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. 2020 Jun 9;42(5):32–34. [Article in German] doi: 10.1007/s35114-020-0233-0

Markenmanagement im Stadtmarketing

Christopher Zerres 1,
PMCID: PMC7280018

Das Konzept des Markenmanagements hilft Städten, Gemeinden und Kommunen, eine professionelle Marketingstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Der Beitrag gibt einen kompakten Überblick über die wichtigsten Elemente eines Markenmanagements und stellt einen Planungs- und Implementierungsprozess vor.

Das Markenmanagement nimmt eine immer bedeutendere Rolle innerhalb des Stadtmarketings ein. Für Städte, Gemeinden und teilweise auch ganze Regionen wird es immer wichtiger, ein für die jeweiligen Zielgruppen attraktives Profil beziehungsweise Image zu vermitteln, um im Wettbewerb zum Beispiel um Touristeninnen und Touristen, Unternehmen oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestehen zu können. Dementsprechend lässt sich ein diesbezüglicher Anstieg in den Bemühungen und Initiativen von Städten und Gemeinden beobachten, was sich wiederum in höheren Budgets für das Markenmanagement widerspiegelt. Allerdings sind Bemühungen im Markenmanagement auch immer mit einem relativ hohen Aufwand sowie in der Regel entsprechenden Kosten verbunden. Darüber hinaus lässt sich bei zahlreichen Markenmanagement-Bemühungen beobachten, dass ein falsches beziehngsweise stark reduziertes Verständnis des Themas Markenmanagement zugrunde gelegt wird und häufig keine klare Strategie formuliert wurde.

Für das Markenmanagement in Städten und Gemeinden sind einige wichtige Besonderheiten zu beachten. Hierzu zählen etwa die hohe Komplexität des Angebotes, die begrenzte Gestaltbarkeit des Angebotes und der Identität sowie komplexe Entscheidungsstrukturen (Radtke 2013, S. 115 ff.).

Marke, Markenzielsystem und Markenführung

Der Begriff Marke wird in diesem Beitrag nach Esch definiert: "Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und Wahlverhalten prägen" (Esch 2018, S. 21). Die Führung und Steuerung von Marken setzen ein entsprechendes Zielsystem voraus. Ein derartiges Zielsystem sollte dabei alle relevanten Zielgrößen darstellen, die Beziehungen zwischen den einzelnen Größen verdeutlichen und die Kausalbeziehungen und Wirkungen deutlich machen. Ein solches Zielsystem legt Esch vor (Esch 2018, S. 70). In diesem Modell ist der Markenwert die zentrale Zielgröße. Diese Zielgröße wird maßgeblich durch das Markenwissen beeinflusst. Das Markenwissen wiederum wird durch die beiden Konstrukte Markenbekanntheit und Markenimage operationalisiert. Daneben werden weitere Größen in das Zielsystem integriert. Hierzu gehören die Markenzufriedenheit und das Markenvertrauen sowie die Markenloyalität und die Markenbindung.

Das Grundkonzept einer identitätsbasierten Markenführung umfasst zwei zentrale Perspektiven, die Managementperspektive und die Wirkungsperspektive (Burmann et al. 2018, S. 14). Das sogenannte Selbstbild aus der Managementperspektive wird als Markenidentität bezeichnet. Es handelt sich dabei um das aktiv in der Organisation verankerte Verständnis hinsichtlich der Marke. Demgegenüber steht das Fremdbild der externen Zielgruppe, also das Markenimage. Dieses Fremdbild stellt die Reaktion auf die verschiedenen Maßnahmen der Markenführung dar. Am sogenannten Brand Touch Point kommt es somit letztlich zu einem Soll-Ist-Abgleich. Das Resultat hieraus hat wiederum Einfluss auf das Markenimage. Aufgrund der Ermangelung vorhandener Modelle, die sich explizit auf die Markenidentität von Städten beziehen, hat Radtke ein umfangreiches und fundiertes Modell entwickelt (Radtke 2013). Er nimmt hierbei auf das Modell von Esch Bezug, welches für kommerzielle Marken entwickelt wurde, und modifiziert dieses um stadtspezifische Sachverhalte. Hierunter fasst er:

