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. 2023 Jan 31;85(12):1149–1156. [Article in German] doi: 10.1055/a-1999-7523

Akzeptanz der Teledermatologie: Ergebnisse einer Befragung sächsischer Haus- und HautärztInnen

Acceptance of Teledermatology: Results of a Survey of General Practitioners and Dermatologists in Saxony (Germany)

Peter Kriwy 1,, Anett Nötzold 2, Anna-Theresa Seitz 3, Roger Berger 4
PMCID: PMC11248933  PMID: 36720234

Zusammenfassung

Ziel der Studie Mit der Befragung sächsischer Haus- und HautärztInnen wird die Akzeptanz bzw. Nutzungsabsicht einer teledermatologischen Anwendung untersucht. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in Sachsen und der geringen regionalen FachärztInnendichte ist dieses Bundesland zur Durchführung einer solchen Befragung besonders gut geeignet.

Methodik Auf der Grundlage einer geschichteten Zufallsauswahl wurden 108 sächsische ÄrztInnen schriftlich postalisch bzw. online befragt (60 HausärztInnen und 48 HautärztInnen, Teilnahmequote 23,5 Prozent). Die Theorie der Akzeptanz und Nutzung von Technologie (UTAUT-Modell) wurde auf die Teledermatologie angewendet. Vier zentrale Hypothesen wurden abgeleitet und mit logistischen Regressionen getestet.

Ergebnisse Die getesteten Hypothesen, die Zusammenhänge zwischen Leistungserwartung, Aufwandserwartung, sozialem Einfluss und erleichternden Rahmenbedingungen und der Nutzungsabsicht der Teledermatologie postulieren, werden zum Teil bestätigt. Zudem zeigt sich für Teledermatologie ein Potential bei sächsischen HausärztInnen, da 9,5% ihrer PatientInnen wegen Hauterkrankungen in die Praxis kommen. 78% der HausärztInnen bieten Hautkrebsscreenings an.

Schlussfolgerung Die Bevölkerungsstruktur und die geringe Arztdichte in Sachsen wären günstige Voraussetzungen zur Implementation der Teledermatologie. Tiefergehende Bedenken der Haus- und HautärztInnen gegenüber der Teledermatologie konnten aufgrund der Befragungsergebnisse nicht festgestellt werden.

Schlüsselwörter: Telemedizinakzeptanz, Teledermatologie, Befragung, UTAUT-Modell

Einleitung

Oft wird derzeit Digitalisierung und Gesundheit in einem Atemzug genannt. Die Hoffnung ist, dass digitale Möglichkeiten dabei helfen können, zumindest in Teilen die aktuellen Herausforderungen des Gesundheitswesens zu bewältigen 1 . Besonders die aktuelle Covid-19-Pandemie hat die Diskussion um die Möglichkeiten der Telemedizin gefördert. So werden bspw. Videosprechstunden in diesem Zusammenhang sowohl positiv 2 als auch kritisch gesehen 3 . Aufgrund der Angst vor Ansteckung ist davon auszugehen, dass sich während der Covid-19-Pandemie das Arztnutzungsverhalten verändert hat, weil PatientInnen vermutlich Arztbesuche auf die wenigen, aus ihrer Sicht unumgänglichen Besuche beschränken. Während der Hochphase der Pandemie wird der Rückgang der Facharztbesuche um ca. 40% bei KardiologInnen und OnkologInnen und bei ZahnärztInnen sogar teilweise mit bis zu 80% beziffert 4 . Besonders zur aktuellen Covid-19-Pandemie wird teledermatologischen Optionen deshalb eine große Bedeutung beigemessen 5 .

Die Akzeptanz von telemedizinischen Anwendungen ist unter Ärztinnen und Ärzten hoch während die Seite der Patientinnen und Patienten bislang eher wenig erforscht ist 6 . Engmaschige Überwachung von Behandlungsprozessen werden oft als Vorteil und der Umgang mit dem Datenschutz als möglicher Nachteil von Telemedizin gesehen 7 . Gerade die eingeschränkte Freiwilligkeit der Nutzung von z. B. Datenübertragungen an medizinisches Personal außerhalb des primärpräventiven Bereichs wird bezüglich ethischer Fragen diskutiert 8 . Im Zusammenhang mit der Reduzierung der Anzahl von Arztbesuchen aufgrund telemedizinischer Anwendungen können auch Kostenaspekte diskutiert werden. Auch wenn beispielweise die digital vermittelte Befunderhebung für die erreichten ÄrztInnen in geeigneter Form entlohnt werden würde, ist dennoch bezogen auf die gesamte Behandlungskette mit einer Kostenreduzierung zu rechnen. Ein Anstieg der Prokopfausgaben für das Gesundheitswesen ist in vielen Ländern zu beobachten. Auch nimmt in der Bevölkerung zudem die Sorge um die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens zu und die durchschnittliche PatientInnenzufriedenheit ab 9 10 . Bei dieser Ausgangssituation scheint es sinnvoll, die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Verbesserung Gesundheitssystems zu untersuchen. Den Möglichkeiten von eHealth und Telemedizin wird dabei ein großes Potential zugeschrieben 11 . Möglicherweise profitierende Bereiche sind unter anderem Online-Konsultationen 12 , die Beeinflussung von Adhärenz in der Arzneimitteltherapie bei psychischen Erkrankungen 13 , Maßnahmen gegen Übergewicht 14 , die Behandlung von Diabetes 15 sowie die Verbesserung der allgemeinen Behandlungswege im Gesundheitswesen 16 .

