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. 2023 Jun 12;85(12):1205–1212. [Article in German] doi: 10.1055/a-2075-7696

Einkommen von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in Deutschland: Ergebnisse des Mikrozensus

Income of physicians in private practice in Germany: Results of a micro census

Andreas Kögel 1,, Michael Lauerer 2, Daniel Zank 1
PMCID: PMC11248336  PMID: 37308108

Einleitung

Bisher sind Daten zum Einkommen von Ärzt:innen in Deutschland lückenhaft. Für Angestellte gibt es Tarifverträge und Gehaltstabellen, die Gehälter in höheren Positionen werden aber oft frei verhandelt und beinhalten bewegliche Bestandteile und Zusatzeinkünfte. Für freiberuflich Tätige gibt es aber nur Schätzungen. Die verfügbaren Daten des Statistischen Bundesamtes und des Zi-Praxis-Panels basieren auf dem Reinertrag der Arztpraxen 1 2 . Die Einkommenssituation der einzelnen Ärzt:innen bleibt dabei unklar. Auch Publikationen von Unternehmensberatungen können aufgrund ihrer eingeschränkten Datenbasis nur einen kleinen, nicht repräsentativen Teil der Ärzteschaft abbilden (vgl. 3 ).

Die vorliegende Analyse soll diese Lücke schließen. Dazu werden entsprechende Daten aus dem Mikrozensus 2017 ausgewertet: Neben den persönlichen Einkommensangaben der Befragten (ca. 3.000 Ärzt:innen, davon knapp 1.200 niedergelassen) werden auch die Angaben weiterer Haushaltsmitglieder herangezogen und daraus das persönliche Nettoäquivalenzeinkommen (NÄE) berechnet, welches ein unmittelbarer Wohlstandsindikator ist. Die Ergebnisse werden nach soziodemografischen Variablen (Alter, Geschlecht, Haushaltsgröße) und geleisteter Arbeitszeit differenziert. Die Detailanalysen fokussieren auf die freiberuflich tätige Ärzteschaft. Sie liefern dabei einen Beitrag zur Frage, ob ein Gender-Pay-Gap auch innerhalb von hochqualifizierten Berufsgruppen mit hohem Berufsprestige vorliegt.

Methode

Der Mikrozensus ist eine jährlich durchgeführte Mehrthemenbefragung von 1% aller Haushalte in Deutschland durch das Statistische Bundesamt; er ist die wichtigste Datenquelle der amtlichen Statistik zur Arbeits- und Wohnsituation der Bevölkerung. Die Rekrutierung erfolgt über eine Flächenstichprobe, bei der sich die Zufallsauswahl auf Wohnbezirke und Wohnungen bezieht. In den ausgewählten Haushalten werden die Daten aller Haushaltsmitglieder erhoben, die Teilnahme ist verpflichtend. Die Aufbereitung des Mikrozensus für wissenschaftliche Sekundäranalysen ist aufwändig, daher stand Ende des Jahres 2021 erst der Mikrozensus 2017 zur Verfügung. Allerdings dürften sich die Einkommen bis zur CoVid-19-Pandemie ab dem Frühjahr 2020 kaum geändert haben. Im Gegensatz zu anderen Datenquellen wie dem Zi-Praxis-Panel 1 liegen im Mikrozensus die unmittelbaren Nettoeinkommen vor, sowohl persönlich als auch auf Haushaltsebene. Das ZiPP erfasst hingegen die Praxisgewinne, die lediglich eine Vorstufe des Einkommens sind. Ein weiterer Mehrwert des Mikrozensus ist die Möglichkeit einer Berücksichtigung der Lebenssituation mittels verschiedener Kontextvariablen.

