer Ebene anhand des Political Terror Index bestimmt 19 . Die Grenze wird beim vierten Grad gezogen (d. h. ein Großteil der Bevölkerung war potenziell traumatischen Erlebnissen ausgesetzt). Bei Personen, die staatenlos sind oder aus anderen Ländern kommen, wird der Wert als fehlend interpretiert.
Als postmigrantische Expositionen werden metrische und binäre Variablen einbezogen. Kategorial vorliegende Variablen wurden binär codiert, um die Gefahr des „overfittings“ bei der Modellierung der postmigrantischen Expositionen zu vermindern.
Haushaltsnettoeinkommen (in Euro)
Aufenthaltsdauer: Subtraktion des Interviewzeitpunkts vom Ankunftsdatum
Arbeitslosigkeit (keine Erwerbstätigkeit)
Schlechte Deutschkenntnisse (Mittelwert aus drei Summenscores von 1-5 (lesen, hören, sprechen); Cut-off 2,5)
Unsicherheit über Bleiberecht (falls Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylG (Asylbewerber) oder Duldung nach § 60a AufenthG)
Erfüllter Hilfebedarf bei Wohnungssuche (Hilfe gebraucht und bei Wohnungssuche erhalten oder keine Hilfe bei Wohnungssuche gebraucht vs. Hilfe bei der Wohnungssuche gebraucht, aber nicht erhalten)
Diskriminierung (mindestens in mancher Beziehung erlebt in den letzten 24 Monaten aufgrund der Herkunft (im Datensatz als Benachteiligung benannt))
Sich mindestens manchmal willkommen fühlen
Analyse
Der Zusammenhang wird mittels deskriptiver Analysen und linearer Regressionsmodelle geprüft. Pro Unterkunftsmerkmal wird sowohl ein rohes, als auch ein für die Kovariablen adjustiertes, Modell berechnet. Um eine mögliche Überadjustierung des Modells zu vermeiden, wird pro Unterkunftsmerkmal ein Modell (Basismodell+Unterkunftsvariable) berechnet. Zunächst wird ein Basismodell mit den soziodemographischen Variablen, den PTEs sowie postmigrantischen Expositionen mit dem Outcome psychische Gesundheit erstellt. Wenn Variablen nicht signifikant sind (p<0,05), werden sie aus dem Basismodell entfernt. Danach wird das Basismodell um ein Unterkunftsmerkmal erweitert, sodass neun Einzelmodelle berechnet werden. Zur Verringerung der Alphafehler-Kumulierung beim multiplen Testen wird das Signifikanzniveau auf 0,006 (=0,05/9), gemäß Bonferroni-Korrektur, reduziert. Die linearen Regressionsmodelle werden graphisch auf folgende Voraussetzungen geprüft: keine Ausreißer, Linearität der Zusammenhänge, Homoskedastizität, Normalverteilung der Residuen, keine Multikollinearität und unkorrelierte Fehlergrößen. Die Ergebnisse sind in einer nicht veröffentlichen Masterarbeit der Erstautorin zu finden. Genutzt wurde SPSS (Version 22).
Ergebnisse
Deskriptive Statistik
Die Geflüchteten sind im Schnitt 30 Jahre alt (Standardabweichung (SD)=10,4). Zwei Drittel sind männlich. Die psychische Gesundheit liegt mit durchschnittlich 48 Punkten (SD=11,8) etwas unter dem Mittelwert der Normstichprobe. Zwei Drittel leben in Einzelunterkünften. Die Zufriedenheit mit der Wohnsituation im Allgemeinen wird mit durchschnittlich 6,6 Punkten (3,0) als mäßig bewertet ( Tab. 1 ).
In Einzelunterkünften werden alle Merkmale im Mittel besser als in Gemeinschaftsunterkünften bewertet ( Tab. 2 ). Am besten wird in beiden Unterkunftstypen die Qualität des Essens, mit 7,5 (2,9) bzw. 8,8 Punkten (1,8) bewertet. Danach folgt Sicherheit mit im Schnitt 7 (3,17) bzw. 9 Punkten (1,96). Gemeinschaftsunterkünfte wurden insb. hinsichtlich allgemeiner Zufriedenheit, des Geräuschpegels und der Privatsphäre schlechter bewertet (mind. 2 Punkte Unterschied).
