1.1. Die präoperative Visite
Visite:präoperative Martin Lindig
Der Anästhesist trägt periop. die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen des Pat. Die adäquate Betreuung setzt eine präop. Visite voraus. Nach Möglichkeit sollten die präop. Visite und nachfolgende Narkose vom selben Anästhesisten durchgeführt werden.
Leitlinie anästhesiologische Voruntersuchung, anästhesiologischeVoruntersuchung der DGAI (Oktober 1997): http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/dgai.de/06pdf/13_547-Leitlinie.pdf
1.1.1. Bestandteile der präoperativen Visite
-
•
Auswertung vom Pat. mitgebrachter oder im Morbus"\t"Siehe EigennameKrankenhaus erhobener Vorbefunde.
-
•
Anamneseerhebung und Dokumentation auf Aufklärungs- und Anamnesebogen.
-
•
Körperliche Untersuchung.
-
•
Beurteilung des physischen und psychischen Zustands, der Belastbarkeit des Pat. und des Narkoserisikos.
-
•
Festlegung weiterer erforderlicher Diagn. und Ther. zur Verbesserung des präop. Zustands.
-
•
Auswahl des Anästhesieverfahrens und Monitorings.
-
•
Aufklärung und Einwilligung des Pat. für die anästhesiologischen Maßnahmen. Gesprächsziel ist Informationsvermittlung und Reduktion von Angst und Aufregung.
-
•
Anordnung der Prämedikation.
-
•
Zusammenfassung der Visite auf einem Prämedikationsprotokoll.
1.1.2. Präoperative Visite vor Wahleingriffen
Planung
-
•
Beim zuständigen operativen Kollegen klären, welcher Pat. zur OP vorgesehen ist, für welchen Eingriff, ob Pat. bereits vom Operateur aufgeklärt und mit OP einverstanden ist.
-
•
Geplante Besonderheiten beim operativen Vorgehen, spezielle Aspekte des Pat. aus Sicht des Kollegen erfragen.
-
!
Die präop. Visite erst nach dem Aufklärungsgespräch des Operateurs durchführen.
Praktisches Vorgehen
-
•
Anamnese- und Aufklärungsbogen: Sollte Pat. Anamnesebogenmöglichst vor der präop. AufklärungsbogenVisite ausfüllen. Häufig verwendetes Formblatt (proCompliance Verlag GmbH, Erlangen, http://www.procompliance.de) mit Fragen nach Vorerkr., momentanem Zustand des Pat. und Information über die Durchführung und Risiken verschiedener Anästhesieverfahren.
-
•
Schriftliche Einwilligung: Am Vorabend der OP nach Gespräch mit dem Anästhesisten auf Grundlage des vorgenannten Fragebogens. Wenn der Pat. nicht unterschreiben kann, Anwesende bei der mündlichen Einwilligung als Zeugen unterschreiben lassen.
-
•
Prämedikationsambulanzen: Versorgen Pat. vor PrämedikationsambulanzWahleingriffen in Sprechstunden, in denen der Anästhesist den Pat. mehrere Tage bis Wo. vor der OP befragen, untersuchen und aufklären kann. Es bleibt ausreichend Zeit für präop. Diagn., Eigenblutspenden und verbessernde Maßnahmen.
-
!Pat., die bereits vor längerer Zeit vom prämedizierenden Anästhesisten gesehen wurden (z. B. in Prämedikationsambulanz oder weil OP aufgeschoben werden musste), erneut am Vorabend des geplanten Eingriffs besuchen:
-
–Nach zwischenzeitlichen Änderungen des Status fragen, neue Befunde durchsehen und evtl. erforderliche Änderungen des Narkoseverfahrens und Monitorings mit Pat. besprechen.
-
–Anschließend schriftliche Einwilligung des Pat.
-
–
-
!
Darauf achten, dass präop. angeforderte Laborwerte noch aktuell (1.1.1) und ursprünglich bestellte EK und FFP noch oder wieder in Bereitschaft sind.
Besondere Situationen.
-
•
Notfalleingriffe: Präop. Visite in Abhängigkeit von der präop. zur Verfügung stehenden Zeit und dem Zustand des Pat. auf Wesentliches verkürzen. Wichtig ist eine schriftliche Dokumentation!
-
•
Bewusstlose: Fremdanamnese von Begleitern, Angehörigen, vorbehandelnden Ärzten einholen, Studium der Patientenakte und körperliche Untersuchung. Die Angehörigen über vorgesehenen Eingriff informieren.
1.1.3. Patientenakte und Anamnese
Patientenakte
-
•
Patientenakte Vorinformationen: Durch den einweisenden Arzt über Vorerkr., Medikation, Ergebnisse von Voruntersuchungen (z. B. Labor, EKG, Röntgen). Möglichst Vermeidung von Doppelanforderungen bereits erfolgter Untersuchungen. Bei früheren Aufenthalten des Pat. in der jetzigen oder auswärtigen Klinik alte Akten oder Verlegungs- bzw. Abschlussberichte anfordern.
-
•Vorbefunde: Werden akzeptiert, wenn Patientenstatus seit Befunderhebung unverändert und:
-
–Laborwerte nicht älter als 1 Wo.
-
–EKG nicht älter als 1 Mon.
-
–Rö-Thorax nicht älter als 1 J.
-
–
-
!
Zwischenzeitlich eingetretene neue Aspekte erfordern eine aktuelle Wiederholung der jeweiligen Untersuchung.
-
•
Patientenstatus: Jetziger Aufnahmebefund, Krankheitsverlauf, Zeitpunkt und Ergebnisse von präop. Diagn. und Ther., Konsile, Beobachtungen des Pflegepersonals.
Anamnese
Vor der präop. Visite sollte der AnamnesePat. Anamnese- und Aufklärungsbogen ausfüllen. Dieses mit Pflegepersonal auf Station absprechen. Der Anästhesist geht unklare oder auffällige Punkte dieses Bogens und der Patientenakte gemeinsam mit Pat. durch. Erfragt und dokumentiert werden:
-
•
Jetzige Beschwerden: Zeitliche Entwicklung, Symptome.
-
•
Aktuelle begleitende Veränderungen der Gesundheit und Belastbarkeit: Z. B. Atemwegs- oder GIT-Infekte, Einschränkungen oder Verbesserungen im Alltag wie Treppensteigen, selbstständige Versorgung im Haushalt, Gartenarbeit.
-
•
Frühere Unfälle und OP: Zeitpunkt, Art, Auffälligkeiten bei früheren Eingriffen oder Narkosen, v. a. Intubationsschwierigkeiten, Transfusionszwischenfälle.
-
•Vor- und Begleiterkrankungen:
-
–Herz-Kreislauf-System: Herzinsuff., KHK, Hyper- oder Hypotonie, Rhythmusstörungen, Herzinfarkt, Varikosis, Thrombose, Embolie, pAVK.
-
–Atmungsorgane: Tägl. Zigarettenzahl, chron. Bronchitis, obstruktive Atemwegserkr., Tbc, Pneumonie, Emphysem.
-
–Nieren: Insuff., Steine, Entzündungen.
-
–Leber: Insuff., Hepatitis, Fettleber, Alkohol (Menge und Art), Malaria, Gallenblasenerkr.
-
–GIT: Ulcera ventriculi oder duodeni, M. Crohn, Colitis ulcerosa, Zwerchfellhernien.
-
–ZNS: Lähmungen, Krampfanfälle, Apoplex.
-
–Stoffwechsel: Diab. mell., Gicht, Hyper- oder Hypothyreose, Obstunverträglichkeit (Fruktose).
-
–Augen: Glaukom, Glasauge.
-
–Bewegungsapparat: Rheumatoide Arthritis, Arthrose, Wirbelsäulenschäden (z. B. Dens-Instabilität, eingeschränkte HWS-Beweglichkeit, Lumbalgie, Ischialgie).
-
–Gerinnungssystem: Marcumarther., Hinweise auf Blutungsneigung wie Nasenbluten, blaue Flecken.
-
–Immunsystem: AIDS, onkologische Erkr.
-
–
-
•
Allergieneigung: Heuschnupfen, Überempfindlichkeit gegen Penicillin oder andere Medikamente, Pflaster, Latex, Nahrungsmittel.
-
•
Bei Frauen: Zyklusanamnese, mögliche Schwangerschaft.
-
•
Jetzige Medikation: Art, Dosis, Applikationsweg. Wichtig sind Dauermedikamente wie Antihypertensiva, Nitropräparate, Herzglykoside, Antiarrhythmika, Antikoagulanzien, Antidiabetika, Antibiotika, Antikonvulsiva, Psychopharmaka, Opioide. Cave: Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit.
-
•
Zahnprothesen, -spangen, lockere Zähne, Brille, Kontaktlinsen, Hörgerät.
1.1.4. Körperliche Untersuchung
Untersuchung:körperlicheUmfang und Art der Untersuchung in Abhängigkeit vom geplanten Eingriff, der Art des Anästhesieverfahrens und der Anamnese des Pat. Die Untersuchung umfasst aber mind.:
-
•
Allgemein- und Ernährungszustand: Körpergröße und -gewicht, Körpertemperatur (vorher delegierbar ans Pflegepersonal).
-
•
Bewusstseinslage: Orientiert, kontaktfähig, verwirrt.
-
•
Vorgesehene Punktionsstellen für Regionalanästhesie und Gefäßzugänge: Anatomische Verhältnisse, lokale Entzündungsherde, bereits vorhandene Zugänge, Port.
-
•
Bewegungs- oder Lagerungseinschränkungen an Armen und Beinen, z. B. bei frozen shoulder, Coxarthrose.
Haut und Schleimhaut
-
•
Exsikkosezeichen: „Stehende“ Hautfalten, Exsikkose:Zeichentrockene Haut oder Schleimhaut, borkige Zunge (außerdem Puls flach oder schnell, Hypotonie).
-
•
Ikterus: Gelbfärbung der Skleren ab Serum-Bili > 1,5 mg/Ikterusdl (> 26 μmol/l).
-
•
Anämie: Konjunktiven erscheinen blass bei Hb < 90 g/l.
-
•
Anämie Ödeme: Prätibial, periorbital, sakral, ein- oder beidseitig.
-
•
Narben: Z. B. Ödemfrühere OP, Ekzeme (Allergieneigung).
-
•Zyanose:
-
–Periphere Zyanose: Lokal begrenzte oder generell erhöhte ZyanoseO2-Ausschöpfung bei normaler O2-Sättigung des Blutes in der Lunge. Haut und Akren blau, Zunge jedoch nicht. Ursache z. B. Herzinsuff.
-
–Zentrale Zyanose: O2-Sättigung im arteriellen Blut sinkt unter 85 %. Haut und Zunge blau. Ursache z. B. Lungenerkr., Herzvitien.
-
–
Herz und Kreislauf
Herztöne
-
•1. Herzton:
-
–Laut bei „Stress“, z. B. Fieber, Anämie, Gravidität, Hyperthyreose.
-
–Paukend bei Mitralstenose.
-
–HerztöneGedämpft bei Kontraktilitätsverminderung: Herzinsuff., Infarkt, Perikarderguss, Myokarditis.
-
–Hörbar gespalten bei Schenkelblöcken und bei Extrasystolie.
-
–
-
•2. Herzton:
-
–Laut bei Aortensklerose, Hypertonus.
-
–Gedämpft oder fehlend bei Aortenstenose.
-
–Physiologische, bei Inspiration verstärkte Spaltung: Aortenklappe schließt vor Pulmonalisklappe.
-
–Paradoxe Spaltung: Pulmonalisklappe schließt vor Aortenklappe, bei Exspiration verstärkt. Bei Linksschenkelblock, Hypertonus, Aortenisthmusstenose.
-
–Fixierte Spaltung bei Vorhofseptumdefekt.
-
–Weite Spaltung bei pulmonaler Hypertonie und Rechtsschenkelblock.
-
–
Geräusche
-
•
Systolikum: Bei Mitral-, SystolikumAorten-, HerzgeräuscheTrikuspidalinsuff., Ventrikelseptumdefekt. Spindelförmig, in die Karotiden fortgeleitet bei Aorten- oder Pulmonalstenose, Maschinengeräusch bei offenem Ductus Botalli.
-
•
Maschinengeräusch Diastolikum: Bei Mitralstenose, Aorteninsuff. DiastolikumMaschinengeräusch bei offenem Ductus Botalli.
-
•
Funktionelle Herzgeräusche: Ohne organische Herzveränderung, selten holosystolisch z. B. bei schwerer körperlicher Arbeit, Fieber mit hohem HZV, Anämie mit hoher Blutviskosität, Schwangerschaft, Hyperthyreose.
-
•
Akzidentelles Herzgeräusch: Bei gesunden, meist Jugendlichen ohne Herzveränderungen. Geräusch meist leise, evtl. nach Lagewechsel verschwindend. Nie diastolisch!
Puls Seitenvergleich, Rhythmus, peripheres Pulsdefizit (bei Vorhofflimmern); Tachykardie > 100/Min., Bradykardie < 60/Min., Arrhythmie abklären.
Gefäße Inspektion und Palpation peripherer Venen und Arterien. Liegender Shunt oder Port. Auskultation der Karotiden (Strömungsgeräusche durch Stenosen).
Systolischen und diastolischen Blutdruck messen.
-
•
Hypertonie > 130/90 mmHg, Hypotonie < 105/60 mmHg.
-
•
Blutdruckmessung Differenz > 20 mmHg im Seitenvergleich gilt als path.
-
•
Manschette sollte 3⁄5 des Oberarms bedecken (bei kleineren Manschetten falsch hohe RR-Werte).
-
•
Bei Dialysepat. nie am Shuntarm messen, bei Hemiplegikern nicht an der gelähmten Seite.
-
•
Auffällige RR-Messungen im Lauf der präop. Visite wiederholen.
-
•
Vergleich mit früheren Werten in der Patientenkurve.
Atmungsorgane
-
•
HWS-Beweglichkeit, Grad der Mundöffnung.
-
•
Zahnstatus, Zahnprothesen, Zahnspangen, lockere Zähne.
-
•
Einengung oder Verlagerung der Atemwege, z. B. bei Struma, Tracheostoma.
-
•Auskultation der Lunge: Normales Atemgeräusch Auskultation:Lungeist vesikulär, nur bei Inspiration leises Rauschen.
-
–Abgeschwächt bei Infiltration, verminderter Entfaltung.
-
–Fehlend bei Pneumothorax, Erguss.
-
–Verschärft, laut, fauchend bei beginnender Infiltration.
-
–Pfeifend, stridorös bei Einengung der oberen Luftwege.
-
–Bronchialatmen auch bei Exspiration hörbar, z. B. bei Infiltration, Lungenfibrose.
-
–
-
•Nebengeräusche:
-
–Trockene Rasselgeräusche (RG): Pfeifen, Giemen, RasselgeräuscheBrummen durch schwingende Schleimfäden im Luftstrom von In- und Exspirium, z. B. bei Asthma, chron. obstruktive Bronchitis.
-
–Feuchte Rasselgeräusche nur im Inspirium vorhanden: Grobblasige, tieffrequente RG bei Flüssigkeit in den Bronchien, z. B. bei akutem Lungenödem, Bronchiektasen. Feinblasige, hochfrequente RG bei Flüssigkeit in Bronchiolen und Alveolen, z. B. bei chron. Linksherzinsuff. mit Lungenstauung. Feinblasige feuchte RG können sein: Klingend (ohrnahe RG bei Infiltration) oder nicht klingend (ohrferne RG bei Stauung).
-
–
Ist bei max. Mundöffnung die Uvula nicht vollständig sichtbar, muss man mit Intubationsschwierigkeiten rechnen (2.3.4).
Tab. 1.1.
Vergleich typischer physikalischer LungenbefundeStimmfremitusLungenbefunde, DD
| Diagnose | Perkussionsbefund | Stimmfremitus | Auskultation |
|---|---|---|---|
| Kardiale Stauung | Dämpfung (oder normal) | Normal oder ↑ | Feuchte, eher spätinspiratorische, nicht klingende RG |
| Pneumonisches Infiltrat | Dämpfung | ↑ | Feuchte, ohrnahe, frühinspiratorische, klingende RG |
| Pleuraerguss | Lageveränderliche Dämpfung | Aufgehoben | Fehlendes Atemgeräusch, oft feuchte RG im Grenzbereich |
| Große Atelektase | Dämpfung | ↓ | Abgeschwächtes bis fehlendes Atemgeräusch |
| Chron. Bronchitis | Normal | Normal | Trockene RG, auch feuchte, nicht klingende RG, bei zusätzlicher Atemwegsobstruktion Giemen und Brummen |
| Pneumothorax | Hypersonor | Aufgehoben | Fehlendes Atemgeräusch |
| Lungenemphysem | Hypersonor | ↓ | Abgeschwächtes Atemgeräusch |
1.1.5. Apparative Routinediagnostik
Tab. 1.2.
Präop. mind. erforderliche Routineuntersuchungen in Abhängigkeit vom ASA-Grad (1.1.8)ASA-Grad
| Alter | ASA 1 | ASA 2 und 3 | ASA 4 und 5 |
|---|---|---|---|
| 40. Lj. ∗ | Labor | ||
| ∗∗ | Labor | EKG, Rö-Thorax, BGA, LuFu | Labor, EKG, Rö-Thorax, BGA, LuFu |
| 40.–60. Lj. ∗ | Labor, EKG | Labor, EKG | |
| ∗∗ | Rö-Thorax, BGA, LuFu | Labor, EKG, Rö-Thorax, BGA, LuFu | |
| > 60. Lj. ∗ | Labor, EKG, Rö-Thorax | Labor, EKG, Rö-Thorax | |
| ∗∗ | LuFu | BGA, LuFu | Labor, EKG, Rö-Thorax, BGA, LuFu |
Bei jedem Pat. erforderlich
Je nach Patientenstatus, geplanter OP, Dringlichkeit und Narkoseart
Path. EKG- oder Rö-Thorax-Befunde bei jüngeren Pat. sind zu selten, um Screening-Verfahren anzuwenden. Kosten- und Zeitaufwand gegen erwarteten Nutzen abwägen.