Bei der Ermittlung des Einkommens ist zu berücksichtigen, ob es sich bei den zugrundeliegenden Angaben um Brutto- oder Nettobeträge handelt – vor allem, was die Nettobeträge beinhalten bzw. was nicht. Je nach Lebenslage liegen verschiedene Einkommensquellen vor (Erwerbseinkommen, Transferleistungen wie z. B. Kindergeld, Einkünfte aus Kapitalerträgen u. a.). Zudem spielt es eine Rolle, ob von einem Einkommen weitere Personen versorgt werden. Die Sozialstrukturanalyse verwendet zur Einschätzung des Wohlstandsniveaus von Privathaushalten das Nettoäquivalenzeinkommen (NÄE, manchmal auch: bedarfsgewichtetes Einkommen), welches aus dem Gesamteinkommen aller Haushaltsmitglieder berechnet wird, unter Berücksichtigung ihres Alters. Die erste Person im Haushalt wird mit 1 gewichtet, jede weitere Person mit 0,5 und Kinder unter 15 Jahren mit 0,3 (OECD neu, nach 4 : 72), da Fixkosten in Mehrpersonenhaushalten geringer sind und Kinder weniger Geld benötigen. Bei Alleinlebenden ist das persönliche Einkommen gleich dem NÄE. Bei Paaren wird die Summe beider Partner durch 1,5 geteilt, bei einer Familie mit zwei kleinen Kindern durch 2,1 (1+0,5+0,3+0,3). Das NÄE ist damit ein besserer Indikator für das Wohlstandsniveau der befragten Ärzt:innen als das persönliche Einkommen.

In Deutschland betrug das NÄE im Jahr 2017 2.065 € pro Person (arithmetisches Mittel; 2019: 2.175 €), der Median lag mit 1.893 € leicht darunter (2019: 1.960 €, lt. 5 ). Der Median ist die Mitte einer sortierten Reihe von Zahlenwerten. Er hat den Vorteil, dass er gegenüber sehr hohen Einzelwerten unempfindlich ist und daher bei ungleichen Verteilungen das Einkommensniveau besser wiedergibt: Einzelne Großverdiener:innen erhöhen den Mittelwert, nicht aber den Median.

Ergebnisse

Kennwerte – Alter, Geschlecht, Stellenumfang

Die deutsche Ärzteschaft ist – aufgrund längerer Ausbildungszeiten und erweiterter Arbeitsmöglichkeiten im Rentenalter – im Vergleich zur gesamten erwerbstätigen Bevölkerung etwas älter ( Tab. 1 ). Die beiden Altersgruppen unter 40 Jahren haben hingegen den Umfang der Vergleichsbevölkerung.

Tab. 1 Altersverteilung der Ärzteschaft im Vergleich zur gesamten Erwerbsbevölkerung.

Alterskategorie Ärzteschaft Gesamte Erwerbsbevölkerung
Häufigkeit % % kumuliert % % kumuliert
Unter 35* 541 17,9 17,9 19,9 19,9
35–39 346 11,5 29,4 11,2 31,2
40–49 667 22,1 51,5 25,7 56,9
50–59 813 26,9 78,4 30,9 87,7
60–65 424 14,0 92,5 9,5 97,2
über 65 227 7,5 100,0 2,8 100,0
Gesamt** 3018 100,0 100,0

* Die unterste Klasse wurde für Ärzte nach unten offengehalten, für die gesamte Erwerbsbevölkerung wurde ein Minimum von 26 Jahren festgelegt. ** nur Ärztinnen/Ärzte, ohne psychologische Psychotherapeutinnen/-therapeuten

2017 ist noch etwas mehr als die Hälfte der Ärzteschaft männlich (53,3%) – fast derselbe Anteil wie in der gesamten Erwerbsbevölkerung. Aufgrund des höheren Frauenanteils beim Medizinstudium wird es aber bald mehr Ärztinnen als Ärzte geben ( 6 : 180–183).

82% der Befragten gaben an, in Vollzeit zu arbeiten, 18% in Teilzeit ( Tab. 2 ). 28% der Ärztinnen, aber nur 9,6% der Ärzte arbeiten in Teilzeit. Über die Hälfte der in Teilzeit tätigen Männer sind älter als 65 Jahre, bei den Frauen sind dies nur knapp 7%. Männliche Teilzeit ist also überwiegend Altersteilzeit, weibliche Teilzeit konzentriert sich hingegen auf das mittlere Lebensalter. Dabei zeigt sich, dass Ärztinnen zu einem weitaus höheren Anteil als die weibliche Vergleichsbevölkerung in Vollzeit arbeiten. Für Ärzte gilt dies nicht.

Tab. 2 Vollzeit und Teilzeit unter Ärzten und in der gesamten Erwerbsbevölkerung.