Gemeinschaftsunterkunft (n=1025) | Einzelunterkunft (n=1742) | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
Unterkunftsmerkmal | Mittelwert a (Standardabweichung) | Median | Interquartilsabstand | Mittelwert a (Standardabweichung) | Median | Interquartilsabstand |
Zufriedenheit mit der Unterkunft | ||||||
Allgemein | 5,08 (3,19) | 5 | 4 | 7,31 (2,56) | 8 | 4 |
Qualität des Essens | 7,49 (2,88) | 8 | 4 | 8,82 (1,76) | 10 | 2 |
Geräuschpegel | 5,35 (3,65) | 5 | 7 | 8,27 (2,48) | 9 | 3 |
Privatsphäre | 4,92 (3,54) | 5 | 6 | 8,22 (2,61) | 10 | 3 |
Freizeitangebote | 4,38 (3,35) | 5 | 6 | 5,84 (3,23) | 6 | 5 |
Öffentlicher Nahverkehr | 6,89 (3,15) | 9 | 4 | 7,36 (2,93) | 8 | 5 |
Sicherheit in der Unterkunft | 7,23 (3,17) | 8 | 5 | 8,86 (1,96) | 10 | 2 |
Möglichkeit Deutsch zu lernen | 5,17 (3,45) | 5 | 6 | 6,31 (3,19) | 7 | 5 |
a Interpretation: Durchschnittliche Zufriedenheit mit der Wohnsituation auf einer Skala von 0 „ganz und gar nicht unzufrieden“ bis 10 „ganz und gar zufrieden“.
Bei den Zufriedenheitswerten von Gemeinschaftsunterkünften fällt auf, dass verglichen mit der durchschnittlichen Zufriedenheit, einige (wenige) Personen in Gemeinschaftsunterkünften deutlich unzufriedener sind ( Tab. 2 ). Die Interquartilsabstände zeigen, dass sich die Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften bei einigen Merkmalen häufiger uneinig waren, verglichen mit Bewohnern von Einzelunterkünften. Der größte Unterschied der Interquartilsabstände ist bei den Merkmalen Geräuschpegel (Gemeinschaftsunterkunft 7 vs. Einzelunterkunft 3), Privatsphäre (6 vs. 3) und der Sicherheit (5 vs. 2) zu erkennen.
Analytische Statistik
Acht von neun Unterkunftsmerkmale sind nach Kontrolle von soziodemographischen Merkmalen, PTEs sowie postmigrantischen Expositionen statistisch signifikant mit der psychischen Gesundheit assoziiert (p<0,006). Einzig auf die Art der Unterkunft traf das nach Adjustierung nicht mehr zu ( Tab. 3 ).