Labor
Laboruntersuchungen Labor, präoperativesin Abhängigkeit von klinischem Befund, Anamnese und OP-Art anordnen. Laborparameter können Anamnese und körperliche Untersuchung nicht ersetzen. Vor jedem Notfall- oder Elektiveingriff sollten bei sonst gesunden Pat. zumindest folgende Laborwerte vorliegen (bei sonst gesunden Pat., ASA 1, < 40 J. und OP ohne erwarteten Blutverlust kann auch hierauf verzichtet werden):
-
•Hb und Hkt.:
-
–Bedeutung: Hinweise auf die O2-Transportkapazität. Bei Anämie ggf. präop. Auftransfusion. Polyglobulie kann das Thromboserisiko erhöhen und die Mikrozirkulation beeinträchtigen.
-
–Beurteilung: In Zusammenhang mit der Volumensituation. Exsikkierte Pat. können trotz Blutverlust falsch hohe Hb-Werte aufweisen. „Überwässerte“ Pat. haben trotz ausreichender Gesamtmenge an Hämoglobin oft zu niedrige Hb-Konzentrationen.
-
–
-
•Serum-E‘lyte: K+ und Na+ stets in Zusammenhang mit Säure-Basen- und Wasserhaushalt beurteilen. Auf Diuretika- oder Laxanziengabe achten.
-
–Hypokaliämie: Erregbarkeit des Herzens ↑, Hypokaliämieerhöhte Gefahr von Rhythmusstörungen unter Digitalis (6.8.2); im EKG T-Welle ↓.
-
–T-Welle:Kaliumhaushalt Hyperkaliämie: Rhythmusstörungen, Kammerflimmern, Asystolie. HyperkaliämieIm EKG T-Welle ↑.
-
–
-
•Gerinnung: Quick, PTT, Thrombozyten (Untersuchung in Abhängigkeit von Art der OP und des Anästhesieverfahrens anordnen):
-
–Quick ↓ z. B. bei Heparin-, Marcumarther., Leberfunktionsstörung.
-
–PTT ↑ z. B. bei Verbrauchskoagulopathie, Heparin-, Marcumarther.
-
–Thrombozytenzahl ↓ z. B. bei Zytostatikather., Verbrauchskoagulopathie.
-
–
-
•
BZ.
-
•
Serum-Kreatinin: Ggf. Dosisanpassung von renal eliminierten Pharmaka (21.2).
-
•
Weitere Parameter in Abhängigkeit von der Erkr. des Pat., z. B. CRP-Verlauf, Herzenzyme, Pankreasenzyme.
-
•
Engl. Merkspruch: „No pot[assium], no tea [T-wave], but U-wave“.
-
•
Das EKG gibt Auskunft über die intrazelluläre K+-Konzentration, das Serum-K+ über die intravasale Kaliumkonzentration.
-
•
Bei Alkalose Hypokaliäme, bei Azidose Hyperkaliämie.
-
•
Bei Überwässerung Hyponatriämie, bei Exsikkose Hypernatriämie.
Blutgasanalyse
-
•
Ind.: Nur Blutgasanalysebei anamnestischen oder klinischen Hinweisen auf pulmonale Erkr., große OP, wahrscheinliche postop. Nachbeatmung.
-
•
Bedeutung: Wichtiger Ausgangsparameter, der zum Vergleich mit intra- oder postop. gemessenen Werten herangezogen werden kann.
Normalwerte einer art. Blutgasanalyse bei 37 °C.
pH 7,35–7,45
pO2 70–100 mmHg
pCO2 36–44 mmHg
HCO3 22–26 mmol/l
BE ± 2
-
•Differenzialdiagnostik:
-
–pO2 ↓, pCO2 normal: Respiratorische Partialinsuff. Pulmonaler Gasaustausch gestört bei Erkr. des Lungenparenchyms. Folge ist art. Hypoxämie ohne Hyperkapnie.
-
–pO2 ↓, pCO2 ↑: Respiratorische Globalinsuff. Beeinträchtigung von Atemantrieb oder Atemmechanik. Folge ist alveoläre Hypoventilation mit Hypoxämie und Hyperkapnie.
-
–Zeigt sich nach O2-Gabe eine adäquate pO2-Erhöhung, deutet das auf pulmonale Diffusionsstörung hin. Steigt der pO2 nicht oder nur gering, liegt meist ein pulmonaler Shunt vor.
-
–
Elektrokardiographie
-
•
Extremitäten-/EKG:präoperativesBrustwandableitungen (12-Elektrokardiogramm:präoperativesKanäle). Mind. 3–4 Herzaktionen/Ableitung.
-
•
Bei Auffälligkeiten zusätzlich langen Rhythmusstreifen über 30–60 Sek. schreiben lassen.
-
•
Auf Beschriftung achten: Patientendaten, Ableitgeschwindigkeit, Kennzeichnung der einzelnen Ableitungen.
-
•
Im Zweifelsfall auch an Artefakte denken (Verpolung, Platzierung der EKG-Elektroden).
Röntgen-Thorax
-
•
Aufnahmen in Röntgen-Thoraxzwei Ebenen (p.a. und seitlich). Korrekte Beschriftung mit Personalien!
-
•
Bei der Beurteilung berücksichtigen, ob Aufnahme nur im Liegen möglich war, in In- oder Exspiration erfolgte, Pat. kooperativ war.
Lungenfunktionsprüfung
-
•
Ind.: Nur bei anamnestischen oder Lungenfunktionsprüfungklinischen Hinweisen auf pulmonale Erkr., große OP, wahrscheinliche postop. Nachbeatmung. Voraussetzung ist kooperationsfähiger und -williger Pat. wenig sinnvoll bei verwirrten Pat., Schmerzen bei Atemexkursionen.
-
•
KI: Akut entzündliche Lungenerkr.
-
•
Normwerte: Abhängig von Lebensalter, Größe, Körpergewicht und Geschlecht. Aufgelistet in Tabellen der europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Sollten als die für den jeweiligen Pat. spezifischen Normalparameter von der Spirometrieabteilung zusammen mit den Untersuchungsergebnissen ausgedruckt werden.
-
•Für Anästhesisten wichtige Parameter:
-
–Vitalkapazität (VC): Max. ventilierbares VitalkapazitätLungenvolumen. Männer meist > 4,0 l, Frauen meist > 3,0 l; normal ab 80 % des Tabellennormwerts.
-
–Residualvolumen (RV): Nicht ventilierbares Volumen, das sich nach max.Residualvolumen Exspiration noch in der Lunge befindet (meist 1–2 l).
-
–Forciertes exspiratorisches Volumen in 1 Sek. (FEV1) und Tiffeneau-Wert (FEV1/VC × 100, meist ¡ 70 %). Parameter zur Erkennung einer Obstruktion bei forcierter Atmung.
-
–Resistance:Tiffeneauwert Körperplethysmographisch bestimmter Atemwegswiderstand. ResistanceParameter zur Erkennung einer Obstruktion bei Ruheatmung (meist < 2,5 cmH2O/l/Sek.).
-
–
Abb. 1.1.

SpirometrieSpirometrie [A300]
Tab. 1.3.
Differenzialdiagnostik der Lungenfunktionsprüfung
| Parameter | Obstruktion | Restriktion | Emphysem |
|---|---|---|---|
| VC | ↓ | ↓ | ↓ |
| RV | ↔ (↑) | ↓ | ↑ |
| FEV1 | ↓ | (↓) | ↓ |
| FEV1/VC | ↓ | ↔ (↓) | ↓ |
| Resistance | ↑ | ↔ ↑ | ↔(↑) |
Tab. 1.4.
Lungenfunktionsparameter und Lungenresektion
| Parameter | Erforderlicher Mindestwert |
|---|---|
| Forcierte VC | > 50 % des berechneten Werts oder > 2 l |
| FEV1 | > 50 % des berechneten Werts |
| RV, totale Lungenkapazität | < 50 % des berechneten Werts |
| Diffusionskapazität | > 50 % des berechneten Werts |
| Klinische Belastbarkeit | Problemloses Treppensteigen über mind. 2 Etagen |
Richtlinien nach Gothard/Branthwaite 1982, Brindley et al. 1982
Pulsoxymetrie
Nicht invasive, schnell durchzuführende Untersuchung der O2-Sättigung, die direkt bei der präop. Visite durchgeführt werden kann (4.5.8). Gerät sollte in der Prämedikationsambulanz vorhanden sein. Kleine tragbare Apparate lassen sich auch auf Station mitnehmen.
-
•
Bedeutung: Gibt ersten Anhalt für PulsoxymetrieLungenfunktionsstörung.
-
•
Normwerte: 95–99 % O2-Sättigung, im Alter niedriger. Bei ↓: BGA, Lungenfunktion veranlassen.
1.1.6. Anforderungen von Zusatzuntersuchungen
Bei anamnestischen Hinweisen auf Vor- und Begleiterkr. sowie bei auffälligen Untersuchungsbefunden:
-
•
Kardiopulmonale Erkr.: Langzeit-EKG, Belastungs-EKG, Herzecho.
-
•
Leberschädigungen: GOT, GPT, γ-GT, CHE, Albumin.
-
•
Aszites, Ödeme, Nierenerkr.: Gesamteiweiß, Elektrophorese.
-
•
Schilddrüsenerkr.: T4, T3, TSH.
-
•
Schilddrüsenvergrößerungen: Trachea-Zielaufnahmen mit Saug-Press-Versuch wegen V. a. Tracheomalazie.
-
•
Vor Gefäß-OP (z. B. Karotis-Thrombendarteriektomie): Rö, CT oder Dopplersonographie der hirnversorgenden Gefäße. Stenosegrad der übrigen hirnversorgenden Arterien zur Abschätzung der Kompensationsmöglichkeiten bestimmen lassen.
1.1.7. Konsile
Zur Klärung des präop. Status des Pat. und dessen weiterer Verbesserbarkeit Kollegen entsprechender Fachgebiete heranziehen, beispielsweise:
-
•
Internistisches Konsil mit der Fragestellung der Therapieoptimierung z. B. von Herzinsuff., Herzrhythmusstörungen, pulmonalen Einschränkungen, Diab. mell.
-
•
HNO-Konsil bei zu erwartenden Intubationsproblemen (Laryngoskopie).
-
•
Neurologisches Konsil zur Statuserhebung bei neurol. auffälligen Pat.
1.1.8. Risikoabschätzung
Die Analyse und Einstufung des Anästhesierisikos beeinflusst den Narkoserisiko:AbschätzungUmfang der erforderlichen präop. Diagn. und erleichtert die Auswahl des angemessenen An
ästhesieverfahrens, Monitorings und der Art der postop. Versorgung. Kardiale Risikoeinschätzung nach Einteilung der New York Heart Association (NYHA I–IV 8.1.2).
Klassifikation der American Society of Anesthesiologists (ASA)
-
•
ASA-Klassifikation Risikogruppe 1 = normalgesunder Pat.
-
•
Risikogruppe 2 = Pat. mit leichter Allgemeinerkr.
-
•
Risikogruppe 3 = Pat. mit schwerer Allgemeinerkr. und Leistungsminderung.
-
•
Risikogruppe 4 = Pat. mit inaktivierender Allgemeinerkr., die eine ständige Lebensbedrohung darstellt.
-
•
Risikogruppe 5 = moribunder Pat., von dem erwartet wird, dass er die nächsten 24 h nicht überlebt. Geplante OP ist Ultima Ratio.
Weitere Risikofaktoren
-
•
Typ des operativen Eingriffs: Zweihöhlen-OP, abdominale, thorakale, intrakranielle OP, Notfall-OP.
-
•
Zeitdauer der OP.
-
•
Erfahrung des OP-Teams.
Häufigste Ursachen anästhesiebedingter Mortalität (Larsen 1999): Hypoxämie, Herz-Kreislauf-Instabilität, pulmonale Aspiration, Überdosierung von Medikamenten, Anaphylaxie und Medikamenteninteraktionen.
1.1.9. Ergänzende präoperative Maßnahmen
Festlegung des OP-Zeitpunkts.
In Abhängigkeit von der Dringlichkeit der OP lässt sich der Zustand des Pat. oft durch Vorbehandlungen verbessern. Entscheidung hierüber gemeinsam mit Operateur, konsiliarisch zugezogenen Ärzten und anderen Therapeuten treffen. Man wird dem Pat. eher gerecht, wenn seine OP bis zum optimalen Zeitpunkt verschoben wird (Abschluss der Vorbehandlung) und ihm die Gründe hierfür erklärt werden, als wenn man ihn einfach per Anruf auf Station „absetzt“.
Häufige und wichtige Maßnahmen
-
•Atemtraining:
-
–Ind.: Eingeschränkte Lungenfunktion.
-
–Durchführung: Pneumonieprophylaxe durch Atmen gegen Widerstand (Aufblasen von Ballons oder Magensekretbeuteln mit langem Schlauch) oder mit erhöhtem Totraum (Giebelrohr: Bei verschlossener Nase steigt das CO2, Folge ist Atemstimulation).
-
–NW: pO2-Abfall, intrathorakale Druckerhöhung.
-
–
-
•Ausgleich des Wasser-, E‘lyt- und Säure-Basen-Haushalts (5):
-
–Ind.: Volumendefizit ist besonders häufig bei Pat. mit konsumierenden Erkr. (z. B. GIT-Tumoren), Pat. unter Diuretika-Ther. oder älteren Pat. mit zu geringer Trinkmenge.
-
–Durchführung: Je nach Ausmaß der E'lytstörung und Dringlichkeit der OP orale oder parenterale Ther. Möglichst orale Trinkmenge steigern, sonst i.v. Substitution (v. a. während der präop. Nahrungskarenz). Präop. Dialyse bei terminaler Niereninsuff., anschließend nochmals E'lyte bestimmen lassen. Hypovolämieausgleich nach ZVD durch i.v. Substitution. Mengenbegrenzung von Hydroxyäthylstärke (HAES) wegen Beeinträchtigung der Thrombozytenaggregation beachten.
-
–
-
•
Eigenblutspende (5.2.5).
-
•
Herzschrittmacher (8.1.8): Bei bradykarden Rhythmusstörungen nach entsprechender Diagn. durch konsiliarischen Internisten. Entweder Anlage eines permanenten Schrittmachers durch die Kardiologen oder direkt präop. Legen eines großlumigen Zugangs in die V. cava sup. (Schleuse) und Bereitlegen eines temporären Schrittmachers. Alternativ perkutane Schrittmacherelektroden aufkleben.
Maßnahmen bei präop. Hypokaliämie.
Hypokaliämie:präoperativeEine am Vorabend der OP festgestellte Hypokaliämie lässt sich nicht mehr wirksam durch Kalium 40–80 mmol p.o. (z. B. Kalinor® Brausetbl.) ausgleichen! Stattdessen i.v. Substitution präop. auf Station oder intraop. im OP. Vorgehen richtet sich nach Zustand des Pat., Dringlichkeit der OP und Ausmaß der Hypokaliämie:
-
•
Je nach Kaliumwert z. B. 20–40 ml KCl 7,45 % pro 500 ml laufende Infusionslösung.
-
•
Bei ausgeprägter Hypokaliämie Perfusor mit 50 ml KCl 7,45 % (1 ml = 1 mmol) mit Infusionsgeschwindigkeit 10–20 mmol/h einsetzen. K+ schädigt die Venenwand. Zu hohe Infusionsgeschwindigkeit kann zu Schmerzen, Übelkeit und Herzrhythmusstörungen führen. Deshalb Pat. überwachen und max. 20 mmol/h in periphere Vene perfundieren, ZVK bevorzugen.
-
•
Vor Einleitung der Narkose im OP erneut Kaliumwert bestimmen lassen.
-
•Hilfen zur Einschätzung:
-
–Um ein Serum-K+ von 3,5 auf 4,5 mmol/l zu heben, ist die Zufuhr von ca. 200 mmol K+ erforderlich. Hierbei engmaschige Serumkaliumkontrollen, da erhebliche Umverteilung von extra- nach intrazellulär.
-
–Eine Erhöhung des Serum-pH-Werts um 0,1 bewirkt eine Senkung des Serum-K+ um ca. 0,4 mmol/l, daher BGA kontrollieren.
-
–
Hinweise an die Station zur präop. Bearbeitung der Patientenunterlagen.
-
•Prüfen auf Vorhandensein, Aktualität und Vollständigkeit:
-
–Aufklärungs- und Einverständniserklärung zum Eingriff und zur Anästhesie.
-
–Neueste Labor- und Beatmungsbefunde.
-
–Neueste diagnostische Befunde, z. B. EKG, Röntgen, Endoskopie.
-
–Blutgruppenoriginalschein, Anforderungsscheine.
-
–Aktuelle Kurve und Verordnungsbögen.
-
–Zusammenfassende Verlegungsbriefe.
-
–Alte Patientenakte.
-
–
-
•
Weitere Befunde, Konsile, Maßnahmen, je nach Anforderung durch Operateur oder Anästhesisten. Siehe Anordnungen auf Prämedikations- oder Konsilformular.
-
•
Beschriften und Beifügen von Formularen für den Eingriff, z. B. Narkoseprotokoll, OP-Bericht, Histologieschein.
-
•
Beifügen eines Datenträgers mit Patientendaten, z. B. Magnetkarte, Chip, Abrollkarte, Adressetiketten.
1.1.10. Wahl des Anästhesieverfahrens
Stets Anästhesie:Verfahren, Auswahlindividuelle Auswahl unter Berücksichtigung von Patientenstatus, Art der OP und nach Möglichkeit Wünschen des Pat. Ziel ist größtmögliche Sicherheit für den Pat. und gute Arbeitsvoraussetzungen für den Operateur.