In der vorliegenden Arbeit werden die Determinanten der Akzeptanz der Teledermatologie bei Allgemeinmedizinern und Dermatologen untersucht. Als theoretische Grundlage dient dabei das UTAUT-Modell (Theorie der Akzeptanz und Nutzung von Technologie) 17 18 .

UTAUT umschreibt vier Dimensionen: Leistungserwartung, Aufwandserwartung, sozialer Einfluss und erleichternde Bedingungen. 1) Die Leistungserwartung wird definiert als der Grad, in dem die Nutzung einer Technologie den Verbrauchern bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten Vorteile bringt. Gemessen wird dieser Bereich über beschleunigte Diagnosen und hohe vermutete Diagnosesicherheit. 2) Die Aufwandserwartung umschreibt den (idealerweise geringen) Aufwand der Nutzengewinnung und die hohe Wahrscheinlichkeit der Verlustvermeidung. Gemessen wird dieser Bereich über die Abwesenheit der Vermutung, dass wegen der Infrastrukturbeschaffung zur Realisierung der telemedizinischen Option finanzielle Einbußen für die Praxis erwartet werden und dass sich der Aufwand lohnt, weil vermutet wird, dass sich die Versorgung durch FachärztInnen in der Region verbessert. 3) Der soziale Einfluss ist das Ausmaß in dem die potentiellen NutzerInnen wahrnehmen, dass andere wichtige Personen (hier die Patientinnen und Patienten) keine zwischenmenschlichen Nachteile zu erwarten haben. Gemessen wird diese Dimension über die Erwartung der Ärztinnen und Ärzte, dass die PatientInnenbindung trotz des Technologieeinsatzes erhalten bleibt. 4) Die erleichternden Rahmenbedingungen beziehen sich auf die Wahrnehmung der NutzerInnen zu den Ressourcen, die für die Übernahme der Option generiert werden. Gemessen wird dieser Bereich über die Vermutung der ÄrztInnen, dass zusätzliche finanzielle Einnahmen zu erwarten sind (siehe Abb. 1 ).

Abb. 1.

Abb. 1

UTAUT-Modell angewendet auf die Nutzungswahrscheinlichkeit der Tele-Dermatologie (Quelle: eigene Darstellung).

Abgeleitet aus dem UTAUT Modell werden vier Hypothesen formuliert:

H1: Die Erwartung beschleunigter Diagnosestellung und/oder hoher Diagnosesicherheit geht mit erhöhter Nutzungsabsicht der Teledermatologie einher.

H2: Die Erwartung der Abwesenheit finanzieller Einbußen (aufgrund der Anschaffungskosten) und/oder die Verbesserung der Versorgung der PatientInnen durch „digitalen“ Facharztzugang geht mit erhöhter Nutzungsabsicht der Teledermatologie einher.

H3: Wenn vermutet wird, dass die Patientenbindung erhalten bleibt, dann geht dies mit erhöhter Nutzungsabsicht der Teledermatologie einher.

H4: Zu erwartende zusätzliche finanzielle Einnahmen gehen mit erhöhter Nutzungsabsicht der Teledermatologie einher.

Der analytischen Betrachtung der Zusammenhänge (H1 bis H4) zeitlich vorgelagert sind die Einflüsse des Alters der ÄrztInnen, die Größe des PatientInnenstamms, Urbanität sowie die Fachrichtung. Sie dienen als Kontrollvariablen für den Hypothesentest. Einerseits ist zu vermuten, dass die Ärztinnen und Ärzte mit steigendem Alter einen höheren kognitiven Aufwand zur Technologieübernahme betreiben müssen, deswegen würde man einen negativen Alterseffekt vermuten 19 . Es ist andererseits auch eine gegenläufige Argumentation möglich. Das Konzept des „Cognitive Age“ geht im Zusammenhang mit Technologieübernahmen davon aus, dass Menschen sich jünger fühlen, wenn sie neue Technologien einsetzen 20 , was für einen positiven Alterseffekt sprechen würde. Aufgrund der konkurrierenden Argumentation wird das Alter ohne erwartete Effektrichtung in das Modell integriert. Der PatientInnenstamm ist eine weitere wichtige Kontrollvariable, da zu vermuten ist, dass ÄrztInnen mit einem kleineren PatientInnenstamm eher ein Interesse an neuen bzw. weiteren Optionen zur Versorgung ihrer PatientInnen haben. Die Fachrichtung diskriminiert entlang der befragten Arztgruppen, hier wird entsprechend zwischen Haus- und HautärztInnen unterschieden.