Roh | Adjustiert a | |||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Unterkunftsmerkmal | n | B | SE c | Sig. d | Konfidenzintervall für B (95,0%) | n | B | SE c | Sig. d | Konfidenzintervall für B (95,0%) | ||
Untergrenze | Obergrenze | Untergrenze | Obergrenze | |||||||||
Art der Unterkunft | 2981 | 1,811 | ,461 | ,000 | ,906 | 2,715 | 2732 | ,287 | ,517 | ,579 | −,728 | 1,302 |
Zufriedenheit mit der Wohnsituation b : | ||||||||||||
Allgemein | 4091 | ,828 | ,062 | ,000 | ,708 | ,949 | 2725 | ,477 | ,076 | ,000 | ,329 | ,625 |
Qualität des Essens | 3934 | ,787 | ,082 | ,000 | ,626 | ,947 | 2611 | ,433 | ,100 | ,000 | ,237 | ,630 |
Geräuschpegel | 4098 | ,545 | ,057 | ,000 | ,433 | ,658 | 2728 | ,318 | ,070 | ,000 | ,182 | ,455 |
Privatsphäre | 4074 | ,709 | ,056 | ,000 | ,600 | ,818 | 2706 | ,482 | ,069 | ,000 | ,347 | ,617 |
Freizeitangebote | 3774 | ,452 | ,057 | ,000 | ,339 | ,564 | 2541 | ,212 | ,069 | ,002 | ,076 | ,348 |
Öffentlicher Nahverkehr | 4075 | ,502 | ,061 | ,000 | ,381 | ,622 | 2716 | ,265 | ,072 | ,000 | ,125 | ,406 |
Sicherheit in der Unterkunft | 4075 | ,928 | ,071 | ,000 | ,788 | 1,067 | 2713 | ,597 | ,086 | ,000 | ,428 | ,766 |
Möglichkeit Deutsch zu lernen | 3987 | ,553 | ,056 | ,000 | ,444 | ,663 | 2672 | ,306 | ,067 | ,000 | ,174 | ,437 |
a adjustiert für die Variablen „Alter“, „Geschlecht“, „minderjähriges Kind im Haushalt“, „Anzahl potenziell traumatische Erlebnisse“, „kein Schutzstatus“, „erfüllter Hilfsbedarf bei der Wohnungssuche“, soziale Isolation“, „Diskriminierung in mancher Beziehung“ und „mindestens manchmal Gefühl willkommen zu sein“; b Interpretation: Durchschnittliche Zufriedenheit mit der Wohnsituation auf einer Skala von 0 "ganz und gar nicht unzufrieden" bis 10 „ganz und gar zufrieden“; c SE=Standardfehler; d Sig.=Signifikanz des Regressionskoeffizienten.
Die Größe des Effekts auf die psychische Gesundheit ist erkennbar mit Blick auf die adjustierten nicht standardisierten Regressionskoeffizienten (B). Die höchsten Werte haben die Merkmale Sicherheit in der Unterkunft (B=0,6; Standardfehler (SE)=0,09), Privatsphäre (0,48; 0,07) und allgemeine Zufriedenheit (0,48; 0,08). Bezogen auf das Beispiel Sicherheit bedeutet dies, dass die psychische Gesundheit von Personen, die minimal mit der Sicherheit ihrer Unterkunft zufrieden sind (1 von 10 Punkten), um 6 Punkte geringer ist als die psychische Gesundheit von Personen, die maximal zufrieden sind (10 von 10 Punkten).
Zwei Kovariablen haben in den Regressionsmodellen einen höheren Einfluss auf die psychische Gesundheit als die Unterkunftsvariablen. Der standardisierte Regressionskoeffizient für soziale Isolation liegt zwischen −0,24 und −0,26 (SE=0,44–0,46) und für das weibliche Geschlecht zwischen −0,18 und −0,19 (SE=0,48–0,51). Die höchsten Werte unter den Unterkunftsvariablen erreichen allgemeine Zufriedenheit, Privatsphäre und Sicherheit (0,12–0,13; SE=0,07–0,09).
Die Modelle erklärten 16,3–17,6% der Varianz. Im Vergleich zum Basismodell konnte durch das Hinzufügen von Unterkunftsmerkmalen 0,3–1,6% mehr an Varianz erklärt werden.