Tätigkeitsumfang (F46) Ärzteschaft Gesamte Erwerbsbevölkerung
Männer Frauen Alle Männer Frauen Alle
Vollzeit N 1455 1014 2469 112827 56733 169560
% 90,4 72 81,8 89,6 50,6 71,2
Teilzeit N 155 394 549 13111 55286 68397
% 9,6 28 18,2 10,4 49,3 28,7
Keine Angabe N 0 0 0 39 44 83
% 0 0 0 0,0 0,0 0,0
Gesamt N 1610 1408 3018 125977 112063 238040
% 100 100 100 100 100 100

Nur Ärzteschaft: Phi=Cramers V=0,237** (p<0,000)

Einkommen von Angestellten und Selbstständigen im Vergleich

Das durchschnittliche persönliche Nettoeinkommen der Befragten lag 2017 bei 5.704 €, das Medianeinkommen bei 4.250 € mit einer recht hohen Standardabweichung von 4.727 €. Betrachtet man das NÄE, so sinkt das Durchschnittseinkommen auf 4.683 €, die Standardabweichung auf 3.410 €. Der Median des NÄE liegt bei 3.750 €.

Ärzte berichteten ein persönliches Nettoeinkommen von durchschnittlich 7.061 € pro Monat, Ärztinnen von 4.167 € ( Tab. 3 ). Beim NÄE ist die Differenz geringer (5.011 € vs. 4.313 €). Das Einkommensgefälle vermindert sich also auf Haushaltsebene. Berufsspezifische Unterschiede zeigen sich somit stärker beim individuellen Nettoeinkommen. Hier müssen dann aber weitere Einflüsse berücksichtigt werden, vor allem der Stellenumfang: Hauptgrund für niedrigere Einkommen von Ärztinnen ist häufigere Teilzeitarbeit.

Tab. 3 Einkommen nach Geschlecht.

Einkommen nach Geschlecht (angestellte und freiberufliche Ä) NÄE (OECD neu) Pers. Nettoeinkommen im letzten Monat
Männlich Mittelwert 5011,36 7060,59
Std.abw. 3642,025 5292,662
Median 3833,33 5250,00
N 1547 1554
Weiblich Mittelwert 4312,92 4166,97
Std.abw. 3085,050 3387,722
Median 3400,00 3400,00
N 1366 1371
Insgesamt Mittelwert 4683,83 5704,29
Std.abw. 3409,545 4726,620
Median 3750,00 4250,00
N 2913 2925

Angestellte verdienen im Schnitt weniger als Selbstständige ( Tab. 4 ). Letztere lassen sich erneut unterteilen in Praxen, die weitere Beschäftigte anstellen, und Solopraxen. Für Selbstständige mit weiteren Mitarbeiter:innen wird für 2017 ein durchschnittliches NÄE von 5.994 € ermittelt (Median: 4.500 €). Die Selbstständigen ohne weitere Beschäftigte lagen mit einem durchschnittlichen NÄE von 4.324 € näher an den Angestellten, die im Durchschnitt auf 4.000 € kamen. Weitere Berufsverhältnisse wie beamtete Ärzte oder Militärärzte treten nur in geringen Fallzahlen auf. Ihre Median-NÄE ähneln denen von freiberuflich Arbeitenden ohne Mitarbeitende.

Tab. 4 Einkommen nach Stellung im Beruf.

F28 Stellung im Beruf NÄE (OECD neu) Pers. NettoEK (im letzten Monat)
Selbstständige, Freiberufliche ohne Beschäftigte Mittelwert 4323,77 4692,90
Std.abw. 2705,819 3771,154
Median 3833,33 3800,00
N 162 162
Selbstständige, Freiberufliche mit Beschäftigten Mittelwert 5993,60 7834,25
Std.abw. 4382,745 6010,280
Median 4500,00 5750,00
N 971 977
Beamte, Richter (ohne Beamtenanwärter) Mittelwert 5022,92 6168,00
Std.abw. 3874,137 4583,073
Median 3833,33 4250,00
N 25 25
Angestellte Mittelwert 3999,71 4632,09
Std.abw. 2527,180 3435,738
Median 3375,00 3800,00
N 1723 1729
Zeit-/Berufssoldaten Mittelwert 4112,26 4315,00
Std.abw. 1453,519 1333,344
Median 3983,33 3800,00
N 10 10
Sonstige Beschäftigte Mittelwert 2980,78 2932,95
Std.abw. 2192,114 1968,039
Median 2450,00 2750,00
N 22 22
Insgesamt Mittelwert 4683,84 5704,29
Std.abw. 3409,545 4726,620
Median 3750,00 4250,00
N 2913 2925

