Zusammenfassung
Zunächst werden die allgemeinen Prinzipien zur Antibiotikatherapie vorgestellt. Die Indikationsstellung muss gut überlegt sein. So dürfen z. B. die häufigen viralen Infektionen an Hals, Nase und Ohren, ebenso wie zahlreiche bakterielle Infektionen nicht antibiotisch behandelt werden. Aufgrund der derzeitigen Antibiotikasensibilität der hauptsächlichen HNO-Keime wird der Antibiotikawahl nach der kalkulierten Therapie ein besonderes Augenmerk geschenkt, jedoch auch den Vorteilen der Optimierung dieser Therapie durch Zuhilfenahme des Gram-Präparat-Ergebnisses (superkalkulierte Therapie) und des Antibiogramms (gezielteTherapie). Es wird daran erinnert, dass die Eiterbeschaffenheit der erste Schritt zur Erregerdiagnostik sein kann. Der Schweregrad der Infektion bestimmt die Indikation einer oralen oder parenteralen Therapie. Grundsätzlich ist eine Antibiotikatherapie nach 2–3 Tagen zu überprüfen. Eine Zusammenstellung der verschiedenen HNO-Infektionen mit ähnlichem Erregerspektrum macht die Therapierichtlinien durch Vermeidung von Wiederholungen übersichtlicher. Dabei werden die aktuellen Empfehlungen der Antibiotikabehandlung zahlreicher Infektionen an Kopf und Hals bei unterschiedlichen Schweregraden aufgeführt. Nach einer Darstellung der für die verschiedenen Infektionen in Frage kommenden Antibiotika mit ihrem derzeitigen Wirkungsspektrum werden die primäre Therapie, die Therapie bei Penicillinallergie, in schweren Fällen und bei Komplikationen bzw. bei Therapieversagen angegeben.
Schlüsselwörter: Gezielte Therapie, Superkalkulierte Therapie, Kalkulierte Therapie, Antibiotikaresistenz, HNO-Keime
Abstract
First, the general principles for an antibiotic therapy are stated. The indications have to be well thought through. Frequent viral ENT infections, as well as numerous bacterial infections, should not be treated with antibiotics. Due to the current antibiotic sensitivity of the main ENT pathogens, the antibiotic choice for an empiric therapy is emphasized, and also the advantage of an optimized therapy based on the results of Gram stain (supercalculated empiric therapy) and an antibiogram (specific therapy). Pus characteristics may be the first step in diagnosing the pathogens. The degree of severity of an infection determines the oral or parenteral route of administration. As a rule, antibiotic therapy has to be checked after 2–3 days. The grouping of the different ENT infections with a similar spectrum of pathogens gives a better view of the therapeutic principles and reduces repetitions. The current recommendations for antibiotic treatment of numerous ENT infections with different degrees of severity are indicated. After the presentation of the appropriate antibiotics with their current spectrum of efficacy, the initial therapy, treatment in case of penicillin allergy, and of severe cases and complications or therapeutic failure are mentioned.
Keywords: Target therapy, Supercalculated empiric therapy, Empiric therapy, Antibiotic resistance, ENT bacteria
Die Infektionen an Hals, Nase und Ohren erfordern in der täglichen Praxis am häufigsten den Einsatz von Antibiotika. Richtig eingesetzt verändert die Antibiotikatherapie nicht nur das Krankheitsbild und die Prognose der HNO-Infektionen, sondern erleichtert auch ihre Behandlung wesentlich. Trotz dieses Segens ist jedoch festzustellen, dass therapeutische Richtlinien unterschiedlich [41] und nicht immer bekannt sind und sowohl in den Ländern der ersten als auch der dritten Welt in 50% der Fälle die Antibiotikabehandlung nicht optimal oder fehlerhaft ist.
Einleitend sei auf die Leitlinien über die Antibiotikatherapie der Infektionen an Kopf und Hals der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie hingewiesen, die in dieser Arbeit berücksichtigt und ergänzt werden und die im Internet, in Arzneimitteltherapie und in Otorhinolaryngol Nova veröffentlicht wurden [25].
Behandlungsprinzipien
Zu einer optimalen Antibiotikatherapie gehören die richtige Diagnosestellung, die kritische Indikation zum Einsatz von Antibiotika, die Wahl des am besten geeigneten Antibiotikums und die Verlaufskontrolle mit Festlegung der Behandlungsdauer [25]. Die Indikation zur Antibiotikatherapie sollte streng gestellt werden, da diese Behandlung ausreichend hoch dosiert und lange genug durchzuführen ist [21].
Die kritische Indikationsstellung dient nicht nur dem Patienten, sondern auch der Allgemeinheit durch Verringerung von Kosten und Antibiotikaresistenzen, da diese besonders in Ländern mit großem Antibiotikaverbrauch hoch sind. Neben den klinischen Symptomen können ein Abstrich mit Direktpräparat und Kultur und eine Bestimmung der Leukozyten-, BSG-, CRP- und ggf. Prokalzitonin-Werte zur Diagnostik und Verlaufsbeobachtung wesentlich beitragen.
Eine virale Infektion wird nicht antibiotisch behandelt. Auch ist eine leichte akute bakterielle Rhinitis, Laryngitis, Bronchitis oder Otitis media bei einem immunkompetenten Patienten in der Regel keine Indikation für eine Antibiotikatherapie.
Nach dem Erregerspektrum einer Infektion können im allgemeinen mehrere Antibiotika wirksam sein. Bei der Wahl des jeweils geeigneten Antibiotikums sind Schweregrad der Krankheit, Abwehrlage, Alter, bekannte Allergien, Leber- und Nierenfunktionsstörungen des Patienten, Wirkungsspektrum, Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen von Substanzen sowie der Preis in Betracht zu ziehen, ebenso wie das Bestreben, wenn möglich mit einem Schmalspektrumantibiotikum zu behandeln.
Die Leitlinien für die Therapie der bakteriellen Infektionen an Kopf und Hals werden aufgrund der diese Infektionen am häufigsten verursachenden Erreger und des Wirkungsspektrums, der Wirksamkeit, der Verträglichkeit sowie der Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Antibiotika formuliert (kalkulierte Therapie).
Das Optimum einer Erregerisolierung mit Gram-Präparat und Kultur vor der Therapie einer Infektion mit unbekanntem verursachendem Keim (zwecks gezielter Therapie) ist zumindest bei Patienten mit Abwehrschwäche oder mit schweren Infektionen mit mehreren, unterschiedlich empfindlichen Keimen anzustreben und ist auch aus Gründen der Überwachung der Resistenzsituation von Vorteil.
Bei mittelschweren Infektionen leistet die Entnahme eines Ausstrichs zur Erzielung eines Direktpräparates mit Gram-Färbung wertvolle Dienste. Denn bei akuten Mittelohr-, Nasennebenhöhlen- oder Bronchialinfektionen kann durch das Ergebnis einer Gram-Färbung zwischen den häufigsten pathogenen Keimen, z. B. grampositiven Diplokokken (Pneumokokken) und gramnegativen Stäbchen (Haemophilus influenzae), unterschieden werden oder z. B. zwischen grampositiven Haufenkokken (Staphylococcus) und gramnegativen Stäbchen (Pseudomonas) in Fällen von Otitis externa oder chronischer Otitis media. Dadurch ist die Antibiotikatherapie gezielter und preiswerter zu gestalten.
Dieses Vorgehen, das auf der kalkulierten Therapie basiert und den Befund des Gram-Präparates berücksichtigt, wurde superkalkulierte Therapie genannt [21]. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine sichere Beurteilungsfähigkeit von Gram-Präparaten.
Zur Keimdiagnostik sollte des Weiteren die Beschaffenheit des durch bekannte Errerger verursachten Eiters (Tabelle 1) neben dem durch die Diagnose bedingten vermutlichen Erregerspektrum und seiner genaueren Eingrenzung durch das nach Gram gefärbte Direktpräparat nicht unterschätzt werden. Konsistenz, Farbe und Geruch des Eiters sind auch zur genaueren Interpretation und Kontrolle von Kultur- und Gram-Präparat-Ergebnis heranzuziehen.
Keim | Eiter |
---|---|
Streptokokken, Pneumokokken | Dünnflüssig, gelb-grünlich |
Staphylokokken | Dickrahmig, gelb bis weiß |
Pseudomonas aeruginosa | Bläulich-grün, süßlicher Geruch |
Gonokokken | Grünlich |
Escherichia coli | Bräunlich-fötid |
Proteus | Gelb-bräunlich, fötid |
Salmonella typhi | Dünnflüssig, bräunlich |
Mycobacterium tuberculosis | Dünnflüssig-wässrig, flockig |
Anaerobier, Bacteroides | Jauchig stinkend |
Therapeutische Richtlinien
Ob oral oder parenteral antibiotisch behandelt werden soll, hängt vom Schweregrad der Infektion [21] und von den individuellen Applikationsvoraussetzungen ab.
Liegt keine schwere Erkrankung vor, sollte einer peroralen Therapie, die üblichlicherweise keine oder nur geringe Nebenwirkungen nach sich zieht, der Vorrang gegeben werden. Das vor Einleitung der Therapie angefertigte Direktpräparat mit Gram-Färbung erlaubt häufig die Behandlung mit einem hochwirksamen Schmalspektrumantibiotikum, das nahezu keine Nebenwirkungen aufweist.
Liegt eine schwere Erkrankung vor, so ist das Hauptaugenmerk des Arztes nicht so sehr auf die Toxizität und die Kosten, sondern vor allem auf die Wirksamkeit der Therapie zu richten. Beim schwerkranken Patienten sollten die Sicherheit, den noch unbekannten verursachenden Erreger zu treffen, möglichst groß sein, daher ist zunächst eine erste therapeutische Entscheidung zu fällen, d. h. die „Entscheidung des 1. Tages“. Hierbei ist eine parenterale „blinde“ Breitspektrumtherapie, zuweilen mit mehreren Antibiotika, gerechtfertigt. Die „Entscheidung des 1. Tages“ kann—durch das Ergebnis des Direktpräparates gestützt—gezielter getroffen werden (superkalkulierte Therapie).
„Entscheidung des 3. Tages“
In Kenntnis des vorliegenden Behandlungsergebnisses sowie des Ausstrich-, Kultur- und Antibiogrammbefundes wird die eingeleitete Antibiotikatherapie 48–72 h später nochmals überdacht und eine zweite Entscheidung, d. h. die „Entscheidung des 3. Tages“, getroffen. Hat dann die Kultur von Eiter und Blut z. B. bei einer Mastoiditis mit Sepsis das nach Erregerspektrum und Ausstrichergebnis zu erwartende Resultat Streptococcus pneumoniae bestätigt, sollte die zunächst aus Sicherheitsgründen eingeleitete Kombinationsbehandlung (Kombination von Aminopenicillin und β-Lactamase-Inhibitor1) nach dem bereits erzielten positiven therapeutischen Ergebnis und der durchgeführten operativen Behandlung durch das heute noch sehr gut gegen Streptococcus pneumoniae wirksame Penicillin G oder durch Ceftriaxon bei Meningitis ersetzt werden.
Die 2. Entscheidung für ein Antibiotikum mit schmalerem Spektrum, das ebenso wirksam und sicher und darüber hinaus preisgünstiger ist, muss auf eindeutigen klinischen und bakteriologischen Daten basieren; sie sollte in Zukunft häufiger getroffen werden. Zur Zeit fühlen sich offensichtlich viele Ärzte verpflichtet, der ursprünglichen 1. Entscheidung treu zu bleiben und einen vollen Behandlungszyklus mit dem Breitspektrumantibiotikum zu Ende zu führen. Die gute Qualität der Ausstrich- und Antibiogrammergebnisse sowie die Kenntnis der Erregerspektren sind die Basis für eine neue Ära, in der die sog. „blinde“ Verwendung von Breitspektrumantibiotika bzw. Antibiotikakombinationen nach Möglichkeit nur bis zum Eintreffen der bakteriologischen Daten gerechtfertigt ist.
