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. 2020 Apr 14;22(4):56–58. [Article in German] doi: 10.1007/s35152-020-0201-1

Verleihung des BWK Umweltpreises NRW 2020 an das Projekt "Schüler bauen für Haiti"

Helmut Jelinek 1,, Roland Kühne 1
PMCID: PMC7153916

Unter dem Eindruck der Berichte über das schwere Erdbeben in Haiti am 12. Januar 2010 mit hunderttausenden Toten, mehreren hunderttausend Verletzten, etwa zwei Millionen obdachlos Gewordenen und einem Sachschaden, der das jährliche Bruttoinlandsprodukt übertraf, entstand im Religionsunterricht einer Maurerklasse des Rhein-Maas Berufskollegs Kempen der dringende Wunsch, den Menschen in Haiti Hilfe zukommen zu lassen. Mit einer Spendensammlung wollten sich die Auszubildenden nicht begnügen. Die Initialzündung für das Projekt "Schüler bauen für Haiti" war der Satz eines Auszubildenden: "Wir sind doch Maurer, wir können Häuser bauen!" Aus dieser "ver-rückten" Idee wurde Realität.

Seither fahren Auszubildende des Berufskollegs regelmäßig nach Haiti, um "Hand in Hand" gemeinsam mit Haitianern Gebäude zu errichten, die insbesondere der Ausbildung junger Menschen in Haiti dienen. Wir wollen damit keine Almosen verteilen, sondern zur nachhaltigen Verbesserung der Infrastruktur beitragen. Nicht zuletzt bringt für unsere Auszubildenden jeder Einsatz einen einmaligen Blick über den Tellerrand mit sich, stärkt Gemeinschaftssinn und Kritikfähigkeit und beseitigt Berührungsängste. Es handelt sich deshalb zugleich um ein Schulprojekt des Berufskollegs. Zudem erfahren die Hilfseinsätze Unterstützung durch die evangelische Kirchengemeinde Kempen. Im Übrigen beruht "Schüler bauen für Haiti" auf der privaten Initiative des Teams um Herrn Pfarrer Kühne, der am Berufskolleg lehrt.

Bis zum Jahre 2013 entstand auf diese Weise das Montessori-Ausbildungszentrum in Liancourt, das seither von der Peter-Hesse-Stiftung betrieben wurde. In den Jahren 2014 bis 2016 bauten wir ein Jugend- und Kulturzentrum in Torbeck/Haiti-Sud für die Ordensgemeinschaft der Petits Frères et Petites Sœurs de l'Incarnation.

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In dem Jahr nach dem verheerenden Hurricane Matthew (2016), der mit Windgeschwindigkeiten bis zu 270 km/h mit seinem Auge genau über "unser" Torbeck zog, haben wir uns darauf konzentriert, mehr als 40 Familien im wahrsten Sinne des Wortes wieder zu einem Dach über dem Kopf zu verhelfen.

Derzeit entsteht in Torbeck auf einem größeren Grundstück eine Schule nebst einer Station zur medizinischen Erstversorgung sowie ein Waisenhaus. Die fertige Schule umfasst neun Klassenräume. Es wird dort nach dem pädagogischen Konzept von Maria Montessori gelehrt werden. Die Krankenstation soll für eine ärztliche Grundversorgung sorgen, an der es vor Ort mangelt. Für den medizinischen Einsatz sollen auch deutsche Ärzte gewonnen werden, um dort zeitweise zu arbeiten. Das Waisenhaus wird vier kleine Gebäudeeinheiten umfassen und auch den Betreuerinnen Aufenthalt bieten.

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Wir haben im Jahr 2018 begonnen, dieses Projekt zu realisieren. Hierzu wurde die haitianische Fondation FEPOUTIM gegründet. Die Fondation soll letztendlich den Betrieb des Zentrums gewährleisten. Sie soll zudem den Dorfbewohnern im Sinne einer genossenschaftlichen Idee Teilhabe an den Entscheidungen vermitteln und zu gemeinschaftlichem Denken und Handeln zum Wohle des Dorfes motivieren.

All das bewältigt und bewerkstelligt die Initiative "Schüler bauen für Haiti" durch ehrenamtlichen Einsatz und mittels der Begeisterungsfähigkeit der jungen Auszubildenden. Die Reisekosten der Auszubildenden werden im wesentlichen nicht aus den Spenden, sondern von der von dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung getragenen Organisation "Engagement Global" getragen. Innerhalb des Programms "Konkreter Friedensdienst NRW" setzen sie sich dafür ein, dass auch junge Handwerker die Gelegenheit erhalten, Auslandserfahrungen zu sammeln.