Es gibt deutliche Altersunterschiede, was aufgrund der langen Ausbildungswege und des verbreiteten Senioritätsprinzips bei Angestelltentarifen zu erwarten ist ( Tab. 5 ). Für unter 35-jährige beträgt das durchschnittliche NÄE 3.354 €. Die Beträge steigen von Altersklasse zu Altersklasse bis zu den 60- bis 65-jährigen mit 5.938 €. Über 65 liegt das NÄE mit 5.052 € wieder etwas niedriger. Die individuellen Nettoeinkommen weisen eine ähnliche Verteilung auf, steigen jedoch bis ins mittlere Alter stärker an. Das sinkende Verhältnis des NÄE zum persönlichen Einkommen kann auf Familiengründungen in den Altersklassen ab 35 Jahren (mit vermehrter Teilzeit) zurückzuführen sein. In sämtlichen Kategorien ist die Streuung der Einkommenswerte beträchtlich, am stärksten in den höheren und einkommensstärksten Altersgruppen.

Tab. 5 Einkommen nach Alter.

Alterskategorien NÄE (OECD neu) Pers. Nettoeinkommen im letzten Monat
unter 35 Mittelwert 3353,90 3262,48
Std.abw. 2223,011 2079,224
Median 3050,00 3050,00
N 533 533
35–39 Mittelwert 3861,12 4411,83
Std.abw. 2387,667 3508,874
Median 3194,44 3800,00
N 334 336
40–49 Mittelwert 4563,08 6229,40
Std.abw. 2906,547 4951,055
Median 3750,00 4750,00
N 643 642
50–59 Mittelwert 5282,48 6751,01
Std.abw. 3677,753 5136,698
Median 4375,00 5250,00
N 775 780
60–65 Mittelwert 5938,36 6983,96
Std.abw. 4485,469 5535,302
Median 4500,00 5250,00
N 413 413
über 65 Mittelwert 5052,28 5947,29
Std.abw. 3748,890 4547,436
Median 4250,00 4750,00
N 215 221
Insgesamt Mittelwert 4683,84 5704,29
Std.abw. 3409,545 4726,620
Median 3750,00 4250,00
N 2913 2925

Die Unterschiede zwischen den Fachbereichen sind eher gering ( Tab. 6 ). Für Allgemeinärzt:innen wird mit 4.518 € der niedrigste Mittelwert für das NÄE berechnet (und auch der niedrigste Median mit 3.500 €), wobei in der Tabelle auch Personen mit Teilzeittätigkeit enthalten sind. Zahnärzt:innen hatten demnach ein etwas höheres Einkommen als Fachärzt:innen. Der geringere Median und die höhere Standardabweichung deuten darauf hin, dass die höheren Mittelwerte durch einige Spitzenverdiener:innen beeinflusst werden. Die Mehrheit der Einkommen von Zahnärzt:innen liegt in einem ähnlichen Bereich wie die von Fachärzt:innen. Es gibt auch bei den Zahnärzt:innen Spitzenverdienste. Bei den persönlichen Einkommen im letzten Monat sind die Mittelwerte für Fach- und Zahnärzt:innen fast identisch, die Allgemeinärzt:innen liegen deutlich darunter.

Tab. 6 Einkommen nach Arzttyp (niedergelassen und angestellt).

Beruf nach ISCO-08 NÄE (OECD neu) Pers. NettoEK im letzten Monat
Allgemeinärzte Mittelwert 4518,29 5272,35
Std.abw. 3239,703 4431,446
Median 3500,00 3800,00
N 1411 1419
Fachärzte Mittelwert 4793,18 6111,30
Std.abw. 3311,858 4585,738
Median 3804,35 4750,00
N 1039 1042
Zahnärzte Mittelwert 4942,96 6111,26
Std.abw. 4052,072 5705,747
Median 3750,00 4250,00
N 463 464
Insgesamt Mittelwert 4683,84 5704,29
Std.abw. 3409,545 4726,620
Median 3750,00 4250,00
N 2913 2925

Die Einkommensunterschiede zwischen Angestellten und Freiberuflern wurden bereits erörtert. In Tab. 7 wird zusätzlich grob nach Fachrichtung der freiberuflichen Ärzt:innen getrennt. 1 Erkennbar ist, dass Human- und Zahnärzt:innen ein vergleichbares persönliches Nettoeinkommen berichten, die auf den Haushalt gemittelten NÄE bei Humanärzt:innen sind etwas höher.