Allgemeinanästhesie
-
•
Intubation und kontrollierte Ventilation: Bei abdominal- und thoraxchirurgischen OP, OP an Kopf oder Hals, langer OP, Bauchlage, unkooperativem Pat., Notfall-OP bei nicht nüchternen Pat., wenn Lokal- oder Regionalanästhesie nicht indiziert, Pat. mit schwierigen anatomischen Voraussetzungen für Maskennarkose (Vollbart, kurzer dicker Hals).
-
•
Masken- oder Larynxmasken-Narkose: Bei kurzen OP, nüchternem Pat., Rückenlage.
Regionalanästhesie
-
•
Ind.: OP an den Extremitäten und des Unterbauchs, Pat. mit schweren respiratorischen Störungen wie z. B. Asthma bronchiale, wenn von der Art der OP gleichwertig Allgemein- und Regionalanästhesie möglich wären.
-
•
KI: Laufende High-dose-Heparinisierung (Tab. 3.1 und Tab. 3.2), fortbest. Medikation von Vit.-K-Antagonisten.
-
•
Voraussetzung: Intakte Gerinnung (unauffällige Anamnese, Klinik und Laborwerte).
1.1.11. Aufklärung und Einwilligung zum Eingriff und zur Narkose, juristische Aspekte
Aufklärung
Der Operateur stellt die OP-Ind., der Anästhesist beurteilt die Narkosefähigkeit, konsiliarisch herangezogene Ärzte die Frage präop. Verbesserungsmöglichkeiten. Die Aufklärung erfolgt unter Berücksichtigung der Wünsche, Ängste und Fragen des Pat.
-
•
Je weniger dringlich und je risikoreicher der geplante Eingriff, desto ausführlicher ist über die Risiken zu sprechen, je dringlicher die Indikation, desto geringer die AufklärungAufklärungsanforderungen.
-
•
Den Umfang der Aufklärung bestimmt der Pat. Er darf auch auf eine Aufklärung verzichten (schriftlich fixieren: „Pat. wünscht keine Aufklärung“).
-
•
Durch den Operateur über Art und Umfang des Eingriffs, Vorgehensweise, typische Risiken und Komplikationen, OP-Zeitpunkt, prä- und postop. Maßnahmen.
-
•Durch den Anästhesisten:
-
–Pat. besonders sorgfältig über Bluttransfusionen und ihre Risiken aufklären, wenn die OP weder als lebensrettend noch als dringlich einzustufen ist und mit der Möglichkeit einer Transfusion ernsthaft gerechnet werden muss. (Zwar ist die Aufklärung über Transfusionen Aufgabe des Operateurs, der Anästhesist sollte jedoch auch darüber sprechen, weil er die Transfusion intraop. veranlasst und durchführt.)
-
–Pat. über sämtliche infrage kommende Narkoseverfahren mit den typischen Risiken aufklären, auch wenn sie extrem selten auftreten, einschließlich des am schwersten in Betracht kommenden typischen Risikos.
-
–Auf präop. Flüssigkeits- und Nikotinkarenz hinweisen.
-
–Über Prämedikation und postop. Ther. aufklären.
-
–
-
•
Eigenblutspende: Bestehen Eigenblutspendedie organisatorischen und medizinischen Voraussetzungen zur Spende von Eigenblut, ist sie mit dem Pat. rechtzeitig zu besprechen und ggf. durchzuführen (5.2.5).
-
•
Postop. Schmerzbekämpfung mit PCA-Gerät: Ist diese Möglichkeit vor OP absehbar, Pat. schon jetzt mit dem Apparat vertraut machen (20.5).
Einwilligung
Jeder invasive Eingriff ohne Einwilligungrechtswirksame Einwilligung des Pat. gilt als rechtswidrige Körperverletzung (§§ 222ff. StGB). Grundlage ist das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 GG).
-
•
Zeitpunkt: Zeitgerecht und nach erfolgter Aufklärung. Dabei ist der Vorabend der OP noch rechtzeitig genug.
-
•
Inhalte von Aufklärungsgespräch und die Einwilligung stets auf einem Prämedikationsbogen vermerken.
-
!
Eine einmal gegebene Einwilligung kann vom Pat. jederzeit widerrufen werden.
Aufklärung und Einwilligung bei Pat. unter Medikamenteneinfluss:Einwilligung:unter Medikamenteneinfluss Vielfach sollen Pat. nach Aufklärung ihre Einwilligung zu Eingriff und Narkose geben, obwohl sie Medikamente erhalten haben, die ihre ZNS-Funktionen beeinträchtigen. Eine in dieser Situation eingeholte Einwilligungserklärung ist nicht rechtswirksam und muss daher nach Abklingen der Medikamentenwirkung eingeholt werden.
Elektiveingriff
-
•Stufenaufklärung und folgende Einwilligung: Übliches Vorgehen:
-
–Einwilligung:Elektiveingriff 1. Stufe: Pat. erhält vor der präop. Visite ein Formblatt, das über den bevorstehenden Eingriff informiert. Auf dieser Grundlage erfolgt das Gespräch mit Operateur und Anästhesisten.
-
–2. Stufe: Mündliche und schriftliche Einwilligung. Wenn der Pat. nicht unterschreiben kann, Anwesende bei der mündlichen Einwilligung als Zeugen unterschreiben lassen.
-
–
-
•Sonderfälle:
-
–Einwilligung:nicht einwilligungsfähiger Pat. Bei nicht einwilligungsfähigen Pat. ist der gesetzliche Vertreter zuständig, d. h. Eltern oder vom Gericht bestimmter Betreuer. Der Betreuer muss auch für Entscheidungen zu medizinischen Maßnahmen ermächtigt sein. Ist noch kein Betreuer bestellt, beim Amtsgericht des Wohnorts des Pat. beantragen (lassen).
-
–Sprachschwierigkeiten: Dolmetscher hinzuzuziehen, der seine Mitwirkung auf dem Aufklärungs- und Einwilligungsformular dokumentiert.
-
–Kinder < 14 J. sind nicht gesetzlich Einwilligung:Kindereinwilligungsfähig, sollten aber ihrem Entwicklungsstand entsprechend über den Eingriff aufgeklärt werden.
-
–Jugendliche von 14–18 J. können selbst einwilligen, wenn sie in der Lage sind, die Bedeutung und die Folgen des Eingriffs und der Anästhesie für sich selbst zu erkennen. Ansonsten müssen die Erziehungsberechtigten einwilligen.
-
–
Ambulanter Eingriff
(1.4). AufklärungEinwilligung:ambulanter Eingriff und Einwilligung müssen auch bei ambulanten OP rechtzeitig genug erfolgen, dass Pat. in Ruhe abwägen und entscheiden kann. Aufklärung vor der OP-Tür direkt vor dem Eingriff wird vom BGH abgelehnt. Frühzeitige Aufklärung und Einwilligung daher am besten in Prämedikationsambulanz durchführen.
Notfalleingriff
-
•
Aufklärung undEinwilligung:Notfalleingriff Einwilligung in Abhängigkeit von der präop. zur Verfügung stehenden Zeit und dem Zustand des Pat. auf Wesentliches verkürzen. Wichtig ist auch hier eine schriftliche Dokumentation!
-
•
Sonderfälle: Bei Bewusstlosen und nicht einwilligungsfähigen Pat. ist vom mutmaßlichen Patientenwillen auszugehen (Geschäftsführung ohne Auftrag, rechtfertigender Notstand gemäß § 34 StGB). Es ist meist günstig, die Angehörigen über den vorgesehenen Eingriff zu informieren.
Transfusionen bei Zeugen Jehovas.
(5.2.3).
-
•
Zeugen Jehovas lehnen die Transfusion der vier Hauptkomponenten des Bluts (Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten, Blutplasma) ebenso wie die präoperative Eigenblutspende strikt ab. Eine Zwangsbehandlung darf hier nicht erfolgen.
-
•
Zulässig sind jedoch die medizinische Behandlung mit Derivaten, wie Plasmafraktionen, sowie Eigenblutverfahren, wie die maschinelle Autotransfusion oder die Hämodilution. Über diese Behandlungsmethoden entscheidet jeder Zeuge Jehovas nach eigenem Ermessen.
-
•
Auch bei Zeugen Jehovas existiert kein Verbot der Organentnahme nach dem Tod.
Haftung für Behandlungsfehler
(7.7). ArztBehandlungsfehler:Haftung und Pat. stehen in einem Haftung für BehandlungsfehlerDienstvertragsverhältnis: Nicht das Ziel (wiederhergestellte Gesundheit) ist garantiert, sondern die Art der ärztlichen Dienstleistung wird vereinbart. Ein Regelverstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Wissenschaft wird als „Kunstfehler“ oder Behandlungsfehler Kunstfehlerbe
zeichnet. Der entstandene Schaden muss in adäquatem Zusammenhang mit dem „Kunstfehler“ stehen. Vorgerichtlich können Schlichtungsstellen der Ärztekammern vermitteln und evtl. einen Prozess vermeiden helfen.
-
•
Sind Komplikationen aufgetreten, dem Pat. ein Gespräch anbieten; dieses aber erst später und nach sorgfältiger Vorbereitung führen. Cave: Wertung als Schuldeingeständnis/-anerkenntnis!
-
•
Anfertigen eines Gedächtnisprotokolls mit Namen aller Beteiligten, Kopieren der schriftlichen Unterlagen (Akte), umgehende Information der Vorgesetzten, der Haftpflicht- und Strafrechtsschutzversicherung über den Tatbestand.
Im Zivilprozess liegt die Beweislast beim klagenden Pat. Bei groben Behandlungsfehlern/Dokumentationsmängeln, die die Rekonstruktion des Behandlungsablaufs erschweren, kehrt die Rechtsprechung die Beweislast u. U. zulasten des Arztes um.
1.1.12. Anordnung von Medikamenten
Vorbestehende Dauermedikation des Patienten
Übersicht über präop. Umgang mit vorbestehender Dauermedikation des Pat. (Klinikum Augsburg): http://www.anaesthesie-klinikum-augsburg.de/Seiten/info/Arzt/Arzt_Med.html.
Weitergeben
DauermedikationAußer bei Überdosierungssymptomen, z. B. Medikamente:Dauermedikationhöhergradigen AV-Blockaden bei Betablockern, weiterhin Gabe von Antiarrhythmika, Antibiotika, Antihypertensiva, Antikonvulsiva, Anti-Parkinson-Medikamenten, Betablockern, Bronchodilatatoren, Schilddrüsenhormonen, trizyklischen Antidepressiva sowie Augentropfen bei Glaukom. Außerdem beachten:
-
•
ACE-Hemmer: Lange HWZ. NW: Bei RR ↓ geringere Kompensation infolge eingeschränkter Vasokonstriktionsfähigkeit.
-
•
Digitalis: Nur am Morgen des OP-Tages nicht geben wegen geringer ther. Breite, besonders bei Hypokaliämie. Bei toxischer Wirkung heterogene Arrhythmien. Bei Pat. mit Diuretikather. oder Symptomen einer Digitalisintoxikation präop. Digitalisspiegel bestimmen lassen.
-
•
Kalziumantagonisten: Verlängern Wirkungsdauer von nicht depolarisierenden Muskelrelaxanzien. Absetzen kann periop. zu RR ↑↑ und Myokardischämie führen.
-
•
Neuroleptika: Blockieren zentrale Dopaminrezeptoren und wirken anticholinerg. Kurzfristiges Absetzen wegen der langen Wirkdauer jedoch unsicher. Stattdessen sorgfältige kardiovaskuläre Überwachung.
-
•
Trizyklische Antidepressiva: Lange HWZ. Daher kann auf Einnahme am Morgen des OP-Tages verzichtet werden. Bei lang dauernder Ther. Reduktion endogener Noradrenalinspeicher → Verminderte Kompensationsmöglichkeit bei RR ↓. Anfangs jedoch Hemmung der Noradrenalin-Wiederaufnahme → Gesteigerte kardiovaskuläre Reaktion auf Katecholamine mit RR ↑↑ mögl. Wegen der anticholinergen NW Vorsicht mit Gabe von anticholinerg wir
kenden Substanzen (z. B. Atropin). Sorgfältiges kardiovaskuläres Monitoring besser als präop. Absetzen, da sonst Exazerbation der Depression mögl.
-
•
Thionamide (z. B. Thiamazol): Lange HWZ intrathyreoidal. Daher keine Exazerbationsgefahr einer Hyperthyreose, wenn Einnahme am Morgen des OP-Tages nicht erfolgte.
-
•
Opioidpflaster: Fentanyl oder Transtec kleben lassen.
Notfall-OP bei hyperthyreotem Pat.: Präop. Gabe von hoch dosierten Kortikoiden, Propranolol (z. B. Dociton®), Propylthiouracil (z. B. Thyreostat II®) zur Blockade der peripheren Umwandlung von T4 zu T3.
Umstellen
Orale Antikoagulanzien wie Kumarin (z. B. Marcumar®) durch Heparin ersetzen (Umgang mit Antikoagulanzien 8.8.2, Tab. 3.1).
Stationäre OP
-
•
Absetzen des Medikamente:Präoperative Änderung der Dauermedikation Antikoagulanzien:perioperativKumarins unter stationären Bedingungen einige Tage präop. Täglich engmaschige Kontrollen des Quick-Werts (ursprünglicher ther. Bereich meist ~ 20 %).
-
•
Bei Quick > 30 % (laborabhängig!) mit Heparinperfusor beginnen (z. B. 10 000 IE/50 ml NaCl 0,9 % auf 4 ml/h einstellen, ggf. um je 1 ml/h steigern), bis PTT 60–80 Sek. (doppelte Zeit des Normalwerts).
-
•
Heparinperfusor 6–8 h präop. ausstellen. OP je nach Operateur ab Quick von ~ 50 %.
-
•
Je nach OP 12–24 h postop mit Low-dose-Heparinisierung beginnen, später wieder High-dose-Heparinisierung bis zum Erreichen einer PTT von 60–80 Sek. Dann erneute Markumarisierung unter fortlaufendem ausschleichenden Heparinschutz, bis wieder Quick von ~ 20 % erreicht ist.
-
!
Alternative: Ohne Vollheparinisierung nach Absetzen von Kumarin und Erreichen eines Quick-Werts > 30 % direkt periop. Low-dose-Heparinisierung. Nach kleineren OP erneut Marcumar® ab 2. postop. Tag. Nach größeren Eingriffen Markumarisierung nach Abschluss der Wundheilung.
-
!
Vor dringlichen oder Notfall-OP: Gabe von FFP (Faustregel: Pro FFP Anstieg des Quick-Werts um 5–10 %) oder PPSB (5.2.1). Pro 1 IE/kg PPSB Anstieg des Quick-Werts um ca. 1 %.
Beispiel für PPSB-Dosisberechnung:
Gemessener Quick 10 %, gewünschter Quick 60 %, Pat. 60 kg.
Gewünschte Quickanhebung (60–10) × 60 (KG) = 3000 IE PPSB.
Dosiserhöhung
Eine perioperative Kortisonsubstitution:periop.Kortisonsubstitution ist indiziert bei einer Kortisoneinnahme oberhalb der Cushing-Schwellendosis über 5 d innerhalb der letzten 3 Mon. Die Höhe der Substitution ist abhängig vom Operationstrauma.
Tab. 1.5.
Glukokortikoide und Cushing-SchwellendosisCushing-Schwellendosis
| Glukokortikoid | Handelsname | Cushing-Schwellendosis (mg/d) |
|---|---|---|
| Prednison | Decortin, Rectodelt | 7,5–10 |
| Prednisolon | Decortin H, Predni H, Deltacortril, Dermosolon, Solu-Decortin H | 7,5–10 |
| Methylprednisolon | Urbason, Methypred, Methysolon, Predni M | 6–8 |
| Dexamethason | Fortecortin, afpred-Dexa, Dexabene, Dexaflam, Lipotalon | 1,5–2 |
| Hydrokortison | Ficotril, Hydrocutan | 30–40 |
| Betamethason | Betnesol, Celestamine | 0,75–1,5 |
| Kortison | Cortison Ciba | 40–50 |
Tab. 1.6.
Perioperatives SteroidbehandlungsregimeSteroidsubstitution
| Größe der Operation | Steroidsubstitution |
|---|---|
| Kleiner chirurgischer Eingriff: Z. B. Arthroskopie, Herniotomie | Normale Steroidmedikation am Morgen der OP plus 25 mg Hydrocortison zur Anästhesieeinleitung |
| Mittlerer chirurgischer Eingriff: Z. B. TEP, Hysterektomie, Kolonresektion | Normale Steroidmedikation am Morgen der OP plus 25 mg Hydrocortison zur Anästhesieeinleitung plus 100 mg Hydrocortison über 24 h |
| Großer chirurgischer Eingriff: Z. B. TEP-Wechsel, Thoraxchirurgie, Whipple-OP, Ösophagusresektion | Normale Steroidmedikation am Morgen der OP plus 25 mg Hydrocortison zur Anästhesieeinleitung plus 100 mg Hydrocortison/d über 2–3 d |
(modifiziert nach Nicholson und Salem)
Absetzen
-
•Nicht steroidale Antiphlogistika:
-
–Problematik: Analgetika, die die Nichtsteroidale Antiphlogistika:perioperativZyklooxygenase hemmen und somit auch Thrombozytenaggregationshemmer sind.
-
–NSAID:perioperativ Acetylsalicylsäure: Ca. 3 d präop. absetzen.
-
–Übrige NSAID (z. B. Diclofenac, Ibuprofen, Indometacin) je nach HWZ, meist sind 1–2 d präop. ausreichend (1.1.8).
-
–
-
!
NSAID sind oft zur Schmerzbekämpfung unabdingbar und den Opioiden bei Gelenk- und Knochenschmerzen oft überlegen. Daher sorgfältige Abwägung der Vor- und Nachteile, ggf. bei Schmerzen nur Opioide geben.