  • Die lange Historie von Städten

  • Die hohe Komplexität

  • Die hohe Bedeutung der internen Zielgruppe

  • Die unterschiedlichen Formen der Kommunikation

Somit entsteht ein Modell, das aus einem Markenkern besteht und durch drei Ringe umrandet wird. Die primäre Markenidentität wird im Modell weiter differenziert in Markennutzen, Markenpersönlichkeit, Markenattribute und Markenbild. Bei der Ausgestaltung der Markenidentität übernimmt Radtke die Komponenten des Modells für kommerzielle Marken und erweitert dieses um elf stadtspezifische Elemente, wie etwa Atmosphäre und Stadtstruktur/Städtebau (Radtke 2013, S. 194).

Im nächsten Schritt werden die Elemente des Markenkerns festgelegt. Der Markenkern wird definiert "… als die zentralen wissensprägenden Aspekte oder Eigenschaften einer Stadt […], die sie einzigartig macht und von anderen Städten unverwechselbar unterscheidet" (Radtke 2013, S. 195). Das Modell berücksichtigt dabei als Markenkern die stadtkonstitutiven Elemente Lage (u. a. geografische Lage), Status (u. a. Einwohnerzahl), ökonomischer Sektor (dominierende Branchen) und Einwohner (u. a. Mentalität). Darüber hinaus werden Eigenlogik/Habitus, kulturelle Codierung und Urbanität integriert.

Markenmanagementprozess

Das Markenmanagement sollte entlang eines entsprechenden Prozesses erfolgen (siehe Abbildung). Während eines solchen Prozesses sollten immer alle wichtigen Stakeholder mit eingebunden werden. Ein derartiger Prozess weist in Anlehnung an Burmann et al. drei wesentliche Phasen auf (Burmann et al. 2018; Esch 2018). In der ersten Phase, dem strategischen Markenmanagement, werden zunächst in einer Situations- und Identitätsanalyse für das Markenmanagement relevante Faktoren untersucht und evaluiert. Auf diesen Schritt folgen die Definition von Zielen und die strategische Festlegung der Positionierung.

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Der nächste Schritt, die Gestaltung der Markenarchitektur, ist nur dann notwendig, wenn eine Organisation mehrere Marken besitzt. Grundsätzlich geht es hier darum, die Abstimmung und Koordination zwischen den verschiedenen Marken vorzunehmen (Burmann et al. 2018, S. 116). Die Markenevolution als nächste Phase umfasst strategische Entscheidungen bezüglich einzelner Marken der Organisation. Zu den grundsätzlichen Handlungsoptionen innerhalb dieser Phase gehören die Markenkonsolidierung und die Markenerweiterung. Bei der Markenkonsolidierung werden Organisationsressourcen von einzelnen Marken abgezogen. Die Markenerweiterung umfasst hingegen strategische Entscheidungen bezüglich der Erweiterung beziehungsweise Übertragung positiver Eigenschaften einer existierenden Marke auf neue Produkte und Dienstleistungen.

Im letzten Schritt des strategischen Markenmanagements, der Markenbudgetierung, muss entschieden werden, welche finanziellen Ressourcen für die einzelnen Marken bereitgestellt werden sollen. Die hier getroffenen Entscheidungen legen den Rahmen für die operative Umsetzung der strategischen Planung fest.

Das operative Markenmanagement baut auf den Erkenntnissen und Entscheidungen des strategischen Markenmanagements auf. Hierbei geht es einerseits darum, die Markenidentität einer internen Zielgruppe zu vermitteln, und andererseits darum, das Markenimage bei der externen Zielgruppe zu beeinflussen. Den Kern des internen Markenmanagements bilden dabei die drei Zielgrößen Brand Citizenship Behavior, Brand Commitment und Markenwissen (Burmann et al. 2018, S. 175). Im Mittelpunkt der externen Markenführung steht das Management der Brand Touch Points, um das Markennutzenversprechen zu vermitteln. Hierbei muss dieses in die vier klassischen Marketinginstrumente übersetzt werden. Den Abschluss des Markenmanagementprozesses bildet das Markencontrolling. Hierbei geht es im Kern darum, sicherzustellen, dass alle Entscheidungen und Maßnahmen sowohl im strategischen als auch operativen Markenmanagement zu den definierten Zielen beigetragen haben (Esch und Eichenauer 2017). Darüber hinaus gilt es, Optimierungsbedarf abzuleiten.