Diskussion
Inhaltliche Diskussion
Diese Ergebnisse bestätigen die Berichte anderer Studien 8 9 10 11 , dass unter Geflüchteten in Deutschland eine geringere allgemeine Zufriedenheit mit den Unterkunftsbedingungen in einem Zusammenhang mit einer verringerten psychischen Gesundheit steht. Neu ist, dass dieser Zusammenhang auch unter Kontrolle für soziodemographische, prämigrantische (traumatische Erlebnisse vor/während der Flucht) als auch für postmigrantische Faktoren (Lebensumstände in Deutschland, z. B. Asylstatus) besteht. Darüber hinaus wurden erstmalig differenzierte Analysen einzelner Unterkunftsmerkmale durchgeführt. Daraus resultieren die folgenden drei Erkenntnisse:
Obgleich Einzelunterkünfte im Schnitt besser bewertet wurden als Gemeinschaftsunterkünfte, reicht die Unterscheidung allein in Einzel- oder Gemeinschaftsunterkunft nicht, um die Varianz der psychischen Gesundheit von Geflüchteten zu erklären. Die adjustierten Modelle zeigen, dass die schlechtere psychische Gesundheit der Personen in Gemeinschaftsunterkünften eher auf andere Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Asylstatus etc. zurückgeführt werden kann. Dies könnte dadurch erklärt werden, dass in dem Datensatz mit Gemeinschaftsunterkünften Erstaufnahmeeinrichtungen sowie kommunale längerfristige Unterbringungen erfasst wurden. Diese unterschiedlichen Bedingungen sind auch in der größeren Streuung der Werte innerhalb von Gemeinschaftsunterkünften, verglichen mit Einzelunterkünften, zu erkennen ( Tab. 2 ). Daher ist zu vermuten, dass ggf. Effekte von eher schlechteren Unterkünften, nicht sichtbar geworden sind. Folglich sollte zur Identifikation von kritischen Unterkünften nicht die Einteilung in Einzel-/Gemeinschaftsunterkünfte genutzt werden. Besser geeignet sind Fragen nach der Zufriedenheit.
Die größten Effekte auf die psychische Gesundheit waren bei den Merkmalen Sicherheit (6 Punkte, Skala 1-100), Privatsphäre (5 Punkte) und allgemeine Zufriedenheit (5 Punkte) zu beobachten. Somit konnten internationale Ergebnisse (allgemein unzureichende Unterbringung (nicht näher definiert), Sicherheitsmängel 2 3 4 und Überbelegung 3 4 ) auch für Deutschland bestätigt werden. Zur Veranschaulichung, was 5 bzw. 6 Punkte bedeuten, können die Daten der deutschen Bevölkerung dienen, deren psychische Gesundheit auch mit dem SF-12 gemessen wurde. Deutsche mit mindestens einer chronischen psychischen Erkrankung gaben auf einer Skala von 1–100 fünf bis elf Punkte weniger an als Deutsche ohne chronische psychische Erkrankung 20 . Bezogen auf die vorliegenden Ergebnisse könnte, von der Größenordnung her, der Effekt auf die psychische Gesundheit von einer minimalen Zufriedenheit mit der Sicherheit mit den Einschränkungen einer chronischen Erkrankung vergleichbar sein.
Geschlecht und soziale Isolation waren in den Analysen stärkere Prädiktoren für die psychische Gesundheit als die Unterkunftsmerkmale. Auch dies steht im Einklang mit bisherigen Studienergebnissen 3 4 . Dies könnte für die Entwicklung von Interventionen zur Förderung der psychischen Gesundheit von Geflüchteten eine hilfreiche Information sein.
Wie viele Geflüchtete den drei bedeutsamsten unterkunftsbezogenen Risikofaktoren (niedrige Zufriedenheit allgemein, Privatsphäre, Sicherheit) anteilig ausgesetzt waren, kann aus repräsentativen Auswertungen des gleichen Datensatzes von anderen Autoren hergeleitet werden 12 . In Einzelunterkünften lag die allgemeine Zufriedenheit bei 7, die Privatsphäre bei 8 und die Sicherheit bei 9 Punkten. In Gemeinschaftsunterkünften lagen die Werte meist im mittleren Bereich, die allgemeine Zufriedenheit lag bei 5 Punkten, die Privatsphäre bei 5 und die Sicherheit bei 8 Punkten. Es gab keinen nennenswerten Unterschied in der Bewertung der Sicherheit in Gemeinschaftsunterkünften zwischen den Geschlechtern. Beide gaben überwiegend sehr oder ziemlich sicher an (Männer 86%; Frauen 87%). Aus den Daten geht jedoch nicht hervor, welche Werte auf der Zufriedenheitsskala als „sehr oder ziemlich zufrieden“ zusammengefasst wurden. Ggf. könnte ein Geschlechterunterschied in den schlechteren Zufriedenheitskategorien zu erkennen sein. Mit Blick auf die hier vorliegenden ungewichteten Daten, in denen eine eher höhere Streuung bei dem Merkmal Sicherheit in Gemeinschaftsunterkünften zu beobachten ist, ist zumindest erkennbar, dass es kritische Einzelfälle gab. Screeningmaßnahmen 7 können helfen schlechte Unterkünfte zukünftig schneller zu identifizieren und somit entsprechende negative Folgen für die Psyche zu vermeiden. Festzuhalten ist, dass subjektiv sehr schlechte Unterkunftsbedingungen und entsprechende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, die mit einer chronischen Erkrankung vergleichbar sind, eher selten waren.