-
•MAO-Hemmer:
-
–Problematik: Blockade des Abbaus von Noradrenalin und Akkumulation falscher Transmitter in präsynaptischen Vesikeln. Dadurch eingeschränkte kardiovaskuläre Kompensationsfähigkeit des Pat. Bei Interaktion MAO-Hemmer:perioperativmit Opioiden, derzeit besonders von Pethidin bekannt, Exzitationen mit Agitiert
- heit, Hyperthermie, Krampfanfällen, Koma möglich. Ursache sind zentrale serotoninerge Überreaktionen durch Wiederaufnahme-Hemmung.
-
–Lange HWZ, daher generelle Empfehlung: 2–3 Wo. präop. absetzen.
-
–
-
!
Bei Verzicht auf Pethidin wohl nur geringe Komplikationsgefahr durch MAO-Hemmer. Daher Umsetzen auf andere Substanzgruppe mit Hausarzt oder internistischem Konsiliarius frühzeitig erörtern oder Fortführung der chron. Ther. unter sorgfältigem periop. Monitoring.
-
•
Orale Antidiabetika: Am Vorabend und OP-Tag absetzen. Stattdessen Insulin-Glukose-Applikation nach BZ (8.5.1).
-
•
Antikoagulanzien 8.8.2.
Prämedikation
Präoperative Anxiolyse
Pat. soll bei Ankunft Prämedikationsvisiteim OP ohne Atemdepression wach und freundlich-distanziert sein.
-
•Wache, ansprechbare Pat.: Benzodiazepine am Anxiolyse, präoperativeVorabend der OP (Einschlafhilfe) und präop. am OP-Tag oral verabreichen.
-
–Mäßig aufgeregt: Erw. pro 75 kg wenn mäßig aufgeregt Nitrazepam 5 mg p.o. (z. B. Mogadan®) oder Flunitrazepam 0,5–1 mg p.o. zum Lutschen (z. B. Rohypnol®) jeweils zur Nacht und 1–2 h präop.
-
–Größere Aufregung oder bei regelmäßigem Schlaf- oder Beruhigungsmittelkonsum Verdoppelung der vorgenannten Dosierung.
-
–
-
•
Sedierte Pat., assistiert oder spontan bei liegendem Tubus atmend: Vor Transport und Eingriff stärker sedieren, evtl. auf kontrollierte Beatmung übergehen. Sind Schmerzen beim Umlagern zu erwarten, prophylaktische Gabe von Opioiden.
-
•
Intubierte und beatmete Pat.: Erforderlichenfalls, z. B. in der Weaning-Phase, Vertiefung der Analgosedierung.
Reduktion der Schleimsekretion
-
•
Ind.: Eingriffe im Bereich Schleimsekretion, Reduktion vondes oberen Respirationstrakts (z. B. Tracheotomie).
-
•Vorgehen: Nachtmedikation wie oben und:
-
–Prämedikation 1 h präop. mit Atropin 0,5 mg, Pethidin 50 mg (Dolantin®) und Triflupromazin 10 mg (Psyquil®) in einer Spritze. Bei > 75 kg Atropin 0,5 mg, Pethidin 75 mg und Triflupromazin 20 mg.
-
–Bei Pat. mit Allergieneigung: Statt Triflupromazin (eher antiemetische Wirkung) Promethazin 25–50 mg (z. B. Atosil®; eher antihistaminerge Wirkung).
-
–
Allergiker
Bei Pat. mit bekannten AllergienAllergiker etwa 30 Min. vor geplanter Maßnahme (z. B. radiologische Untersuchung mit Kontrastmittel):
-
•
Antihistaminika: H1-Histaminrezeptorenblocker, z. B. Clemastin 2–4 mg i.v. (Tavegil®) und H2-Blocker, z. B. Ranitidin 50–100 mg i.v. (z. B. Zantic®).
-
•
Prednisolon zusätzlich bei bekannter Anaphylaxie 250–1000 mg i.v. (z. B. Solu-Decortin H®).
Endokarditisprophylaxe
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (Kardiologe 2007, 1: 243–250): http://leitlinien.dgk.org/images/pdf/leitlinien_volltext/2007-13-endokarditis-prophylaxe.pdf
Indikationen Endokarditisprophylaxe : Nur bei Pat. nach Ersatz mit Kunst- und Bioklappen, Klappenrekonstruktionen, mit Z. n. Endokarditis, mit angeborenen Herzfehlern, in den ersten 6 Mon. nach operativ oder interventionell therapierten Herzfehlern oder nach Herztransplantation mit Valvulopathie, die folgenden Operationen unterzogen werden sollen:
-
•
Zahnärztlich/kieferchirurgisch: Zahnextraktionen, Biopsien, Manipulationen an Gingiva oder Perforation der oralen Mukosa, kieferorthopädische Bänderther. Nicht bei kieferorthop. Klammern, Nahtentfernung, Anästhesie, Röntgen.
-
•
Am Respirationstrakt: Tonsillektomie, Adenotomie, Biopsien, bei OPs mit manifesten Infektionen (Drainagen bei Abszessen, Pleuraempyemen). Nicht bei rein diagnost. Bronchoskopien.
-
•
Am Gastrointestinal-/Urogenitaltrakt nur bei OPs einschließlich Zystoskopien, Urinkatheteranlagen/-wechsel mit manifesten Infektionen. Keine generelle Ind. bei Gastroskopie, Koloskopie, Zystoskopie, Geburt.
-
•
An Haut, Hautanhangsgebilden, dem muskuloskelettalen Gewebe nur bei OPs mit manifesten Infektionen in diesen Bereichen.
-
•
Oder herzchirurgische OPs.
Tab. 1.7.
Antibiotika-Auswahl zur Endokarditis-Prophylaxe
| Art der OP | Penicillin verträglich | Penicillin unverträglich |
|---|---|---|
| Zahnärztlich/kieferchirurgisch | Amoxicillin 2 g p.o. oder Ampicillin 2 g i.v. | Clindamycin 600 mg p.o. oder i.v. oder Clarithromycin 500 mg p.o. |
| Respirationstrakt | Cefazolin 2 g i.v. | Clindamycin 600 mg p.o. oder i.v. oder Vancomycin 1 g i.v. |
| Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakt | Ampicillin 2 g i.v. oder Piperacillin 2 g i.v. | Vancomycin 1 g i.v. |
| Haut, Hautanhangsgebilden, muskuloskelettales Gewebe | Ampicillin 2 g i.v. oder Cefazolin 2 g i.v. | Clindamycin 600 mg p.o. oder i.v. oder Vancomycin 1 g i.v. |
| Herzchirurgische OPs | Cefazolin 2 g i.v. | Vancomycin 1 g i.v. |
30 bis 60 Min. vor dem Eingriff verabreichen, kann bis zu 2 h nach der OP noch gegeben werden.
Präoperative Anforderung von Blutprodukten
(5.2).
-
•
Blutgruppenbestimmung mit Kreuzblut in Blutprodukte:Präoperative AnforderungBereitschaft, wenn mit relevanter intraop. Blutung gerechnet werden kann.
-
•
Darüber hinaus Anforderung von EK, FFP, TK, Gerinnungsfaktoren in Abhängigkeit von geplanter OP und Besonderheiten des Pat.
Flüssigkeits-, Nahrungs- und Nikotinkarenz
-
•
Generelle Richtlinie: Für mind. 6 h vor einer OP ist Nikotinkarenzeine Nahrungskarenz erforderlich, damit sich der Magen ausreichend entleeren kann. So wird die Gefahr der Aspiration während der Narkoseeinleitung verringert. Der Pat. sollte am Vorabend der OP nach dem Abendessen keine feste Nahrung und nach dem Zubettgehen keine Flüssigkeit mehr zu sich nehmen.
-
•
Rauchen: Da Nüchternheites die Magensaftproduktion anregt, ist es ebenfalls 6 h vor der OP einzustellen. Raucht der Pat. dennoch am OP-Tag, auf Zeitintervall von mind. 4 h zwischen letzter Zigarette und Narkosebeginn achten.
-
!
Verlängerung der Entleerungszeit bei Stress (Schmerz, Trauma, OP), erhöhtem intraabdominellen Druck (Aszites, Schwangerschaft, Tumor), Ileus, diab. Polyneuropathie, Hypothyreose. Narkoseführung wie bei nicht nüchternen Pat. (Ileuseinleitung 10.1.4).
-
•
Am Vorabend der OP sollte der Dickdarm durch Klistier oder Einlauf entleert werden. Pat. vor Verabreichung der Prämedikation und Transport in den OP noch einmal zum Wasserlassen auffordern.
-
•
Kinder 9.
Tipps.
-
•
Bei Magenausgangsstenose präop. Nahrungskarenz evtl. auf 24–48 h verlängern, nasogastrale Entlastungssonde legen. Sonst auch Ileuseinleitung (10.1.4). Unmittelbar vor Narkosebeginn erneute E'lytkontrolle.
-
•
Die orale Zufuhr der präop. verordneten Medikamente mit einem Schluck Wasser widerspricht nicht dem Gebot der Nahrungskarenz.
1.1.13. Prämedikationsbogen
Schriftl.Dokumentation:Premedikationsbogen Zusammenfassung der Prämedikationsbogenpräop. Visite auf Rückseite des Anamnese- und Aufklärungsformulars oder auf gesondertem Prämedikationsprotokoll (Abb. 1.2 ):
-
•
Besonderheiten der Patientendaten aus Akte, Anamnese und Untersuchung.
-
•
Risikoabschätzung.
-
•
Geplante OP und Anästhesieform einschließlich Monitoring.
-
•
Aufklärung und Einwilligung des Pat. für die anästhesiolog. Maßnahmen.
-
•
Anordnungen für Station (ergänzende präop. Maßnahmen, präop. Medikation).
Abb. 1.2.

Beispiel Prämedikationsbogen
1.2. Der Operationssaal
Söhnke Boye, Bernt Klinger und Operationssaal Peter Söding
1.2.1. Basisausstattung des Narkosearbeitsplatzes (DGAI-Leitlinien)
Peter Operationssaal:Basisausstattung Söding
-
•Arbeitsplatz gebunden:
-
–Narkosegerät (Respirator empfohlen).
-
–EKG-Monitor.
-
–Nicht-invasive Blutdruckmessung.
-
–Pulsoxymetrie.
-
–Kapnometrie.
-
–Narkosegasmessung.
-
–
-
•
Essenziell verfügbares Monitoring: Notfall-Instrumentarium (einschließlich alternativer Beatmungsmöglichkeiten), EKG-Registrierung, Defibrillator, Temperatur-Monitoring, Relaxometrie, ZVD-Messung.
-
•
Empfohlenes, verfügbares Monitoring: Invasive Blutdruckmessung, Infusions-/Spritzenpumpe, Notfall-Labor, Thermokonditionierung.
1.2.2. Checklisten für den Arbeitsplatz
Operationssaal:Checklisten Peter Söding
Narkosegerät (DGAI-Richtlinien 2006)
Checklisten
-
•
Narkosegerät:Checkliste Sichtprüfung auf ordnungsgemäßen Zustand (u. a. auch Prüfsiegel für technische Kontrolle).
-
•
Separater, funktionstüchtiger Handbeatmungsbeutel vorhanden?
-
•
Anschluss an Strom- und Gasversorgung.
-
•
Anschluss der Anästhesiegasfortleitung.
-
•
Anschluss der Probengasleitung.
-
•
Einschalten des Narkosegeräts.
-
•
Überprüfung des O2-Flush.
-
•
Überprüfung des CO2-Absorbers (Farbveränderungen).
-
•
Überprüfung des Vapors (Füllzustand, Sitz, elektr. Anschluss bei Desfluran).
-
•
Überprüfung der Absaugung.
-
•
(Automatischer) Gerätetest.
Nicht delegierbare Aufgabe des Anästhesisten vor Anschluss jedes Pat. ist die Überprüfung der:
-
•
Gasdosiereinrichtung.
-
•
Dichtigkeit des Atemsystems.
-
•
Funktion des Ein- und Ausatemventils und der Handbeatmung.
-
•
Funktion des Druckbegrenzungs(APL)-Ventils.
-
•
Funktion und Einstellung des Ventilatormoduls.
Patientenübernahme
-
•
Patientenübernahme:Checkliste Das Anästhesiepflegepersonal und der Anästhesist sollten bereits bei der Übernahme des Pat. an der Schleuse anwesend sein und mit für die adäquate Lagerung des Pat. sorgen.
-
•
Persönlich dem Pat. vorstellen (Anästhesieschwester/-pfleger, Arzt).
-
•
Identität des Pat. kontrollieren (Befragung bzw. Erkennungsmarke): Name, Vorname, Geburtsdatum; Station, Art und Seite der OP, in welchem OP.
-
•
Patientenunterlagen (Prämedikations- und Narkoseprotokoll, unterzeichnete Einwilligungserklärung in die Narkose) auf Vollständigkeit prüfen.
-
•
Präop. Anordnungen auf Vollständigkeit prüfen (Laborwerte, EKG, Röntgenbilder, Stützstrümpfe, Bereitstellung von Blutkonserven und Blutderivaten).
-
•
Überprüfen, ob der Pat. die Prämedikation erhalten hat.
-
•
Überprüfen, ob der Pat. nüchtern ist.
-
•
Zahnprothesen, Brillen, Kontaktlinsen, Schmuck, Make-up, Lippenstift und Nagellack entfernen, sofern nicht schon erfolgt.
-
•
Temperaturerhalt z. B. durch aktive Wärmedecken schon in der Einleitung.
-
•
Prämedizierte Pat., Kinder und geistig-retardierte Pat. nicht mehr alleine lassen.
Eine EinverständniserklärungEinverständniserklärung des Pat. in die Narkose erst nach der Prämedikationsgabe ist rechtsunwirksam; verweigert der prämedizierte Pat. jedoch eine medizinische Maßnahme, so ist dies verbindlich.
1.2.3. Dokumentation
Operationssaal:Dokumentation Peter Söding
Von der präopDokumentation. Visite bis zur Entlassung aus dem Aufwachraum müssen alle anfallenden anästhesiologischen Tätigkeiten einschließlich ihrer Kontrollen und ihrer Komplikationen auf einem Protokoll dokumentiert werden. Für die Richtigkeit der Dokumentation bürgt der Anästhesist mit seiner Unterschrift.
Die Protokollierung dient neben der patientenbezogenen Darstellung des klinischen und therapeutischen periop. Verlaufs auch der Qualitäts- und Kostenkontrolle. Es ist darüber hinaus bei juristischen Fragestellungen im Zusammenhang mit anästhesiologischen Zwischenfällen von entscheidender Bedeutung.
Ein exakt geführtes und gut leserliches Narkoseprotokoll ist vor Gericht als Beleg für die eigene hohe Sorgfalt bei der Narkoseführung ausgesprochen hilfreich.
1.2.4. Notfallindikation und Zuständigkeiten
Peter Söding
NotfallindikationIndikation, Art und Zeitpunkt des operativen Eingriffs werden vom Operateur festgelegt und damit auch die Notfallindikation (nur durch Facharzt).
Primär gilt der Vertrauensgrundsatz zwischen den Abteilungen. Bleiben Zweifel an der Dringlichkeit des Eingriffs, müssen anästhesiologische KI gegen den geplanten Zeitpunkt (z. B. fehlende Nüchternheit oder Befunde) dem Operateur mitgeteilt werden. Wird dennoch das erhöhte Narkoserisiko der operativen Dringlichkeit untergeordnet, trägt der Operateur die Verantwortung für diese Entscheidung. Es ist empfehlenswert, sich in diesen Fällen die Notfallindikation vom Operateur unterschreiben zu lassen. Selbstverständlich muss der Anästhesist in seinem Handeln dem erhöhten Risiko Rechnung tragen.
1.2.5. Arbeitsplatzschutz und Umweltschutz
Peter Söding
-
•
Arbeitsplatzschutz Die maximale Arbeitsplatzkonzentration (Maximale ArbeitsplatzkonzentrationMAK) ist die maximal zulässige MAKKonzentration eines Arbeitsstoffs in der Luft, bei der auch bei langfristiger Exposition (40-h-Wo.) kein Gesundheitsschaden zu erwarten ist.
-
•
Sehr wahrscheinlich kein erhöhtes kanzerogenes oder teratogenes RisikoAnästhetika:Kanzerogenes/teratogenes Risiko durch volatile Anästhetika.
-
•
Vergleichsweise sehr geringer Anteil am Abbau der Ozonschicht und am Treibhauseffekt durch Inhalationsanästhetika als teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW).
1.2.6. Hygiene
Söhnke Boye
Aktuelle Bedeutung Hygieneerlangen die folgenden hygienischen Vorsichtsmaßnahmen v. a. bei zunehmender Resistenzbildung einzelner Keime und der drohenden Verbreitung dieser schwer beherrschbaren, nosokomialen Infektionen (insbes. multiresistenter Keime wie MRSA oder MRE). Nicht zuletzt kann eine nachgewiesene Nachlässigkeit im Zusammenhang mit einschlägig bekannten Hygienevorschriften haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sollte es zu einem relevanten iatrogenen Infektionsproblem kommen. Dass alle Maßnahmen auch dem Eigenschutz dienen, versteht sich von selbst.
Die Empfehlungen orientieren sich überwiegend an den Empfehlungen des Institutes für Med. Mikrobiol. und Hygiene des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck.
Allgemeine Hygieneregeln
-
•
Beschäftigungsbeschränkung grundsätzlich bei chron. oder akuten bakteriellen Infekten wie Otitis, Zahntascheneiterung, Tonsillitis, eitrige Schnittverletzungen, nicht viral bedingten banalen Erkältungskrankheiten.
-
•
Grundsätzlich sollten alle Mitarbeiter im Gesundheitswesen über eine Hep.-B-Impfung mit regelmäßiger Kontrolle des Titers verfügen.
-
•
Bei banalen Infekten empfiehlt es sich (falls Patientenkontakt nicht vermeidbar), auch in Bereichen wie dem AWR einen Mundschutz zu tragen.
