Zusammenfassung
Das MERS-Virus („Middle East respiratory syndrome coronavirus“, MERS-CoV) wurde erstmals 2012 in Saudi-Arabien entdeckt. Weltweit sind 1200 Ansteckungen bekannt, die in etwa 50 % zum Tod des Infizierten führten. Die Übertragungswege des Virus sind nicht zuverlässig erforscht. Vor dem Hintergrund eines plötzlichen Anstiegs der Fallzahlen in Südkorea stellt sich die Frage, wie sich Reisende im internationalen Verkehr verhalten sollten, um einer Infektion vorzubeugen. Eine Literaturrecherche der aktuellsten Beiträge zum Thema zeigt, dass unter Beachtung der entsprechenden Hygienemaßnahmen keine Reisebeschränkungen angezeigt sind.
Schlüsselwörter: MERS-Virus, Atemwegsinfektion, Saudi-Arabien, Korea, Reisemedizin
Abstract
The Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) was discovered for the first time in Saudi Arabia in 2012. On a global scale 1200 infections have been registered with approximately 50 % resulting in a fatal outcome. It is currently not fully clear how MERS-CoV is transmitted and insufficient research has so far been carried out. Taking the sudden increase of cases in South Korea into consideration, this article discusses which preventive measures should be recommended for international travelers in order to prevent infections. A literature search of the most recent publications indicated that appropriate standard hygiene measures are sufficient and no travel restrictions are therefore necessary.
Keywords: MERS-CoV, Respiratory tract infections, Saudi Arabia, Korea, Travel medicine
Mit dem MERS-Virus („Middle East respiratory syndrome coronavirus“, MERS-CoV) haben sich weltweit bisher 1200 Menschen infiziert, von denen ungefähr 50 % verstorben sind [11]. Da sich das Virus im Rahmen des ausgeprägten internationalen Reiseverkehrs global ausgebreitet hat, erregte es weltweit außerordentliche Besorgnis. Aus arbeitsmedizinischer Sicht ist es wichtig, eine wohlabgewogene Einschätzung des Infektionsrisikos zu geben und klare Handlungsempfehlungen für Reisende in betroffene Gebiete zu formulieren. Diese beiden Aspekte werden häufig in der medialen Darstellung entweder vernachlässigt oder verzerrt dargestellt.
Das MERS-Virus wurde erstmals 2012 in Saudi-Arabien festgestellt, in Europa und Teilen Afrikas und Nordamerikas wurden bisher nur importierte Fälle gefunden [9]. Dass sich das MERS-Virus hingegen sehr schnell in Südkorea ausgebreitet hat, wird mutmaßlich darauf zurückgeführt, dass dort viele Patienten mehrere Ärzte gleichzeitig konsultieren und zudem eine intensive Pflege durch Angehörige während eines stationären Aufenthalts üblich ist [9].
Im Gegensatz zum SARS-Virus sind beim MERS-Virus v. a. ältere Menschen mit Begleiterkrankungen betroffen [8]. MERS-Virus zählt wie das SARS-Virus zu den Coronaviren, wobei insbesondere die Dipeptidylpeptidase 4 als zellulärer Rezeptor zu fungieren scheint [7]. Zum aktuellen Zeitpunkt geht man davon aus, dass Fledermäuse als Vorfahren sowie Dromedare als Überträger des Virus beteiligt sein könnten [5]. Bisher konnte bereits im Mäusemodell ein effektiver Impfschutz nachgewiesen werden. Eine Übertragung der Ergebnisse auf den Menschen steht noch aus [12].
Symptome und Nachweismöglichkeiten
Bei einer Infektion mit dem MERS-Virus kommt es binnen einer durchschnittlichen Inkubationszeit von etwa 5 Tagen zu Fieber, Husten, Kurzatmigkeit sowie gelegentlich Erbrechen und Diarrhoe [2]. Generell erfolgt eine symptomorientierte Therapie. Die Erkrankung kann in ein akutes Atemnotsyndrom münden, sodass eine intensivmedizinische Behandlung mit CPAP-Beatmung nötig wird [2]. Eine Infektion kann durch einen Rachenabstrich (RT-PCR) sowie durch Antikörper nachgewiesen werden [5].