Auf diese Weise kann die durch hohe Antibiotikagesamtdosen hervorgerufene Neutropenie, die Neftel [49] näher untersucht hat und die auch wir in etwa 20 Fällen beobachtet haben, weiter reduziert werden.
Durch Neuentwicklungen antibiotischer Substanzen hat sich der Indikationsbereich der oralen Therapie erweitert, sodass heute gewisse Antibiotika ggf. auch bei schwersten Krankheiten oral verabreicht werden können, z. B. Fluorchinolone. Aus toxikologischen und finanziellen Gründen sollte die orale Therapie immer bevorzugt werden, wenn eine ausreichende Wirksamkeit zu erwarten ist.
Grundsätzlich ist eine Antibiotikatherapie nach 2–3 Tagen zu überprüfen. Spricht die Antibiotikatherapie nicht an, kommen folgende Ursachen in Frage [25]:
- den Erreger betreffend:
- der isolierte Erreger ist nicht der (alleinige) ursächliche Erreger (Kontamination, Mischinfektion);
- bei fehlender Erregerisolierung an Infektionen durch Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen, Anaerobier usw. denken;
- eine Resistenzentwicklung unter der Therapie (selten);
- es liegt keine bakterielle Infektion vor (Virus- oder Pilzinfektion);
- es liegt überhaupt keine Infektion vor (Kollagenose, Tumor, Medikamentenfieber, Hyperthyreose) (selten);
- die Antibiotika betreffend:
- falsches Antibiotikum (vor allem bei fehlender Erregerisolierung);
- fehlerhafte Resistenzbestimmung (häufiger als angenommen);
- Nichtbeachten der pharmakokinetischen Eigenschaften (Gewebegängigkeit, Einnahme vor oder mit den Mahlzeiten usw.);
- den Patienten betreffend:
- Alter;
- Immundefizienz (angeboren, Tumor, immunsuppressive Therapie usw.);
- Fremdkörper (Katheter, Shunt, Implantat);
- schlechte Compliance (bei ambulanter Therapie);
- die Indikation betreffend:
- chirurgische Indikation.
Die im Folgenden aufgezeichneten Therapierichtlinien in der Behandlung der Infektionen an Hals, Nase und Ohren sollten durch die Zusammenstellung verschiedener Infektionen (Tabelle 2), die ein ähnliches Erregerspektrum aufweisen, übersichtlicher gestaltet und Wiederholungen vermieden werden.
Infektionen durch Pneumokokken und Haemophilus influenzae |
Infektionen durch Streptokokken (und Anaerobier) |
Staphylokokkeninfektionen |
Pseudomonasinfektionen |
Anaerobierinfektionen |
Lebensbedrohliche Infektionen |
Infektionen durch Pneumokokken und H. influenzae
Erregerspektrum
Das in Tabelle 3 dargestellte Erregerspektrum der akuten Otitis media, Rhinosinusitis, Laryngitis und Bronchitis lässt S. pneumoniae als eindeutig häufigsten Keim dieser akuten Erkrankungen bzw. akuten Exazerbationen chronischer Erkrankungen erkennen, gefolgt von H. influenzae (95% unbekapselte Stämme); Moraxella catarrhalis liegt in mehr als 10% der Fälle bei Kindern und in weniger als 10% bei Erwachsenen vor. A-Streptokokken werden in weniger als 10% der Fälle festgestellt und etwas seltener Staphylokokken, Pseudomonas aeruginosa sowie gewisse Enterobacteriaceae.
Streptococcus pneumoniae | Respiratory syncytial virus |
Haemophilus influenzae | Rhinoviren |
Moraxella catarrhalis | Adenoviren |
Streptococcus pyogenes | Para-/Influenza-Viren |
Peptostreptokokken | Coxsackie-A/B-Viren |
Staphylococcus aureus | Echoviren |
Staphylococcus epidermidis | Epstein-Barr-Viren |
Pseudomonas aeruginosa | Herpes-simplex-Viren |
Enterobakterien | Masernviren |
Anaerobier | Papillomaviren |
Mycoplasma pneumoniae | Varicella-zoster-Viren |
Chlamydia pneumoniae | |
Legionella pneumophila |
Häufigkeit und pathogene Bedeutung der Anaerobier bei der akuten Otitits media werden diskutiert, während sie bei der akuten und besondes bei der chronischen Rhinosinusitis eindeutig zu sein scheinen. Mycoplasma und Chlamydia spp. wurden im Mittelohrsekret äußerst selten nachgewiesen. Mycoplasma pneumoniae und Chlamydia pneumoniae sind des Öfteren bei der akuten Bronchitis und evtl. bei der akuten Rhinosinusitis zu beobachten. Virusinfektionen (Tabelle 3) sind oft Wegbereiter einer akuten Otitis media und treten noch häufiger bei den akuten Pharyngitiden oder Sinusitiden bzw. Bronchitiden auf. Viren sind selten alleinige Erreger einer akuten Otitis media [23, 31a], und Pilzerkrankungen finden sich praktisch nur bei chronischen Otitiden und Rhinosinusitiden.
Orale Aminopenicilline
Die eindeutige Diagnosestellung „schwere akute Otitis media purulenta“ beinhaltet den Entschluss zur Antibiotikatherapie. Heute gelten die oralen Aminopenicilline als Antibiotika erster Wahl, deren Spektrum die häufigsten Keime wie Pneumokokken (Resistenz <1%, Intermediärresistenz IR 6%), Haemophilus influenzae (R<5%) [42] und auch Streptokokken (R 0%) [56] und nichtpenicillinasebildende Staphylokokken, Moraxella catarrhalis und Anaerobier umfasst (Tabelle 3).
Im Falle schwerer aber oral therapierbarer Fälle, z. B. bei Risikofaktoren, sollte das Wirkungsspektrum des Aminopenicillins durch Hinzufügen eines β-Lactamase-Inhibitors (BLI) wie Clavulansäure oder Sulbactam gesichert und auf die β-Lactamase-bildenden Staphylokokken, Moraxella catarrhalis, Haemophilus influenzae und Bacteroides-fragilis-Stämme ausgedehnt werden.
Oralpenicillin
Ist die Anfertigung eines Gram-Präparates möglich, das in nahezu 50% der Fälle sowohl den verursachenden Keim (Streptococcus pneumoniae und Streptococcus pyogenes) als auch das Antibiogramm angibt, kann z. B. bei Verdacht auf Pneumokokken oder Streptokokken ein Oralpenicillin, wie z. B. das Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V) in einer Dosierung von 100.000 I.E./kG Kg/Tag (Erwachsene 3–6 Mio I.E./Tag) in 2–3 Einzelgaben 3 Tage über das Abklingen der Beschwerden hinaus verabreicht werden.
Diese sofort vom Gram-Ergebnis abzuleitende „superkalkulierte Therapie“ erspart dem Patienten eine Übertherapie („overtreatment“) durch zu breite, evtl. unwirksame Antibiotika mit unerwünschten Nebenwirkungen. Die Therapie mit Schmalbandantibiotika ist besondes zu empfehlen, da gewisse Studien darauf hinweisen, dass die Anwendung dieser Antibiotika weniger Schäden der komensalen Flora verursacht und dadurch weniger Nebenwirkungen und weniger Rezidive hervorruft [34, 38].
In Anbetracht der spontanen Rückbildungsrate von 50% der durch Haemophilus influenzae bedingten Fälle von akuter Otitis media und von 75% der durch Moraxella catarrhalis hervorgerufenen Fälle [35, 40] kann der Behandlungsversuch mit dem Schmalbandpenicillin in nicht allzu schweren Fällen auch ohne Gram-Präparat vorgenommen werden, weil dadurch die Pneumokokken sicher erfaßt sind, die eine spontane Rückbildungsrate von nur 11–16% aufweisen. Selbstverständlich ist die Therapie besonders zu überwachen und an das Nichtansprechen von Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis sowie Staphylokokken auf die Schmalspektrum-Penicilline zu denken.
Orale Cephalosporine
Die oralen Cephalosporine Cefalexin, Cefadroxil, Cefaclor, Cefuroximaxetil, Loracarbef und Cefpodoximproxetil besitzen neben ihrer guten Wirkung gegen Pneumokokken und Streptokokken einen größeren Effekt gegen die penicillinasebildenden Staphylokokken als Schmalspektrum- und Aminopenicilline. Darüber hinaus wirken Cefuroximaxetil und besonders Cefpodoximproxetil, Cefixim und Ceftibuten gegen Haemophilus influenzae, während Cefixim und Ceftibuten eine geringere Wirksamkeit gegen penicillinresistente Pneumokokken und insbesondere gegen Staphylokokken haben.
Die oralen Schmalspektrumcephalosporine kommen bei den durch Pneumokokken, Streptokokken oder Staphylokokken verursachten Fällen von Otitis media in Frage. Die sowohl Pneumokokken als auch Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Streptokokken und Staphylococcus aureus erfassenden oralen Breitbandcephalosporine z. B. Cefuroximaxetil oder Cefpodoximproxetil sind zur Behandlung der akuten Otitis media mit unbekanntem Erreger in schweren Fällen Antibiotika 1. Wahl. Cefixim und Ceftibuten sind bei Verdacht auf Enterobacteriaceae und Nachweis von Haemophilus influenzae indiziert. Die Anwendung der oralen Cephalosporine kommt in Anbetracht der Kreuzallergie nur in Betracht bei Patienten mit der Anamnese eines Penicillinexanthems, wenn es sich nicht um eine Allergie vom Soforttyp (Anaphylaxie, Urtikaria) handelt.
Makrolide
Die Makrolide Erythromycin, Josamycin, Roxithromycin, Clarithromycin und Azithromycin kommen wegen ihrer Wirksamkeit gegen Streptococcus pneumoniae (R 5–20%) und Streptococcus pyogenes (R 8–13%) und Staphylococcus aureus (R 10–30%) [42, 56] und Moraxella catarrhalis (R 0%; [39]) und einer—wenn auch unterschiedlichen, unvollständigen—Erfassung von Haemophilus influenzae ebenfalls in Frage. Ähnliches gilt für das Lincosamid Clindamycin mit einer besseren Wirksamkeit gegen Pneumokokken und Streptokokken sowie Staphylococcus aureus und Anaerobier. Die Makrolide sind des Weiteren ebenso wie die Tetracycline und Fluorchinolone bei Verdacht auf Mycoplasma-, Chlamydia- und Legionellainfektionen angezeigt, die häufiger im unteren Respirationstrakt auftreten.
Das neue Ketolid Telithromycin umfasst neben dem Spektrum von Erythromycin A auch die gegen Erythromycin resistenten Pneumokokken und Streptokokken. Gegenüber H. influenzeae, Moraxella catarrhalis und Bordetella pertussis ist Telithromycin um einen Faktor 2–4 stärker wirksam als Erythromycin und gegen Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae und Legionella spp. ebenso gut wirksam wie Erythromycin.
Cotrimoxazol
Bei Cotrimoxazol mit seiner günstigen Pharmakokinetik ist besonders auf seine Lücken im Streptokokken-, Pneumokokken- (R + IR 14%) und H.-influenzae-Bereich (R + IR 19%; [39]) sowie seine Hämatotoxizität zu achten. Gegen Moraxella catarrhalis besteht praktisch keine Resistenz.
Doxycyclin
Eine große Lücke im Streptokokken- und eine kleinere Lücke im Pneumokokkenbereich (R 14%), jedoch praktisch keine im H.-influenzae- und Moraxella-catarrhalis-Bereich [37, 39] weist Doxycyclin auf. Es ist dem gegen Staphylokokken etwas wirksameren Minocyclin vor allem zur Behandlung von Ohreninfektionen vorzuziehen, denn die nach Minocyclin häufiger beobachteten Schwindelbeschwerden stören nicht nur den Patienten, sondern erschweren auch die Diagnose der gefährlichsten Komplikation der Otitis media, nämlich der Labyrinthitis.