In der vorliegenden Studie wird die Akzeptanz einer konkreten telemedizinischen Anwendung untersucht, die möglicherweise dabei helfen könnte, Facharztbesuche bei DermatologInnen zu reduzieren. Auffällige Haustellen (z. B. Muttermale) können mit einer hochauflösenden Digitalkamera bzw. einem digitalen Auflichtdermatoskop mit Kamerafunktion von HausärztInnen fotografiert werden, um anschließend über eine gesicherte Datenübertragung an DermatologInnen gesendet zu werden. Aufgrund des standardisierten Fotos erfolgt dann die Befunderhebung durch FachärztInnen. Die objektive Qualität (Diagnosesicherheit etc.) eines solchen Vorgehens ist nicht Teil der durchgeführten Studie. Jedoch ist zu erwähnen, dass Zertifizierungsbestrebungen im Bereich der Teledermatologie bereits vorliegen 21 . In der hier vorgestellten Studie wird lediglich die Akzeptanz einer telemedizinischen Möglichkeit unter HausärztInnen und DermatologInnen auf der Basis von Befragungsdaten untersucht.

Das Erhebungsgebiet ist das Bundesland Sachsen. Der Altersdurchschnitt in Sachsen liegt im Jahr 2018 mit 46,8 Jahren über dem bundesdeutschen Altersschnitt von 44,4 Jahren 22 . Sachsen verzeichnet wenige Ballungsgebiete und entsprechend weite sowie dünnbesiedelte Landstriche, in welchen der Altersdurchschnitt nochmals höher liegt als in den sächsischen Großstädten. Daraus resultieren weite Anfahrtswege zu ÄrztInnen und längere Wartezeiten für ältere Menschen mit ihrem altersbedingt höheren Bedarf an medizinischer Versorgung. Es ist naheliegend, dass PatientInnen und ÄrztInnen in diesen Gebieten vermutlich besonders von telemedizinischen Leistungen profitieren würden und diese Leistungen ein Beitrag dafür sind, eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung auch flächendeckend bereitstellen zu können. Neben dem erhöhten Durchschnittsalter der Bevölkerung, geht auch ein signifikant niedrigerer sozioökonomischer Status mit gesundheitlichen Risikofaktoren einher. Diese Faktoren führen zu erhöhtem medizinischen Bedarf 23 . Liegt zudem eine niedrige (Fach-) Arztdichte vor, wie dies in Sachsen ebenfalls der Fall ist, so werden unter anderem aus diesem Grund mehr Krankenhausfälle verzeichnet. Oft werden für den ambulanten Bereich prädestinierte Fälle aufgrund der geringen Arztdichte in Krankenhäusern stationär behandelt. Im Jahr 2010 kamen in Sachsen auf 100.000 EinwohnerInnen daher 240 Krankenhausaufenthalte, während die Zahl in gesamten Bundesgebiet bei 226 Aufenthalten lag 24 . Es wird deutlich, dass die durch sozioökonomische Risikofaktoren ohnehin schon erhöhte Inanspruchnahme des Angebots des Gesundheitswesens in Sachsen tendenziell kostenintensiver abgewickelt wird. Dies zeigt einen Bedarf an Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im sächsischen Gesundheitswesen an.

In der vorliegenden Arbeit werden Wirkmechanismen auf die Akzeptanz bzw. Nutzungsabsicht einer teledermatologischen Anwendung bei sächsischen Haus- und HautärztInnen untersucht, die aus dem UTAUT-Modell abgeleitet wurden.

