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. 2020 Jun 5;72(6):32–34. [Article in German] doi: 10.1007/s00058-020-1505-y

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Beate Ebbers 1,
PMCID: PMC7240246  PMID: 32457547

Lebensstil und Ernährung bei Arthrose Auf der Suche nach einer schmerzlindernden, nebenwirkungsarmen Therapie machen sich viele Arthrosepatienten Gedanken über ihre Ernährung. Können bestimmte Lebensmittel den Verschleiß bremsen? Helfen Nahrungsergänzungsmittel gegen Schmerzen? Macht eine Ernährungsumstellung überhaupt Sinn? Pflegende sollten wissen: Die beste Maßnahme ist, überflüssige Pfunde abzubauen.

Arthrose gilt weltweit als die häufigste Gelenkerkrankung bei Erwachsenen. In Deutschland sind nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes die Hälfte aller Frauen und ein Drittel der Männer ab dem 60. Lebensjahr betroffen. Doch auch jüngere Menschen können von Arthrose betroffen sein. Kennzeichen sind ein degenerativer progredienter Gelenkverschleiß mit Schäden im Bereich des Gelenkknorpels und der gelenknahen Knochen. Im weiteren Verlauf entwickelt sich eine sekundäre Entzündungsreaktion (Osteoarthritis), welche Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen verstärkt. Praktisch alle Gelenke können betroffen sein.

Bedeutsamer Risikofaktor für die Arthrose ist das Alter. Darüber hinaus begünstigen berufliche und sportliche Überbelastungen, angeborene Fehlstellungen sowie traumatische Verletzungen die Entwicklung. Auch Übergewicht erhöht das Risiko für die Entstehung. Übergewichtige Menschen benötigen früher als normalgewichtige einen Gelenkersatz, vor allem im Bereich von Knie und Hüfte. Beide tragen mehr als andere Gelenke das Gewicht des Körpers. Da übergewichtige Menschen häufig gleichzeitig unter Bewegungsmangel leiden, sind Muskeln, die den Gelenken zusätzlich Halt geben, untrainiert. Die Folge ist eine Zunahme der Instabilität mit hohem Risiko für Stürze und Knochenbrüche.

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Motivation zur Lebensstiländerung

In der Beratung sollten Pflegende übergewichtige Arthrosepatienten zu einer Gewichtsreduktion motivieren, um die Gelenke zu entlasten. Sinnvoll ist eine Änderung der Lebens- und Essgewohnheiten, um das erzielte Gewicht langfristig halten zu können. Von Diäten, die einseitig bestimmte Lebensmittel bevorzugen und/oder einen schnellen Gewichtsverlust versprechen, sollten Pflegende abraten. Sie bergen die Gefahr einer Mangelernährung und sind nur kurzfristig erfolgreich. Denn nach Beendigung sind die verlorenen Pfunde schnell wieder auf den Rippen, wenn das alte Verhalten nicht grundsätzlich verändert wurde. Das gilt auch für das Fasten. Empfehlenswert ist die mäßig energiereduzierte Mischkost in Kombination mit einer Bewegungs- und Verhaltenstherapie, wie das Programm "Ich nehme ab" der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Als ausgewogene und vollwertige Kost enthält sie alle Lebensmittel, die den Körper mit den notwendigen Nährstoffen versorgt, sieht aber ein Energiedefizit von 500 bis 800 Kilokalorien pro Tag vor. Damit gelingt eine Gewichtsreduktion von zwei bis vier Kilogramm pro Jahr (siehe Heilberufe 11.2019/71).

Begleitet werden sollte die Änderung des Ernährungsverhaltens durch ein spezifisches gelenkschonendes Ausdauertraining. Es unterstützt den Gewichtsabbau, baut die gelenkführende Muskulatur auf und sorgt für mehr Stabilität und Beweglichkeit. Besonders empfehlenswert bei Arthrose sind Schwimmen, Wassergymnastik, Aquajogging und Radfahren, da dabei das Gewicht getragen und die Gelenke entlastet werden. Je nach Arthrosestadium und -lokalisation werden zudem Physio-, Ergo- und physikalische Therapie eingesetzt bzw. die Verwendung orthopädischer Heil- und Hilfsmittel empfohlen.

