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. 2020 May 29;12(3):12–13. [Article in German] doi: 10.1007/s15033-020-1825-2

Welche Probenmaterialien für den Nachweis von SARS-CoV-2?

Wolfgang Gesierich 1,
PMCID: PMC7231692  PMID: 32454895

Fragestellung: Wie stellt sich die Sensitivität verschiedener Probenmaterialien dar, die für den Nachweis der RNA des neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) mittels Real-time-Reverse-Transkriptase-PCR (rRT-PCR) eingesetzt werden können?

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Hintergrund: Typischerweise werden für den diagnostischen Nachweis von SARS-CoV-2 mittels rRT-PCR nasopharyngeale Abstriche genutzt. Für die Interpretation der Testergebnisse ist die Kenntnis der Sensitivität des Testsystems wichtig. Ebenso ist es von klinischem Interesse, ob das Virus auch in anderen Probenmaterialien nachgewiesen werden kann.

Patienten/Material und Methoden: Die Kollegen aus 3 Kliniken in den chinesischen Provinzen Hubei und Shangdong sowie in der Hauptstadt Peking identifizierten eine Kohorte von Patienten mit klinisch-radiologisch und mittels PCR gesicherter Coronavirus Disease 2019 (COVID-19), die vom 1. Januar bis 17. Februar 2020 stationär behandelt worden waren. Sie untersuchten die Verteilung von SARS-CoV-2 in verschiedenen Probenmaterialien. Die Patienten hatten bei Aufnahme routinemäßig pharyngeale Abstriche erhalten. An weiteren Materialien waren im Krankheitsverlauf untersucht worden: nasale Abstriche, Sputum, Blut, Stuhl und Urin. Bei beatmeten Patienten waren auch bronchoalveoläre Lavage (BAL) und Bürstenbiopsien zur rRT-PCR eingeschickt worden.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 1.070 Proben von 205 Patienten (mittleres Alter 44 Jahre, Spanne: 5-67 Jahre; 68 % männlich, 19 % kritisch krank) getestet. Die BAL zeigte die höchste Positivrate von 93 % (14/15), gefolgt von Sputum (72 %; 72/104), nasalen Abstrichen (63 %; 5/8), Bürstenbiopsien (46 %; 6/13), pharyngealen Abstrichen (32 %; 126/398), Stuhl (29 %; 44/153) und Blut (1 %; 3/307). Alle 72 Urinproben blieben negativ. Die höchste Viruslast fand sich in den nasalen Abstrichen.

Schlussfolgerung: SARS-CoV-2 lässt sich in verschiedenen Materialien nachweisen, wobei Proben aus den tiefen Atemwegen die größte Ausbeute liefern.

Kommentar von Dr. med. Wolfgang Gesierich .

Mittelfristig muss PCR durch Antikörperdiagnostik ergänzt werden

Zur Diagnose von COVID-19 durch Nachweis der SARS-CoV-2-RNA mittels rRT-PCR eignen sich primär respiratorische Materialen, wobei Proben aus den tiefen Atemwegen wohl eine höhere Sensitivität haben als die aus den oberen Atemwegen. In der Routine werden am häufigsten Rachenabstriche eingesetzt. Die vorgestellten Daten sowie auch andere frühe, kleine Kohortenstudien deuten darauf hin, dass nasopharyngeale Abstriche eine höhere Viruslast haben als oropharyngeale [1].

Zum einen sollte also bei der Entnahme von Rachenabstrichen mit demselben Stäbchen sowohl ein nasaler als auch oraler Zugang gewählt werden. Außerdem sollte wegen der eingeschränkten Sensitivität des Abstrichs - soweit verfügbar - auch Material aus den tiefen Atemwegen untersucht werden, also Sputum oder bei beatmeten Patienten Trachealsekret. Bei negativen Befunden und hoher klinischer Wahrscheinlichkeit muss die PCR-Diagnostik an neu gewonnenem Material wiederholt werden. Zu berücksichtigen ist auch der zeitliche Verlauf der Virusausscheidung. Diese ist am höchsten in den ersten Tagen nach Symptombeginn und fällt dann langsam ab. Dabei scheint die Infektion eine Art "Etagenwechsel" durchzumachen: Der Abfall der Viruslast erfolgt im Bereich des Pharynx etwas früher als in den tiefen Atemwegen [2]. Insbesondere in späteren Krankheitsphasen sind daher Materialien aus den unteren Atemwegen zu bevorzugen.