Methodik

Die Datengrundlage der vorliegenden Studie beruht auf einer Befragung von 60 niedergelassenen HausärztInnen und 48 DermatologInnen aus Sachsen. Von der kassenärztlichen Vereinigung Sachsen wurde eine Liste der in Sachsen tätigen MedizinerInnen bereitgestellt. Diese Liste umfasste alle 2892 AllgemeinmedizinerInnen und 182 DermatologInnen, inklusive Angaben zu ihrer medizinischen Ausrichtung. Zur Gruppe der AllgemeinmedizinerInnen zählen dabei auch in Kliniken angestellte InternistInnen, die für die vorliegende Befragung jedoch nicht berücksichtigt wurden. Einschlusskriterium war die Anstellung in einer niedergelassenen Praxis oder eine eigene Arztpraxis, was zu einer Grundgesamtheit von 1531 AllgemeinmedizinerInnen führt. Da in einer Arztpraxis oftmals mehrere ÄrztInnen arbeiten, wurde per Zufall nur eine Ärztin oder ein Arzt pro Praxis in die Auswahlliste aufgenommen. Mehrere ÄrztInne einer Praxis hätten teilweise identische Angaben, beispielsweise zur Größe des PatientInnenstamms gemacht, was die Unabhängigkeitsannahme der später folgenden Regressionsanalysen verletzt hätte. (Eine Unterscheidung nach Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft war aufgrund der zur Verfügung stehenden Auswahlliste leider nicht möglich.) Da DermatologInnen unabhängig von der Institution ihrer Beschäftigung, also Klinik, medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) oder niedergelassene Praxis, für eine Telekonsultation in Frage kommen, wurden alle DermatologInnen der Liste der kassenärztlichen Vereinigung in die Stichprobenziehung aufgenommen. Nach der Ziehung einer geschichteten Zufallsstichprobe wurden 300 AllgemeinmedizinerInnen und 160 DermatologInnen postalisch kontaktiert. Das erste Anschreiben von Anfang März 2017 ergab einen Rücklauf von 74 ausgefüllten Fragebögen und 16 online ausgefüllten Befragungen. Ende März wurde ein Erinnerungsschreiben zur Studienteilnahme versendet. Daraufhin haben weitere 18 ÄrztInnen an der Befragung teilgenommen. Insgesamt wurde eine Fallzahl von 108 Befragungen generiert, das entspricht einer Teilnahmequote von insgesamt 23,5 Prozent (20% bei HausärztInnen und 30% bei DermatologInnen). Während der Feldphase sind keine systemneutralen Ausfälle bekannt geworden. Das Durchschnittsalter der befragten HausärztInnen liegt bei 53,0 Jahren (Std. Dev. 9,3) und das der DermatologInnen liegt bei 54,8 Jahren (Std. Dev. 8,4). Das Durchschnittsalter der HausärztInnen in Sachsen bei 53,8 Jahren 25 , das Durchschnittsalter der DermatologInnen konnte nicht recherchiert werden. Eine mögliche Selektionsverzerrung bezüglich des Alters der HausärztInnen kann demnach weitgehen ausgeschlossen werden. Es gibt leichte Unterschiede nach dem Teilnahme-Mode: 20% der DermatologInnen und 12% der HausärztInnen haben online geantwortet. Nach dem Erstanschreiben war die Response beim schriftlich postalischen Fragebogen bei den HausärztInnen höher (75 zu 56 Prozentpunkte) und nach der Erinnerung war die Response bei den DermatologInnen höher (23 zu 13 Prozentpunkte).

Bei der Fragebogenkonstruktion wurde darauf geachtet, dass sich das Instrument für HausärztInnen und AllgemeinmedizinerInnen möglichst wenig zum Instrument der DermatologInnen unterscheidet. Manche Items wurden jedoch nur im Fragebogen der HausärztInnen gestellt, z. B. die Zahlungsbereitschaft für ein telemedizinisch geeignetes Auflichtdermatoskop, die Überweisungsquote an DermatologInnen, die Prozentangabe durchgeführter Hautkrebsscreenings und der Anteil an PatientInnen, die mit Hauterkrankungen vorstellig werden. Die zentralen Items zur Messung der Einstellungen zur Telemedizin in beiden Erhebungsinstrumenten sind: „Die Diagnosestellung wird beschleunigt“(Hypothese H1) „Durch Telemedizin ist die Diagnosesicherheit in Gefahr“ (ebenfalls H1). „Der Praxis drohen finanzielle Einbußen“ (H2). „Durch Telemedizin wird die Versorgung durch FachärztInnen für PatientInnen in entlegenen Gegenden verbessert“ (ebenfalls H2). „Durch die Telemedizin droht ein Verlust der PatientInnenbindung“ (H3) und „Telemedizin ermöglicht ÄrztInnen zusätzliche Einnahmemöglichkeiten“ (4). Jedes dieser Items wurde auf einer fünfstufigen Skala beantwortet, mit den Kategorien „stimme überhaupt nicht zu“ bis „stimme voll und ganz zu“. Für die Multivariate Datenanalyse wurden diese Variablen dichotomisiert, da sie in den vorliegenden Verteilungen nicht die Kriterien für „metrisch definierte“ Y-Variablen erfüllen 26 . Dabei wurde die „positive“ Richtung der Beantwortung bezogen auf die Einstellungen zur Anwendung der Telemedizin auf 1 gesetzt wurde; z. B. beim Item „Diagnosesicherheit“ wurden die Antwortmöglichkeiten „stimme überhaupt nicht zu“ und „stimme eher nicht zu“ auf 1 gesetzt während „teils/teils“, „stimme eher zu“ und „stimme voll und ganz zu“ auf 0 recodiert wurden.

Die abhängige Variable „Wahrscheinlichkeit der Nutzung der Teledermatologie“ wurde auf einer vierstufigen Skala abgefragt. Zur Durchführung der logistischen Regressionen wurden die Antwortoptionen „sehr wahrscheinlich“ und „eher wahrscheinlich“ mit „1“ codiert und die Antworten „eher nicht wahrscheinlich“ und „unwahrscheinlich“ mit „0“. Die Variable „PatientInnenstamm“ wurde aufgrund der starken Rechtsschiefe logarithmiert. Eine deskriptive Übersicht über die Variablen der Hypothesentests ist in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1 Deskriptive Übersicht über die Variablen der Hypothesentests.