Händehygiene
Konsequente Händehygiene ist neben dem Tragen von medizinischen Schutzhandschuhen die wirkungsvollste Maßnahme zur Vermeidung nosokomialer Infektionen (z. T. Reduktion um 25–30 %). Voraussetzungen einer effektiven Händehygiene sind bereits zu Hause gesäuberte Hände mit kurz geschnittenen Fingernägeln. Nagellack, künstliche oder gegelte Fingernägel sind nicht zulässig. Die regelmäßige Hautpflege mit geeigneten Cremes beugt Hautläsionen vor und dient damit dem Eigenschutz.
Händewaschen (erst nach der Desinfektion)
Indikationen Nach Toilettengang, Naseputzen, Niesen etc. oder Manipulationen am Mundschutz.
-
•
Bei sichtbarer starker Verschmutzung mit kontagiösem Material z. B. Blut, Stuhl, eitriges Sekret diese erst mit desinfektionsmittelgetränktem Papiertuch abwischen oder abspülen, anschl. hygienische Händedesinfektion mit nachfolgendem Händewaschen.
-
•
Einmalhandtücher verwenden.
Händedesinfektion (auch bei Tragen steriler oder keimarmer Handschuhe)
Indikationen Ein- und HändedesinfektionAusschleusen, vor und nach Betreten des Aufenthaltsraums, Toilettengang (insbes. bei Diarrhö), Kontakt mit Wunden (Verband, Kathetereinstichstelle), Aufziehen von Medikamenten, vor und nach invasiven Maßnahmen oder Handlungen am Respirationstrakt wie Intubieren, Absaugen, vor Diskonnektion von ZVK, vor Kontakt mit immunsupprimierten Pat., nach Kontakt mit infektiösen Pat., nach Kontakt mit potenziell kontaminierten Gegenständen (Wasserfallen, Tubus, Urinsammelbehälter etc.), nach Ablegen kontaminierter Handschuhe.
Durchführung der hygienischen Händedesinfektion.
-
•
Dauer ca. 30–60 Sek. mit vollständig benetzten und feuchten Händen.
-
•
Verteilen des Desinfektionsmittels (unverdünntes Alkoholpräparat) gründlich über beide Hände bis zu den Handgelenken.
-
•
Weiteres Verteilen des Desinfektionsmittels mit gespreizten und verschränken Fingern bis zu den Außenseiten der Finger.
-
•
Besonderes Augenmerk auf die Daumen, Nagelfalze und Fingerkuppen.
! Insbes. Ringe beeinträchtigen das Resultat der Händedesinfektion erheblich und sind unzulässig!
Das Tragen steriler Handschuhe ersetzt nicht die hygienische Händedesinfektion.
Einschleusen in den OP-Bereich.
-
•
In allen Bereichen, in denen besondere farblich gekennzeichnete Schutzkleidung getragen wird (OP, ICU, Transplantationseinheit) muss ein Kleidungswechsel der gesamten Oberbekleidung und Schuhe erfolgen.
-
•
Kein Schmuck, Ringe oder Uhren an Unterarmen oder Händen: Keime in hoher Anzahl darunter verborgen, die jeder hygienischen Händedesinfektion entgehen; Unfallgefahr.
-
•
Haarschutz: Alle Kopf- (Haare ggf. hochstecken) und Barthaare sowie Stirn müssen bedeckt sein (hohe Keimlast).
-
•
Mund- und Nasenschutz muss diese Partien vollständig bedecken; nach Durchfeuchtung oder mehr als 2-stündigem Tragen: Wechsel.
-
•
Wechsel der Bereichskleidung sofort bei jeder sichtbaren Verunreinigung, nach septischen Eingriffen, beim Ausschleusen (kann beim erneuten Einschleusen wiederverwendet werden), nach Toilettengang.
-
•
Hygienische Händedesinfektion beim Ein- und Ausschleusen (s. o.).
Während Ein- und Ausleitung der Narkose
-
!
Kanülen nach Gebrauch niemals wieder in die Schutzkappe zurückstecken (Recapping), da häufigste Ursache von RecappingStichverletzungen mit möglicher Inokulation infektiösen Materials.
-
•
Spitze Gegenstände grundsätzlich sofort in entsprechende Abwurfbehältnisse entsorgen bzw. Verwendung von Kanülen mit Schutzmechanismus.
-
•Einmalhandschuhe tragen bei sicher kontagiösen Maßnahmen:
-
–Kontakt zu Blut, Ausscheidungen oder anderen Körperflüssigkeiten (Absaugen, Schleimhautkontakt bei Intubation oder Platzieren der Larynxmaske).
-
–Kontakt zu blutenden oder nässenden Hautveränderungen.
-
–Unmittelbar nach Kontamination ausziehen und immer zusätzliche Händedesinfektion, bevor weitere Gegenstände kontaminiert werden.
-
–Alkoholische Desinfektion dafür geeigneter Handschuhe während Maßnahmen an einem Pat. zulässig.
-
–
-
•
Endotracheales Absaugen mit sterilem Absaugkatheter und keimarmen Handschuhen, Absaugvorrichtung nach jedem Gebrauch mit Wasser spülen, Wechsel des Schlauchsystems nach jedem Pat. und des Sekretauffangbehälters am Ende des OP-Tages.
-
•
Infektionsprävention durch routinemäßigen Einsatz von patientennahem Bakterienfilter derzeit nicht durch wissenschaftliche Daten belegbar, jedoch Wechsel der Beatmungsschläuche einmal täglich ausreichend (außer bei äußerer Verschmutzung oder septischer OP).
-
•
Unmittelbar nach Extubation Tubus auf möglichst kurzem Wege in einen vorsorglich bereitgestellten Abwurf entsorgen und Pat. möglichst in die aufgesetzte Atemmaske husten lassen (Extubation im OP-Saal aus hygienischer Sicht unbedenklich).
Bei Medikamenten
-
•
Zu Boden gefallene Materialien sofort entsorgen (einschließlich aufgezogener Medikamentenspritzen).
-
•
Narkosemedikamente nur unmittelbar vor Applikation aufziehen.
-
•
Lipid- oder Sojalösungen wie Propofol oder Etomidat® Lipuro dürfen nicht auf Vorrat aufgezogen werden, sondern müssen innerhalb von 20 Min. verwendet werden.
-
•
Restmedikamente bleiben bei dem Pat. oder müssen verworfen werden.
-
•
Niemals Spritzen für verschiedene Pat. verwenden, da auch bei Rückschlagventilen oder zwischengeschalteten Überleitungsstücken mögliche Kontamination durch Siphoneffekt.
-
•
Beim Aufziehen von Medikamenten grundsätzlich Aufziehkanülen verwenden, die zudem über einen Filter Glassplitter zurückhalten!
-
•
Bei Verwendung von Mehrdosisbehälter (Datum und Uhrzeit der Erstverwendung) Gummistopfen oder Konus vor Entnahme alkoholisch desinfizieren.
-
•
Mehrfachentnahmekanüle mit Filter („Spike“) nur eine Schichtlänge verwenden, wenn nicht kontaminiert durch mehrfach verwendete Spritzen.
-
•
Nach jeder i.v. Applikation neuer steriler Verschlussstopfen.
Im OP-Saal
-
•
Größtmöglichen Abstand zu sterilen Bereichen und Personen einhalten.
-
•
Türen während der OP geschlossen halten.
-
•
Unnötiges Herumlaufen erhöht die Keimaufwirbelung (extrem beim Laufen, was im OP-Bereich prinzipiell nicht angebracht ist und nur unnötige Hektik verbreitet).
-
•
Auch wenn es schwerfällt, wenig sprechen, da wesentlich wirksamere Maßnahme als Mundschutz.
-
•
Wechsel der OP-Säle auf das Notwendigste beschränken (hygienische Händedesinfektion).
Maßnahmen bei Unfall mit Infektionsgefährdung durch Hepatitis B, C und/oder HIV.
Unfall mit Infektionsgefährdung Infektionsgefährdung:Hepatitis/HIV(lt. Empf. u. a. des Robert-Koch-Instituts)
-
•
Bei Stichverletzung:InfektionsgefährdungStichverletzungen sofort durch Drücken Blutung anregen (1–2 Min., ggf. Wunde spreizen bei Schnittverletzungen) und dadurch möglichst viel Fremdmaterial aus der Wunde entfernen.
-
•
Desinfektion (mind. 3 Min.) bzw. Mundhöhle ausspülen mit Ethanol-basierte (≥ 80 %) Komb. mit PVP-Jod (z. B. Betaseptic®).
-
•
Bei Kontamination des Auges sofort gründlich mit reichlich Wasser (besser: Wässerige isotone 2,5%ige PVP-Jod-Lsg.) spülen.
-
•
Blutabnahme beim Pat. veranlassen (Einverständnis erforderlich!) und Testung Anti-HIV, Anti-HCV und HbsAg.
-
•Innerhalb von 2 h Vorstellung in der Notaufnahme mit Erstellung eines D-Arztberichts und Blutabnahme:
-
–Anti-HCV- (sofort, nach 6 Wo., nach 3 und 6 Mon.) und Anti-HIV-Testung (sofort, nach 4 und 6 Wo., nach 3 und 6 Mon.).
-
–Hepatitis-B-Immunstatus (Anti-HBs/Anti-HBc) feststellen, ggf. passive und/oder aktive Schutzimpfung (innerhalb 48 h).
-
–Transaminasen (GOT/GPT), AP, kl. Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, BZ.
-
–
-
•Indikation zur HIV-Postexpositionsprophylaxe (innerhalb 24 h):
-
–Empfohlen: Bei perkutaner Verletzungen mit kontaminierter Hohlnadel und Inokulation tiefer als in die obersten Epithelschichten, sichtbares Blut, sicher HIV-positiv, hohe Viruslast (terminales Erkrankungsstadium der Indexperson).
-
–Wird angeboten: Oberflächliche Verletzung (z. B. mit chir. Nadel), niedrige Viruslast, Schleimhautkontakt.
-
–Abgeraten: Perkutaner Kontakt mit anderen Materialien als o. a., Kontakt von intakter Haut mit Blut (auch bei hoher Viruskonzentration).
-
–
-
•
Schwangerschaftstest bei Frauen im gebärfähigen Alter.
-
•
Bis zum Ausschluss einer Infektion: Schutzmaßnahmen bei sexuellen Kontakten, Antikonzeption.
Maßnahmen bei Infektionskrankheiten
Allgemeine Maßnahmen
-
•
Infektionskrankheit:Maßnahmen Soweit planbar, infektiöse Pat. immer an letzter Patienten:infektiöseStelle des OP-Programms (gilt insbes.Tbc für CondylomeTbc- und KondylomeCondylom-Operationen).
-
•
Erster Mitarbeiter, der von einem infektiösem Pat. erfährt, ist in der Pflicht, alle anderen zu informieren.
-
•
Kennzeichnung des OP-Saales als septischen Saal, d. h. kein Wechsel zwischen aseptischem und septischem Saal (am Boden liegende feuchte Tücher als sichtbare Barriere hygienisch unsinnig).
-
•
Ein- und Ausschleusung sofern möglich direkt von Bett zu OP-Tisch und nicht über den Schleusentisch.
-
•
Erweiterte Schutzmaßnahmen wie Überkittel, Einmalhandschuhe und ggf. Mundschutz während des gesamten Patientenkontaktes.
-
•Intraoperativ:
-
–Personal verbleibt im Saal.
-
–Nicht benötigtes Material und Geräte aus dem OP entfernen.
-
–Kein Material verlässt ohne Wischdesinfektion den OP-Saal.
-
–
-
•
Nie mit kontaminierten Handschuhen Material aus Vorratsschubladen entnehmen.
-
•
Verlassen des Saales nur mit Überschuhen, besser extra bereitgestellte OP-Schuhe sowie Überkittel und ohne Umwege in die Ausschleusung.
-
•
Kein Kontakt während des Transports zu anderen operativen Pat., insbes. darf Pat. nicht in den AWR.
-
•
Patientennahe Bakterienfilter wie immer wechseln. Gründliche Wischdesinfektion der Narkosegerätschaften. Nach septischer OP Wechsel der Beatmungsschläuche.
-
•
Je nach Art des Keims End- oder nur Zwischenreinigung des Saales notwendig. Endreinigung: OP-Saal ist betriebsbereit, sobald alle Flächen wieder trocken sind, Einwirkzeit beachten.
Besonderheiten
Multiresistente Erreger (MRE): Methicillin-resistenter Staph. aureus (MRSA), Vancomycin-resistenter Enterococcus (VRE), Extended-spectrum-beta-laktamase-Keime (ESBL), Acinetobacter baumannii, Pseudomonaden
VRE Vancomycin-resistenter Enterococcus (VRE) Multiresistente Erreger (MRE) MRSA MRE Methicillin-resistenter Staph. aureus (MRSA) Extended-spectrum-beta-laktamase-Keime (ESBL) ESBL Acinetobacter baumanniiInfektion zumeist über PseudomonadenKontaktkontamination der Hände (aber auch über Schleimhäute) mit Keimen, die nur noch auf einzelne Antibiotika sensibel reagieren bzw. gar nicht mehr zu therapieren sind.
-
•
Prophylaktisch Mundschutz für den Personal und Pat. (MRSA, da Keimreservoir insbes. Nasen-Rachen-Raum bzw. Auswürfe).
-
•
OP-Saal: Endreinigung durchführen.
Aerogen übertragbare Infektionen (Tbc, SARS)
Bei offener Tbc findet Tbc SARSKeimverschleppung nur durch Tröpfcheninfektion der Atemluft statt (Hustenstoß durch möglichst großem Abstand, mind. 1,5 m ausweichen). Bei geschlossener Tbc sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich, außer bei Eröffnung betroffener Bereiche bei Organ-Tbc; falls unklar, wie offene Tbc behandeln. Meldepflicht an den betriebsärztl. Dienst.
Bei dem schweren akuten respiratorischen Syndrom SARS (Auslöser Coronavirus) ist neben dem respiratorischen Sekret auch Stuhl, Urin und Serum infektiös.
-
•
Mundschutz dient nur der Reduktion von infektiösen Tröpfchen, die Leckage ist weitaus höher als 25 %. Atemschutzmasken mind. FFP 2 mit Ausatemventil (Leckage ≤ 11 %) (klassifiziert nach Filtering-Face-Piece).
-
•
Wenn direkt der Kontamination ausgesetzt, bei multiresistenter Tbc oder SARS: In jedem Fall FFP-3-Atemschutzmaske für alle im OP-Saal.
-
•
Besondere Vorsicht bei endotrachealem Absaugen und Extubation.
-
•
Endreinigung mit mind. einstündiger Einwirkzeit. Bei Unklarheit über Sicherheit der Bakterienfilter bei viralen Erregern (SARS) kompletter Wechsel des Beatmungssystems.
Condylome (Humane Papillomaviren, HPV)
Infektionsquelle Condylomesind infizierteKondylome Sekrete des äußeren Genitales. Infektionsweg: Schmierinfektion oder aerogen durch Versprühen oder Verspritzen bei der Laserbehandlung.
-
•
FFP-2-Atemschutzmasken (s. o. Tbc).
-
•
Endreinigung mit mind. einstündiger Einwirkzeit.
Parenteral übertragbare Infektionen (HIV, Hepatitis B und C)
HIV:Hygienemaßnahmen Hepatitis:HygienemaßnahmenInfektionsquelle sind prinzipiell alle Körperflüssigkeiten von infizierten Pat.; der Infektionsweg kann über erworbene (Stich- und Schnittverletzungen) oder vorhandene Hautverletzungen (Risse bei trockener Haut etc.) sowie über Schleimhäute (z. B. Augen) erfolgen.
-
•
Mundschutz mit Visier oder Schutzbrille tragen, wenn mit Sekretspritzern zu rechnen ist.
-
•
Besondere Vorsicht bei invasiven Maßnahmen, da Inokulation kleinster Mengen Blut eine Infektion auslösen kann (insbes. Hep. B, Risiko 30–70 %, HIV 0,3 %).
-
•
Neben dem Eigenschutz ist aufgrund der Immunsuppression (HIV) besonders auf eine Gefährdung des Pat. durch nosokomiale Infektionen Rücksicht zu nehmen.
-
•
OP-Saal: Zwischenreinigung ausreichend (Abtrocknen des Desinfektionsmittels).
CDT-positive Patienten (Clostridium-difficile-Toxin)
Clostridium difficile Clostridium difficile:HygienemaßnahmenInfektion erfolgt über orale Aufnahme CDTder Sporenquelle; dies sind prinzipiell alle Körperflüssigkeiten von infizierten Pat.; der Infektionsweg kann über erworbene (Stich- und Schnittverletzungen) oder vorhandene Hautverletzungen (Risse bei trockener Haut etc.) sowie über Schleimhäute (z. B. Augen) erfolgen.
-
•
Mundschutz mit Visier oder Schutzbrille tragen, wenn mit Sekretspritzern zu rechnen ist.
-
•
Besondere Vorsicht bei invasiven Maßnahmen, da Inokulation kleinster Mengen Blut eine Infektion auslösen können (insbes. Hep. B).
-
•
Neben dem Eigenschutz ist aufgrund der Immunsuppression (HIV) besonders auf eine Gefährdung des Pat. durch nosokomiale Infektionen Rücksicht zu nehmen.
-
•
OP-Saal: Zwischenreinigung ausreichend.
1.2.7. Medizinprodukte: Gesetze und Richtlinien
Bernt Klinger
Medizinprodukte:Gesetze/RichtlinienMedizinproduktegesetz (MPG), MPG Medizinproduktegesetz (MPG)Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV)MPBetreibV Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV), Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV)MPSV Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) und Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung quantitativer Laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen vom 24.08.2001 (RiLiBÄK).
Inkrafttreten des MPG am 01.01.1995. Seit dem 14.06.1998 gilt es ausschließlich.
Mit Inkrafttreten des 2. Medizinprodukteänderungsgesetzes am 01.01.2002 ist die Medizinproduktegesetzgebung in eine neue Phase getreten, u. a. wurden
In-vitro-Diagnostika in den Regelungsbereich des Gesetzes mit einbezogen.
Aktuell müssen berücksichtigt werden (Minimum in der Klinik):
-
•
MPG – zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.06.2007.