Tab. 7 Einkommen nach Arzttyp und Beschäftigungsstatus.

Haupttätigkeit NÄE (OECD neu) Pers. NettoEK im letzten Monat
Arzt Mittelwert 5802,11 7382,28
Std.abw. 4125,855 5725,972
Median 4500,00 5750,00
N 807 812
Zahnarzt Mittelwert 5640,57 7408,44
Std.abw. 4468,941 6156,986
Median 4375,00 5250,00
N 325 326
Abhängig Beschäftigte Mittelwert 4002,12 4630,88
Std.abw. 2545,490 3439,983
Median 3375,00 3800,00
N 1780 1786
Insgesamt Mittelwert 4683,81 5704,62
Std.abw. 3410,130 4727,395
Median 3750,00 4250,00
N 2912 2924

Die Einkommen bei Teilzeitarbeit lagen erwartungsgemäß unter denen bei Vollzeitarbeit ( Tab. 8 ). Der Effekt ist deutlicher bei den persönlichen Nettoeinkommen als bei den NÄE. Im Median betrug das NÄE von Vollzeitarbeitenden 113% des NÄE der Teilzeitarbeitenden; der Median des persönlichen Nettoeinkommens der Vollzeitarbeitenden beträgt jedoch mehr als das 1,5fache ihrer Kolleg:innen in Teilzeit.

Tab. 8 Einkommen nach Tätigkeitsumfang (niedergelassen und angestellt).

F46 Vollzeit oder Teilzeit (vor Korrektur) NÄE (OECD neu) Pers. NettoEK im letzten Monat
Vollzeit Mittelwert 4841,72 6234,22
Std.abw. 3545,246 4953,214
Median 3800,00 4750,00
N 2356 2366
Teilzeit Mittelwert 4016,40 3451,86
Std.abw. 2666,222 2610,742
Median 3375,00 3050,00
N 556 558
Insgesamt Mittelwert 4684,14 5703,25
Std.abw. 3410,092 4727,093
Median 3750,00 4250,00
N 2912 2924

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Insgesamt gaben 1.198 Befragte an, freiberuflich tätig zu sein ( Tab. 9 ). Wir gehen nachfolgend davon aus, dass die meisten davon niedergelassen sind; es könnten aber auch einige Honorarärzt:innen darunter sein. Den größten Anteil haben mit 42% die Allgemeinmediziner:innen, es handelt sich also um Hausarztpraxen. Fach- und Zahnärzt:innen stellen jeweils 29%. Der Männeranteil beträgt 60%, die meisten Befragten befinden sich im höheren Erwachsenenalter ( Tab. 10 ). 86% sind in Vollzeit berufstätig.

Tab. 9 Verteilung niedergelassener Ärzte nach Arzttyp (Niedergelassene).

Beruf nach ISCO-08 (nur Niedergelassene) Häufigkeit %
Allgemeinärzte 505 42,2
Fachärzte 345 28,8
Zahnärzte 348 29,0
Gesamt 1198 100,0

Tab. 10 Alter niedergelassener Ärzte nach Geschlecht.

Alterskategorie nach Geschlecht (Niedergelassene) Geschlecht gesamt Altersverteilung gesamt in %
männlich weiblich
unter 35 N 6 6 12 1
% 50,0 50,0 100,0
35–39 N 22 27 49 4,1
% 44,9 55,1 100,0
40–49 N 149 119 268 22,4
% 55,6 44,4 100,0
50–59 N 255 182 437 36,5
% 58,4 41,6 100,0
60–65 N 152 99 251 21,0
% 60,6 39,4 100,0
über 65 N 137 44 181 15,1
% 75,7 24,3 100,0
Gesamt N 721 477 1198 100,0
% 60,2 39,8 100,0

Der Frauenanteil liegt bei den unter-40-jährigen über 50% und nimmt in den höheren Alterskategorien ab ( Tab. 10 ). Den höchsten Frauenanteil hat die Allgemeinmedizin mit 45% ( Tab. 11 ). Bei den Fach- und Zahnärzt:innen liegt er bei etwas über 36%. Statistisch ist dieser Unterschied aber mit Cramers V=0,085 sehr gering.