Neuere Fluorchinolone
Die neueren Fluorchinolone Levofloxacin und Moxifloxacin haben eine verstärkte Wirksamkeit im grampositiven Bereich, insbesondere gegen Pneumokokken, Staphylokokken und Streptokokken sowie gegen Mycoplasmen, Legionellen und Chlamydien. Der Anteil Fluorchinolon-resistenter Pneumokokken (Referenzsubstanz Levofloxacin) beträgt in Deutschland noch weniger als 1% [56]. Moxifloxacin ist darüber hinaus gegen grampositive und gramnegative Anaerobier stärker wirksam.
Levofloxacin und Moxifloxacin sind zur Behandlung der akuten bakteriellen Sinusitis und der ambulant erworbenen Pneumonie sowie der akuten Exazerbation der chronischen Bronchitis zugelassen. Sie sind besonders in Anbetracht ihres Wirkungsspektrums und ihrer Wirksamkeit bei Therapieversagern oder in schweren Fällen von z. B. akuter Sinusitis bei Penicillinallergie indiziert. Obwohl die neueren Fluorchinolone nicht zur Behandlung der akuten Otitis media zugelassen sind, kommt ihre Anwendung bei Therapieversagern oder in schweren Fällen von z. B. akuter Sinusitis bei Penicillinallergie in Frage. Insgesamt sind die Indikationen zur Anwendung der Fluorchinolone jedoch streng zu stellen, um die Wirksamkeit von Vertretern dieser Antibiotikagruppe z. B. gegen Pseudomonas aeruginosa oder andere Problemkeime zu erhalten.
Penicillinallergie
Liegt eine Penicillinallergie vor, ist die Indikation zur Antibiotikabehandlung noch strenger zu stellen (Tabelle 4). In diesem Falle sind die Makrolide und Clindamycin unter Beachtung ihrer Lücken in Betracht zu ziehen. Da die Lücken im Pneumokokken- und Streptokokkenbereich durch das neue Telithromycin geschlossen werden, ist an die Anwendung dieses Antibiotikums zu denken, jedoch zu beachten, dass es erst zur Behandlung der akuten Sinusitiden, der akuten Exazerbationen einer chronischen Bronchitis, der leichten bis mittelschweren, ambulant erworbenen Pneumonien sowie der Tonsillopharyngitis ab 12 Jahren zugelassen ist.
Antibiotika | Handelsnamen |
---|---|
Oralpenicilline | |
Phenoxypenicillin a | Isocillin, Ispenoral, Infectocillin, |
Penicillin V dura, Baycillin | |
Amoxicillin b | Amoxypen, Amoximerck, Infectomox |
Amoxicillin + Clavulansäure | Augmentan, Amoxi-Clavulan STADA |
Sultamicillin | Unacid PD oral |
Oralcephalosporine | |
Cefalexin1 | Cephalexin ratiopharm, Cephalex ct, |
Cefadroxil1 | Grüncef, Cefadroxil Sandoz |
Cefaclor2 | Panoral, Cefaclor STADA |
Cefuroximaxetil2 | Elobact, Zinnat |
Loracarbef2 | Lorafem |
Cefpodoximproxetil2,3 | Orelox, Podomexef |
Cefixim3 | Cephoral, Cefixim ratiopharm |
Ceftibuten3 | Keimax |
Makrolide | |
Erythromycinethylsuccinat | Paediathrocin, Erythrocin |
Erythromycinestolat | Infectomycin |
Erythromycinstinoprat | Erysec |
Josamycin | Wilprafen |
Roxithromycin | Rulid, Roxidura |
Clarithromycin | Klacid, Cyllind |
Azalid | |
Azithromycin | Zithromax (3 Tage) |
Ketolid | |
Telithromycin | Ketek |
Lincosamid | |
Clindamycin | Sobelin, Clinda-saar |
Cotrimoxazol | Bactrim, Eusaprim, Cotrimox-Wolff |
Tetracycline | |
Doxycyclin | Vibramycin, Doxycyclin AL, Supracyclin |
Minocyclin | Klinomycin, Minocyclin-ratiopharm, Minoplus forte |
Fluorchinolone | |
Ofloxacin | Tarivid, Oflodura |
Ciprofloxacin | Ciprobay, Ciprofloxacin Sandoz |
Levofloxacin | Tavanic |
Moxifloxacin | Avalox |
Bei Penicillinallergie | |
Makrolide | |
Azithromycin | |
Telithromycin | |
Clindamycin | |
(Cephalosporine, Carbapeneme) | |
Cotrimoxazol | |
Tetracycline | |
Fluorchinolone | |
Fosfomycin | |
Glycopeptide | |
Linezolid |
a Therapie der Wahl von Streptokokken- und Pneumokokkeninfektionen
b Therapie der Wahl der akuten Otitis media, Sinusitis, Laryngitis und Bronchitis
1, 2, 3 Oralcephalosporine der 1., 2., 3. Generation.
Außerdem stehen zur Verfügung: Doxycyclin, das jedoch eine Lücke im Streptokokken- und Pneumokokkenbereich aufweist, und Cotrimoxazol mit einer Lücke im Streptokokken-, Pneumokokken- und H.-influenzae-Bereich [39]. Die Anwendung der oralen und parenteralen Cephalosporine und Carbapeneme wird in Anbetracht der Kreuzallergie bei Patienten, bei denen es sich nicht um eine Penicillinallergie vom Soforttyp handelt, ins Auge gefasst (s. oben).
Die neueren Fluorchinolone, die derzeit lediglich zur Behandlung der akuten bakteriellen Sinusitis und der ambulant erworbenen Pneumonie sowie der akuten Exazerbation einer chronischen Bronchitis zugelassen sind, kommen besonders aufgrund ihres Wirkungsspektrums und ihrer Wirksamkeit bei Therapieversagern und in schweren Fällen bei Penicillinallergie auch bei der akuten Otitis media von Erwachsenen in Frage. Fosfomycin, die Glykopeptide und Linezolid sind bei Patienten mit Penicillinallergie und hochgradiger Penicillinresistenz nach Antibiogramm indiziert. Linezolid ist ebenso wie die Glykopetide bakteriostatisch wirksam, besitzt jedoch die Vorteile einer günstigeren Pharmakokinetik sowie die Möglichkeit einer oralen Verabreichnung.
Therapieversager—schwere Fälle—Komplikationen
Tritt bei Behandlung mit Amoxicillin innerhalb von 48–72 h keine wesentliche Besserung ein und liegt keine weitere der bereits genannten Ursachen vor, muss mit Moraxella catarrhalis, Staphylococcus aureus, Enterobakterien oder Pseudomonas aeruginosa und den seltenen aminopenicillinresistenten Stämmen von H. influenzae gerechnet werden, die abgesehen von Pseudomonas gut auf eine Amp-BLI-Ko, auf Cefuroximaxtetil oder Cefpodoximproxetil oder ein neueres Fluorchinolon ansprechen (Tabellen 3, 4, 5, 6).
Penicilline s.o. ± i.v. | |
Benzylpenicillin | Penicillin Grünenthal, Penicillin G Jenapharm |
Amoxicillin oral | Amoxypen, Amoximerck, Infectomox |
Ampicillin parenteral | Binotal, Ampicillin ratiopharm |
Amoxicillin + Clavulansäure oral | Augmentan, Amoxi-Clavulan STADA |
Amoxicillin + Clavulansäure i.v. | Augmentan i.v. |
Sultamicillin oral | Unacid PD oral |
Ampicillin + Sulbactam i.v. | Unacid |
Cephalosporine s.o. ± i.v. | |
Cefazolin1 | Elzogram, Cefazolin Fresenius |
Cefuroxim2 | Zinacef, Cefuroxim Sandoz |
Cefotiam2 | Spizef |
Cefoxitin2 | Mefoxitin |
Cefotaxim3a | Claforan, Cefotaxim Hexal |
Ceftriaxon3a | Rocephin, Ceftriaxon-ratiopharm |
Ceftazidim3b | Fortum |
Cefepim3b | Maxipime |
Carbapeneme | |
Imipenem | Zienam |
Meropenem | Meronem |
Makrolide s.o. ± i.v. | |
Erythromycin i.v. | Erythrocin i.v., Erycinum i.v. |
Clarithromycin i.v. | Klacid 500 |
Ketolid s.o. | |
Lincosamid s.o. ± i.v. | |
Clindamycin i.v. | Sobelin, Clinda-saar |
Cotrimoxazol s.o. ± i.v. | Eusaprim Inf, Cotrim-ratiopharm SF |
Tetracycline s.o. ± i.v. | |
Doxycyclin | Doxycyclin-ratiopharm |
Fluorchinolone s.o. ± i.v. | |
Ofloxacin i.v. | Tarivid Inf. |
Ciprofloxacin i.v. | Ciprobay Inf. |
Levofloxacin i.v. | Tavanic Inf. |
Moxifloxacin i.v. | Avalox Inf. |
Fosfomycin | InfectoFos |
Glycopetide | |
Vancomycin | Vancomycin CP Lilly, Vanco-saar |
Teicoplanin | Targocid |
Oxazolidinone | |
Linezolid oral + i.v. | Zyvoxid |
1, 2, 3 Cephalosporine der 1., 2., 3. Generation.
Situation | Therapie der Wahl | Alternativen |
---|---|---|
Standard |
Amoxicillin Penicillin V |
Amp-BLI-Ko Cefuroximaxetil, Cefpodoximproxetil Telithromycin, Makrolid Co-trimoxazol, Doxycyclin Cefadroxil |
Schwere Fälle, Komplikationen, Risikofaktoren, Therapieversagen |
Amp-BLI-Ko hochdosiert Cefuroximaxetil hochdosiert |
Amp-BLI-Ko i.v. Cefuroxim i.v., Cefotaxim, Ceftriaxon oder Cefepim Piperacillin plus Tazobactam/Sulbactam Levofloxacin, Moxifloxacin |
Nach erfolgloser Anwendung eines Schmalbandpenicillins ist zusätzlich stärker an Haemophilus influenzae zu denken [5], der durch die genannten anzuwendenden Antibiotika miterfasst ist. Vorteilhaft ist, im Falle eines Rezidivs zumindest eine Gram-Färbung, ggf. auch eine Gram-Färbung mit Kultur und Antibiogramm vorzunehmen (s. unten).
Handelt es sich um eine besonders schwere Infektion oder sind bereits Komplikationen aufgetreten, besteht die Therapieentscheidung des 1. Tages in der parenteralen Verabreichung eines hochdosierten Amino- oder Pseudomonaspenicillins in Kombination mit einem β-Lactamase-Inhibitor.
Als Alternative kommen die parenteralen Cephalosporine der 3. Generation Cefotaxim oder Ceftriaxon mit einer guten Wirksamkeit gegen die grampositiven Kokken, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis und Enterobakterien in Frage. Diese Cephalosporine kommen ebenfalls bei den seltenen Penicillin-resistenten Pneumokokkenstämmen und Ampicillin-resistenten H. influenzae in Betracht. Das Spektrum von Ceftazidim umfasst zusätzlich Pseudomonas aeruginosa und Cefepim neben dem Cefotaximspektrum Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa.
Auch sind sämtliche Keime der akuten Otitis media im Spektrum von Imipenem enthalten. Wie bereits oben erwähnt, kommen die neueren Fluorchinolone in Anbetracht ihres Wirkungsspektrums und ihrer Wirksamkeit bei Therapieversagern, Komplikationen oder in besonders schweren Fällen in Frage (s. oben).
Im Falle einer Komplikation, eines Therapieversagens oder einer sehr schweren Infektion sollte ein Ausstrich mit Gram-Färbung und ein Abstrich zwecks Kultur und Antibiogramm vorgenommen werden. Nach dem Befund des Gram-Präparates, der 10 min nach der Ausstrichentnahme vorliegen kann, ist die Therapie gezielter zu gestalten (superkalkulierte Therapie), während nach Vorliegen des Gram-Präparat-Befundes und des Antibiogramms eine sog. gezielte Therapie erfolgen kann.