Schlussbetrachtung

Das Markenmanagement ist heute ein zentraler Bestandteil des Stadtmarketings. Die Bedeutung der Marke ist für Städte sehr hoch, da diese das Potenzial bietet, sich zu differenzieren und eine wichtige Orientierung für die verschiedenen Interessengruppen zu geben. Der Aufbau, die Umsetzung und die Kontrolle eines entsprechenden Markenmanagementprozesses sind allerdings aufwendig und bedürfen eines sorgfältigen Vorgehens.

Empfehlungen für das Stadtmarketing in der COVID-19-Krise.

  • Kommunikation mit allen Stakeholdern (Hierbei ist wichtig, alle Interessengruppen, wie etwa Unternehmen, Vereine und natürlich Bürgerinnen und Bürger, miteinzubeziehen)

  • Offene und transparente Kommunikation (Die verschiedenen Stakeholder müssen die Entscheidungen, also etwa die Schließung von Geschäften, nachvollziehen können)

  • Aktuelle und kontinuierliche Kommunikation

  • Besonnene und durchdachte Kommunikation (Nicht voreilig etwas kommunizieren, das sich als nicht richtig herausstellt; Kommunikationsinhalte sollten entsprechend immer einem Prüfungsprozess unterliegen)

  • Bereitstellung digitaler Kontaktmöglichkeiten, aber gleichzeitig auch Bürgerinnen und Bürgern ohne Internetzugang Kontaktmöglichkeiten einrichten und diese kommunizieren

  • "Silo-Denken" in der Verwaltung reduzieren und eine effektive Zusammenarbeit und Kommunikation aller Abteilungen erreichen

  • Konzeptionelle Überlegungen für "die Zeit nach Corona" - zum Beispiel (Neu-)Positionierung und Wiederbelebung von Innenstädten

Kompakt.

  • Das Markenmanagement kann Städten helfen, sich von anderen Städten gegenüber wichtigen Stakeholdern wie Touristen und Unternehmen zu differenzieren.

  • Das Markenmanagement sollte immer einem klaren Planungsprozess unterliegen.

  • Von zentraler Bedeutung ist eine klare Definition der Markenidentität.

Literatur

Balderjahn, I. (2004): Markenführung für Städte und Regionen, in: Bruhn, M. (Hrsg.): Handbuch Markenführung, S. 2357-2374, Bd. 3, Wiesbaden, www.springerprofessional.de/link/14641564

Burmann, C., Halaszovich, T., Schade, M., Piehler, R. (2018): Identitätsbasierte Markenführung. Grundlagen - Strategie - Umsetzung - Controlling, 3. Aufl., Wiesbaden, www.springerprofessional.de/link/15517830

Esch, F.-R., Eichenauer, S. (2017): Markencontrolling, in: Zerres, C. (Hrsg.) Handbuch Marketing-Controlling, S. 273-292, 4. Aufl., Heidelberg, www.springerprofessional.de/link/12230044

Lucarelli, A., Berg, P. O.: City branding (2011): a state-of-the-art review of the research domain, in: Journal of Place Management and Development, Vol. 4, No. 1, S. 9-27.

Radtke, B. (2013): Stadtslogans zur Umsetzung der Markenidentität von Städten. Eine theoretisch-konzeptionelle und empirische Untersuchung, Wiesbaden, www.springerprofessional.de/link/4275000

Zerres, C. (2019): Markenmanagement im Stadtmarketing, in: Breyer-Mayländer, T., Zerres, C. (Hrsg.) Stadtmarketing, Wiesbaden, S. 103-119, www.springerprofessional.de/link/16876784

Prof. Dr. Christopher Zerres

ist Professor an der Hochschule Offenburg. graphic file with name 35114_2020_233_Figb_HTML.jpg


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