Faktoren, welche wahrscheinlich die Wohnqualität beeinflussen, sind zum einen die Erstattung der Unterkunftskosten der Kommunen durch die Länder. Wendel analysierte die Situation für 2014 11 und zeigt, dass diese in den meisten Fällen nicht ausreicht. Er vermutet, dass Kommunen mit Haushaltsproblemen versucht sind, die Unterbringung so kostengünstig wie möglich zu gestalten. Wahrscheinlich könnten nur Kommunen mit mehr finanziellem Spielraum bessere Unterkünfte bereitstellen. Auch fielen die Regelungen der Kostenerstattung 2016 (Zeitpunkt der Erhebung) je nach Bundesland sehr unterschiedlich aus. In Bayern wurden 100% aller entstandenen Kosten zurückerstattet, während in Schleswig-Holstein nur 70% bezahlt wurde 21 . Als zweiter Faktor sind variierende und nicht verbindliche Mindeststandards/Richtlinien der Bundesländer zu nennen, die vermutlich kaum umgesetzt wurden 11 22 . Zum Beispiel lag die Mindestvorgabe zum Wohnraum in Gemeinschaftsunterkünften zwischen 4,5 m 2 und 6 m 2 Wohn-/Schlaffläche pro Person 11 23 . Inwiefern dies aktuell noch der Fall ist, bleibt unklar.
Auch wenn eine Ursache-Wirkungs-Beziehung plausibel erscheint, ist nicht gänzlich auszuschließen, dass psychisch belastete Geflüchtete systematisch häufiger qualitativ schlechteren Unterkünften zugewiesen werden. Eine Analyse national repräsentativer Daten aus 2013 zeigte, dass Geflüchtete mit höheren gesundheitlichen Bedarfen häufiger in benachteiligten Kreisen untergebracht wurden 24 . Auch ist zu berücksichtigen, dass es schon länger Empfehlungen der Bundesländer gibt, psychisch belastete Geflüchtete in Einzelunterkünften unterzubringen 11 . Inwiefern letzteres tatsächlich umgesetzt wurde, ist jedoch unklar. Insgesamt ist die Datenlage zu diesem Zusammenhang begrenzt und die Frage nach Wirkungsrichtung nicht abschließend zu beantworten. Festzuhalten ist, dass sich aus der Häufung von vulnerablen Geflüchteten in schlechteren Unterkünften und Wohngebieten perspektivisch ein höherer Bedarf an Gesundheitsversorgung ergibt 24 .
Methodische Diskussion
Auch bedingt durch das querschnittliche Studiendesign können keine Schlüsse auf Ursache-Wirkungs-Beziehungen gezogen werden. Zudem ist aufgrund der sich z. T. überlappenden Konfidenzintervalle nicht auszuschließen, dass die Unterkunftsmerkmale untereinander korrelieren und dadurch einzelne Merkmale keinen echten Risikofaktor darstellen. Für eine abschließende Beurteilung können längsschnittliche Studien durchgeführt werden, z. B. anhand der der IAB-BAMF-SOEP-Befragung 10 .
Der SF-12 Fragebogen ist nicht für diese Geflüchtetenpopulation validiert 16 , jedoch auf intrakulturelle Äquivalenz geprüft worden 25 . Über- oder Unterschätzungen des Effekts sind nicht auszuschließen.