N davon imputuiert Mean Std Dev a) Min Max
Nutzung Telemedizin (1=wahrscheinlich) 98 0 0,55 0,49 0 1
HausärztInnen (Ref. DermatologInnen) 98 0 0,60 0,49 0 1
Alter 98 1 53,49 8,98 32 76
Anzahl PatientInnen im letzten Quartal (ln) 98 1 7,17 0,55 4,6 8,3
Stadt (Ref. Land) 98 0 0,35 0,48 0 1
Beschleunigte Diagnose 98 1 0,55 0,50 0 1
Diagnosesicherheit 98 3 0,59 0,50 0 1
Keine finanzielle Einbußen erwartet 98 5 0,57 0,50 0 1
Versorgung durch FachärztInnen verbessert 98 4 0,63 0,48 0 1
Kein Verlust der PatientInnenbindung 98 3 0,41 0,49 0 1
Erwartete zusätzliche Einnahmen 98 8 0,33 0,47 0 1

Hinweis: Anzahl der multivariaten Imputationsläufe: 10; die abhängige Variable wurde nicht imputiert, hier liegt nur ein fehlender Wert vor. a) Auf Basis der nicht imputierten Daten ermittelt; Quelle: eigene Berechnung

60% der befragten ÄrztInnen sind HausärztInnen. Das Durchschnittsalter der ÄrztInnen in der Stichprobe liegt bei 53,5 Jahren, was ziemlich genau dem Bundesdurchschnitt der VertragsärztInnen in Deutschland entspricht 27 . Die durchschnittliche Anzahl an PatientInnen im letzten Quartal liegt bei 1300 Personen (entlogarithmierter Wert 7,17). 35% der befragten ÄrztInnen haben ihre Praxis in kreisfreien Städten, 65% der ÄrztInnen sind dementsprechend in ländlicheren Regionen verortet (siehe Tab. 1 ).

Die Ausfüllqualität (Item Nonresponse) gemessen am Anteil gültiger Antworten je Fragebogen ist als sehr gut zu bezeichnen. Bezogen auf die vollen 108 Fälle weisen die Variablen bis zu acht fehlende Werte auf (siehe Tab. 1 ). Da bei „Complete Case Analysis“ jedoch die Fallzahlen der Regressionen um bis zu 13 Fälle reduziert wären, wurden die fehlenden Werte aller unabhängigen Variablen imputiert, um die maximale Analysepower zu erhalten. Zur multiplen Imputation 28 wurde nur die abhängige Variable nicht berücksichtigt, um Zirkelschlüsse zu vermeiden 29 . Bei der abhängigen Variablen ist jedoch auch nur ein fehlender Wert zu verzeichnen. Zur Durchführung der Imputation wurden 10 Durchläufe angefordert. Zur Schätzung der Missings wurden alle Modellvariablen verwendet. Zudem wurden alle weiteren erhobenen Variablen der Einstellungsmessung zur Telemedizin integriert, um die Schätzung der Missings der Hypothesenvariablen zu verbessern. Selbstverständlich wurden alle Regressionen mit und ohne imputierten Werten verglichen und die Ergebnisse ändern sich bezogen auf die Hypothesentests überwiegend nicht. Ein Effekt wechselt von signifikant auf dem zehn Prozentniveau zu nicht signifikant („beschleunigte Diagnose“), d. h. die Ergebnisse unter Anwendung der multiplen Imputation liefern eine konservativere Schätzung.

Die Prüfung auf Linearität der Zusammenhänge metrischer unabhängiger Variablen („Alter des Arztes/der Ärztin“ und „Anzahl PatientInnen im letzten Quartal“) zeigt keine nichtlinearen Assoziationen auf. Die Güte der Modellanpassung wurde mit dem Hosmer-Lemeshow-Test (HL-Test) auf der Basis der nicht imputierten Daten überprüft. Der HL-Test wurde für jede Regression für je sechs Gruppen angefordert, weil die Fallzahl der Studie eine höhere Gruppenzahl nicht nahelegt. Aufgrund der deutlich nicht statistisch signifikanten Resultate des HL-Tests kann von einer guten Modellanpassung ausgegangen werden. Die Overall-Werte bestätigen zudem eine sehr zufriedenstellende Vorhersagequalität.

Ergebnisse

Zunächst werden einige deskriptive Ergebnisse berichtet. Anschließend folgt der multivariate Hypothesentest mit logistischen Regressionen.