Das mittlere Intervall zwischen Symptombeginn und erster negativer PCR liegt bei 10 Tagen, ein relevanter Anteil von Patienten zeigt aber auch weit über das Sistieren der Symptome hinaus noch eine positive PCR [3]. Die Methode differenziert dabei nicht zwischen vollständigen, infektiösen Viruspartikeln und reinem RNA-Material. Insofern ist unklar, ob dadurch eine anhaltende Infektiosität angezeigt wird.

Parallel zum Abfall der Virusausscheidung kommt es im Serum etwa ab dem zehnten Tag nach Symptombeginn zu einem Anstieg spezifischer IgM- und IgG-Antikörper gegen das Nukleoprotein und Spikeprotein des Coronavirus [2]. Die Antikörperdiagnostik kann die Lücken der PCR komplementär ausgleichen: Zum einen erlaubt der Nachweis einer Serokonversion eine Diagnostik in der Spätphase der Erkrankung, wenn die PCR nicht mehr sensitiv ist. Zum anderen könnte sie möglicherweise helfen, späte positive PCR-Befunde zu interpretieren: Liegen parallel bereits relevant erhöhte Antikörper-Titer vor, besteht eventuell keine Infektiosität mehr. Diese Hypothese müsste aber durch Studien erst abgesichert werden. Schließlich lässt sich mit der Antikörperdiagnostik die erworbene Immunität eines Individuums plausibel machen, was sowohl für Patienten als auch für Mitarbeiter im Gesundheitswesen von erheblicher Relevanz ist.

Bei Redaktionsschluss war die Antikörperdiagnostik bezüglich SARS-CoV-2 in Deutschland noch nicht in der Routine verfügbar. In dieser Situation müssen wir die Radiologie heranziehen, um die Schwächen der PCR auszugleichen. CT-Diagnostik hat in einer pandemischen Situation eine hohe Sensitivität für COVID-19 und ist vielerorts schneller verfügbar als ein PCR-Resultat [4].

Originalie.

Wang W, Xu Y, Gao R et al. Detection of SARS-CoV-2 in Different Types of Clinical Specimens. JAMA. 2020; https://doi.org/10.1001/jama.2020.3786

Dr. med. Wolfgang Gesierich.

Lungenzentrum am Helios-Klinikum München-West Steinerweg 5 81241 München Wolfgang.Gesierich@helios-gesundheit.de

Literatur

  • 1.Zou L, Ruan F, Huang M et al. SARS-CoV-2 Viral Load in Upper Respiratory Specimens of Infected Patients. N Engl J Med. 2020;382:1177-9 [DOI] [PMC free article] [PubMed]
  • 2.To KK, Tsang OT, Leung WS et al. Temporal profiles of viral load in posterior oropharyngeal saliva samples and serum antibody responses during infection by SARS-CoV-2: an observational cohort study. Lancet Infect Dis. 2020; https://doi.org/10.1016/S1473-3099(20)30196-1 [DOI] [PMC free article] [PubMed]
  • 3.Chang, Mo G, Yuan X, Tao Y et al. Time Kinetics of Viral Clearance and Resolution of Symptoms in Novel Coronavirus Infection. Am J Respir Crit Care Med. 2020; https://doi.org/10.1164/rccm.202003-0524LE [DOI] [PMC free article] [PubMed]
  • 4.Ai T, Yang Z, Hou H et al. Correlation of Chest CT and RT-PCR Testing in Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) in China: A Report of 1014 Cases. Radiology. 2020; https://doi.org/10.1148/radiol.2020200642 [DOI] [PMC free article] [PubMed]

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