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. 2020 Jun 10;23(4):248–250. [Article in German] doi: 10.1007/s10049-020-00720-9

Erweiterte lebensrettende Maßnahmen bei Erwachsenen

COVID-19-Leitlinien des European Resuscitation Council

Advanced life support in adultsEuropean Resuscitation Council COVID-19 Guidelines

J Soar 1, C Lott 1, B W Böttiger 1, P Carli 1, K Couper 1, C D Deakin 1, T Djärv 1, T Olasveengen 1, P Paal 1, T Pellis 1, G D Perkins 1, C Sandroni 1, J P Nolan 1,
PMCID: PMC7284666  PMID: 32536800

Einführung

Das erhebliche Risiko der Übertragung von SARS-CoV‑2 auf das medizinische Personal erfordert Änderungen der Leitlinien für die erweiterten Reanimationsmaßnahmen bei Erwachsenen (ALS; [13]). Die Handlungsempfehlungen können sich ändern, wenn mehr über COVID-19 bekannt wird. Informieren Sie sich über die neuesten Empfehlungen auf der ERC-Website (www.erc.edu).

Sicherheit ist von größter Bedeutung, und die Sicherheitsprioritäten sind: (1) Eigenschutz; (2) Schutz von Kollegen und Umstehenden; (3) Schutz des Patienten. Die Zeit, die erforderlich ist, um eine sichere Versorgung zu gewährleisten, ist ein akzeptabler Teil des Wiederbelebungsprozesses.

Innerklinischer Kreislaufstillstand

  1. Identifizieren Sie so früh wie möglich alle Patienten mit einer COVID-19-ähnlichen Erkrankung, bei denen das Risiko einer akuten Verschlechterung oder eines Kreislaufstillstands besteht. Ergreifen Sie geeignete Maßnahmen, um einem Kreislaufstillstand vorzubeugen und eine CPR ohne Schutzmaßnahmen zu verhindern.

  2. Die Verwendung physiologischer „Track-and-Trigger“-Frühwarnsysteme ermöglicht das frühzeitige Erkennen akut kranker Patienten.

  3. Bei denjenigen Patienten, bei denen eine Wiederbelebung unangemessen wäre, muss die Entscheidung getroffen und kommuniziert werden. Bei Patienten mit schwerem COVID-19-Lungenversagen, die sich nicht für eine tracheale Intubation, invasive Beatmung oder die Unterstützung mehrerer Organsysteme qualifizieren, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass sie einen Wiederbelebungsversuch nach einem Kreislaufstillstand überleben. Für solche Patienten ist es wahrscheinlich angemessen, eine „Do-not-attempt-resuscitation“-Entscheidung (DNACPR) zu treffen.

  4. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) muss verfügbar sein, um das Personal bei Wiederbelebungsversuchen zu schützen. Es wird in Kauf genommen, dass dies zu einer kurzen Verzögerung des Beginns der Thoraxkompressionen führen kann. Die Sicherheit des Personals ist jedoch von größter Bedeutung.

  5. Thoraxkompressionen können Aerosole erzeugen, und Atemwegsinterventionen sind aerosolerzeugende Verfahren (AGPs). Das medizinische Personal soll daher vor dem Beginn von Thoraxkompressionen und/oder Atemwegseingriffen persönliche Schutzausrüstung (PSA) tragen – als Minimum eine FFP3-Maske (FFP2 oder N95, falls FFP3 nicht verfügbar), Augen- und Gesichtsschutz, einen langärmligen Schutzkittel und Handschuhe, bevor solche Eingriffe durchgeführt werden.

  6. Stellen Sie sicher, dass sich zwischen dem Beatmungsbeutel und dem Atemweg (Maske, supraglottischer Atemweg, Endotrachealtubus) ein Virusfilter („heat and moisture exchanger“ [HME]) oder HEPA-Filter („high efficiency particle air“) befindet, um die Ausatemluft zu filtern.