Das erste deskriptive Resultat wird zu bereits praktizierten telemedizinischen Anwendungen vorgestellt. Hierzu wurden die ÄrztInnen gefragt ob und wenn ja, welche telemedizinischen Optionen bereits angewendet wurden. Falls ÄrztInnen unter Telemedizin lediglich die Kommunikation via E-Mail verstanden haben, dann wurden diese Antworten nicht als praktizierte Telemedizin gewertet (das ist fünf Mal geschehen). Es zeigt sich, dass unter diesen Umständen keiner der befragten sächsischen HausärztInnen bereits telemedizinische Möglichkeiten einsetzt; bei den befragten DermatologInnen sind es dagegen fast 20%, die hier bereits aktiv sind. Genannt wurden von DermatologInnen die Übertragung von Digitalfotos, Standleitung für operative Diagnostik, Radiologie-Dienst und Verlaufsbeobachtung bei HausbesuchspatientInnen. Für die später folgenden Regressionen wurden die neun ÄrztInnen, die bereits Telemedizin betreiben, aus der Berechnung ausgeschlossen, da man diese Ärzte nicht mehr nach ihrer Nutzungswahrscheinlichkeit fragen muss. Aus diesem Grund reduziert sich die Fallzahl der Regressionen auf 98 Fälle. An dieser Stelle bietet es sich an, den verwendeten Gewichtungsfaktor zu erläutern, der benötigt wird um im Gesamtmodell Haus- und HautärztInnen gleich stark vertreten in die Analyse eingehen zu lassen. 300 angeschriebene HausärztInnen werden durch die Grundgesamtheit 1531 geteilt und das Ergebnis zum Anteil im Datensatz gesetzt. Für HausärztInnen berechnet sich die Gewichtung so: (300/1531)/(60/98)=0,32 und für DermatologInnen entsprechend: (160/182)/(48/98)=1,79.

Bei der offenen Frage nach einer angemessenen Entlohnung für ein Telekonsil geben HausärztInnen im Durchschnitt 21,6 Euro an, DermatologInnen nennen hier durchschnittlich 33,1 Euro. Dieser Unterschied ist statistisch hoch signifikant bei einem T-Wert von 3,07. Die HausärztInnen wurden auch nach dem Anteil ihrer PatientInnen gefragt, die aufgrund einer Hauterkrankung bei ihnen vorstellig werden. Der Mittelwert liegt bei 9,5% mit einem Median von 8% und 78% der befragten HausärztInnen geben an Hautkrebsscreenings durchzuführen. Zudem wurden sie nach ihrer Zahlungsbereitschaft für ein geeignetes Auflichtdermatoskop gefragt, diese liegt bei durchschnittlich 340 Euro (arithmetisches Mittel aus den Mittelwerten der Antwortkategorien), wobei die Standardabweichung mit 361 Euro sehr hoch ist, d. h. der Großteil der befragten HausärztInnen gibt Werte bis unter 500 Euro an (81% der befragten HausärztInnen).

In Tab. 2 sind die Ergebnisse der Hypothesentests aufgeführt. Gerechnet wurden logistische Regressionen unter Angabe von Odds Ratios. (Im Gesamtmodell sind die Daten aufgrund der geschichteten Zufallsstichprobe gewichtet.)

Tab. 2 Logistische Regressionen, AV: Nutzung der Telemedizin (1=wahrscheinlich).

Alle Ärztinnen oder Ärzte Odds Ratios (T-Wert) Hausärztin oder Hausarzt Odds Ratios (T-Wert) Dermatologin oder Dermatologe Odds Ratios (T-Wert)
HausärztIn (Ref. DermatologIn)  0,16 (−2,46)*
Alter  0,96 (−0,90) 1,03 (0,70) 0,92 (−1,09)
Anzahl PatientInnen im letzten Quartal (ln)  0,29 (−1,06)  0,39 (−0,95) 0,17 (−1,01)
Stadt (Ref: Land)  0,92 (0,92)  0,89 (−0,14) 0,93 (-0,06)
H1 Beschleunigte Diagnose  2,35 (1,07)  3,27 (1,12)  1,84 (0,48)
H1 Diagnosesicherheit 10,77 (3,42)**  9,59 (2,47)* 16,42 (2,25)*
H2 Keine finanziellen Einbußen erwartet  2,09 (1,13)  2,00 (0,75)  1,85 (0,57)
H2 Versorgung durch FachärztInnen verbessert  0,99 (−0,00)  1,73 (0,53) 0,52 (−0,52)
H3 Kein Verlust der Patientenbindung  6,03 (1,93)+  3,52 (1,47) 11,80 (1,73)+
H4 Erwartete zusätzliche Einnahmen 0,67 (−0,57)  1,71 (0,59) 0,53 (−0,47)
HL Wert Prob>chi 2 (bei 6 Gruppen) 0,78  0,38 0,50
Overall % 83,53 87,76 86,11
N ohne Imputation 85 49 36
N mit Imputation 98 59 39

Hinweis: Der HL Wert (Hosmer-Lemeshow-Test) und Overall % wurden auf Basis der nicht imputierten Daten ermittelt. Alle anderen Werte basieren auf den imputierten Daten. Das Gesamtmodell wurde gewichtet mit den Werten 0,32 für HausärztInnen und 1,79 für DermatologInnen.+p<0,10,*  p<0,05, **p<0,01, Quelle: eigene Berechnung

In Tab. 2 sind drei Modelle enthalten. Eines umfasst alle ÄrztInnen und die anderen beiden zeigen die Ergebnisse separat nach der jeweiligen Spezialisierung. Ein erstes Ergebnis an dieser Stelle ist, dass HautärztInnen ein größeres Interesse an der teledermatologischen Anwendung zeigen als HausärztInnen. Die Kontrollvariablen des Alters der ÄrztInnen, die Anzahl PatientInnen im letzten Quartal und die Unterscheidung nach städtischer und ländlicher Region weisen keine statistisch signifikanten Zusammenhänge auf.