Einige Kovariaten sind, bedingt durch die binäre Codierung und des Selbstberichts, in ihrer internen Validität eingeschränkt. Sie hängen zwar mit der psychischen Gesundheit zusammen, aber es wurde nicht davon ausgegangen, dass diese die Wahrscheinlichkeit für die Zuweisung in eine bessere/schlechtere Unterkunft begünstigen. Schwere PTEs wie z. B. Vergewaltigungen wurden in der Befragung nicht abgefragt und sind somit nicht im PTE-Score enthalten. Somit könnte das Ausmaß der psychischen Belastung unterschätzt worden sein. Zudem fehlte die Differenzierung wie schwerwiegend ein Erlebnis bewertet wird. Eine Über- oder Unterschätzung des Effekts ist möglich.
Die Frage nach der Zufriedenheit bildet ggf. keine adäquate Abbildung der psychischen Belastung ab, da Geflüchtete ihre Unterkunft als vorrübergehende Situation ansehen und somit ihre Ansprüche reduzieren 22 . Dies spricht für eine Unterschätzung des Effekts. Auch können depressive Symptome mit einer subjektiv schlechteren Bewertung der Lebensbedingungen einhergehen 26 . So ist der Effekt möglicherweise überschätzt worden. Zur abschließenden Beurteilung können Zusammenhänge zwischen der psychischen Gesundheit und objektiven Angaben, wie z. B. der Geräuschpegel, untersucht werden.
Auch wenn der Datensatz einige Einschränkungen der Repräsentativität vorweist (siehe Methodik), stellt dies für die Aussagekraft der Ergebnisse keine Einschränkung dar. Für die Erkennung von Gesundheitsrisiken ist dies nicht erforderlich.
Die Voraussetzung der Unabhängigkeit der Beobachtungen voneinander ist nicht erfüllt, da Personen aus den gleichen Haushalten/Unterkünften befragt wurden. Die Berechnung von Mehrebenen-Modellen war nicht möglich, da im verwendeten Scientific Use File (anonymisierte Datensätze) die Angabe fehlt, welche Personen in der gleichen Unterkunft lebten.
Es wurde keine Effektmodifikation überprüft. Möglicherweise ist der Asylstatus ein Effektmodifikator, d. h. nach Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung verbessern sich gleichzeitig die psychische Gesundheit und diverse Lebensumstände 10 .
Zu den Stärken der Studie zählt die bundesweite Repräsentativität für Geflüchtete (siehe Methodik), die große Teilnehmerzahl und die Möglichkeit für viele potenzielle Störfaktoren zu kontrollieren. Die psychische Summenskala des SF-12 bietet den Vorteil, dass Assoziationen auch bei Personen sichtbar werden, die (noch) keine krankhaften Symptome zeigen. Eine Diagnose kann dieses Instrument nicht leisten.
Funding Statement
Finanzielle Unterstützung Finanzielle Unterstützung durch Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen von FOR 2928: Refugee migration to Germany: a magnifying glass for broader public health challenges (PH-LENS), Teilprojekt DEPRIV.
Footnotes
Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Fazit für die Praxis.
Unter Berücksichtigung der methodischen Einschränkungen weisen die Ergebnisse darauf hin, dass bei Geflüchteten eine geringe Zufriedenheit mit der Unterkunft in einem Zusammenhang mit einer schlechteren psychischen Gesundheit steht. Daraus ergibt sich ein höherer Bedarf an Gesundheitsversorgung in subjektiv schlechter bewerteten Unterkünften. Dies gilt insbesondere für die Merkmale Zufriedenheit mit der Sicherheit und Privatsphäre als auch der allgemeinen Zufriedenheit. Die Ergebnisse können helfen Screeninginstrumente (z. B. 7 ) zur Beurteilung von Unterkünften weiterzuentwickeln. Lärm, Konflikte und fehlende Rückzugsmöglichkeiten in Gemeinschaftsunterkünften beeinträchtigen darüber hinaus auch Lernprozesse (z. B. Sprache, Bildung) 27 28 29 . Entsprechend birgt die Verbesserung der Wohnbedingungen die Chance, gesundheitliche Chancengleichheit 1 28 und Integrationsprozesse zu fördern.