Infektionswege
Eine Ansteckung kann sowohl von einem infizierten Menschen als auch einem infizierten Dromedar ausgehen [2, 5]. Ob eine Übertragung durch Tröpfchen oder direkten Kontakt mit einem Erkrankten erfolgt, ist noch unklar [2]. Generell geht man davon aus, dass für eine Infektion ein intensiver Kontakt mit einem Erkrankten erforderlich ist [2, 9].
Handlungsempfehlungen
Zur Prophylaxe einer möglichen Infektion wird empfohlen, den Kontakt mit erkrankten Menschen zu meiden, die Hände möglichst oft mit Seife oder einem alkoholischen Händedesinfektionsmittel zu reinigen und das eigene Gesicht nicht zu berühren [6]. Die Effektivität des Händewaschens wird anhand klinischer Studien zum Händewaschprogramm deutlich. Nach dessen Einführung 1996 kam es in den darauffolgenden 2 Jahren zu 45 % weniger ambulanten Krankheitsfällen auf dem Boden von Erkrankungen der Atemwege [10]. Im Krankheitsfall sollte man Mitmenschen aus dem Weg gehen und den Mund beim Husten oder Niesen mit einem Taschentuch bedecken [6]. Bei ersten Symptomen in Form von Husten oder Kurzatmigkeit sollte ein Arzt konsultiert werden, v. a. wenn man sich in den letzten 14 Tagen in einem Risikogebiet aufgehalten hat [6].
Die WHO spricht sich zum aktuellen Zeitpunkt gegen Reise- oder Handelsbeschränkungen sowie Grenzübergangskontrollen aus [13]. Es wird empfohlen, keine Kamelmilch und kein rohes Fleisch zu konsumieren [13]. Da sich insbesondere immunsupprimierte Patienten infizieren, sollte dieser Personengruppe der Besuch von Bauernhöfen oder Märkten sowie der Kontakt zu erkrankten Tieren abgeraten werden [13]. Die WHO weist explizit auf die Bedeutung der Präventionsmaßnahmen im Rahmen der stationären Versorgung hin. Zu diesem Anlass sind Luft- und Kontaktmaßnahmen maßgeblich bei allen Patienten mit unspezifischen Symptomen einzuhalten [13]. Gegebenenfalls kann ein vorrübergehendes Besuchsverbot ausgesprochen werden [2].
Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes besteht keine ausdrückliche Reisewarnung für Saudi-Arabien und Südkorea, solange einfache hygienische Grundregeln befolgt werden [3, 4]. Aktuell ist das Tragen von Gesichtsmasken nicht notwendig [3].
Fazit für die Praxis
Zum aktuellen Zeitpunkt besteht unter Einhaltung hygienischer Grundregeln keine akute Gefährdung für Geschäftsreisende in entsprechende Risikoländer.
Insbesondere immunsupprimierte Menschen sollten allerdings auf einen intensiven Kontakt zu erkrankten Mitmenschen oder Tieren verzichten.
Bei entsprechenden Symptomen nach Aufenthalt in einem Risikogebiet ist eine Infektion mit dem MERS-Virus in Betracht zu ziehen.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
K. Schwarz und D. A. Groneberg geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
Literatur
- 1.Ärztezeitung. Stammt MERS aus Afrika? http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/lungenentzuendung/article/843195/coronavirus-stammt-mers-afrika.html. Zugegriffen: 13. Juli 2015
- 2.Assiri A, McGeer A, Perl TM, et al. Hospital outbreak of Middle East respiratory syndrome coronavirus. N Engl J Med. 2013;369(5):407–416. doi: 10.1056/NEJMoa1306742. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 3.Auswärtiges Amt. Republik Korea (Südkorea) Reise- und Sicherheitshinweise. http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/KoreaRepublikSicherheit.html. Zugegriffen: 04. Juli 2015
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- 12.Volz A, Kupke A, Song F, et al. Protective efficacy of recombinant Modified Vaccinia virus Ankara (MVA) delivering Middle East respiratory syndrome coronavirus spike glycoprotein. J Virol. 2015;89(16):8651–8656. doi: 10.1128/JVI.00614-15. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 13.World Health Organization Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) – Republic of Korea. http://www.who.int/csr/don/01-june-2015-mers-korea/en/. Zugegriffen: 04. Juli 2015