-
•
MPBetreibV – zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.10.2006.
-
•
MPSV – zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.06.2007.
-
•
Über § 4a der MPBetreibV die RiLiBÄK vom 24.08.2001.
Das MPG mit seinen RiLiBÄKVerordnungen ist die Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht. Zweck dieses Gesetzes ist es, den Verkehr mit Medizinprodukten (MP) zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der MP sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Pat., Anwender und Dritter zu sorgen.
-
•
Das MPG gilt für Medizinprodukte und deren Zubehör.
-
•
Die MPBetreibV gilt für das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten.
-
•
Die MPSV regelt die Verfahren zur Erfassung, Bewertung und Abwehr von Risiken im Verkehr oder in Betrieb befindlicher Medizinprodukte.
-
•
Die RiLiBÄK regelt die Kontrolluntersuchungen zu Messgrößen/Messergebnissen (interne/externe Qualitätskontrolle).
Medizinprodukt
Sehr weit gefasster Begriff. MedizinproduktEr umfasst vom Holzspatel, Brillengläser, Einmalhandschuhe, Beatmungsschläuche, Beatmungsgeräte bis zum MRT europaweit geschätzt ca. 400 000 Produkte. Die genaue Definition befindet sich im § 3 Begriffsbestimmungen des MPG. Es handelt sich um Produkte, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktion zum Zweck
-
•
der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung, Linderung von Krankheiten,
-
•
der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,
-
•
der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder
-
•
der Empfängnisregelung
zu dienen bestimmt sind, die Hauptwirkung aber nicht durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel erreicht wird.
In-vitro-Diagnostika fallen auch unter das Medizinprodukterecht.
Weiter Unterteilung in:
-
•
Nicht aktive Medizinprodukte: Manuell oder durch Schwerkraft betriebene medizintechnische Geräte.
-
•
Aktive Medizinprodukte: Elektrisch angetrieben oder verfügen über eine Druckgasversorgung.
Wichtige, den Anwender betreffende Vorschriften
-
•
Anwenderrelevante Bestimmungen Medizinprodukt:Vorschriftenfinden sich in: MPG, MPBetreibV, MPSV.
-
•
Grundsatz: Der Anwender ist für die Einhaltung der entsprechenden Paragraphen von MPG, MPBetreibV und MPSV verantwortlich und kann bei Verstößen ebenso in Haftung genommen werden wie z. B. der Betreiber.
-
•
Grundsatz: Anwenderhaftung. Derjenige, der es tut, haftet (BGH Urteil 1954).
-
•
Straf- und Bußgeldvorschriften sowie Ordnungswidrigkeiten regeln die §§ 40, 41, 42 des MPG und § 13 der MPBetreibV. Freiheitsstrafen bis zu 5 J. und Geldbußen bis zu 25 000 Euro sind möglich.
-
•
Zweckbestimmung als ein Zentralbegriff im MPG. Die Zweckbestimmung ist die vom Hersteller festgelegte Verwendungsmöglichkeit für ein Medizinprodukt und ergibt sich für den Betreiber und Anwender aus der Kennzeichnung des Produkts, der Gebrauchsanweisung und/oder der Werbung.
-
!
Bei Zweifel bzgl. Zweckbestimmung ausdrücklich schriftl. und verbindl. Bestätigung des Herstellers oder Lieferanten zur Zweckbestimmung anfordern.
-
•
Anwendung: Medizinprodukte dürfen nur von Personen angewendet werden, die dafür die erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen.
-
•
Die Aufbereitung eines MP gehört zur Instandhaltung!
-
•
Der Anwender hat sich vor der Anwendung eines MP von der Funktionsfähigkeit und dem ordnungsgemäßen Zustand des MP zu überzeugen, unter Beachtung von Gebrauchsanweisung, sicherheitsbezogener Informationen und Instandhaltungshinweisen (dazu gehören auch Einhaltung der Wartungsintervalle, sicherheitstechnische und messtechnische Kontrollen).
-
•
MP der Anlage 1 MPBetreibV (s. u.) dürfen nur von Anwendern nach entsprechender Einweisung unter Berücksichtigung der Gebrauchsanweisung in die sachgerechte Handhabung benutzt werden.
-
•
Die Anwendereinweisung darf nur durch die vom Betreiber beauftragte Person (mit entsprechender Einweisung nach § 5 MPBetreibV) oder durch den Hersteller oder durch eine vom Hersteller befugte Person erfolgen.
-
•
Sachgerechte Handhabung: Voraussetzung für die sachgerechte Handhabung ist die Kenntnis der theoretischen Grundlagen, der Bedienungselemente und der dazugehörenden Funktion, des ordnungsgemäßen Zustands, der vorgeschriebenen Funktionsprüfung vor der Anwendung, der Anwendungsregeln, der Bedienung und der patientengerechten Einstellung sowie die kritische Überprüfung des eigenen Kenntnisstands.
-
•
In-vitro-Diagnostika: Wer quantitative labormedizinische Untersuchungen durchführt, muss, über § 4a MPBetreibV, die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien vom 24.08.2001 berücksichtigen (Deutsches Ärzteblatt 98 S. 2747). Hierzu gehören auch Geräte wie z. B. Blutzuckermessgeräte, BGA-Messgeräte.
Typische Mängel von Medizingeräten/Medizinprodukten.
Defekte Netzstecker und Netzkabel, nicht funktionierende Alarm- und Sicherheitseinrichtungen, sichtbare und unsichtbare Sturzschäden, fehlende Zubehörteile, nicht zugelassene Zubehörteile, fehlende Zusatzgeräte, Fehlfunktionen, defekte Wandanschlüsse.
Wichtige, das Medizinprodukt betreffende Vorschriften
CE-Kennzeichnung: Im Geltungsbereich des MPG dürfen Medizinprodukte nur in den Verkehr gebracht werden und in Betrieb genommen werden, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung nach MPG versehen sind. Die CE-Kennzeichnung nach MPG (evtl. mit 4-stelliger Nummer der „benannten Stelle“) besagt, dass alle be troffenen Rechtsvorschriften erfüllt sind (Ausnahmen: MP aus Eigenherstellung und MP zur klinischen Prüfung, aber Sondervorschriften beachten).
Einweisung in Medizinprodukte
Nur der Medizinprodukt:EinweisungHersteller oder die von ihm befugte Person darf die vom Betreiber beauftragte Person einweisen. Hersteller, befugte Person und beauftragte Person dürfen Anwender einweisen. Cave: Die Einweisung von einem Anwender zum anderen Anwender („Schneeballsystem“) ist nicht möglich.
Die Entscheidung, in welches Medizinprodukt eingewiesen werden muss, findet sich in Anlage 1 der MPBetreibV. Danach muss eingewiesen werden in:
-
•Nichtimplantierbare aktive Medizinprodukte zur:
-
–Erzeugung und Anwendung elektrischer Energie zur unmittelbaren Beeinflussung der Funktion von Nerven und/oder Muskeln bzw. der Herztätigkeit einschließlich Defibrillatoren.
-
–Intrakardialen Messung elektrischer Größen oder Messung anderer Größen unter Verwendung elektrisch betriebener Messsonden in Blutgefäßen beziehungsweise an freigelegten Blutgefäßen.
-
–Erzeugung und Anwendung jegl. Energie zur unmittelbaren Koagulation, Gewebezerstörung oder Zertrümmerung von Ablagerungen in Organen.
-
–Unmittelbaren Einbringung von Substanzen/Flüssigkeiten in den Blutkreislauf unter potenziellem Druckaufbau, wobei die Substanzen und Flüssigkeiten auch aufbereitete oder speziell behandelte körpereigene sein können, deren Einbringen direkt mit einer Entnahmefunktion gekoppelt ist.
-
–Maschinellen Beatmung mit oder ohne Anästhesie.
-
–Diagnose mit bildgebenden Verfahren nach dem Prinzip der Kernspinresonanz.
-
–Ther. mit Druckkammern, Ther. mittels Hypothermie.
-
–
-
•
Säuglingsinkubatoren.
-
•
Externe aktive Komponenten aktiver Implantate.
Cave.
Trotz aller Regeln und Regelungen gelten auch noch andere Gesetze und Verordnungen wie z. B. Unfallverhütungsvorschriften, Strahlenschutzverordnung, Röntgenverordnung, Gefahrstoffverordnung, Anwenderregeln etc.
Vorkommnisse
Ein Vorkommnis ist eine VorkommnisFunktionsstörung, ein Ausfall oder eine Änderung der Merkmale oder der Leistung oder eine Unsachgemäßheit der Kennzeichnung oder der Gebrauchsanweisung eines Medizinprodukts, die unmittelbar oder mittelbar zum Tod oder zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Pat., eines Anwenders oder einer anderen Person geführt hat, geführt haben könnte oder führen könnte.
Es besteht eine Meldepflicht.
Wer Medizinprodukte beruflich oder gewerblich betreibt oder anwendet, hat dabei aufgetretene Vorkommnisse der zuständigen Bundesoberbehörde zu melden.
Zuständige Bundesoberbehörde: BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte), Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 35175 Bonn, http://www.bfarm.de, Tel. 0228/207-5385 (nichtaktive MP); 0228/207-5305 (aktive MP + In-vitro-Diagnostika); außerhalb der Dienstzeit 0173/9132686. E-mail: medizinprodukte@bfarm.de.
-
•
Es gibt ein Verweigerungsrecht des Auskunftpflichtigen, falls er oder Angehörige sich der strafrechtlichen Verfolgung oder des Verfahrens einer Ordnungswidrigkeit aussetzen würden.
-
•
Der Betroffene ist darauf hinzuweisen.
2010 wird eine weitere Änderung von MPG und Verordnungen erwartet.
1.3. Aufwachraum und postoperative Versorgung
Aufwachraum Martin Lindig
1.3.1. Verlegungskriterien auf Normalstation, Aufwachraum, Intensivstation
Stationäre Patienten
-
•
Intensivstation: Sofern Pat. postop. Intensivstation, Verlegung aufständig beobachtet und therapiert werden muss, z. B. bei maschineller Beatmung, Polytraumata und schweren Verbrennungen; nach Eingriffen an art. Gefäßen, ZNS, intrathor. Organen, nach Transplantationen und größeren intraabd. OP.
-
•
Normalstation: Pat. ohne Risikofaktoren nach kürzeren Eingriffen werden nach vollständigem Erwachen an den Stationsarzt übergeben.
-
•
Normalstation, Verlegung auf Aufwachraum: Bis zur sicheren Stabilisierung ihrer Vitalfunktionen sollten alle anderen Pat. dort überwacht und ggf. therapiert werden.
Ambulante Patienten
Aufwachraum:Verlegung aufAmbulant operierte Pat. können postop. bis zur Entlassung für 3–4 h auf einer Normalstation oder im AWR überwacht werden. Sie sind am OP-Tag in ihrer Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt.
Bei der Verlegung aus dem OP stets Übergabe an das weiterbetreuende Personal: Zusammenfassung von Art, Umfang, Besonderheiten von OP und Narkose; periop. Volumenzufuhr und -verluste, jetziger Status, postop. Verordnungen und Empfehlungen.
1.3.2. Versorgung im Aufwachraum
Grundlegende Maßnahmen
-
•
Sich selbst Aufwachraum:Patientenversorgungdem Pat. vorstellen und ihn mit seinem Namen ansprechen. Je nach Wachheit des Pat. wiederholt zeitlich und räumlich orientierende Informationen geben.
-
•
Vitalfunktionen überprüfen, Anschluss an EKG-Monitor, Blutdruckmessung, Pulsoxymeter. Spontanatmung, Ansprechbarkeit, Orientierung untersuchen.
-
•
Drainagen und Sonden, Urinsammelbehälter sichtbar über den Bettrand hängen. Sekretansammlungen beobachten.
-
•
Lagerung des Pat. je nach Eingriff und Anästhesieverfahren. Nach Spinalanästhesie Bettruhe (zur Verringerung der Gefahr postspinaler Kopfschmerzen) und reichl. Flüssigkeitszufuhr. Oberkörper kann dabei auf 30° erhöht werden (wichtig bei älteren Pat. zur Verbesserung ihrer kardiopulmonalen Situation!).
-
•
Per Gesichtsmaske oder Nasensonde Gabe von sauerstoffangereicherter, angefeuchteter Luft, wenn paO2 < 95 % (Pulsoxymeter).
-
•
Überprüfung der Papiere auf Vollständigkeit, insbes. OP-Kurzbericht, Narkoseprotokoll mit postop. Verordnungen und Empfehlungen.
-
•
Überprüfen etwaiger mitgegebener Blutkonserven auf Übereinstimmung mit Konservennummern auf dem Begleitschein der Blutbank, Vergleich von Namen und Geburtsdatum.
-
•
Bis zur sicheren Stabilisierung der Vitalfunktionen (zumeist innerhalb von 2 h postop.) alle 15 Min. Kontrolle von Puls, RR, Spontanatmung und Orientierung.
-
•
Einfuhr und Ausfuhr bilanzieren, Körpertemperatur mind. einmal messen.
-
•
Bei entsprechendem Verdacht Hb, Hkt., E'lyte, BZ, Gerinnung, BGA kontrollieren.
-
•
Bei Pat. mit Regionalanästhesie Verlaufskontrolle der Ausbreitung des Anästhetikums durch Kältetest prüfen (Temperaturempfindung z. B. mit Eispack oder Infusionsflasche aus Eisfach). Verlegung, wenn Anästhesieniveau rückläufig.
Nahrungsaufbau
Postop. Flüssigkeitskarenz: Nach einer Nahrungsaufbau, postoperativerAllgemeinanästhesie meist 4–6 h, kann jedoch in Abhängigkeit vom operativen Eingriff (z. B. am GIT) länger sein.
Beginn:
-
•
Pat. mit einer Regionalanästhesie können Flüssigkeit (Tee, Wasser) schluckweise zu sich nehmen, sobald das Anästhesieniveau bis unter Th10 (Bauchnabel) abgesunken ist.
-
•
Vielfach wird dem Pat. bereits, wenn er völlig wach ist, keine operationsseitige KI vorliegt und er danach verlangt, Flüssigkeit schluckweise zu trinken angeboten, auch wenn noch keine 4–6 h nach Narkose vergangen sind. Risiko: Induktion von Übelkeit und Erbrechen. Alternative: Anfeuchten von Lippen und Mundschleimhaut.
Auf mögliche stattgehabte periop. Läsionen achten, ggf. dokumentieren: Akzidentelle Verbrennungen bei Elektrokoagulation, Schäden etwa im Lippen-, Zahn-, Zungenbereich.
Röntgendiagnostik
Wenn nicht Röntgendiagnostik, postoperativeschon intraop. geschehen, muss je nach Art der OP das OP-Resultat röntgenologisch kontrolliert werden. Außerdem ZVK-Lage überprüfen, ggf. Komplikationen wie einen Pneumothorax, z. B. nach hohen Niereneingriffen, ausschließen.
1.3.3. Postoperative Probleme A–Z
Postoperative Probleme(7, Schmerzen 20).
Apnoephasen, verlängert durch
-
•
Atemdepression infolge Apnoe:postoperativenoch Atemdepression:postoperativebestehender Opioid- und/oder Inhalationsanästhetikawirkung. Zentrale Atemdepression. Subjektiv keine Atemnot. Ther.: Pat. wiederholt zum Atmen ermuntern, Opioid fraktioniert mit je Naloxon 0,04 mg i.v. antagonisieren (z. B. Narcanti®, 6.5.1). Cave: Naloxon kann eine kürzere HWZ als das Opioid haben → erneute Atemdepression nach Abklingen des Naloxons. Deshalb ausreichend lange Überwachung im AWR.
-
•
Vorangegangene Hyperventilation während der Narkose oder schmerzbedingter Hechelatmung (Hypokapnie). Diagn.: BGA-Kontrolle. Darauf achten, ob Pat. präop. an höheres paCO2 gewöhnt. Ther.: Ggf. Schmerzther.
Atemwegsverlegung durch
-
•
Aspiration von Atemwegsverlegung, postoperativeMageninhalt peri- Aspiration:postoperativeoder postop. Begleitend häufig paradoxe Atmung, Husten, Bronchospasmus. BGA: Hypoxämie. Ther.: 10.1.5. O2-Gabe, Absaugen, (Re-)Intubation, endobronchiale Absaugung, PEEP-Beatmung, Kortikoide, antibiotische Abdeckung. Nach Akutther. im AWR Verlegung auf Intensivstation.
-
•
Laryngospasmus durch Absaugen, Laryngospasmus:postoperativerSchleim (7.3.3). Begleitend interkostale Einziehungen. Ther.: Fremdkörperbeseitigung, vorsichtige Überdruckbeatmung mit Maske und Beutel, FIO2 = 1. Falls nicht erfolgreich, kurzfristige Muskelrelaxation mit Succinylcholin 10–20 mg i.v. (z. B. Lysthenon®) unter fortgesetzter Maskenbeatmung mit 100 % O2.
-
•
Recurrens-Schädigung: Einseitig lediglich Recurrens-Schädigunggestörte Phonation, beidseitig Verschluss der Stimmritze. Ther.: Reintubation.
-
•
Tracheomalazie, etwa nach Resektion einer großen TracheomalazieStruma.
-
•
Übersehene Rachentamponade.
-
•
Rachentamponade, übersehene Zurücksinken des Zungengrunds, Schnarchen. Ther.: Esmarch-Handgriff, nasopharyngealer Tubus (Wendl-Tubus), O2-Gabe.
Elektrolytstörungen
Postop. Elektrolytstörungen, postoperativemeist Hypokaliämie. Diagn.: Zusammen mit BGA, um pH-bedingte E'lyt-Verschiebungen abschätzen zu können. Ther.: 1.1.9.
Herzrhythmusstörungen
Zum Herzrhythmusstörungen:postoperativeVergleich stets präop. EKG heranziehen. Postop. Ätiol.: E'lytstörungen (v. a. K+, ggf. Substitution), Hypoxämie und Hyperkapnie (Atemstörungen), pH-Verschiebung (BGA-Kontrolle), Unterkühlung, vorbestehende Herzerkr. Diagn. und Ther. 8.1.7.