Hypothese 1 wird mit den Indikatoren „beschleunigte Diagnosestellung“ und „erwartete Diagnosesicherheit“ überprüft. Wenn ÄrztInnen von hoher Diagnosesicherheit ausgehen, so ist das mit erhöhter Akzeptanz der telemedizinischen Option assoziiert. Dieser Zusammenhang ist in allen drei Modellen statistisch signifikant.

Zum Test von Hypothese 2 geht die Erwartung, dass Aufgrund der Anschaffungskosten für die notwendige Technik zur Durchführung der telemedizinischen Maßnahme keine finanziellen Einbußen zu erwarten sind und die zu vermutete Verbesserung der „digitalen“ Facharztversorgung der PatientInnen ein. Beide Zusammenhänge erweisen sich als statistisch nicht signifikant in allen drei Modellen.

Hypothese 3 formuliert einen Zusammenhang zwischen der PatientInnenbindung und der Akzeptanzeinschätzung. Wenn ÄrztInnen vermuten, dass die PatientInnenbindung erhalten bleibt, dann geht das mit einer statistisch erhöhten Akzeptanz der Teledermatologie einher. Das 5%-Signifikanzniveau wird an dieser Stelle jedoch knapp verfehlt, sodass es als signifikantes Ergebnis auf dem 10%-Niveau gilt. Wird das Ergebnis getrennt nach den Fachgruppen ermittelt, so wird der Effekt für die Gruppe der DermatologInnen spezifiziert. D.h. die Einschätzung der PatientInnenbindung geht bei DermatologInnen eher mit Akzeptanz der telemedizinischen Option einher als bei HausärztInnen.

Die letzte Hypothese postuliert einen Zusammenhang zwischen erwarteten zusätzlichen Einnahmen und der Akzeptanz der telemedizinischen Option. Diese Assoziation ist in allen drei Modellen statistisch nicht signifikant.

Diskussion

Die vorliegende Arbeit stellt Ergebnisse einer Befragung von Haus- und HautärztInnen aus Sachsen zur Akzeptanz einer teledermatologischen Option vor. Die Auswahl der Erhebungsregion Sachsen begründet sich dabei mit dem erhöhten Durchschnittsalter der Bevölkerung im Vergleich zu anderen Bundesländern, der allgemein geringeren Facharztdichte und dem Gefälle in den Versorgungsstrukturen, die besonders ländliche Gebiete betreffen.

Das Anwendungsbeispiel der vorliegenden Studie ist die Teledermatologie. HausärztInnen könnten unter Zuhilfenahme eines geeigneten Gerätes standardisierte Digitalaufnahmen von kritischen Hautbereichen erstellen und diese an DermatologInnen zur Befunderhebung übertragen. Es hat sich gezeigt, dass 9,5% der PatientInnen der sächsischen HausärztInnen wegen Hautproblemen konsultiert werden. Zudem bieten viele HausärztInnen Hautkrebsscreenings an (78%). Für diese Arztgruppe liegt somit ein gewisses teledermatologisches Potential vor. Die Erwartungen der ÄrztInnen an die finanzielle Entlohnung für solche Telekosile zeigen keine Auffälligkeiten. HausärztInnen erwarten durchschnittlich eine Vergütung von 21,6 Euro und DermatologInnen 33,1 Euro. Wenn man Effekte sozialer und individueller Erwünschtheit beim Antwortverhalten berücksichtigt, könnte ein akzeptierter Betrag vielleicht auch etwas niedriger liegen. Interessant ist, dass keiner der befragten sächsischen HausärztInnen im engeren Sinn bislang Telemedizin betreibt, während 20% der DermatologInnen hier bereits aktiv sind.

Die Mechanismen der Nutzungsabsicht der ÄrztInnen bezogen auf die Teledermatologie wurde unter Zuhilfenahme der Theorie der Akzeptanz und Nutzung von Technologie (UTAUT-Modell) erarbeitet. Aus dem UTAUT-Modell wurden vier Hypothesen abgeleitet, die Zusammenhänge zwischen Leistungserwartung, Aufwandserwartung, sozialem Einfluss und erleichternden Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Nutzungsabsicht der Telemedizin formulieren. Vorläufig bestätigt werden Hypothese 1 (Leistungserwartung), wobei von den beiden verwendeten Indikatoren (beschleunigte Diagnosestellung und hohe Diagnosesicherheit) nur die Diagnosesicherheit mit erhöhter Nutzungsabsicht einhergeht und vorläufig überwiegend bestätigt wird Hypothese 3 (sozialer Einfluss): Bei vermutetem Erhalt der PatientInnenbindung ist eine hohe Akzeptanz der Teledermatologie assoziiert, wobei dieser Effekt bei separaten Analysen nach den beiden Fachgruppen sich nur als statistisch signifikant bei den DermatologInnen erweist. Zurückgewiesen werden Hypothese 2 (Aufwandserwartung) und Hypothese 4 (erleichternde Rahmenbedingungen).