Superkalkulierte Therapie
Lässt das Gram-Präparat grampositive Diplokokken oder Kettenkokken erkennen, d. h. den Verdacht auf Pneumokokken oder Streptokokken, so ist eine hochdosierte Penicillin-G- oder Cefotaxim- bzw. Ceftriaxonbehandlung angezeigt (Tabelle 3, 7). Alternativen sind Cefepim, Imipenem, ein neueres Fluorchinolon oder im seltensten Falle einer Cefotaximresistenz ein Glykopeptid, Rifampicin und Linezolid.
Situation | Gram-Präparat | Verdacht auf | Therapie der Wahl | Alternativen |
---|---|---|---|---|
Standard | Grampositive Diplo- oder Kettenkokken | Pneumokokken oder Streptokokken | Oralpenicillin | Aminopenicillin |
Cephalosporin1, 2 | ||||
Telithromycin | ||||
Makrolid | ||||
Clindamycin | ||||
Gramnegative Stäbchen | Haemophilus influenzae | Amoxicillin | Amp-BLI-Ko | |
Cephalosporin2, 3 | ||||
Azithromycin | ||||
Telithromycin | ||||
Doxycyclin | ||||
Co-trimoxazol | ||||
Fluorchinolon | ||||
Gramnegative Kokken | Moraxella catharrhalis | Orales Cephalosporin2 Amp-BLI-Ko | Makrolid, | |
Telithromycin | ||||
Co-trimoxazol | ||||
Tetracyclin | ||||
Fluorchinolon | ||||
Schwere Fälle, Komplikationen, Risikofaktoren, Therapieversagen | Grampositive Diplo- oder Kettenkokken | Pneumokokken oder Streptokokken | Penicillin G hochdosiert | Ampicillin i.v. |
Cefotaxim oder | ||||
Ceftriaxon | ||||
Moxifloxacin, | ||||
Levofloxacin, | ||||
Imipenem | ||||
Gramnegative Stäbchen | Haemophilus influenzae | Cefotaxim, Ceftriaxon | Amp-BLI-Ko | |
Meropenem, Imipenem | ||||
Fluorchinolon | ||||
Piperacillin plus | ||||
Tazobactam/Sulbactam | ||||
Ceftazidim, Cefepim | ||||
Gramnegative Kokken | Moraxella catarrhalis | Cefuroxim i.v. | Amp-BLI-Ko i.v. | |
Fluorchinolone |
Cephalosporin1, 2, 3: Cephalosporin der 1., 2., 3. Generation.
Bei gramnegativen Diplokokken bzw. kokkoiden Kurzstäbchen, d. h. bei Verdacht auf Moraxella catarrhalis, werden Cephalosporine der 2. oder 3. Generation, eine Amp-BLI-Ko, Cotrimoxazol, Tetracycline oder Makrolide bzw. Fluorchinolone eingesetzt.
Werden grampositive Kokken in Haufen—Staphylokokken— festgestellt, dann erscheinen Isoxazolyl-Penicilline, eine Amp-BLI-Ko, Cefazolin oder Cefuroxim, Clindamycin, Cotrimoxazol oder bei Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA) nach Resistenzbestimmung Fosfomycin, Glykopeptide oder Linezolid angezeigt.
Hat das Gram-Präparat gramnegative Stäbchen ausgewiesen, ist in erster Linie an H. influenzae und in zweiter Linie an Pseudomonas aeruginosa oder an Enterobakterien und Anaerobier zu denken, sodass Ciprofloxacin und Levofloxacin in hoher Dosierung als einzige orale Antibiotika mit guter Wirksamkeit gegen diese Keime anzusehen sind, mit Ausnahme von Bacteroides fragilis. Wird auf die Erfassung von Pseudomonas verzichtet oder sind die Patienten keine Erwachsenen, so ist z. B. mit einer Amp-BLI-Ko zu behandeln. Bei H. influenzae kommen die Aminopenicilline, Cefuroximaxetil, Cefpodoximproxetil, Cefixim und Ceftibuten sowie Moxifloxacin neben den genannten Medikamenten in Frage. Stärkste Waffen gegen H. influenzae sind die Cephalosporine der 3. Generation, wie z. B. Cefotaxim oder Ceftriaxon, die u. a. bei schweren Komplikationen wie H.-influenzae-Meningitis oder lebensbedrohlichen Infektionen, wie der akuten Epiglottitis, eingesetzt werden.
In schwersten Fällen mit gramnegativen Stäbchen wird parenteral mit einem Pseudomonas-Penicillin oder -Cephalosporin, ggf. in Kombination mit Ciprofloxacin oder Levofloxacin hochdosiert behandelt, und—falls Bacteroides fragilis nicht auszuschließen ist—in Kombination mit einem β-Lactamase-Inhibitor oder Metronidazol. Eine Alternative zu diesen Antibiotikakombinationen wäre das neue Cefepim ± Metronidazol.
Otitis media acuta
Indikationen zur Antibiotikatherapie
Im Vorhergehenden wurde dargelegt, welche Antibiotika bei der akuten Otitis media, Sinusitis und Laryngobronchitis mit einem speziellen Akzent auf der akuten Otitis media einzusetzen sind. Nun sollte auf die Frage der Indikationen zur Antibiotikatherapie der akuten Otitis media ausführlicher eingegangen werden und später auf die Indikationen bei der akuten Rhinosinusitis und Laryngobronchitis. Wie bereits eingangs erwähnt, sollte die Indikation einer Antibiotikatherapie streng gestellt werden, da die Antibiotikatherapie ausreichend hoch dosiert und lange genug durchzuführen ist.
Es erscheint uns wichtig, die Patienten nicht nur über die möglichen Nebenwirkungen einer Antibiotikabehandlung aufzuklären, sondern auch über die Indikation dieser Behandlung und deren Vorteile [21].
Aufgrund der möglicherweise schweren Komplikationen nach akuter purulenter Otitis media wird allgemein die sofortige Einleitung der Antibiotikabehandlung empfohlen, vor allem wenn die Infektion bereits seit mehreren Tagen besteht und wenn eine sehr schmerzhafte Form vorliegt. Grundsätzlich und besonders in leichten Fällen raten wir dazu, am 3.–5. Tag nach Krankheitsbeginn über die Indikation einer Antibiotikatherapie zu entscheiden, da auch zu diesem Zeitpunkt die Gefahr nicht mehr besteht, durch eine allzu frühe Antibiotikatherapie die Bildung der körpereigenen Abwehrstoffe zu stören [21].
Es ist besonders von der Antibiotikatherapie des Paukenergusses oder fraglicher Fälle und leichter Formen von akuter Otitis media abzusehen. Der wissenschaftliche Nachweis der Verringerung der Komplikationen der akuten Otitis media durch die Antibiotikabehandlung geht aus der Arbeit von Rudberg [59] sowie aus der uns bekannten deutlichen Verringerung der Mastoiditisfälle nach Einführung der Antibiotika hervor.
Die nicht unmittelbare Einleitung und Indikation zur Antibiotikabehandlung jeder akuten Otitis media berücksichtigt auch z. T. die Untersuchungen von Diamant [16] und van Buchem [12], die hervorgehoben haben, dass die Antibiotikatherapie der akuten Otitis media kein Notfall ist und es günstig erscheint, die Antibiotikatherapie erst nach 8 bzw. 3 Tagen zu indizieren. Diamant führt eine Parazentese und 2-mal täglich eine Gehörgangsspülung durch und van Buchem verabreicht Analgetika und Nasentropfen während der ersten Tage.
Diesen Empfehlungen folgen wir wie oben angegeben nicht vollständig, da sie gewisse Risiken beinhalten, so z. B. dass durch Analgetikabehandlung eine Indikation zur Antibiotikatherapie durch die Eltern oder Erzieher übersehen werden kann. Wichtig erscheint es uns, die Diagnose schwere akute purulente Otitis media gewissenhaft anhand der Infektanamnese (Fieber, Ohrenschmerzen, Hörminderung) und einem eindeutigen Trommelfellbefund (Trommelfellrötung, -verdickung und -vorwölbung, eitrigen Paukenerguss) zu stellen, ebenso wie die Indikation zur Antibiotikatherapie selbst zu stellen und die Kontrolle dieser Therapie durchzuführen.
Indikationen zur Parazentese
Die Anzahl der durchzuführenden Parazentesen wurde durch den Einsatz von Antibiotika deutlich verringert und die grenzwertigen Indikationen zurückgedrängt. Es erscheint jedoch besonders wichtig, die Indikationen zur Parazentese (Tabelle 8) in Erinnerung zu rufen und darauf hinzuweisen, dass in diesen Fällen die Parazentese auch dazu benutzt werden sollte ein Gram-Präparat anzufertigen und ggf. eine Kultur anzulegen.
· | Hohes Fieber und starke Schmerzen, schweres Krankheitsbild |
· | Starke Vorwölbung des Trommelfells und Verwischen des Randes |
· | Druckschmerzhaftigkeit über dem Warzenfortsatz |
· | Fazialisparese |
· | Innenohrbeeinträchtigung |
· | Meningitis, Meningoenzephalitis |
· | Unbefriedigendes Ansprechen auf antibiotische Behandlung |
· | Auftreten einer Otitis media unter Antibiotikatherapie |
· | Neugeborene und sehr junge Säuglinge |
· | Immunschwäche |
· | Verdacht auf Mastoiditis |
· | Verdacht auf Sepsis |
Indikationen der Mastoidektomie
Durch die antibiotische Behandlung der akuten Otitis media ist die Rate der Komplikationen stark gesunken und die Anzahl der notwendigen Mastoidektomien deutlich geschrumpft. Da sich die Diagnose einer klassischen Mastoiditis anhand der Röntgenaufnahmen nach Schüller nicht immer eindeutig stellen lässt, empfehlen wir in Anlehnung an Dietzel [17], den klinischen Verdacht auf eine operationsbedürftige Mastoiditis zu hegen, wenn:
das Ohr nach 3–4 Wochen noch sezerniert;
die Sekretion stärker und rahmig eitrig wird;
das Trommelfell nach 14 Tagen noch gerötet und vorgewölbt ist;
nach 14 Tagen noch Temperaturen bestehen oder wieder auftreten;
Druckschmerzhaftigkeit des Warzenfortsatzes länger als 3–4 Tage anhält;
die hintere obere Gehörgangswand abgesunken ist;
die Ohrmuschel mit retroaurikulärer Rötung absteht;
Durchbruchserscheinungen mit Schwellung über dem Planum mastoideum und Fluktuationen vorliegen (Subperiostalabszess);
der Eiter in den Mastoidalansatz des M. sternocleidomastoideus im Sinne einer Bezold-Mastoiditis eingebrochen ist;
die Infektion in den Jochbogenansatz mit Zygomatizitis eingebrochen ist;
eine Entzündung der Pyramidenspitze mit Schmerzen hinter dem Auge, in der Tiefe des Ohres und einer Abduzensparese (Gradenigo-Syndrom) vorliegen;
eine starke Leukozytose, CRP-Erhöhung und eine dreistellig beschleunigte BSG vorliegen.
Diese Indikationen sind besonders zwingend, wenn die vorausgegangene Antibiotikabehandlung adäquat war. Heute bieten Computer- und Magnetresonanztomographie besonders in Grenzfällen oder bei Verdacht auf Komplikationen wesentliche diagnostische Hilfen, die jedoch nicht überbeansprucht werden sollten.
Die Einweisung in eine Fachklinik erscheint bei Verdacht auf eine Mastoiditis, labyrinthäre oder intrakranielle Komplikation, auf Sinusthrombose oder hämatogene Streuung sowie bei Fazialisparese oder Pyramidenspitzensymptomen dringend erforderlich, da in diesen Fällen die Grenze der alleinigen Antibiotikatherapie erreicht wird (Tabelle 9). Hierbei sowie bei Therapieversagen gilt das oben Erwähnte bezüglich der Antibiotikabehandlung. Außerdem sind die chirurgischen Indikationen zu beachten.