Hypertension
(8.1.2).
Ätiologie Meist bei Schmerzen, Hypertension:postoperativeHypoxämie, Hyperkapnie, Hypervolämie durch Überinfusion.
Diagnostik Vergleich mit präop. gemessenem Blutdruck. Volle Harnblase.
Therapie
-
•
Bei Schmerzen Analgetika (20.3).
-
•
Bei Hypervolämie Reduktion der Infusionen, ggf. Diuretika (6.8.4).
-
•
Bei voller Harnblase Beklopfen der Blase von außen, Wasserhahn rauschen lassen, ggf. katheterisieren.
-
•
Nitroglyzerin 1–2 Hübe (z. B. Nitrolingual®, 6.8.3).
-
•
Urapidil (z. B. Ebrantil®, 6.8.3); schnell einsetzende, gut steuerbare Substanz, fraktioniert i.v. nach Wirkung.
-
•
Nitroperfusor 50 mg/50 ml, mit 2 ml/h beginnen.
-
•
Engmaschige Blutdruckkontrollen.
Hyperthermie
Ätiologie Infektionen etwa nach Hyperthermie:postoperativeurologischen oder Darm-OP, zu effektiver periop. Wärmether., Pyrogenen aus Blutkonserven. Selten, aber daran denken: Maligne Hyperthermie (7.4.6).
Therapie Kalte Wadenwickel, ab 39 °C Antipyretika (z.B. Paracetamol 1 g).
Hypotension
(7.6.3).
Ätiologie Meist durch Volumenmangel (Einfuhr-Ausfuhr-Hypotension:postoperativeBilanz) prä- und periop. aus Kurve und Narkoseprotokoll ermitteln, Verlust durch Drainagen und Sonden, Schwitzen.
Diagnostik RR mit präop. Werten vergleichen. Oft bei Lagerungswechseln auftretend. Bei plötzlichem RR-Abfall Myokardischämie! Niedriger ZVD, Tachykardie, wenig und konzentrierter Urin. Ggf. Infarktdiagnostik.
Therapie RR ↑ durch Trendelenburg-Kopftieflage. Volumenzufuhr, Schocklagerung. Nachblutung.
Muskelzittern
Ätiologie V. a. nach Muskelzittern, postoperativesInhalationsnarkosen. Mechanismus nicht genau geklärt, wahrscheinlich Hyperaktivität spinaler Reflexmechanismen infolge noch unzureichender kortikaler Kontrolle.
Prophylaxe und Therapie O2-Verbrauch ↑ → O2-Gabe. Clonidin 75–150 μg (z. B. Catapresan®, 6.8.3) oder Pethidin 25–50 mg i.v. (z. B. Dolantin®, 6.3.6) kurz vor OP-Ende. Keine verlängerten Aufwachzeiten. Ggf. im AWR Dosiswiederholung zur Reduktion des Muskelzitterns. Wärmezufuhr mit Gebläsen reduziert häufig die Symptomatik.
Nachblutung
Klinik Zunächst Durchbluten von Verbänden, hohe NachblutungFörderung von Drainagen, Hypotonie, Tachykardie, Absinken von Hb und Hkt.
Diagnostik Drainagen der Katheter kontrollieren. Überprüfung der Gerinnungsparameter (Quick, PTT, TZ, AT III, Fibrin und Thrombozyten).
-
!
DD: Nahtinsuff., hämorrhagische Diathese.
-
!
Therapie: Operateur benachrichtigen, weitere Veranlassung durch ihn. Ggf. (weitere) Blutkonserven in Bereitschaft nehmen oder anfordern. Volumenzufuhr, Transfusionen, ggf. Revision.
Oligurie
Ätiologie Prärenal durch Hypovolämie Oligurie, postoperativeoder Herzinsuff., postrenal durch Verlegung der ableitenden Harnwege. An beginnendes akutes Nierenversagen bei entsprechend kranken Pat. denken.
Diagnostik Zunächst bei liegendem Urinkatheter Durchgängigkeit prüfen! ZVD-Kontrolle.
Therapie Volumenzufuhr bei Hypovolämie, erst dann ggf. Diuretika, z. B. Furosemid 5–10 mg als Bolus i.v. (z. B. Lasix®). Low-output-Sy. bei Herzinsuff. (8.1.8), Beseitigung von Abflusshindernissen durch Operateur.
Polyurie
Ätiologie Ausscheidung intraop. Polyurie, postoperativeinfundierter Flüssigkeit, Wirkung intraop. applizierter Diuretika, osmotische Diurese bei Hyperglykämie, Diabetes insipidus, auch nach intrakraniellen OP.
-
!
DD: An polyurische Phase des Nierenversagens denken.
Tachypnoe
-
•
Beeinträchtigte Atemmechanik infolge OP (Oberbauch, Tachypnoe, postoperativeThorax), Pneumo- oder Hämatothorax, zu straffer Verbände, schmerzbedingter Schonatmung, Adipositas. Ther.: Je nach Ursache Lagerung verbessern, ggf. pulmonale Problematik, Verbände mit Operateur zusammen optimieren, Schmerzther. (20.3).
-
•Muskelrelaxation durch Muskel-Relaxans-Überhang. Weitere Symptome sind Muskelschwäche, Abhusten gelingt nur mühsam, Kopf kann nur schwer gehoben werden. Kraft in Armen und Beinen reduziert.
-
–Ther.: Esmarch-Handgriff, O2-Gabe, Antagonisierung der nicht depolarisierenden Relaxanzien durch reversible Cholinesterase-Hemmer, z. B. Neostigmin 0,5–5 mg fraktioniert i.v. Zur Abschwächung der muskarinartigen Wirkungen (Vagusstimulation mit Speichelfluss, Bronchokonstriktion, Bradykardie, Schweißsekretion usw.) Atropin 0,25–0,5 mg i.v.
-
–Monitoring: Nervenstimulator (Relaxometrie).
-
–
Übelkeit und Erbrechen
Syn.: PONV = postoperative nausea and vomiting.
PONV Prädisponierende Faktoren
-
•
Patientenrisiken: Übelkeit:postoperativeFrauenErbrechen:postoperatives,PONV, post operating nausea and vomiting post operating nausea and vomiting (PONV)insbes. während der Menstruation, Kinder, Jugendliche mit Altersgipfel 11.–14. Lj., Adipositas, Angst, geblähtes Abdomen, verzögerte Magenentleerung, Vorerfahrung von früherer Übelkeit und Erbrechen.
-
•
Risiken durch Anästhesieverfahren: Allgemeinanästhesie unter Verwendung von Lachgas, volatilen Anästhetika, Ketamin, Opioiden, Antagonisten von Muskelrelaxanzien und Opioiden; Maskennarkose (Magendehnung durch Luftinsufflation).
-
•
Eingriffsart: OP im Kopfbereich, insbes. Strabismus-OP, Innenohr-OP, Laparoskopien, ESWL, lange OP-Dauer.
-
•
Risiken der postop. Phase: Schmerzen, rasche Bewegungen, frühe Nahrungsaufnahme, Opioide und Antagonisten, Hypotonie.
Prophylaxe und Therapie Möglichst Regionalanästhesie oder TIVA mit antiemetisch wirkendem Propofol anwenden. Sonst zunächst kausale Maßnahmen (z. B. RR-Abfall und Schmerzen therapieren). Wenn nicht ausreichend, Auswahl der Antiemetika nach Ind.
Tab. 1.8.
Medikamente bei postop. Übelkeit und Zofran®Zantic®Vomex A®TropisetronTagamet®RanitidinPromethazinPaspertin®OndansetronNavoban®MetoclopramidDimenhydrinatCimetidinAtosil®Übelkeit:MedikamenteErbrechen:MedikamenteErbrechen
| Indikation | Medikament (Präparatbeispiel) | Stoffklasse | Dosierung | NW und Anmerkungen |
|---|---|---|---|---|
| Bewegungs- induzierte Übelkeit, Eingriffe an Auge und Innenohr | Dimenhydrinat (Vomex A®) | Histamin-H1-Antagonist | 50–100 mg in 500 ml Ringerlösung, langsam i.v., Kinder: 1 mg/kg KG i.v. | NW: Sedierung |
| Promethazin (Atosil®) | 25–50 mg i.v. | NW: Sedierung | ||
| Gynäkolog. und Augen-OP | Metoclopramid (Paspertin®) | Dopaminantagonist | 10 mg i.v., Kinder: 0,25 mg/kg KG i.v. | NW: Sedierung. Strenge Ind.-Stellung bei Kindern < 14 J. |
| Ambulante gyn. Eingriffe | Ranitidin (z.B. Zantic®) | Histamin-H2-Antagonist | 50 mg i.v. | NW: Sedierung |
| Cimetidin (z.B. Tagamet®) | 200–400 mg | NW: Sedierung | ||
| Postop. oder bei Chemother. | Ondansetron (Zofran®) | 5-HT3-Rezeptor-Antagonist | 4 mg i.v., Kinder: 0,15 mg/kg KG i.v. | Teuer! Kaum NW, nicht bei Kindern < 4. Lj. einsetzen |
| Tropisetron (Navoban®) | 2 mg i.v. | Teuer! Lange HWZ, wirkt ~ 24 h, kaum NW, wegen Ceiling-Effekt Dosis > 2 mg sinnlos |
Unruhe, Verwirrtheit
Ätiologie
-
•
Hypoxämie, Unruhe, postoperativeHyperkapnie, Verwirrtheit, postoperativeHarnverhalt, luftgeblähter GIT, Schmerzen, Entzugssymptome (Alkohol, Medikamente, Opioide), Angst, Desorientiertheit. Nachwirkung einer Narkose mit Ketamin.
-
•
Zentral anticholinerges Syndrom (7.3.2): Gehäuft bei alten Pat., da im Alter relatives Defizit an cholinergen Synapsen und somit ausgeprägtere Reaktion auf anticholinerge Einflüsse wie Atropin, Inhalationsanästhetika, H1/H2-Rezeptorenblocker.
Therapie Möglichst kausal, außerdem wiederholt Orientierung geben, erst nachgeordnet medikamentöse Sedierung.
Unterkühlung
Ätiologie Nach langen Unterkühlung, postoperativeEingriffen, OP in der Kältekammer, Eingriffen in Thorax und Abdomen.
Klinik Allgemeine Verlangsamung, Bradykardie, RR ↓, Atemfrequenz ↓, Rektaltemperatur ↓, Kältezittern.
Therapie Aufwärmen mit Wärmestrahlern, Warmluftgebläsen, Decken, warmen Infusionslösungen, bei Kältezittern erhöhter O2-Verbrauch → Sauerstoffgabe (4 l/Min. via Sonde). Verlegung des Pat. erst ab Rektaltemperatur > 36 °C.
Prophylaxe Intraop. Abdecken des Pat., Wärmematten und Warmluftgebläse, Verwendung von vorgewärmten Infusionslösungen (Wasserbad), bei Intubationsnarkose Low-flow-Anästhesie, Interposition eines wärme- und feuchtigkeitskonservierenden Filters zwischen Tubus und Geräteschlauch.
Zyanose
paO2 ≤ 75 mmHg.
Zyanose:postoperative Definition Peripher: Lokal begrenzte oder generell erhöhte O2-Ausschöpfung bei normaler O2-Sättigung des Blutes in der Lunge. Haut und Akren blau, Zunge jedoch nicht. Zentral: O2-Sättigung im arteriellen Blut sinkt unter 85 %. Haut und Zunge blau.
Cave.
Wenn < 50 g/l desoxygeniertes Hämoglobin vorhanden, ist eine Zyanose nicht zu sehen! Folge:
-
•
Ist der Pat. anämisch (z. B. Hb = 80 g/l), zeigt sich eine Zyanose erst ab ca. 60 % Anteil von desoxygeniertem Hämoglobin am Gesamt-Hb.
-
•
Bei Polyglobulie (z. B. Hb > 180 g/l) wird eine Zyanose bereits ab 30 % Anteil von desoxygeniertem Hämoglobin am Gesamt-Hb sichtbar.
Ätiologie
-
•Hypoventilation bei Schonatmung, zu fest gewickelten Verbänden, Übergewicht, zentraler Atemdepression (seltene Atemzüge, meist normales bis vergrößertes Atemzugvolumen), peripherer Atemdepression (schnelle, flache Atmung, geringes Atemzugvolumen durch nachwirk. Muskelrelaxanzien).
-
–Ther.: O2-Gabe. Verbände lockern, Oberkörper 30° hoch lagern oder Antagonisten bei Opioid- oder Relaxansüberhang, dann aber noch längere Zeit unter ständiger Überwachung belassen. Pat. zum tiefen Durchatmen und Abhusten auffordern, Aufsetzen.
-
–Pneumonieprophylaxe: Giebelrohr, KG, Verlaufskontrolle durch BGA, Vergleich mit präop. BGA. Atmung stimulieren durch Eisabreibungen entlang der Interkostalmuskulatur, jedoch nicht bei Pat. mit COLD oder Asthma, da hierdurch Exazerbation der Erkr. möglich. Stattdessen Stimulation mit heißer Rolle. Beratung und Mitther. durch Physiotherapeuten.
-
–
-
•
Perfusions- und/oder Ventilationsstörungen z. B. bei Atelektasen, Lungenödem, Pneumo- oder Hämatothorax, Aspiration, Lungenembolie, niedrigem HZV. Ther.: O2-Gabe, kausale Behandlung.
-
•
Sauerstoffbedarf erhöht, z. B. durch Fieber, Muskelzittern, erhöhten Sympathikotonus (Schmerzen, Unruhe). Ther.: O2-Gabe, kausale Behandlung.
1.4. Ambulante Anästhesie
Klaus Gerlach
Die Ambulante AnästhesieBeschränkung auf einfach durchzuführende und nicht herausfordernde Anästhesien gilt in zunehmendem Maße nicht mehr. Die Möglichkeiten der Tageschirurgie werden eher anhand der Invasivität der chirurgischen Maßnahmen, eines möglichen Blutverlusts und der Ausprägung des Postaggressionsstoffwechsels festgemacht.
1.4.1. Voraussetzungen und Vorbereitung
Anästhesie
-
•
Voll ausgerüsteter anästhesiologischer Arbeitsplatz (1.2.1).
-
•
Sollen Pat. mit schwierigem Atemweg behandelt werden, zusätzlich endoskopische Geräte (flexible Fiberoptik, evtl. starres Endoskop) vorhalten (2.3).
-
•
Gut ausgebildetes Assistenzpersonal.
Ein erschwertes anästhesiologisches Management während und unmittelbar nach der Operation schließt die Entlassung des Pat. am gleichen Tag nicht aus.
Operation
-
•
Endoskopische Techniken (Verringerung des Gewebetraumas, Blutverlusts und postoperativer Schmerzen).
-
•
Keine Eingriffe mit umfangreicher Eröffnung der großen Körperhöhlen.
-
•
Keine Operationen mit großen Blutverlusten oder langer Immobilisierung.
-
•
Keine Operationen mit hohem Nachblutungsrisiko.
Patienten
-
•
Pat. mit ungünstigem sozialem Umfeld (häusliche Nachsorge nicht gewährleistet) sollten nicht ambulant operiert werden.
-
•
Ehemalige Frühgeborene bis zum 2Frühgeborene:ambulante Anästhesie. Lj. sollten nicht ambulant anästhesiert werden (→ postop. Apnoephasen).
-
•
Hohes Alter (≥ 65 J.) ist ein Prädiktor für erschwertes periop. Management, aber spielt für das postop. Outcome eine untergeordnete Rolle.
-
•
Chron. Erkr. (z. B. KHK, Herzinsuffizienz, COPD, Diab. mell.) müssen optimal kontrolliert sein (→ Rücksprache mit dem Hausarzt).
-
•
Für spezielle Erkrankungen (z. B. Thrombophilie) fachärztl. Rat einholen.
-
•
Pat., die mit einem Drug-eluting-Stent versorgt wurden, werden im Stent:OP nachersten Jahr nicht elektiv operiert (nach Bare-metal-Stent ein halbes Jahr Karenz); danach unter fortgesetzter Acetylsalicylsäuregabe (ASS) OP möglich → ggf. nach Rücksprache mit dem Operateur keine ambulante Operation bei erhöhtem Blutungsrisiko.
-
•
Dauermedikation: Vorgehensweise wie unter klin. Bedingungen (1.1.12).
Nur 1 % der ambulanten Pat. stellen sich nach einer ambulanten Operation im OP-Zentrum unvorhergesehen wieder vor oder werden stationär aufgenommen. Bei ⅕ dieser Pat. liegt der Grund in einer Komorbidität. Die meisten der Pat. kommen wegen Nachblutungen.
1.4.2. Narkosevorbereitung und Prämedikation
-
•
Anamneseerhebung, körperliche Untersuchung und Aufklärung möglichst einige Tage vor der geplanten OP.
-
•Die Risikostratifizierung erfolgt gemäß innerklinischen Kriterien (1.1.8).
-
–Pat. mit einer ASA-Klassifizierung von mehr als 3 werden i. d. R. stationär operiert (Ausnahme: Z. B. Augenoperationen).
-
–Komplexere anästhesiologische Herausforderungen (z. B. schwieriger Atemweg, erhebliche Adipositas) sind auch von der Leistungsfähigkeit (Personal- und Geräteausstattung) des OP-Zentrums abhängig.
-
–
-
•
Auf die notwendige Planung für die Nachsorge in häuslicher Umgebung sollte schon bei der Indikationsstellung für die geplante OP durch den Operateur hingewiesen werden.
-
•
Die Pat. müssen sich am OP-Tag von Angehörigen abholen und nach Hause begleiten lassen.
-
•
Die Pat. sollten ein Informationsblatt mit allen wichtigen Angaben zur OP und Narkose erhalten (z. B. Thromboseprophylaxe, Nahrungskarenz, während der ersten 24 h postop. keine aktive Teilnahme am Straßenverkehr, keine Maschinen bedienen, keine Verträge zeichnen → Kenntnisnahme per Unterschrift bestätigen lassen).