Für alle Therapiemaßnahmen gilt jedoch: Der angegriffene Knorpel kann damit nicht wieder aufgebaut werden. Arthrose ist nicht heilbar.

Arachidonsäure meiden

Patienten, die infolge der Arthrose unter Osteoarthritis leiden, sollten in Kombination mit der Gewichtsabnahme gezielt entzündungsfördernde Lebensmittel meiden und stattdessen solche bevorzugen, die den Entzündungsprozess hemmen. Damit lassen sich Beschwerden lindern und mitunter Medikamente einsparen. Wichtigste Maßnahme ist die Reduzierung der Arachidonsäurezufuhr. Die Fettsäure ist Ausgangssubstanz für entzündungsfördernde Botenstoffe (siehe Heilberufe 7-8.2019/71). Da Arachidonsäure in erster Linie in fettreichen tierischen Lebensmitteln vorkommt, sollten diese gemieden werden. Dazu zählen alle Produkte mit reichlich Butter, Sahne, Schmand, Speck oder Schmalz, wie Sahnetorten und ähnliche Backwaren, Süßspeisen und Desserts mit Butter und Sahne, fettreiche Wurst- und Fleischwaren. Auch Eigelb enthält Arachidonsäure. Erlaubt sind maximal zwei kleine Mahlzeiten mit magerem Fleisch, wie Filet oder Schinken ohne Fett, sowie zwei Eigelbe pro Woche. Bei Milch- und Milchprodukten gilt es, die fettarmen Varianten zu bevorzugen, wie Milch oder Joghurt mit 1,5% Fett oder Käse mit maximal 30% Fett in der Trockenmasse. Übergewichtige Arthrosepatienten profitieren gleich zweifach: Fettarme tierische Lebensmittel haben nicht nur weniger Arachidonsäure, sondern auch weniger Kalorien als die fettreichen Varianten.

Antioxidanzien gegen Entzündungen

Anstelle der tierischen Lebensmittel gilt es, pflanzliche zu bevorzugen. Empfehlenswert sind fünf Portionen Obst und Gemüse und drei Portionen Vollkornprodukte am Tag sowie zwei bis drei Portionen Hülsenfrüchte (z.B. Linsen, Bohnen) pro Woche. Sie liefern wichtige Vitamine, Mineral-, Pflanzen- und Ballaststoffe sowie hochwertiges Eiweiß und sind bei fettarmer Zubereitung kalorienarm. Bedeutsam ist ihr Gehalt an Antioxidanzien, die den Entzündungsprozess hemmen, indem sie zellschädigende aggressive Sauerstoffradikale unschädlich machen. Dazu zählen Vitamin E, Vitamin C, Beta-Carotin, Selen und Zink.

Bei der Wahl der Fette sollten die Betroffenen Walnuss-, Raps- und Leinöl und daraus hergestellte Streichfette im Rahmen der erlaubten Fett- bzw. Kalorienaufnahme bevorzugen. Sie enthalten neben Antioxidanzien alpha-Linolensäure, eine Omega-3-Fettsäure, die den Entzündungsprozess hemmt. Das Gleiche gilt für Nüsse und Samen. Empfehlenswert ist eine Handvoll (30 g) pro Tag.

Auch Fettfische, wie Lachs oder Hering, enthalten wertvolle entzündungshemmende Omega-3-Fettsäuren. Unter Berücksichtigung der Kalorienmenge sind zwei kleine Fischportionen pro Woche empfehlenswert. Alternativ können Fischölkapseln verwendet werden.

Helfen Gewürze?