Tab. 11 Verteilung niedergelassener Ärzte nach Arzttyp und nach Geschlecht.

Berufskategorie (ISCO-08) (Niedergelassene) Geschlecht
Männlich Weiblich Gesamt
Allgemeinärzte N 280 225 505
% 55,4 44,6 100,0
Fachärzte N 219 126 345
% 63,5 36,5 100,0
Zahnärzte N 222 126 348
% 63,8 36,2 100,0
Gesamt N 721 477 1198
% 60,2 39,8 100,0

Cramers V=0,083* (p=0,017)

Einkommen Freiberufler nach Beruf und Vollzeit/Teilzeit

Die Einkommen aller drei Arzttypen liegen nahe beieinander. Die in Vollzeit tätigen Fachärzt:innen berichten durchschnittlich knapp 8.300 € als persönliches Einkommen, Allgemeinärzt:innen 7.800 € und Zahnärzt:innen 7.700 €. Der Abstand der NÄE ist geringer. Die Einkommenswerte der Teilzeitarbeitenden liegen näher beieinander, hier berichten Zahnärzt:innen die höchsten Beträge ( Tab. 12 ).

Tab. 12 Einkommen niedergelassener Ärzte nach Arzttyp und Tätigkeitsumfang.

Beruf nach ISCO-08 (Niedergelassene) NÄE (persönlich, OECD neu) Pers. NettoEK im letzten Monat
Allgemeinärzte Vollzeit Mittelwert 5982,76 7758,04
N 403 406
Teilzeit Mittelwert 4826,17 4255,31
N 81 80
Insgesamt Mittelwert 5789,20 7181,46
N 484 486
Fachärzte Vollzeit Mittelwert 6067,17 8262,23
N 277 279
Teilzeit Mittelwert 4353,81 4137,23
N 45 46
Insgesamt Mittelwert 5827,72 7678,38
N 322 325
Zahnärzte Vollzeit Mittelwert 5725,42 7673,71
N 290 291
Teilzeit Mittelwert 4937,53 5202,86
N 35 35
Insgesamt Mittelwert 5640,57 7408,44
N 325 326
Insgesamt Vollzeit Mittelwert 5929,93 7877,02
N 970 976
Teilzeit Mittelwert 4718,35 4427,56
N 161 161
Insgesamt Mittelwert 5757,46 7388,58
N 1131 1137

Einkommen freiberuflicher Ärzte nach Gemeindegröße

Die hier untersuchte Fragestellung lautet, ob "Landärzt:innen"ein geringeres Einkommen haben als ihre Kolleg:innen aus größeren Gemeinden. Ganz im Gegenteil berichten Allgemeinärzt:innen aus Gemeinden<5.000 Einwohnern ein erheblich höheres persönliches Nettoeinkommen als ihre Kolleg:innen aus größeren Wohnorten ( Tab. 13 ). Anhand der Daten kann allerdings nicht festgestellt werden, ob bzw. wie viele Befragte ihre Praxis in einer größeren Gemeinde haben und nur in der kleineren Gemeinde wohnen. Zudem hängt der ländliche Charakter auch von der Nähe zur nächsten größeren Stadt ab. Der Begriff „Landarzt“ suggeriert ein abgelegenes Dorf, das zugleich Arbeits- und Wohnort ist. Dieser Idealtyp lässt sich mit dem verwendeten Datensatz nicht darstellen: Ein Dorf kann hier auch in Großstadtnähe bzw. in einem Ballungsgebiet liegen. Verwendet man die Gemeindegröße als alleiniges Kriterium, verdienen die "Landärzte" im Durchschnitt am meisten, so dass die geringe Anziehungskraft ländlicher Gegenden nicht an schlechteren Einkommensaussichten festgemacht werden kann. Innerhalb der Fachärzteschaft ist die Diskrepanz nach Wohnortgröße geringer ausgeprägt, für die kleinen Gemeinden sind die Ergebnisse aber aufgrund der geringen Fallzahl wenig stabil. Der hohe Median beim persönlichen Nettoeinkommen weist auf eine unsymmetrische Verteilung hin – hier speziell auf einzelne sehr niedrige Angaben. Bei den Zahnärzt:innen sind die Einkommensziffern (persönlich und NÄE) in der kleinsten Gemeindekategorie am niedrigsten.