· | Mastoiditis |
· | Labyrinthitis |
· | Fazialisparese |
· | Pyramidenspitzeneiterung |
· | Sinusthrombose |
· | Epi- oder Subduralabszess |
· | Hirn- oder Kleinhirnabszess |
· | Meningitis, Meningoenzephalitis |
· | Sepsis |
Akute Otitis media des Kindes
75–95% aller Kinder erkranken in den ersten 3 Lebensjahren wenigstens einmal an einer akuten Otitis media, 30% sogar mindestens 3-mal. Der Häufigkeitsgipfel der Altersverteilung liegt zwischen 6 Monaten und 6 Jahren [61]. Im Winter und Frühling tritt die akute Otitis media am häufigsten auf.
Der Tabelle 10 sind die häufigsten Erreger der akuten Otitis media des Säuglings und Kindes zu entnehmen. Auch hier liegen in erster Linie Pneumokokken vor, gefolgt von Haemophilus influenzae. Heute beträgt die Häufigkeit der Streptokokken und von Moraxella catarrhalis jeweils etwa 10% und Staphylococcus aureus, Escherichia coli und Pseudomonas aeruginosa kommen noch weniger oft vor. Alloiococcus otitidis und Turicella otitidis sind zwei vor kurzem entdeckte Erreger der akuten Otitis media.
Relativ häufigeres Vorkommen der kursiv gedruckten Keime im Neugeborenenalter |
---|
Streptococcus pneumoniae |
Haemophilus influenzae |
Moraxella catarrhalis |
Streptococcus pyogenes |
Staphylococcus aureus |
Pseudomonas aeruginosa |
Escherichia coli |
Proteus spp. |
Enterococcus faecalis |
Klebsiella pneumoniae |
Anaerobier |
Alloiococcus otitidis—Turicella otitidis |
Das Otitis-Konjunktivitis-purulenta-Syndrom liegt in etwa 15% der Fälle von akuter Otitis media vor. Orientiert man sich an der Klinik, so weist dieses Syndrom in 75% der Fälle auf eine H.-influenzae-Ätiologie hin. Starke Otalgie und Fieber über 38,5°C—sind besonders in den beiden ersten Lebensjahren—in 50% der Fälle Hinweise auf eine Pneumokokkeninfektion [15].
Heikkinen et al. [31a] stellten das alleinige Vorkommen von Viren bei akuter Otitis media des Kindes nur in sehr seltenen Fällen fest und hatten nicht alle Methoden zum Nachweis von Bakterien angewandt [23]. Bei den Viren handelte es sich im Wesentlichen um Rhino-, RS-, Influenzae-, Parainfluenza-, Entero-, und Adenoviren.
Wie bereits bei der akuten Otitis media des Erwachsenen ausgeführt, ist die Antibiotikatherapie das wesentliche Element in der Behandlung der akuten Otitis media, sodass die eindeutige Diagnose einer schweren akuten purulenten Otitis media eine Indikation zur Antibiotikatherapie darstellt. Die in diesem Kapitel gemachten Ausführungen zur Antibiotikatherapie gelten mit geringen Einschränkungen auch für die Antibiotikatherapie im Säuglings- und Kleinkindesalter. Unter diese Einschränkungen fallen die unzulässige Anwendung der Fluorchinolone im Kindesalter sowie von Telithromycin vor dem 12. Lebensjahr. Besonders im Säuglings- und Kleinkindesalter sind die Indikationen zur Parazentese zu beachten. Die Indikation der Trommelfellpunktion zwecks Ausstrich und Kultur sollte noch großzügiger gestellt werden als im Erwachsenenalter (Tabelle 8).
Bei den im Neugeborenenalter vorherrschenden Keimen handelt es sich um die in Tabelle 10 aufgeführten Erreger mit einem gegenüber dem Kindesalter häufigeren Vorkommen der Keime in Schrägschrift Escherichia coli, Proteus ssp., Klebsiella pneumoniae, Enterococcus faecalis, Pseudomonas aeruginosa und Staphylokokken. Beim Neugeborenen wird die akute Otitis media so ernst genommen wie eine Sepsis und entsprechend parenteral hochdosiert antibiotisch behandelt. Vor der Behandlung sollte ein Ausstrich mit Gram-Präparat und ein Abstrich zwecks Kultur und Antibiogramm, ggf. durch Paukenpunktion, vorgenommen werden, ebenso wie Blutentnahmen zur Blutkultur.
In der Entscheidung des 1. Tages wird die Kombination eines Breitspektrumpenicillins wie Piperacillin mit einem β-Lactamase-Inhibitor oder eines Cephalosporins, wie z. B. Cefotaxim, empfohlen; in schwersten Fällen wird ein Aminokglykosid-Antibiotikum zusätzlich verabreicht (Cave: Ototoxizität bei Otitis media und im Neugeborenenalter [22]). Nach Vorliegen des Gram-Präparat- oder Antibiogrammbefundes wird die Antibiotikatherapie gezielter durchgeführt.
Im Allgemeinen sind die Ergebnisse dieser Behandlung sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern sehr gut, sodass die Indikationen zur Parazentese und Mastoidektomie zur Seltenheit geworden sind. Die Behandlung jeder akuten Otitis media des Säuglings und Kleinkindes muss unter strenger otologischer Kontrolle durchgeführt werden, damit die Zahl der Komplikationen durch Fehlbehandlung weiter zurückgeht. Diese Forderung ist besonders heute aktuell, da in den letzten Jahren immer wieder häufiger akute Mastoiditiden beobachtet wurden, die auf eine mangelnde bzw. mangelhafte Antibiotikabehandlung zurückzuführen waren [33].
Akute Rhinosinusitis
Bekanntlich ist die überwiegende Mehrzahl der akuten Rhinosinusitiden viral bedingt, sodass eine Antibiotikabehandlung aus therapeutischen und prophylaktischen Gründen nicht indiziert ist. Auch ist eine eindeutige akute bakterielle Rhinosinusitis bei einem ansonsten gesunden Menschen keine Indikation zur Antibiotikatherapie [20, 50a]. Im Falle einer akuten bakteriellen Rhinosinusitis besteht die Indikation zur antibiotischen Therapie bei den in Tabelle 11 genannten Situationen. In diesen Fällen ist darauf zu achten, dass eine bakterielle Infektion vorliegt, d. h. dass die bakterielle Infektion auf die virale gefolgt ist, so z. B. die Beschwerden über 10–14 Tage andauern oder dass nach Verringerung der Symptome der viralen Infektion die Symptome wieder zunehmen und eine purulente Sekretion die wässrige ablöst [41].
Indikationen zur Antibiotikatherapie bei: | |
---|---|
1) | Starken Beschwerden des Patienten, |
2) | Einer Verstärkung der Beschwerden im Laufe der Erkrankung, |
3) | Einer drohenden Komplikation, |
4) | Kleinkindern, |
5) | Kindern mit rezidivierendem Tubenkatarrh, |
6) | Patienten mit chronischer Bronchitis, |
7) | Immundezifienten bzw. immunsupprimierten Patienten, |
8) | Geriatrischen Patienten, |
9) | Patienten mit schweren Grundleiden. |
Die adäquate Antibiotikatherapie hat die Anzahl der Komplikationen der Nasennebenhöhleninfektionen deutlich verringert und darüber hinaus die chirurgischen Indikationen zur Behandlung gewisser Komplikationen, wie z. B. Stirnhöhlenempyem oder Orbitaödem, wesentlich reduziert. Im Falle einer Orbitalphlegmone, eines Subperiostalabszesses, eines Extra- oder Subduralabszesses, einer Meningitis, eines Hirnabszesses oder einer Thrombose des Sinus cavernosus ist auch heute noch die operative Revision durch eine eingehende diagnostische Abklärung bzw. antibiotische Vorbehandlung grundsätzlich nicht über 24 bzw. 48 h hinauszuzögern [21, 36].
Akute Laryngitis
Da die überwiegende Mehrzahl der akuten Laryngopharyngitiden und Bronchitiden viral bedingt ist und auch eine eindeutige akute bakterielle Laryngitis oder Bronchitis bei einem ansonsten gesunden Patienten keine Antibiotikabehandlung erfordert, sind die Indikationen der Antibiotikatherapie nicht sehr häufig. Die akute Laryngitis tritt auch fast ausschließlich zusammen mit einer Infektion der oberen oder unteren Atemwege auf, sodass sich die Indikationen zur Antibiotikatherapie aus den Indikationen zur antibiotischen Therapie der akuten bakteriellen Rhinosinusitis einerseits (Tabelle 11) und den Indikationen zur Antibiotikatherapie einer akuten bakteriellen Bronchitis andererseits ableiten (Tabelle 12).
Indikationen zur Antibiotikatherapie: | |
---|---|
1) | Kleinkinder bis Ende des 1. Lebensjahres, |
2) | Kinder mit Lungenvorerkrankungen und Herzfehlern, |
3) | Patienten mit chronisch-obstruktiver Atemwegserkrankung, |
4) | Patienten mit chronischer Bronchitis im akuten Schub, |
5) | Immundefiziente und immunsupprimierte Patienten, |
6) | Geriatrische Patienten, |
7) | Patienten mit schweren Grunderkrankungen und |
8) | Patienten mit zusätzlichen HNO-Infektionen. |
Ebenso wie bei den Antibiotikaindikationen bei der akuten Rhinosinusitis ist bei der akuten Bronchitis darauf zu achten, dass der Verdacht auf eine bakterielle Bronchitis vorliegt, bei dem die in Tabelle 12 aufgeführten Risikofaktoren zur Antibiotikatherapie führen sollen. An Maßnahmen der supportiven Therapie einer akuten Bronchitis empfiehlt Vogel [66] eine Reduktion des Zigarettenkonsums, kurzfristige körperliche Schonung, Analgetika (ASS und/oder Paracetamol), Inhalation von ätherischen Ölen, Mukolyse durch reichliche Zufuhr (warmer) Flüssigkeit, Brustwickel, warme Umschläge, Salben mit ätherischen Ölen, Antitussiva nur bei unproduktivem Reizhusten zur Nacht sowie antiinflammatorische Substanzen, wie Fusafungin-Dosieraerosol oder inhalative Kortikoide und bei schwerer obstruktiver Bronchitis systemische Kortikoide.
Infektionen durch Streptokokken (und Anaerobier)
Während einige bakterielle Erkrankungen, wie akute eitrige Pharyngitis, Tonsillitis, Scharlach und Erysipel, als typische A-Streptokokken-Erkrankungen angesehen werden können, ist aufgrund des klinischen Bildes bei anderen, wie Impetigo contagiosa, akuter Sinusitis, akuter Otitis media, Mastoiditis, Pneumonie, Lymphadentitis, nekrotisierender Fasziitis, Phlegmone, Meningitis, Sepsis oder Toxic-shock-Syndrom, nicht mit so großer Sicherheit auf ihre Streptokokkenätiologie zu schließen.
Eine mittelschwere Infektion durch Streptococcus pyogenes (β-hämolysierender Streptococcus der Lancefield-Gruppe A) vorzugsweise bei Schulkindern wird mit einem Schmalspektrumpenicillin oral behandelt. Obwohl bei der akuten Tonsillopharyngitis neben den am häufigsten beobachteten β-hämolysierenden A-Streptokokken auch andere Erreger nachgewiesen werden (Tabelle 13), ist ein Schmalspektrumpenicillin angezeigt. Denn einerseits spricht Streptococcus pyogenes als nicht nur häufigster, sondern auch gefährlichster der möglichen Erreger gut auf die Schmalspektrumpenicilline an, und andererseits sind die Nebenwirkungen dieser Penicilline sehr gering.