Literatur
- 1.Razum O, Penning V, Mohsenpour A et al. Covid-19 in Flüchtlingsunterkünften: ÖGD jetzt weiter stärken. Das Gesundheitswesen. 2020;82:392–396. doi: 10.1055/a-1154-5063. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 2.Porter M, Haslam N. Predisplacement and postdisplacement factors associated with mental health of refugees and internally displaced persons: a meta-analysis. Jama. 2005;294:602–612. doi: 10.1001/jama.294.5.602. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
- 3.Miller K E, Rasmussen A. The mental health of civilians displaced by armed conflict: an ecological model of refugee distress. Epidemiology and psychiatric sciences. 2017;26:129–138. doi: 10.1017/S2045796016000172. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 4.Hynie M. The Social Determinants of Refugee Mental Health in the Post-Migration Context: A Critical Review. Can J Psychiatry. 2018;63:297–303. doi: 10.1177/0706743717746666. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 5.Ziersch A D, Due C. A mixed methods systematic review of studies examining the relationship between housing and health for people from refugee and asylum seeking backgrounds. Social science & medicine. 2018;213:199–219. doi: 10.1016/j.socscimed.2018.07.045. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
- 6.Lamkaddem M, Essink-Bot M-L, Devillé W et al. Health changes of refugees from Afghanistan, Iran and Somalia: the role of residence status and experienced living difficulties in the resettlement process. European journal of public health. 2015;25:917–922. doi: 10.1093/eurpub/ckv061. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
- 7.Mohsenpour A, Biddle L, Bozorgmehr K. Deterioration of housing environment and mental health of asylum seekers – a multi-level analysis. European Journal of Public Health. 2019;29:ckz185.323. doi: 10.1093/eurpub/ckz185.323. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 8.Nutsch N, Bozorgmehr K. Der Einfluss postmigratorischer Stressoren auf die Prävalenz depressiver Symptome bei Geflüchteten in Deutschland. Analyse anhand der IAB-BAMF-SOEP-Befragung 2016. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2020;63:1470–1482. doi: 10.1007/s00103-020-03238-0. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 9.Christ S, Meininghaus E, Röing T. Bonn: Bonn International Center for Conversion (BICC); 2017. All Day Waiting. Konflikte in Unterkünften für Geflüchtete in NRW. bicc working paper. [Google Scholar]
- 10.Johansson S. Berlin: SVR GmbH; 2016. Was wir über Flüchtlinge (nicht) wissen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand zur Lebenssituation von Flüchtlingen in Deutschland. Eine Expertise im Auftrag der Robert Bosch Stiftung und des SVR-Forschungsbereichs. [Google Scholar]
- 11.Wendel K. Frankfurt am Main: Förderverein PRO ASYL e. V.; 2014. Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland. Regelungen und Praxis der Bundesländer im Vergleich. [Google Scholar]
- 12.Baier A, Siegert M. Nürnberg: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; 2018. Die Wohnsituation Geflüchteter. Ausgabe 02|2018 der Kurzanalysen des Forschungszentrums Migration, Integration und Asyl des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. [Google Scholar]
- 13.Brücker H, Rother N, Schupp J. Nürnberg: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; 2018. IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten 2016: Studiendesign, Feldergebnisse sowie Analysen zu schulischer wie beruflicher Qualifikation, Sprachkenntnissen sowie kognitiven Potenzialen. Forschungsbericht 30. [Google Scholar]
- 14.Jacobsen J, Klikar J, Schupp J. Berlin: DIW/SOEP; 2017. Scales Manual IAB-BAMF-SOEP Survey of Refugees in Germany – revised version. SOEP Survey Papers 475: Series C. [Google Scholar]