Tab. 13 Einkommen nach Gemeindegröße und Arzttyp.

Arzttyp Gemeindegröße NÄE (persönlich, OECD neu) Pers. NettoEK im letzten Monat
Mittelwert Median N Mittelwert Median N
Allgemeinärzte unter 5000 6573,75 4625 60 8670,56 6750 62
5000 bis<20000 5541,83 4438 78 7432,69 6250 78
20000 und mehr 5703,43 4500 347 6863,44 5250 347
gesamt 5785,11 4500 485 7184,68 5250 487
Fachärzte unter 5000 5369,31 3646 23 7845,83 8750 24
5000 bis<20000 5499,17 4167 49 6832,65 5750 49
20000 und mehr 5934,29 4500 250 7826,88 5750 252
gesamt 5827,72 4438 322 7678,38 5750 325
Zahnärzte unter 5000 4715,65 3667 34 6235,29 4750 34
5000 bis<20000 6078,29 4500 56 8170,18 5750 57
20000 und mehr 5670,09 4375 235 7393,4 5250 235
gesamt 5640,57 4375 325 7408,44 5250 326
Insgesamt unter 5000 5797,02 4250 117 7815,63 6750 120
5000 bis<20000 5694,57 4375 183 7501,36 5750 184
20000 und mehr 5763,38 4500 832 7303,88 5500 834
gesamt 5755,73 4500 1132 7389,77 5750 1138

Das höhere Einkommen von Allgemeinmediziner:innen in kleinen Gemeinden lässt sich nicht auf höhere Arbeitszeiten zurückführen, die Arbeitszeitunterschiede sind nur gering ( Tab. 14 ). Eine ANOVA nach Arzttyp und Gemeindegröße ergibt einen zu vernachlässigenden Gesamteffekt von Eta=0,043 (p=0,000). 2

Tab. 14 Arbeitszeit nach Gemeindegröße und Arzttyp.

Beruf nach ISCO-08 Gemeindegröße Normale Arbeitszeit (h/Woche)
Mittelwert Median N
Allgemein-ärzte unter 5000 51,25 50 57
5000 bis<20000 51,95 50 65
20000 und mehr 49,49 50 298
gesamt 50,11 50 420
Fachärzte unter 5000 46,08 50 25
5000 bis<20000 49,56 50 41
20000 und mehr 50,2 50 232
gesamt 49,77 50 298
Zahnärzte unter 5000 47,09 45 35
5000 bis<20000 44,05 42 56
20000 und mehr 45,96 45 219
gesamt 45,74 45 310
Insgesamt unter 5000 48,9 50 117
5000 bis<20000 48,62 50 162
20000 und mehr 48,68 50 749
gesamt 48,69 50 1028

Diskussion

Der Mikrozensus bietet erstmals einen umfassenden und fundierten Überblick über die Einkommenssituation niedergelassener Ärztinnen und Ärzte. Das bedarfsgewichtete Haushaltseinkommen (Nettoäquivalenzeinkommen) ermöglicht dabei bessere Rückschlüsse auf das Wohlstandsniveau der Befragten. Die Differenzierung nach Fachgebiet ist zwar nur grob, dafür stehen etliche Kontextvariablen zur Verfügung, u. a. Tätigkeitsumfang, Wohnortgröße, Geschlecht und Haushaltsgröße bzw. -struktur. Mit 7.900 € pro Monat liegt das durchschnittliche persönliche Nettoeinkommen niedergelassener Allgemeinärzt:innen ca. 1.000,- € über der Modellrechnung des Zi-Praxis-Panels. Anhand des durchschnittlichen Jahresüberschusses pro Praxis von 168.800 € für 2017 wird dort ein monatlich verfügbares persönliches Nettoeinkommen von 6.910 € (Median: 6.115 €) geschätzt – für eine kinderlose Person in Vollzeittätigkeit mit 49 h/Woche (ZI 2018, S. 26 Tab. 5 ). Eine Überschätzung durch den Mikrozensus ist aber unwahrscheinlich – auch wenn die beiden folgenden methodischen Aspekte zu Ungenauigkeiten führen:

1. Die Abfrage des Einkommens erfolgt in Kategorien. In der Weiterverarbeitung der Angaben wird für jede Kategorie die Mitte als Schätzwert verwendet. Da die Klassen im oberen Bereich breiter sind, führt dies zu höheren Schätzfehlern. Problematisch ist zudem die oberste, nach oben offene, Kategorie "mehr als 18.000 €". Als Klassenmitte werden 27.000 € angenommen, woraus ein Jahreseinkommen von 324.000 € resultiert. Da die breite Mehrheit der Befragten nicht in diese Kategorie fällt, dürften die zusammengefassten Werte (Mittelwert, Median) – trotz der mit dem Verfahren verbundenen Unsicherheit – zuverlässig sein. Vor allem stehen bisher keine besseren Daten zur Verfügung (zu den Problemen, die im Umgang mit Einkommensdaten im Mikrozensus entstehen, ausführlich 7 ).

2. Zudem wird nicht nach Einkommensarten differenziert. Die Zahlen sagen also nicht aus, welcher Teil des Einkommens aus spezifisch ärztlichen Einkommensquellen stammt. Problematisch wäre dies, wenn das Wohlstandsniveau der Arzthaushalte aufgrund mangelhafter Vergütung nur durch andere Tätigkeiten erreicht werden könnte. Dies ist aber für Deutschland unrealistisch. Es sei dennoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir nicht versucht haben, spezifisch ärztliche Bezüge von anderen Bezügen zu separieren. Große Teile etwaiger Zusatzeinkünfte dürften durch die ärztliche Profession begünstigt werden und sind somit vom ärztlichen Status ableitbar, z. B. Publikations- oder Vortragshonorare.

Das Potential der Mikrozensusdaten wurde mit den vorliegenden Analysen bei Weitem nicht ausgeschöpft. Die Datenqualität des Mikrozensus ist vergleichsweise hoch (unter den bekannten Vorbehalten bzw. Limitationen von Befragungen). Eine Befragung ist keine Messung und die Angaben von Befragten unterliegen diversen psychosozialen Einflüssen, die aber gut untersucht und somit kontrollierbar sind (vgl. 8 : 446 ff., 9 ). Die Einkommen angestellter Ärztinnen und Ärzte lassen sich gut aus Tariftabellen entnehmen, aber für freiberufliche/niedergelassene Ärzte liefert der Mikrozensus erstmals detaillierte, differenzierbare Daten. Die Kontextvariablen bestätigen zudem bekannte Trends wie den steigenden Frauenanteil in der Ärzteschaft und die damit verbundenen Veränderungen im Berufsbild – mehr Teilzeitarbeit und eine geringere Attraktivität der Selbstständigkeit, wenigstens für diejenigen, die eine eigene Familie haben (möchten).

Als nächster Schritt böte sich ein internationaler Vergleich der ärztlichen Einkommen an, zumal es ähnliche Erhebungen wie den Mikrozensus in vielen weiteren Staaten gibt. Dabei müssten allerdings weitere Strukturinformationen berücksichtigt werden wie z. B. die allgemeinen Lebenshaltungskosten oder Besonderheiten der jeweiligen Sozialversicherungs- und Rentensysteme. Der vorliegende Artikel stellt prospektiv Zahlen für ein solches Vorhaben bereit.

Fundref Information

GKV Spitzenverband

Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Es liegen keine Informationen zu den konkreten Fachrichtungen vor; die Kategorie "Allgemeinärzte" dürfte u. a. die meisten Fachärzt:innen für Allgemeinmedizin und Innere Medizin beinhalten. Die Zuordnung erfolgte durch die Befragten selbst.

Auf den ersten Blick irritiert, dass bei den Fachärzt:innen in kleinen Gemeinden der Median mit 8.750 € über dem Mittelwert liegt. Tatsächlich fallen 6 Befragte in die Kategorie mit dem Schätzwert 8.750 und weitere 7 Befragte in die Kategorie mit dem Schätzwert 14.000, so dass bei 24 Befragten tatsächlich der Median in die Kategorie "8.750" fällt und der Wert somit korrekt ist.

Literatur


Articles from Gesundheitswesen (Bundesverband Der Arzte Des Offentlichen Gesundheitsdienstes (Germany) are provided here courtesy of Thieme Medical Publishers

RESOURCES