Erreger | Viren—Pharyngitis +.... |
---|---|
Streptococcus pyogenes (A-Streptokokken) | Rhinovirus (+ Rhinitis) |
Andere Streptokokken (C, G) | Coronavirus (+ Rhinitis) |
Streptococcus pneumoniae | Adenovirus (+ Konjunctivitis) |
Haemophilus influenzae | Influenza (+ Myalgie, Husten) |
Straphylococcus s.p. | Parainfluenza (+ Rhinitis + Husten) |
Mycoplasma pneumoniae | EBV (+ Splenomegalie) |
Chlamydia pneumoniae | RSV (+ Rhinopharyngitis) |
Corynebacterium diphtheriae | Enterovirus: Echo, Coxsackie (Herpangina) |
Corynebacterium haemolyticum | Herpes simplex (Herpes-Gingivostomatitis) |
Fusobacterium fusiforme + Spirochäten | |
N. gonorrhoeae | |
N. meningitidis | |
Listeria monocytogenes | |
Salmonella typhi/pharatyphi | |
Francisella tularensis | |
Anaerobier | |
Candida |
Akute Tonsillopharyngitis
Die Gegenüberstellung der konträren Auffassungen zur Therapie der akuten Tonsillopharyngitis [44, 63] veranlasst uns, grundsätzlich nach Anamnese und klinischem Befund zur Antibiotikatherapie zu raten oder nicht, mit der Zusatzbemerkung, dass wir die für die Patienten getroffene Entscheidung für uns selbst treffen würden. Heute erlauben Schnelltests den Nachweis von Streptokokken der Gruppe A vor Einleitung der Therapie. „Golden standard“ des Streptokokkennachweises bleibt die klassische Kultur, die im Falle eines negativen Schnelltests bei schwerem Krankheitsbild vorzunehmen ist.
Seltene Verursacher der akuten Tonsillopharyngitis sind z. B. Streptokokken der Gruppe C oder G, Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Staphylokokken, Meningokokken, Mykoplasmen und Chlamydien. Häufigere Verursacher der akuten Tonsillopharyngitis sind die in Tabelle 3 aufgezählten Viren mit den angeführten Infektionen, die oft begleitend auftreten. Unter den viralen Erkrankungen des Rachens sind besonders das Krankheitsbild der Coxsackie-Infektion und die nicht seltene durch Epstein-Barr-Virus hervorgerufene infektiöse Mononukleose, bei der eine Aminopenicillinbehandlung zu einem Exanthem führt, hervorzuheben. Die akute Tonsillopharyngitis kann auch durch Pilze (z. B. Candida albicans) oder häufiger nichtinfektiös bedingt sein.
Als Therapie der Wahl der Streptokokken-Tonsillopharyngitis ist nach wie vor die Gabe von Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V) oder Phenoxypropylpenicillin (Propicillin) in einer Dosierung von 100.000 I.E/kg KG/Tag (Erwachsene 3 Mio. I.E./Tag) in 2 (–3) Einzelgaben während 10 Tagen angezeigt (Tabelle 4). Diese 10-tägige Behandlungsdauer ist zur Vermeidung von Komplikationen erforderlich. Anstelle von Phenoxypenicillin-Kalium, das 3-mal täglich vor den Mahlzeiten einzunehmen ist, kann Phenoxypenicillin-Benzathin mit einer deutlich längeren Halbwertszeit in einer Dosierung von 50.000 I.E./kg KG/Tag in 2 Einzelgaben verabreicht werden.
Obwohl die Sensibilität von Streptococcus pyogenes gegen die Oralpencilline erhalten geblieben ist, wurde eine hohe bakteriologische Versagerquote (20%) beobachtet. Diese ist zurückzuführen auf zu niedrige Antibiotikakonzentrationen am Ort der Infektion durch zu niedrige Dosierung des Antibiotikums, mangelnde Compliance oder Zerstörung des Penicillins, bevor es wirkt, durch β-Lactamasen, die von gleichzeitig in den Tonsillen vorhandenen Staphylokokken, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis oder Bacteroides ssp produziert werden. Zum Versagen der Therapie kann es des Weiteren durch Toleranz der Streptokokken bzw. bei Vorliegen einer falschen Diagnose kommen, wenn es sich bei dem Patienten um einen A-Streptokokkenträger handelt, der an einer Virusinfektion leidet.
Zuletzt wird die Zerstörung der kommensalen Flora (α-hämolysierende Streptokokken) durch die Antibiotikatherapie für die Tonsillitisrezidive verantwortlich gemacht. Dieses Tonsillitisrezidivrisiko konnte bereits durch Inokulation der α-hämolysierenden Streptokokken herabgesetzt werden [58]. Da die mangelnde Compliance sicherlich die häufigste Ursache für die klinische und bakteriologische Versagerquote ist, sollte vor der Empfehlung der 10-tägigen Penicillintherapie geklärt werden, ob die Wahrscheinlichkeit nicht groß ist, dass diese Therapiedauer nicht eingehalten werden kann und so eine parenterale Penicillinverabreichung, eine 5-tägige orale Cephalosporin- oder ggf. eine 3-tägige orale Azithromycin-Therapie gewählt werden.
Eine effektive Behandlung besteht in einer einzigen intramuskulären Injektion von Benzathin-Benzylpenicillin (600.000 I.E. bei Kindern bis zum 10. Lebensjahr und 900.000–1,2 Mio I.E. bei älteren Kindern und Erwachsenen). Seit Anfang der 1970er-Jahre wurde in vergleichenden Untersuchungen gezeigt, dass die Rezidivhäufigkeit der A-Streptokokken-Pharyngitis nach oralen Cephalosporinen geringer ist als nach der klassischen Behandlung mit oralen Penicillinen. In den 1990er-Jahren wurde dasselbe für eine 5-tägige Cephalosporinbehandlung (mit Cefadroxil, Cefuroximaxetil, Cefpodoximproxetil, Ceftibuten, Loracarbef) sowie Amoxicillin-Clavulansäure gegenüber eine 10-tägigen Behandlung mit einem Oralpenicillin nachgewiesen [47, 52, 2, 62].
Diese Antibiotika sollten auch bei einem Rezidiv bevorzugt werden [62], obwohl darauf hinzuweisen ist, dass die bisherigen Daten eine 10-tägige Therapie favorisiert haben und bis jetzt für die 5-Tages-Therapien noch keine offiziellen Zulassungen erfolgt sind.
Die Oralcephalosporine der 3. Generation besitzen für diese Medikation ein unnötig breites antibakterielles Wirkungsspektrum. Sie können dennoch empfohlen werden, da sie einmal täglich gegeben werden können, ein Umstand, der sich günstig auf die Compliance auswirkt [1]. Während für Clarithromycin und Telithromycin 5-Tage-Therapien geprüft wurden, ist für Azithromycin eine 3-Tage-Therapie zugelassen. Bei Rezidiven ist besonders auf die Compliance zu achten, jedoch mit Pichichero [54a] auch darauf, die Immunabwehr des Körpers durch den Einsatz der Antibiotikatherapie in den ersten 3–4 Tagen nach Infektionsbeginn nicht zu behindern.
Bei einer Penicillinallergie (Tabelle 4) kommen die Makrolide Erythromycin, Josamycin, Roxithromycin,Clarithromycin und Azithromycin in Frage. Bei der Entscheidung für die Makrolide muss in Deutschland mit einer Resistenzrate von 8% gerechnet werden. Diese Resistenz ist nicht für das neue Ketolid Telithromycin vorhanden, das zur Behandlung der Tonsillitis/Pharyngitis durch β-hämolysierende A-Streptokokken, alternativ zu β-Lactam-Antibiotika, wenn diese nicht geeignet sind, ab 12 Jahren zugelassen ist. Auch kommt das Lincosamid Clindamycin im Falle einer Penicillinallergie in Frage. Cotrimoxazol und die Tetracycline scheiden wegen unzureichender Wirkung aus.
Bei Streptokokkeninfektionen sind Levofloxacin und Moxifloxacin gegenüber Ciprofloxacin und Ofloxacin besser wirksam und können u. a. auch bei einer Penicillinallergie eingesetzt werden. Bei schweren Streptokokkeninfektionen kann im Falle einer Penicillinallergie ohne Schockanamnese trotz Kreuzallergie ggf. eine Cephalosporin- oder Carbapenembehandlung in Betracht gezogen werden. Keine Penicillin-Kreuzallergie liegt für Fosfomycin, Vancomycin, Teicoplanin und Linezolid vor, sodass diese bei Penicillinallergien in seltenen Fällen in Frage kommen können.
Prophylaxe und Therapie von Komplikationen
Die Antibiotikatherapie reduziert die Krankheitsdauer und die Dauer der Kontagiosität und reduziert die Häufigkeit von Komplikationen und Folgekrankheiten, insbesondere des akuten rheumatischen Fiebers. Das Auftreten der akuten postinfektiösen Glomerulonephritis, d. h. der zweiten nicht eitrigen Folgekrankheit, wird durch die Antibiotikatherapie der akuten Tonsillitis nur insofern verringert, als die Verbreitung der nephritogenen Streptokokkenstämme herabgesetzt wird. Anzumerken ist auch, dass „rheumatisches Fieber“ und „akute postinfektöse Glomerulonephritis“ praktisch nie bei ein und demselben Patienten auftreten.
Therapie der Wahl des rheumatischen Fiebers besteht in der 10-tägigen Behandlung mit 600.000 I.E. Procainpenicillin neben einer längeren Salizylat- bzw. Kortikoidbehandlung. Die akute postinfektiöse Glomerulonephritis ist durch eine Urinuntersuchung 2 Wochen nach der akuten Tonsillopharyngitis auszuschließen. Die Kontagiosität der Tonsillopharyngitis beschränkt sich auf das akute Stadium und ist bereits 24 h nach Beginn der Antibiotikatherapie nicht mehr vorhanden, während ohne Behandlung 80% der Patienten auch 4 Wochen nach der akuten Tonsillopharyngitis Streptokokkenträger bleiben.
Die Prophylaxe des akuten rheumatischen Fiebers wird durch eine spätestens am 7. oder 8. Erkrankungstag begonnene Antibiotikabehandlung gesichert, während die akute Glomerulonephritis durch eine andere Pathogenese hervorgerufen wird und nicht durch eine Antibiotikaprophylaxe zu verhindern ist. Gesunde Streptokokkenträger sind nur selten Überträger von Krankheiten. Die Antibiotikaprophylaxe bei Patienten mit „rheumatischem Fieber“ sollte mit einem oralen Penicillin in einer Dosierung von 2-mal täglich 200.000 I.E. oder mit Benzathin-Penicillin G, 1,2 Mio. I.E. i.m. alle 4 Wochen während mindestens 5 Jahren vorgenommen werden.
Eine akute postinfektiöse Glomerulonephritis wird in der Regel durch eine Makrohämaturie auffällig (79%), 17% wiesen eine Mikrohämaturie auf und 25% eine Proteinurie etwa 1–4 Wochen nach einer Streptokokkeninfektion. Bei weit über 90% der Fälle kommt es zu einer vollständigen Ausheilung. Von 4782 Kindern mit nachgewiesener Streptokokken-A-Infektion entwickelten in der einjährigen Nachbetreuungszeit lediglich 2 eine klinisch manifeste Glomerulonephritis. Eine Urindiagnostik wurde allerdings nicht explizit im Rahmen der Verlaufskontrollen verlangt [1].
Schwere Formen der alleinigen Streptokokkeninfektion (Tabelle 5), wie z. B. eine komplizierte akute Tonsillitis, Pharyngitis oder Scharlach, ein schweres Erysipel oder eine schwere Impetigo contagiosa, Zellulitis oder Phlegmone sollten einer parenteralen Therapie mit Penicillin G (3–10 Mio. I.E./Tag) ggf. kombiniert mit Clindamycin zugeführt werden.
Besteht der Verdacht—wie z. B. bei der Peritonsillitis—dass neben Streptococcus pyogenes, dem häufigsten Keim, auch Staphylococcus aureus, Pneumokokken, Haemophilus influenzae und Anaerober (u. a. Bacteroides fragilis) beteiligt sind, oder—wie bei der beginnenden Mundbodenphlegmone—z. B. neben Streptococcus pyogenes auch Staphylococcus aureus und insbesondere Bacteroides fragilis, sollte eine Amp-BLI-Ko peroral oder parenteral angewandt werden. Diese Kombination erfasst das gesamte bereits erwähnte Erregerspektrum.
Das ebenfalls oral oder parenteral anwendbare Clindamycin hat wohl Lücken gegenüber Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis, ist jedoch im Falle einer Penicillinallergie anwendbar und bietet den Vorteil der Monosubstanz. Schwere Formen von Peritonsillarabszess bzw. Para- und Retropharyngealabszess sowie Zungen-, Sublingual- und Mundbodenabszesse sind im Allgemeinen chirurgisch zu behandeln und einer Antibiotikatherapie mit einer Amp-BLI-Ko oder mit der Monosubstanz Clindamycin oder Imipenem zuzuführen.