-
•
Die Pat. müssen telefonisch erreichbar sein (postop. Telefonvisite!), Sprachprobleme müssen ausgeschlossen sein (→ Dolmetscher).
-
•
Die Prämedikation (z. B. mit Midazolam p.o.) kann 20–30 Min. vor Beginn der Anästhesieeinleitung im OP-Zentrum erfolgen.
1.4.3. Durchführung
Thromboseprophylaxe
-
•
Thromboseprophylaxe:ambulante AnästhesieBeginn am OP-Tag (vor Anlage der Blutsperre, sonst 6 h postoperativ).
-
•
Dauer: 7–10 d postop.
-
•
Bei Pat. mit hohem Risiko auch längerfristig.
PONV-Prophylaxe
(1.3.3).
-
•
PONV-Prophylaxe:ambulante Anästhesie Nahrungskarenz nicht länger als 6 h; Trinken bis 2 h präop. Wasser.
-
•
Propofol zur Einleitung und Aufrechterhaltung der Anästhesie benutzen.
-
•
Lachgas vermeiden.
-
•
Intra- und postop. Opioide niedrig dosieren.
-
•
Acetylcholinesterasehemmer vermeiden (z. B. Neostigmin).
-
•
Adäquate Volumentherapie (1–3 l in Abhängigkeit vom Eingriff).
-
•
Antiemetika einsetzen (z. B. Dexamethason, Ondansetron, Dimenhydrinat).
Anästhesieverfahren
Allgemeinanästhesie
-
•
TIVA mit Propofol und Remifentanil oder Sufentanil (2.4.2).
-
•
„Balancierte Anästhesie“ mit Sevofluran, Isofluran oder Desfluran und Sufentanil oder Remifentanil.
-
•
Geeignete Luftwege: Gesichtsmaske, Larynxmaske, endotrachealer Tubus (2.2, 2.3).
-
•
Kurznarkosen: Propofol und Remifentanil oder Alfentanil.
-
•
Bei Muskelrelaxation (Mivacurium, Cis-Atracurium, Rocuronium) Atemwege mit Endotrachealtubus sichern.
Regionalanästhesie
(3).
-
•
Kurz wirksame Medikamente einsetzen (Prilocain, Xylocain, Ropivacain (Spinalanästhesie)).
-
•
Zur Entlassung des Pat. müssen Sensibilität und Motorik vollständig zurückgekehrt sein.
1.4.4. Postoperatives Vorgehen
-
•
Ambulante Anästhesie:postoperatives VorgehenÜberwachung im Aufwachraum (1.3) bis zur Erfüllung der Entlassungskriterien.
-
•
Schmerzen effektiv behandeln → multimodale Schmerzbehandlung (intraartikuläre und infiltrative Lokalanästhesie, Opioide, NSAID, Metamizol, Paracetamol, Clonidin) um Sedierung zu vermeiden (20).
-
•
PONV frühzeitig und effektiv behandeln (1.3.3).
-
•
Ein Wartebereich zwischen Aufwachraum und endgültiger Entlassung aus dem OP-Zentrum entlastet den Aufwachraum; dort können auch Getränke und ein kleiner Imbiss gereicht werden.
-
•
Die Entlassung wird durch den Operateur und den Anästhesisten ausgesprochen.
Entlassungskriterien
-
•
Intakte Vitalfunktionen.
-
•
Intakte Schutzreflexe.
-
•
Weitgehende Schmerzfreiheit.
-
•
Keine Übelkeit und/oder Erbrechen.
-
•
Intakte Miktion.
-
•
Unauffällige Wundverhältnisse.
-
•
Vollständiges Abklingen der regionalen Nervenblockade.
Die häufigsten Gründe für Entlassungsverzögerungen nach ambulanter Anästhesie sind Schmerzen, PONV und Sedation.
Entlassung
-
•
Weitere Betreuung sicherstellen.
-
•
Analgetika und ggf. Antiemetika rezeptieren.
-
•
Verhaltensregeln für den weiteren Verlauf (postop. Komplikationen) mündlich und schriftlich mitteilen.
-
•
24 h Erreichbarkeit der behandelnden Ärzte (Operateur und Anästhesist) sicherstellen.
Follow up
-
•
Telefonische Visite am Abend des OP-Tages durch den betreuenden Anästhesisten.
-
•
Anästhesiologischer Nachbefragungsbogen.
-
•
Nachbefragungsbogen zur operativen Versorgung.
-
•
Allg. Fragebogen zur Versorgungsqualität in der ambulanten Einrichtung.
1.5. Anästhesie und Ökonomie
Anästhesie und Ökonomie Karl-Friedrich Klotz
Die ökonomischen Strukturen der deutschen ÖkonomieKrankenhauslandschaft sind in heftige Bewegung geraten. Als wichtige Faktoren sind hier zu nennen:
-
•
Einführung der Diagnosis related groups (DRG) als alleiniges Abrechnungssystem der Krankenhausleistungen.
-
•
Gesetzliche Bestimmungen zur Arbeitszeit, Einführung von Schichtdiensten.
-
•
Arbeitsmarkt, Vakanz von Stellen.
-
•
Innerbetriebliche Kostenverrechnungen.
-
•
Trennung der Kostenrechnungen für Krankenversorgung, Forschung und Lehre an den Universitätsklinika.
-
•
Einsatz von niedergelassenen Ärzten in den Klinika (ambulante Operationen).
-
•
Einsatz von Vertretungsärzten für einige Schichten.
Neben diesen Schlagworten sind noch weitere ökonomische Veränderungen zu beobachten. Diese Veränderungen haben schon zu weitreichenden Folgen für die deutschen Krankenhäuser geführt. Viele Häuser sind geschlossen, andere durch Privatisierungen verändert worden. Pat. werden, auch aus ökonomischen Gründen, von einem zum anderen Haus „verschoben“.
Es ist aus diesen Gründen aktuell nicht sinnvoll, feste Größen der Krankenhausökonomie in einem KrankenhausökonomieKlinikleitfaden anzugeben, da viele Gegebenheiten schnell wieder verändert sind. Daher hier nur einige Überlegungen zum ökonomischen Verhalten in der Anästhesie.
1.5.1. Auswahl des Anästhesieverfahrens
Anästhesieverfahren:Auswahl nach ökonom. GesichtspunktenSachlich begründete Medizin nach dem Stand der Wissenschaft ist obligatorisch zu praktizieren. Meistens ist die optimale Versorgung des Pat. auch die kostengünstigste, wenn man alle Folgekosten berücksichtigt. Sparmöglichkeiten im Bereich Material- und Medikamentenkosten sind in den letzten Jahren sehr scharf kalkuliert worden → Einsparungen von etwa 10 % der Krankenhausgesamtkosten.
Die Bemühungen, weitere Einsparungen zu erzielen, haben in der letzten Zeit dazu geführt, dass durch Outsourcing oder durch Fusionen oder Kooperationen verschiedener vorher selbstständiger Einheiten neue Organisationsstrukturen gebildet wurden. So konnten über größere Beschaffungsmengen bessere Preise ausgehandelt werden. Es sind auch für die Zukunft noch weitere Entwicklungen in der Struktur zur Kostenreduktion zu erwarten.
Tab. 1.9.
Grobe Verteilung der Kosten für eine Vollnarkose bei großer OP (z. B. Hüfttotalendoprothese mit ZVK und Arterie)
| Personalkosten (davon: Pflegedienst 30 %, ärztlicher Dienst 60 %, MTA 10 %) | 40 % |
| Geräteeinrichtung (Monitore, Narkosegeräte) | 10 % |
| Einmalmaterialien | 30 % |
| Medikamente (davon: 50 % Infusionen und Transfusionslösungen, 50 % Medikamente) | 20 % |
Allgemeinanästhesie versus Regionalanästhesie
-
•
Kosten für Personal, Allgemeinanästhesie:ÖkonomieInfusionen und Regionalanästhesie:ÖkonomieGeräteeinrichtung (Narkosegerät muss vorgehalten werden) bleiben gleich (70 % der Gesamtkosten).
-
•
Zeit: Vorbereitung und Abwarten der Wirkung bei Regionalanästhesie länger (Organisation?), dafür Ausleitung und Abschluss der Anästhesie kürzer. Aufwachraumzeiten bei Regionalanästhesie evtl. kürzer.
-
•
Material: Medikamente sind billiger (10 % → 1 %), Einmalmaterialien (Regionalanästhesie-Sets, Abwaschsets, Sterilmaterialien wie Handschuhe und Abdecktuch) sind teurer (30 % → 40 %). Dadurch Kosten in etwa gleich.
Verschiedene Verfahren der Allgemeinanästhesie
Die verschiedenen Allgemeinanästhesieverfahren (Intubation, Larynxmaske, Copa, Maskennarkose) haben ähnliche Grundkosten. Sparmöglichkeiten nur bei Einsparung von Zeit gegeben.
TIVA versus Inhalationsanästhesie
Inhalationsanästhesie:ÖkonomieBei den meisten TIVA:ÖkonomieKostenvergleichen zwischen einer TIVA mit Propofol und einer Inhalationsanästhesie schneidet die TIVA schlechter ab als die Inhalationsanästhesie. Wenn aber die mit der Gasnarkose signifikant häufiger verbundene postop. Übelkeit und ihre Ther. mit einbezogen werden, sind die beiden Methoden vergleichbar. Cave: Wird bei langen OP strikte Low-flow-Technik verwendet, ist die Inhalationsanästhesie kostengünstiger als die TIVA.
1.5.2. Auswahl von Medikamenten
Jede Abteilung hat durch Medikamente:ökonomische Auswahlindividuelle Bedingungen und komplexe wirtschaftliche Verhandlungen ihre eigene Kostenstruktur. So kann es nie gelingen, für alle Kliniken allgemeine Angaben über Kosten zu geben, und auch ein Vergleich verschiedener Methoden und Substanzen ist nicht möglich. Wenn hier dennoch grobe Kostenraster angegeben werden, gilt dies nur bei eingeschränkter individueller und auch zeitlicher Gültigkeit.
Monatliche Aufstellungen aller Ausgaben für anästhesierelevante Medikamente durch die Apotheke sind meist problemlos zu erstellen und sollten allen Mitarbeitern zugänglich gemacht werden.
Vergleich der Substanzgruppenkosten.
-
•
45 % i.v. Anästhetika und Analgetika.
-
•
30 % Relaxanzien.
-
•
15 % Inhalationsanästhetika.
-
•
10 % Lokalanästhetika.
Relaxanzien
Seit der routinemäßige Relaxanzien:ÖkonomieGebrauch von Succinylcholin zur Relaxierung des Pat. in die Diskussion gekommen ist und viele Kliniken sich von dieser Substanz getrennt haben, sind die Kosten für diese Medikamentengruppe drastisch gestiegen. Große Einsparungen sind möglich, wenn man für jede einzelne Narkose das individuelle Relaxans auch nach Kostengründen auswählt. In Fällen, bei denen der Pat. eine langzeitige Relaxierung benötigt und vielleicht planmäßig auf der Intensivstation nachbeatmet wird, an Pancuronium denken.
Inhalationsanästhetika
Die Kosten Inhalationsanästhetika:Ökonomievon Inhalationsanästhetika betragen bis zu etwa 5 % der gesamten Ausgaben einer Anästhesieabteilung oder etwa 1 % der OP-Gesamtkosten.
Anhalt für Kostenberechnung für Inhalationsanästhesie.
KostenberechnungIn einer Minute werden x ml Inhalationsanästhesie:KostenberechnungNarkosegasflüssigkeit verbraucht, wenn x = Frischgasflow × Narkosegaskonzentration / 200 (1 ml Flüssigkeit ergibt etwa 200 ml Gas, Frischgasflow in ml/Min., Narkosegaskonzentration als Fraktion, z. B. 0,01 bei 1 %).
Analgetika
-
•
Etwa 20–30 % der Medikamentenkosten einer Vollnarkose fallen auf die Analgetika.
-
•
Analgetika:Ökonomie Sufentanil und Fentanyl sind etwa ähnlich teuer, wenn die analgetische Potenz beachtet wird. Remifentanil ist erheblich teuerer, kann aber durch exakte Narkoseführung entlang des Analgetikabedarfprofils über die Narkose hinweg vergleichbar werden.
-
•
Für die postop. Analgesie wurde die patientenkontrollierte Epiduralanästhesie (PCEA) mit der PCA verglichen. Dabei ergibt sich, dass die Kosten für die PCEA erheblich über denen der PCA liegen.
-
!
90 % der Kosten der postop. Schmerzther. sind Personalkosten!
Antiemetika
Antiemetika neueren Typs wie die Antiemetika:ÖkonomieSerotoninantagonisten sind sehr kostspielige Medikamente, beeinflussen allerdings eines der großen Probleme der Anästhesie, nämlich die postop. Übelkeit und das Erbrechen, positiv. Bei einer Gesamtkostenanalyse, die verlängerte Zeiten im AWR und weitere Behandlung mit einberechnet, wird die Ther. allerdings kostengünstiger gegenüber anderen Methoden.
1.5.3. DRG-System und Anästhesie
Seit 2003 werden DRG-SystemKrankenhauskosten über das DRG-System abgerechnet. Aktuelle Grundlage der Kodierung der Krankenhausfälle sind der ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und der OPS (Operations- und Prozeduren-Schlüssel). Großen Einfluss hat das DRG-System auf die durchschnittliche Liegedauer im Krankenhaus aber auch auf effektive Organisationsstrukturen.
Der Anästhesist muss durch akkurate Dokumentation aller erbrachten Leistungen zur optimalen Fallbewertung beitragen. Außerdem ist er an der Optimierung der Abläufe im OP, im AWR und auf der Intensivstation beteiligt.
1.5.4. Personaleinsatz und Qualitätssicherung
Personaleinsatz
-
•
Die feste PersonaleinsatzRegelung, dass in einem OP-Saal ein chirurgisches und ein anästhesiologisches Team zusammen nacheinander die OP-Liste „abarbeiten“, ist nicht immer die effektivste. Es muss individuell Personalökonomieüberlegt werden, ob nicht durch flexiblere Handhabung und evtl. Heranziehung von weiteren Teams eine bessere Auslastung erreicht werden kann.
-
•
Um einen möglichst effektiven Personaleinsatz zu erreichen, muss in jeder Anästhesieabteilung der Personaleinsatz flexibel gestaltet werden. Insbes. die Dienstzeiten auf den einzelnen Arbeitsplätzen müssen den Anforderungen entsprechen. Das Personal für den AWR sollte daher einen Zeitraum abdecken, der gegenüber den OP-Arbeitszeiten zeitlich versetzt ist. Viele Möglichkeiten ergeben sich hier für teilzeitleistende Mitarbeiter.
-
•
Im Vordergrund der effektivitätserhöhenden Maßnahmen steht die genaue Zeitabsprache mit den operativen Kollegen. Lange Wartezeiten sind ein nicht unterschätzbarer Kostenfaktor, daher kann sich der zusätzliche Einsatz eines OP-Koordinators, der nicht aus den medizinischen Fächern stammen muss, schnell lohnen.
-
!
Die Regel, dass ein Anästhesist nicht gleichzeitig mehrere Narkosen durchführen darf, muss aus juristischen Gründen auf jeden Fall weiterhin gelten.
Prämedikationssprechstunde
-
•
Präop. Routinediagn. (Rö-Thorax, PrämedikationssprechstundeLabor, Lungenfunktion, EKG) kann durch eine rechtzeitig durchgeführte Prämedikationsvisite durch den Anästhesisten – d. h. nicht erst am Vorabend der OP – erheblich reduziert werden.
-
•
Im Vorfeld stattfindende organisatorische/medizinische Planung kann oft verhindern, dass Pat. am OP-Tag abgesetzt werden und somit Fehlzeiten und OP-Leerstände auftreten.
-
!
Durch eine Prämedikationssprechstunde Kostenersparnis von ca. 460 Euro pro Pat. (OP, Anästhesie, Station) möglich; daher kürzere Liegedauer. Pat. sollen erst am OP-Tag in der Klinik erscheinen.
Qualitätssicherung
-
•
Elektronische Aufarbeitung der Daten Qualitätssicherungist unverzichtbar geworden.
-
•
Anschaffungs- und Betreibungskosten solcher Datenverarbeitungssysteme belaufen sich je nach Struktur auf einen Betrag von 2,50 bis über 10 Euro pro
Narkose. Aufwand dabei von der Auslastung eines jeden Arbeitsplatzes abhängig.
-
•
Werden an einem Narkosegerät weniger als 1000 Narkosen pro Jahr durchgeführt, reicht ein manuelles Eingabesystem, sind es dagegen mehr, ergeben sich bei einer automatischen Erfassung günstigere Preise pro Narkose.
Patientenzufriedenheit
Zum ökonomischen Arbeiten gehört Patientenzufriedenheitnicht nur, dass die Kosten gesenkt werden und die Effektivität gesteigert wird, sondern auch, dass die Arbeit der Anästhesieabteilung auch nach außen hin sichtbar geschätzt wird. Um dies zu erreichen, muss die Betreuung des Pat. in der periop. Phase für jeden einzelnen Pat. zufriedenstellend sein. Dies ist durch Kontakte zum Pat. vor und auch nach der Narkose zu erreichen. Der Pat. darf sich mit seinen Problemen nicht allein gelassen fühlen und muss einen persönlichen Ansprechpartner haben. Diesem Zweck kann die postnarkotische Visite dienen, aber auch ein Kontakt des Pflegepersonals vor und nach der Anästhesie zur Klärung von persönlichen Fragen und zur Beseitigung von Unsicherheiten über Ablauf und Folgen der Narkose. Diese Maßnahmen kosten zunächst Geld, doch kann ein Krankenhaus nur erfolgreich arbeiten, wenn sich der Kunde wohl und gut betreut fühlt.