Schon lange werden in der asiatischen Heilkunde Gewürze als schmerzlinderndes Mittel eingesetzt. Nun mehren sich auch hierzulande Stimmen, dass Kurkuma, Ingwer oder Mischungen aus Koriander, Kreuzkümmel und Muskatnuss Beschwerden bei Arthrose lindern sollen. Dahinter stehen einzelne Untersuchungen, die für bestimmte sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, wie Curcumin in Kurkuma, schmerzlindernde oder durchblutungsfördernde Effekte festgestellt haben. Für einen wissenschaftlichen Beweis reichen die wenigen Studien mit kleinen Fallzahlen und mitunter fehlenden Kontrollgruppen bislang jedoch nicht aus. Für eine gesicherte allgemeingültige Empfehlung sind viele größere placebokontrollierte, doppelblinde Studien erforderlich. Wer aber gern mit Gewürzen kocht, macht mit Ingwer und Co. zumindest nichts falsch.

Wirken Nahrungsergänzungsmittel?

Frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel mit Glucosamin, Chondroitin oder Hyaluronsäure aus Apotheken, Super- und Drogeriemärkten oder dem Internet versprechen, die Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern, Beschwerden zu lindern und Knorpel, Bindegewebe und Gelenkflüssigkeit wieder aufzubauen. Tatsächlich gibt es jedoch keinen Nachweis, dass die Substanzen unverändert an den Zielorten ankommen und dort ihre Wirkung entfalten. Denn sie werden wie alle Nahrungsmittel über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen, in ihre Bausteine zerlegt und verstoffwechselt. Anbieter von Nahrungsergänzungsmittel mit den genannten Substanzen dürfen diese daher nicht mit gesundheitsbezogenen Aussagen (Health Claims) bewerben (siehe Info Nahrungsergänzungsmittel). Verboten ist demnach die Aussage "Glucosamin für gesunde Knochen und Gelenke". Um dennoch die Produkte gesundheitlich bewerben zu können, greifen manche Hersteller zu dem Trick, Substanzen mit zugelassenen Health Claims zuzusetzen. So enthalten viele Gelenkmittel gleichzeitig Vitamin C, Zink oder Vitamin D, für die Claims wie "unterstützt die normale Funktion von Knorpel und Knochen", "trägt zum Erhalt normaler Knochen bei" oder "unterstützt die normale Muskelfunktion" zugelassen sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Gelenkmittel notwendig oder gar unbedenklich sind. So warnt das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) Patienten, die Cumarin-Antikoagulanzien zur Blutgerinnung einnehmen, vor möglichen Wechselwirkungen mit Glucosamin. Denn der Aminozucker kann die blutgerinnungshemmende Wirkung der Medikamente verstärken und Blutungen und Hämatome hervorrufen. Produkte mit Chondroitin können bei Menschen mit Allergien auf Schalentiere oder Fischeiweiß heftige lebensbedrohliche Reaktionen auslösen, da die Substanz aus diesen gewonnen wird.

Pflegende sollten Arthrosepatienten über die Wirkung dieser Nahrungsergänzungsmittel aufklären. Wenn sie dennoch entsprechende Mittel einnehmen wollen, sollten sie dies dem Arzt mitteilen und mit ihm besprechen, ob es mögliche Wechselwirkung mit Medikamenten gilt. Bei Unklarheit sollte lieber darauf verzichtet werden. Besser ist, Gewicht zu reduzieren, sich ausgewogen und angepasst zu ernähren und mit gelenkschonender Bewegung Muskeln aufzubauen.

Checkliste: Nahrungsergänzungsmittel.

  • Auch wenn die meisten frei verkäuflichen Pulver und Pillen den Anschein eines Medikamentes haben, handelt es sich bei Nahrungsergänzungen rechtlich um Lebensmittel.

  • Im Unterschied zu Arzneimitteln werden Wirkung und Sicherheit vor Markteinführung nicht geprüft.

  • Aussagen oder Bilder, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen, sind bei der Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln grundsätzlich nicht erlaubt.