Die akute nekrotisierende Fasziitis wird durch Streptococcus pyogenes allein oder in Kombination mit Staphylococcus aureus oder mit Anaerobieren hervorgerufen. Die Kombination von Penicillin G und Clindamycin stellt wegen der Wirksamkeit des Clindamycins, unabhängig von Inokulumgröße und Wachstumsphase der Streptokokken, seines längeren postantibiotischen Effektes und der hemmenden Wirkung des Clindamycins auf die Toxinproduktion, der Begünstgigung der Phagozytose und der Inhibierung der TNF-α-Synthese durch die Monozyten [65] die Therapie der Wahl dar.
Im Falle einer zusätzlichen Staphylokokken- und Anaerobierätiologie wird ggf. zusätzlich mit Sulbactam, Fosfomycin und evtl. Vancomycin bzw. Flucloxacillin und Metronidazol behandelt. In der Entscheidung des 1. Tages kann Imipenem oder Cefotaxim anstelle der Kombination Penicillin G-/Sulbactam zur Erweiterung des Wirkungsspektrum bis zum Vorliegen der mikrobiologischen Ergebnisse eingesetzt werden. Wesentlich ist auch die frühzeitige operative Revision.
Zur Therapie des Toxic-shock-Syndroms mit Hypotension und Multiorganversagen gehört die frühzeitige intensiv-medizinische Betreuung mit u. a. Verabreichung großer Flüssigkeitsmengen (10-20 l/Tag) neben der hochdosierten Penicillin-G- und Clindamycin-Kombinationstherapie und ggf. Immunglobulinen evtl. zusammen mit Sulbactam bzw. Flucloxacillin und Vancomycin für den Fall, dass eine Staphylokokkenätiologie nicht ausgeschlossen werden kann.
Staphylokokkeninfektionen
Bekanntlich ist der Mensch ein großes Staphylokokkenreservoir, und die Staphylokokkeninfektionen an Hals, Nase und Ohren sind zahlreich und vielfältig. Sie reichen vom Staphylokokkenschnupfen des Säuglings in den ersten Tagen nach der Geburt bis zur Parotitis des marantischen Greises. Staphylokokken sind nahezu ausschließlich Verursacher des Furunkels an Ohr, Nase und Oberlippe sowie des Septumabszesses. Sie stellen die häufigste Ätiologie der Sialadenitis, der großblasigen Impetigo contagiosa, der Ohrmuschel- und Kehlkopfperichondritis, der Lymphadenitis colli und der Laryngitis des Säuglings dar.
Nach Pseudomonas aeruginosa kommen sie als häufigste Ursache der diffusen Otitis externa und der chronischen Otitis media in Betracht [28]. Außerdem verursachen sie häufiger die chronische als die akute Rhinosinusitis und häufiger den Paratonsillarabszess als die akute Tonsillitis. Bei zahlreichen Eingriffen an Hals, Nase und Ohren muss die Antibiotikaprophylaxe besonders den Staphylokokken gelten [21].
Nur bei schweren Formen von Furunkeln oder Otitis externa diffusa mit phlegmonöser Ausbreitung, septischen Temperaturen und Lymphknotenbeteiligung oder Abwehrschwäche, z. B. Diabetes mellitus, ist eine perorale oder parenterale Antibiotikabehandlung anzuwenden. Die sofortige Erhärtung des Verdachts auf eine Staphylokokkeninfektion ist oft durch das Direktpräparat mit Gram-Färbung möglich. Durch die Einbeziehung des Gram-Präparat-Ergebnisses zur Antibiotikawahl wird die kalkulierte Therapie sicherer (superkalkulierte Therapie). Eine Kultur mit Antibiogramm wird in schwersten Fällen durchgeführt.
Tabelle 14 stellt die Resistenzsituation von Staphylococcus aureus bei Infektionen der oberen und unteren Atemwege von ambulanten Patienten im Rhein-Main-Gebiet [41a] dar. Die Resistenzsituation ist bei stationären Patienten deutlich schlechter.
Antibiotikum | Resistenzhäufigkeit [%] |
---|---|
Penicilline | 75–80 |
Amp-BLI-Ko | 2–3 |
Orale Cephalosporine* | 2–3 |
Makrolide | 6 |
Clindamycin | 2 |
Cotrimoxazol | 9 |
Tetracycline (Doxycyclin) | 12 |
Aminoglykosid-Antibiotika | 2–5 |
Fluorchinolone | 2–3 |
* Gilt nicht für Cefixim und Ceftibuten.
Die Anwendung eines Oral- oder Aminopenicilliuns zur Behandlung einer Staphylokokkeninfektion ist heute in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr erfolgreich, da auch 75% der in der Praxis vorkommenden Staphylokokken β-Laktamase-Bildner sind. Isoxazolylpenicilline, Amp-BLI-Ko, orale Cephalosporine der ersten oder zweiten Generation und Clindamycin erfassen 97–98% der in der Praxis vorkommenden Staphylokokken, während auf Makrolide 94% ansprechen (Tabelle 14). Der Prozentsatz der Cotrimoxazol- und Tetracyclin-resistenten Staphylokokkenstämme liegt auch in der Praxis zwischen 5 und 15% und in der Klinik noch höher. Bei nosokomialen Infektionen hat die Prävalenz von Methicilin-resistenten Staphylokokken (MRSA) in den letzten 10 Jahren von 2 auf 20% zugenommen [42].
Bei einer schweren Infektion sollte z. B. mit einem Isoxazolylpenicillin, d. h. einem penicillinasefesten, oral anwendbaren halbsynthetischen Penicillin (wie z. B. Dicloxacillin oder Flucloxacillin), Clindamycin oder Amoxicillin + Clavulansäure bzw. Sultamicillin bzw. einem oralen Cephalosporin der 1. Generation (z. B. Cefadroxil oder Cephalexin) therapiert werden, um eine höhere Treffsicherheit zu erzielen (Tabelle 15). Clindamycin, die Makrolide, Cotrimoxazol oder Doxycyclin und auch die neueren Fluorchinolone, Rifampicin bzw. Fosfomycin, die Glykopeptide oder Linezolid (bei MRSA) kommen bei Penicillinallergie in Frage. Bei Penicillinallergie ohne Schockanamnese können ggf. Cephalosporine angewandt werden.
Therapie | Handelsnamen |
---|---|
Orale Therapie | |
Doxycyclin | Vibramycin |
Cotrimoxazol | Bactrim, Eusaprim |
Erythromycin, Josamycin | Erythrocin, Wilprafen |
Clarithromycin | Klacid |
Telithromycin | Ketek |
Dicloxacillin, Flucloxacillin | InfectoStaph, Staphylex |
Clindamycin | Clinda-saar, Sobelin |
Cefalexin, Cefadroxil, Cefuroximaxetil | Cephalexin ratiopharm, Grüncef, Elobact |
Amoxicillin + Clavulansäure | Augmentan |
Sultamicillin | Unacid PD oral |
Levofloxacin | Tavanic |
Moxifloxacin | Avalox |
Rifampicin | Rifa, Rifampicin-Hefa |
Linezolid | Zyvoxid |
Parenterale Therapie | |
Benzylpenicillin + Sulbactam | Penicillin G + Combactam |
Oxacillin, Flucloxacillin | InfectoStaph, Staphylex |
Amoxicillin + Clavulansäure | Augmentan |
Ampicillin + Sulbactam | Unacid |
Cefazolin | Cefazolin-saar 2000, Gramaxin |
Cefuroxim, Cefotiam | Zinacef, Cefuroxim Fresenius, Spizef |
Clindamycin | Clinda-saar, Sobelin solubile |
Fosfomycin | Fosfocin |
Vancomycin, Teicoplanin | Vancomycin CP Lilly, Targocid |
Netilmicin | Certomycin |
Levofloxacin, Moxifloxacin | Tavanic, Avalox |
Rifampicin | Rifa parenteral |
Linezolid | Zyvoxid |
Quinupristin + Dalfopristin | Synercid |
Bei schwersten Staphylokokkeninfektionen besteht die Entscheidung des 1. Tages in der Behandlung mit Penicillin G und dem frei kombinierbaren β-Laktamase-Inhibitor Sulbactam oder in der Verabreichung einer Amp-BLI-Ko, eines Isoxazolylpenicillins allein oder kombiniert mit Cefazolin bzw. Cefuroxim oder Cefotiam bzw. Clindamycin oder in der Kombination eines Isoxazolylpenicillins mit einem Aminoglykosid-Antibiotikum (Netilmicin) oder Clindamycin plus Fosfomycin oder ein neueres Fluorchinolon bzw. Rifampicin.
Schwerste Infektionen durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Stämme (MRSA) oder auch durch generell gegenüber den Isoxazolylpenicillinen resistentere koagulasenegative Staphylokokken bei immunsupprimierten Patienten sollten primär mit einem Glykopeptid oder Linezolid, kombiniert mit Fosfomycin, einem neueren Fluorchinolon, Rifampicin, Clindamycin, Cotrimoxazol, Imipenem, Doxycyclin und Netilmicin behandelt werden. Bei Glykopetid oder Vancomycin intermediär resistenten Staphylokokken (GISA oder VISA) sind Linezolid oder ggf. Quinupristin plus Dalfopristin angezeigt. Die mangelnde Bakterizidie der Glykopeptide und Linezolid sowie ggf. Quinupristin + Dalfopristin erfordert die Kombination mit weiteren Staphylokokken-wirksamen Antibiotika.
Die neueren Fluorchinolone Levofloxacin und Moxifloxacin besitzen wohl eine gute Wirksamkeit gegenüber Staphylococcus aureus und Staphylococcus epidermidis, sind jedoch erst als Antibiotika der 3. Wahl in Erwägung zu ziehen, da bessere Antibiotika mit schmalerem Spektrum vorliegen, und die Fluorchinolone nur zur Behandlung von Staphylokokkeninfektionen eingesetzt werden sollten, wenn ihre spezielle Kinetik, Wirksamkeit oder sonstiges Wirkungsspektrum den Einsatz rechtfertigen, z. B. wenn ein Gehörgangsfurunkel mit Perichondritis nicht auf die übliche Antibiotikatherapie anspricht.
In der Therapie der toxinvermittelten Staphylococcus-aureus-Erkrankungen steht die symptomatische Therapie—vor allem die Schockbehandlung—im Vordergrund. Für schwere Verläufe eines Toxic-shock-Syndroms wird ggf. die frühzeitige einmalige und hochdosierte Gabe von Kortikoiden empfohlen. Mittel der Wahl zur Unterbindung der Toxin-Nachproduktion ist Clindamycin systemisch und lokal [51]. Clindamycin wird mit Penicillin G plus Sulbactam oder mit Isoxazolylpenicillin bzw. mit Vancomycin oder Teicoplanin bzw. Linezolid kombiniert i.v. verabreicht.
Pseudomonasinfektionen
Pseudomonas-aeruginosa-Infektionen des HNO-Gebietes treten vorwiegend am Ohr auf. Die durch diesen Keim verursachten Wundinfektionen im Ohr- oder Halsbereich nach ohrsanierender und hörverbessernder Operation bzw. nach Teil- oder Totalexstirpation des Kehlkopfes sind heute aufgrund der modernen Operationstechnik, der Anwendung von gegenüber Pseudomonas wirksamen Antibiotika und der Fortschritte in der Krankenhaushygiene zur Seltenheit geworden. Zugenommen haben dagegen die Lungenkomplikationen mit Pseudomonas aeruginosa bei Patienten unter Chemotherapie und bei langzeitbeatmeten Patienten, bei denen ebenfalls Anaerobier und Klebsiella spp. in Frage kommen, sowie bei Patienten mit Mukoviszidose oder Leukämie [21].