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Sanitäranlagen als Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung

Bei all unseren Bautätigkeiten sind wir bestrebt, Umweltbewusstsein zu leben und zu vermitteln. Wir möchten einen Beitrag zur Verwirklichung der von den Vereinten Nationen formulierten 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung leisten. Wir versuchen, die Entstehung von Abfällen, insbesondere von Kunststoffabfällen, möglichst zu vermeiden und schonend mit der Natur umzugehen. Ein großes Thema in Haiti ist in diesem Zusammenhang auch die Hygiene. Spätestens nach den Problemen mit der Cholera-Epidemie vor wenigen Jahren ist daher auch die Bedeutung von sauberen Sanitäranlagen in das allgemeine Bewusstsein gedrungen. Die Menschen in Haiti legen zwar großen Wert auf Hygiene, doch es fehlt häufig an Know-how, um eine sanitäre Grundversorgung auch mit den vorhandenen begrenzten Mitteln sicherzustellen.

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In diesem Jahr werden wir die Toiletten- und Waschanlagen für unser Projekt bauen. Leider müssen wir den für die Osterferien geplanten Einsatz wegen des Corona-Virus auf voraussichtlich September 2020 verschieben. Zu unserem Team werden vor allem Anlagenmechaniker gehören, die kurz vor dem Ende ihrer Ausbildung stehen, und deren Firmen durch großzügige Arbeitsfreistellungen ihre Teilnahme ermöglichen. Die Kapazität der Anlagen wird nach Fertigstellung der Schule, des Waisenhauses und der Medizinstation die Versorgung von etwa 250 Menschen umfassen. Ein großes Unterfangen, bei dem uns mit Ausnahme eines Betonmischers keine technischen Geräte zur Verfügung stehen. Die bautechnischen Grundlagen sind bereits mit kempener Bauingenieuren besprochen. Diese sind auch selbst schon einmal in Haiti gewesen, so dass sie die örtlichen Gegebenheiten aus eigener Anschauung kennen. Bei der Ausführung vor Ort legen wir jedoch großen Wert darauf, auch auf die Ideen und Erfahrungen der ortsansässigen Fachleute zurückzugreifen. Erfahrungsgemäß ergeben sich deshalb gegenüber der Planung "am grünen Tisch" immer Abweichungen. Es ist eine Herausforderung, auch für unsere Auszubildenden, sich damit auseinanderzusetzen.

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In dem Bewusstsein, mit unseren Mitteln nicht die Sanitärversorgung für den Ort bewirken zu können, ist es unser Bestreben, gemeinsam mit den Menschen in Torbeck Lösungen für "unser" Grundstück zu finden, die auf Akzeptanz stoßen, weil sie die Ideen der örtlichen Fachleute einbeziehen und die deshalb und zugleich geeignet sind, als Beispiel zu dienen.

Wir hoffen damit, neben unserem Ziel einen Beitrag zum Zugang der Kinder zu guter Bildung zu erbringen, unseren Beitrag zur Verwirklichung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung zu leisten. Dazu gehören bekanntlich auch die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung zu gewährleisten (Ziel 6) und Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit zu fördern.

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Ausblick

Um die gesteckten ambitionierten Ziele zu erreichen, brauchen wir jede Unterstützung! Über eine einmalige Hilfe hinaus sind wir gerne an einer dauerhaften Partnerschaft interessiert. Für Öffentlichkeit sorgen wir auf Facebook, Instagram und durch Vorträge (z. B. LionsClub, Zonta) und Interviews (z. B. WDR, Rheinische Post) sowie durch einen Haiti-Kalender, den wir jährlich in 500-facher Auflage verteilen. Auf unserer Homepage https://schueler-bauen-fuer-haiti.blogspot.com/ (siehe auch: http://thomaskirche-kempen.ekir.de/projekte), finden Sie weitere Informationen.

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Lassen Sie uns den deutschen Botschafter in Haiti, Herrn Auster, zitieren:

"... dass Sie langfristig im Lande sind, immer wiederkommen, über gute Kontakte verfügen, die örtliche Bevölkerung nicht nur mitnehmen, sondern auch sehr stark auf sie eingehen … dann können Sie tatsächlich für die Menschen vor Ort einen direkten Erfolg in der Entwicklung bringen."

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Spendenkonto: Ev. Kirchengem. Kempen

IBAN: DE08 3506 0190 1010 1850 21

Stichwort: Projekt Haiti, Kempen

Contributor Information

Helmut Jelinek, Email: pax-kuehne@web.de.

Roland Kühne, Email: pax-kuehne@web.de.


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