  • Gesundheitsbezogene Aussagen (Health Claims) wie "trägt zum Knochenaufbau bei", sind für Lebensmittel nur dann zulässig, wenn die beworbene Eigenschaft mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen worden ist und diese von der Europäischen Union zugelassen wurden. Derzeit gibt es eine Positivliste mit ca. 250 zugelassenen Health Claims.

Pflege einfach machen.

Bedeutsame Risikofaktoren für die Arthrose sind das Alter, berufliche und sportliche Überbelastungen, angeborene Fehlstellungen, traumatische Verletzungen und Übergewicht.

In der Beratung sollten Pflegende über die Wirkung von Arachidonsäuren und Antioxidanzien aufklären und übergewichtige Arthrosepatienten zu einer Gewichtsreduktion motivieren, um die Gelenke zu entlasten.

Frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel mit Glucosamin, Chondroitin oder Hyaluronsäure aus Apotheken, Super- und Drogeriemärkten oder dem Internet sind nur in Absprache mit dem Arzt zu verwenden.

Rheuma-Therapie fortsetzen.

Weltweit untersuchen Wissenschaftler, wie sich eine SARS-CoV-2-Infektion auf Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auswirkt, um daraus Handlungsempfehlungen für die Therapie abzuleiten.

"Ob Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen besonders gefährdet sind, sich mit dem Virus zu infizieren und ob sie - im Falle einer Infektion - ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Viruserkrankung haben, ist Stand heute weitestgehend unbekannt", sagt Professor Dr. med. Hendrik Schulze-Koops, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh). Die DGRh rät Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen daher, wie allen anderen Patienten auch, die Abstands- und Hygieneempfehlungen des Robert-Koch-Instituts strikt einzuhalten.

Zugleich rät die DGRh Patienten, die Therapie ihrer rheumatischen Erkrankung unverändert fortzuführen, solange keine Infektion mit dem Virus nachgewiesen ist und die Patienten keine Symptome einer COVID-19-Erkrankung aufweisen. "Die Sorge ist begründet, dass eine Rheumaerkrankung wieder aktiv werden könnte und dann zur Therapie sogar höhere Mengen von immunsuppressiven Medikamenten, wie zum Beispiel Kortison, notwendig wären", betont Schulze-Koops.

Eine Analyse der Universität Erlangen in Zusammenarbeit der Kliniken für Rheumatologie, Gastroenterologie und Dermatologie

untersuchte nun bei Patienten unter laufender Therapie einer entzündlichen gastroenterologischen, rheumatologischen oder dermatologischen Erkrankung das Auftreten von Antikörpern gegen SARS-CoV-2: Im Blut der anti-entzündlich behandelten Patienten ließen sich seltener Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisen als bei zwei Kontrollgruppen - bei Mitarbeitern des Gesundheitssystems und bei der gesunden, nicht im Gesundheitssystem arbeitenden Bevölkerung. Zudem zeigten mit Biologika behandelte Patienten im Zeitraum von Februar bis April 2020 seltener Symptome von Atemwegserkrankungen.Die Autoren der Studie schlossen aus diesen Beobachtungen, dass die Patienten unter Biologika-Therapie keinem erhöhten Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 gegenüber den beiden Kontrollgruppen unterliegen. Sie folgerten auch, dass bei diesen Patienten eine Infektion mit SARS-CoV-2 möglicherweise weniger schwer verläuft. Die Autoren unterstützen mit ihren Ergebnissen die Empfehlungen der DGRh insofern, dass Patienten unter einer laufenden Therapie ihrer entzündlichen rheumatologischen, dermatologischen oder gastroenterologischen Erkrankung keine besondere Risikogruppe darstellen.

Es besteht - darauf weisen die Daten aus Erlangen noch einmal hin - keine Notwendigkeit, eine laufende Therapie aus Furcht vor einer SARS-CoV-2-Infektion zu unterbrechen. "Aber es gibt auch keinen Grund, in der aktuellen Situation sorglos zu sein oder gar Biologika ohne medizinische Indikation zum Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion oder einem schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung einzunehmen", so der Vorstand der DGRh.

eular.org


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