Nachweis
Gehört der Nachweis von Pseudomonas aeruginosa zur Diagnose der malignen Otitis externa, so ist er gleichermaßen für die schwere Otitis externa diffusa, die chronische Otitis media [28] sowie für die im Zusammenhang mit der Mittelohrchirurgie auftretende Ohrmuschelperichondritis zu erbringen, obwohl Pseudomonas aeruginosa den häufigsten Keim dieser Erkrankungen darstellt. Im Falle einer unter Langzeitbeatmung oder Chemotherapie bzw. bei Mukoviszidose auftretenden infektiösen Lungenkomplikation genügt es, Pseudomonas aeruginosa als Verursacher in Betracht zu ziehen.
Bis Ende der 1980er-Jahre bestand die Behandlung lediglich in der intravenösen Verabreichung von gegenüber Pseudomonas aeruginosa wirksamen Penicillinen oder Cephalosporinen allein oder in Kombination mit Aminoglykosidantibiotika. Heute kann bei schwersten Infektionen, beispielsweise der malignen Otitis externa, der Versuch einer oralen Therapie mit einem Fluorchinolon, wie z. B. Ciprofloxacin oder Levofloxacin in hoher Dosierung, unternommen werden (Tabelle 16).
Substanzen | Handelsnamen |
---|---|
Ciprofloxacin (oral/parenteral) | Ciprobay |
Levofloxacin (oral/parenteral) | Tavanic |
Piperacillin | Piperacillin Fresenius/Hexal |
Ceftazidim, Cefepim | Fortum, Maxipime |
Tobramycin, Gentamicin | Gernebcin, Refobacin |
Netilmicin, Amikacin | Certomycin, Biklin, Amikacin Fresenius |
Fosfomycin | Fosfocin |
Aztreonam | Azactam |
Imipenem, Meropenem | Zienam, Meronem |
Die genannten Fluorchinolone stellen in der überwiegenden Zahl der Fälle der erwähnten Pseudomonasinfektionen des HNO-Fachbereiches einen großen Fortschritt dar. Dem Ciprofloxacin kommt bei der Behandlung der Pseudomonasinfektionen eine besondere Bedeutung zu, und zwar infolge seiner guten In-vitro-Wirksamkeit, die sich—kombiniert mit der Möglichkeit einer hohen Dosierung—auch auf den klinischen Bereich übertragen lässt. Die bessere In-vitro-Wirksamkeit von Ciprofloxacin wird durch die günstigere Kinetik des Levofloxacins kompensiert [67], sodass Levofloxacin eine Alternative darstellt.
Klinische Reaktion
Das klinische Ansprechen auf die Behandlung durch Verringerung der Sekretion und der Schmerzen kann durch Anfertigung eines Ausstriches mit Gram-Färbung und eines Abstriches in 8-tägigen Abständen gestützt werden. Ist eine deutliche Besserung innerhalb von 8 Tagen nicht zu erkennen und ist auch die unverändert hohe Zahl von Keimen im Ausstrich (Gram-Präparat) festzustellen, muss das Fluorchinolon z. B. durch Piperacillin ersetzt werden. Ist eine gewisse klinische Besserung eingetreten, kann auch die Kombination des Penicillins mit dem oralen Fluorchinolon versucht werden, die nach Neu [50] in 50% der Fälle einen Synergismus zeigt.
Grundsätzlich beschränken wir die Kombinationstherapie von 2 pseudomonaswirksamen Antibiotika auf akute und fulminante Infektionen mit dem Ziel einer erhöhten Effektivität durch additive oder synergistische antibakterielle Effekte und einer Verringerung des Auftretens von Resistenzen. In der Mehrzahl der Fälle von maligner Otitis externa z. B. genügt u. E. eine Monotherapie, deren Wirksamkeit engmaschig kontrolliert wird, und auf diese Weise geht nur eine Antibiotikaklasse nach Auftreten von Allergien verloren.
Das Pseudomonaspenicillin Piperacillin und die Pseudomonascephalosporine Ceftazidim und Cefepim werden auch in hohen Dosierungen verabreicht—bei wöchentlichen Blutbildkontrollen und Kontrollen der Nierenwerte. Bei Penicillinallergie kann das Monobactam Aztreonam oder Fosfomycin nach Antibiogramm verabreicht werden. Der Einsatz der Cephalosporine und der Carbapeneme kann in den Fällen erfolgen, in denen die Penicillintherapie nicht wirksam war und in den Fällen, in denen man sich für ein Penicillin entscheiden würde, der Patient jedoch eine Penicillinallergie ohne Schockanamnese hat.
Aufklärung über Risiken
Im letzteren Falle muss der Patient selbstverständlich über das Für und Wider des Vorgehens aufgeklärt und es muss unter Therapiebereitschaft besonders auf das Auftreten einer Allergie geachtet werden. Ist die Penicillin- oder Cephalosporintherapie nur mäßig wirksam oder handelt es sich um eine besonders schwere Erkrankung, so darf die Kombination mit einem Aminoglykosidantibiotikum zur Anwendung kommen, um einer möglichen Resistenzentwicklung entgegenzuwirken und sich den in vitro nachgewiesenen Synergismus zunutze zu machen.
Gentamicin wird in seiner Aktivität gegen Pseudomonas aeruginosa zumindest in vitro von Tobramycin übertroffen und ist auch etwas oto- und nephrotoxischer. Amikacin wirkt auf gentamicin- und tobramycinresistente Stämme. Wenn Pseudomonas aeruginosa auf Netilmicin anspricht, muss diesem in Anbetracht der deutlich höheren klinischen Ototoxizitätsgrenzdosis (Tabelle 17) und Nierentoleranz der Vorzug gegeben werden. Vor und während der Behandlung mit einem Aminoglykosid-Antibiotikum ist die Nierenfunktion des Patienten zu kontrollieren, und im Falle von Nierenfunktionsstörungen empfehlen sich regelmäßige Kontrollen der Aminoglykosid-Antibiotika-Serumspiegel bzw. ein Umstellen der Antibiotikatherapie.
Substanzen | Dosis (mg/kg Körpergewicht) |
---|---|
Gentamicin | 50 |
Tobramycin | 75 |
Amikacin | 120 |
Netilmicin | 200 |
Selbstverständlich ist der Patient über das ototoxische und nephrotoxische Risiko aufzuklären und eine regelmäßige Überwachung der kochleovestibulären Funktionen durchzuführen, da die Antibiotikatherapie bei der malignen Otitis externa hochdosiert und über einen längeren Zeitraum zu verabreichen ist. Die Tagesdosis der Aminoglykosidantibiotika, wird in einer Infusion über 30–60 min verabreicht, da die Ototoxizität und besonders die Nephrotoxizität durch diese Maßnahme eher herabgesetzt werden.
Die lokale Antibiotikatherapie der malignen Otitis externa bietet keinen therapeutischen Vorteil und behindert eine optimale lokale klinische und mikrobiologische Kontrolle. Demgegenüber wurde die lokale Therapie der Otitis externa und chronischen Otitis media durch die Einführung der Ciprofloxacin-Ohrentropfen (Ciloxan®) bereichert.
Insgesamt wurde die Therapie der meisten Pseudomonasinfektionen des HNO-Fachgebietes nicht nur einfacher und wirksamer, die Gefahr einer erhöhten Ototoxizität durch Anwendung von Aminoglykosid-Antibiotika zur Behandlung von Mittelohreiterungen oder bei Neugeborenen [22] wurde auch wesentlich verringert, da die Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und Fluorchinolone die Indikationen der Aminoglykosid-Antibiotika deutlich begrenzt haben [20].
Anaerobierinfektionen
Anaerobier kommen vor allem bei Mundboden- und Halsphlegmonen, Paratonsillarabszess, chronischer Sinusitis und Otitis media vor. Die Mehrzahl der Anaerobierinfektionen im Nasennebenhöhlenbereich und die durch Anaerobierinfektion verursachte Angina Plaut-Vincent oder die Stomatitis ulcerosa sprechen gut auf die gebräuchlichen Penicilline an. In Anbetracht der Anzüchtungsdauer von Anaerobiern wird der sich zusätzlich auf Eiterbeschaffenheit und Gram-Präparat stützende klinische Verdacht besonders wichtig.
Liegt eine Bacteroides-fragilis-Beteiligung vor, wie z. B. bei der Mundbodenphlegmone oder bei der Aktinomykose [60, 64] sowie—wenn auch seltener—beim Paratonsillar- oder Hirnabszess bzw. nekrotisierender Fasciitis, ist z. B. mit Clindamycin, Metronidazol oder gegen Anaerobier wirksamen Breitspektrumpenicillinen bzw. Cephalosporinen oder Carbapenemen sowie mit der Kombination eines β-Lactam-Antibiotikums mit einem β-Lactamase-Hemmer (Sulbactam) oder dem Fluorchinolon Moxifloxacin zu behandeln (s. auch unter Streptokokken-Infektionen).
Lebensbedrohliche Infektionen
Von HNO-Erkrankungen ausgehende lebensbedrohliche Infektionen, wie z. B. Meningitis, Hirnabszess, Mediastinitis, nekrotisierende Fasziitis oder Toxic-shock-Syndrom oder Sepsis, werden nach Einleitung einer bakteriologischen Abklärung (Ausstrich, Abstrich, wiederholte Blutkulturen) mit Penicillin G behandelt, einem Aminopenicillin oder am 1. Tag mit einem Breitspektrumpenicillin—ggf. in Kombination mit einem β-Lactamase-Hemmer, Isoxazolylpenicillin, Metronidazol oder einem Aminoglykosidantibiotikum oder einem Fluorchinolon [20, 64].
Alternativ werden die Carbapeneme eingesetzt oder Cefotaxim bzw. Ceftriaxon kombiniert mit Metronidazol und bei MRSA die Glykopeptid-Antibiotika, Rifampicin und Linezolid. In diesen Fällen sind Gram-Präparat und „superkalkulierte Therapie“ möglicherweise lebensrettend.
Antibiotikatherapie gewisser sog. chirurgischer Infektionen
Die Fortschritte in der Diagnostik (Ultraschall, Computer- bzw. Magnetresonanztomographie) und in der Antibiotikatherapie veranlassen uns, auf die Priorität der antibiotischen Behandlung der in Tabelle 18 aufgelisteten sog. chirurgischen Infektionen hinzuweisen. In der Tat liegt der Prozentsatz der allein durch die Antibiotikatherapie zu heilenden Patienten mit diesen Infektionen bei 90%.
Perichondritis der Ohrmuschel und des Kehlkopfes |
Lymphadenitis plus Ödem |
Parotitis plus Ödem |
Sinusitis plus Orbitalödem |
Therapie infektiöser postoperativer Komplikationen
Tritt eine infektiöse Komplikation auf, sollte zuerst geklärt werden, ob es sich um eine harmlose, geringe Eiterverhaltung hinter dem Einschnitt oder um eine schwerwiegende Komplikation wie z. B. eine Phlegmone handelt. Im ersten Falle genügt es, diese kleine infektiöse Verhaltung zu drainieren. Sicherheitshalber sollten jedoch die Gram-Färbung eines Ausstriches vorgenommen und eine Kultur angelegt werden. Die geringfügigen infektiösen Komplikationen bedürfen grundsätzlich keiner allgemeinen Antibiotikagabe.
Schwerwiegendere Komplikationen erfordern neben Drainage die Vornahme eines Ausstriches mit Gram-Färbung sowie das Anlegen einer Kultur und eine Antibiotikatherapie. Diese richtet sich nach der Diagnose und dem zu erwartenden Erregerspektrum sowie nach dem Ergebnis der Gram-Färbung („superkalkulierte Antibiotikatherapie“). Liegt z. B. eine phlegmonöse Komplikation nach einer Parotisoperation vor, kommen in erster Linie Staphylokokken oder Streptokokken in Betracht, die im Gram-Präparat einfach zu identifizieren sind und so der adäquaten Antibiotikatherapie zugeleitet werden können.
Acknowledgments
Interessenkonflikt:
Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen.
Footnotes
Amp-BLI-Ko = Aminopenicillin und β-Lactamase-Inhibitor-Kombination
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