Auf der Basis einer geschichteten Zufallsauswahl konnten 108 Ärzte befragt werden (60 HausärztInnen und 48 DermatologInnen). Die Teilnahmequote lag bei 23,5%, was für eine Arztbefragung ohne finanzielle Entlohnung oder anderen Anreizen als gutes Teilnahmeverhalten gewertet werden kann. Bezüglich des Alters der HausärztInnen kann eine Teilnahmeverzerrung weitgehend ausgeschlossen werden. Die realisierte Fallzahl ist zwar gemessen an allgemeinen Bevölkerungsbefragungen gering. Berücksichtigt man jedoch die verringerte bzw. fehlende Varianz einiger soziodemographischer Merkmale (alle Befragten haben einen fast identischen Bildungshintergrund, die Untergrenze der Altersverteilung ist 32 Jahre und alle Befragten sind zwei konkreten Fachgebieten zuzuordnen) so sind die Anforderungen an die Höhe der Fallzahl deutlich reduziert. Die für die vorliegenden Analysen verwendeten 98 Fälle sind dennoch eine kleine Fallzahl, mit dem damit verbundenen Problem eingeschränkter Analysepower. D.h. es besteht die Gefahr, dass ein vorhandener Zusammenhang mit den vorliegenden Daten nicht aufgedeckt werden kann. D.h. alle berichteten Ergebnisse entsprechen konservativen Schätzungen. Mit Umsetzung der multiplen Imputation wurde jedoch eine wichtige Maßnahme ergriffen, um Analysepower zu maximieren.

In der internationalen Literatur wird zwischen primärer und sekundärer Teledermatologie unterschieden 30 . Die vorliegenden Ergebnisse berücksichtigen dabei sowohl die Patient/Patientin-Hausarzt/Hausärztin-Interaktion, indem die PatientInnenbindung zur Ärzteschaft berücksichtig wird (primäre Teledermatologie) als auch die Kooperation von Arztgruppen untereinander. Denn im vorliegenden Anwendungsfall wird mit der Akzeptanz der teledermatologischen Option auch die Bereitschaft zur damit verbundenen Kooperation von HausärztInnen mit DermatologInnen berücksichtigt (sekundäre Teledermatologie).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sächsische ÄrztInnen (Haus- und HautärztInnen) in einer Region praktizieren, die aufgrund von ÄrztInnendichte und Bevölkerungsstruktur gute Voraussetzungen für die Implementation der Teledermatologie bietet, was auch in der internationalen Literatur so gesehen und positiv bewertet wird 31 32 . Wenn 9,5% der befragten HausärztInnen berichten, dass PatientInnen mit Hauterkrankungen bei ihnen vorstellig werden und 78% der Hausärztinnen Hautkrebsscreenings anbieten, so ist das ein Indiz für ein gewisses teledermatologisches Potential. Große Vorbehalte gegenüber der Teledermatologie konnten aufgrund der Antworten der befragten ÄrztInnen nicht festgestellt werden. Selbstverständlich bedeutet eine hohe kommunizierte Nutzungswahrscheinlichkeit nicht, dass sich diese auch direkt in faktischen Verhalten umsetzt. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Teledermatologie zumindest aufgrund der Befragungsdaten gut angenommen werden könnte. In der internationalen Diskussion wird gegenüber der Teledermatologie auch eine positive Gesamtbilanz gezogen: Schnelle Versorgung und hoher Genauigkeit bzw. Zuverlässigkeit der Behandlung werden hierbei betont 33 . Besonders vor dem Hintergrund der COVID-19 Pandemie wird der Teledermatologie großes Entwicklungspotential beigemessen 34 . Erste Indizien deuten bereits auf eine Zunahme von telemedizinischen Konsultationen währen der Covid-19-Pandemie hin 35 . Jedoch müssten für die weitreichende Verbreitung auch die entsprechende Hardware in den Praxen vorliegen. Bei der Zahlungsbereitschaft für ein digitales Auflichtdermatoskop nennen die HausärztInnen einen Betrag, der etwa zu 50% unter dem realen Preis für ein digitales Gerät normaler Praxisqualität liegt. Da die Ergebnisse gezeigt haben, dass sich die Erwartungen an zusätzliche finanzielle Einnahmen aufgrund der teledermatologischen Option in Grenzen halten, sollte dieser Umstand als mögliches Hindernis der Teledermatologie im vorliegenden Anwendungsfall berücksichtigt werden. Weitergehende Forschung könnte die Prozessimplementierung der Telemedizin im niedergelassenen Bereich und die Akzeptanz der Teledermatologie bei den Patientinnen und Patienten in den Fokus nehmen und auch die tertiäre Teledermatologie thematisieren. Damit ist die Ebene der zweiten Arztmeinung adressiert 30 . Diese Bereiche könnten mit faktoriellen Surveys (Vignettenanalysen) und vielleicht auch mit geeigneten Feldexperimenten untersucht werden.

Footnotes

Interessenkonflikt Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Articles from Gesundheitswesen (Bundesverband Der Arzte Des Offentlichen Gesundheitsdienstes (Germany) are provided here courtesy of Thieme Medical Publishers

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