- 15.Morfeld M, Bullinger M. Der SF-36 Health Survey zur Erhebung und Dokumentation gesundheitsbezogener Lebensqualität. Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin. 2008;18:250–255. doi: 10.1055/s-0028-1082318. [DOI] [Google Scholar]
- 16.Ellert U, Kurth B M. Methodological views on the SF-36 summary scores based on the adult German population. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2004;47:1027–1032. doi: 10.1007/s00103-004-0933-1. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
- 17.Kleijn W C, Hovens J E, Rodenburg J J. Posttraumatic stress symptoms in refugees: Assessments with the Harvard Trauma Questionnaire and Hopkins Symptom Check-list-25 in different languages. Psychological Reports. 2001;88:527–532. doi: 10.2466/pr0.2001.88.2.527. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
- 18.Mollica R F, Caspi-Yavin Y, Bollini P et al. The Harvard Trauma Questionnaire. Validating a cross-cultural instrument for measuring torture, trauma, and posttraumatic stress disorder in Indochinese refugees. The Journal of nervous and mental disease. 1992;180:111–116. [PubMed] [Google Scholar]
- 19.Political Terror Scale. PTS Data Table. Im Internet:http://www.politicalterrorscale.org/Data/Datatable.html Stand: 20.09.2020
- 20.Ellert U, Kurth B-M. Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Erwachsenen in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2013;56:643–649. doi: 10.1007/s00103-013-1700-y. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
- 21.Bundesinstitut für Bau-,Stadt-und Raumforschung. Integration von Flüchtlingen in den regulären Wohnungsmarkt. BBSR-Online-Publikation Nr. 21/2017 (31.10.2018). Im Internet:https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/bbsr-online/2017/bbsr-online-21-2017.html Stand: 09.08.2021
- 22.Beer I, Grunze N. Wiesbaden: Springer VS; 2017. Geflüchtet. Angekommen. Mittendrin? Ostdeutsche Großwohnsiedlungen in mittelgroßen Städten als Ankommens- und Integrationsorte. In: Altrock U, Grunze N, Kabisch S, Hrsg. Großwohnsiedlungen im Haltbarkeitscheck. Differenzierte Perspektiven ostdeutscher Großwohnsiedlungen; pp. 243–272. [Google Scholar]
- 23.Müller A. Nürnberg: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; 2013. Die Organisation der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern in Deutschland. Working Paper 55 der Forschungsgruppe des Bundesamtes. [Google Scholar]
- 24.Bozorgmehr K, Razum O, Szecsenyi J et al. Regional deprivation is associated with the distribution of vulnerable asylum seekers: a nationwide small area analysis in Germany. J Epidemiol Community Health. 2017;71:857–862. doi: 10.1136/jech-2016-208506. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
- 25.Schulz M. Berlin: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW); 2012. Messartefakte bei der Erfassung der Gesundheit von Migranten in Deutschland: Zur interkulturellen Äquivalenz des SF-12-Fragebogen im Sozio-ökonomischen Panel (SOEP), SOEPpapers on Multidisciplinary Panel Data Research. [Google Scholar]
- 26.Fittig E, Schweizer J, Rudolph U. Lebenszufriedenheit bei chronischen Erkrankungen. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie. 2007;15:23–31. doi: 10.1026/0943-8149.15.1.23. [DOI] [Google Scholar]
- 27.Söhn J, Birke P, Bluhm F . Göttingen: Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Soziologisches Forschungsinstitut an der Universität Göttingen e.V.; 2017. Erfolgsfaktoren für die Integration von Flüchtlingen. Forschungsbericht/Bundesministerium für Arbeit und Soziales, FB484. [Google Scholar]
- 28.Berlin: SVR GmbH; 2020. Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR-Forschungsbereich). Zugang per Zufallsprinzip? Neuzugewanderte auf dem Weg in die berufliche Bildung. [Google Scholar]
- 29.Weigl M, Gaiswinkler S. Wien: Gesundheit Österreich; 2019. Blickwechsel – Migration und psychische Gesundheit. [Google Scholar]