  7. Das Anbringen von Defibrillator-Klebepads und das Abgeben eines Defibrillationsschocks durch einen AED/Defibrillator sind wahrscheinlich keine aerosolerzeugenden Verfahren und können mit einer flüssigkeitsabweisenden chirurgischen Maske, einem Augenschutz, einem kurzärmligen Schutzkittel und Handschuhen durchgeführt werden.

Ablauf der Maßnahmen bei innerklinischem Kreislaufstillstand eines Patienten mit bestätigter oder vermuteter COVID-19-Infektion

  1. Wenn ein Patient nicht mehr reagiert und nicht normal atmet, rufen Sie um Hilfe/betätigen Sie den Notfallalarm.

  2. Prüfen Sie Lebenszeichen/den Puls. Hören Sie NICHT auf Atemzüge und bringen Sie NICHT Ihre Wange in die Nähe des Gesichts des Patienten.

  3. Schicken Sie jemanden los, der den Notruf für einen COVID-Kreislaufstillstand auslöst (2222 oder eine gleichwertige lokale Nummer) und einen Defibrillator mitbringt.

  4. Wenn ein Defibrillator sofort verfügbar ist, schalten Sie ihn ein, legen Sie die Defibrillator-Pads an und geben Sie einen Schock ab, wenn der Rhythmus Kammerflimmern/pulslose ventrikuläre Tachykardie (VF/pVT) ist. Bleibt der Patient im VF/pVT und tragen Sie eine PSA für Luftpartikel, beginnen Sie mit Thoraxkompressionen. Wenn nicht, geben Sie bis zu zwei zusätzliche Schocks (falls indiziert), während andere Mitarbeiter die für Luftpartikel empfohlene PSA anlegen.

  5. Wenn Sie einen AED verwenden, befolgen Sie die Anweisungen und geben Sie, falls angegeben, einen Schock ab. Beginnen Sie erst mit Thoraxkompressionen, wenn Sie eine PSA gegen Aerosole tragen.

  6. Legen Sie eine PSA gegen Aerosole an (falls noch nicht geschehen).

  7. Fahren Sie nicht mit Thoraxkompressionen oder Atemwegseingriffen fort, ohne die empfohlene PSA zu tragen.

  8. Beschränken Sie die Anzahl der Mitarbeiter im Zimmer oder am Bett. Teilen Sie zu diesem Zweck einen Türhüter ein. Alle Mitarbeiter, die nicht unmittelbar benötigt werden, sollen Abstand zum Patienten halten und geschützt bleiben.

  9. Gibt es keine Lebenszeichen, beginnen Sie mit Thoraxkompressionen (kontinuierlich, bis Beutel-Maske eintrifft).

  10. Sofern noch nicht geschehen, setzen Sie dem Patienten eine Sauerstoffmaske auf und geben Sie darüber Sauerstoff. Lassen Sie die Maske am Patienten, bis Beutel-Maske eintrifft.

  11. Sobald Beutel-Maske-Beatmung verfügbar ist, fahren Sie mit einem Kompressions-Beatmungs-Verhältnis von 30:2 fort. Stellen Sie sicher, dass sich zwischen dem Beatmungsbeutel und den Atemwegen (Beatmungsmaske, supraglottischer Atemweg, Trachealtubus) ein Virusfilter (HME- oder HEPA-Filter) befindet, um die Ausatemluft zu filtern.

  12. Die manuelle Beatmung mittels Beutel-Maske soll minimiert werden und nur von erfahrenem Personal unter Verwendung einer 2‑Helfer-Technik durchgeführt werden, da eine schlecht sitzende Maske/schlechte Abdichtung Aerosole erzeugt. Der Helfer, der die Thoraxkompressionen durchführt, kann in der Druckpause den Beatmungsbeutel komprimieren.

  13. Personal mit Erfahrung in der Sicherung der Atemwege soll einen supraglottischen Atemweg einführen oder frühzeitig endotracheal intubieren, um die Dauer der Beutel-Maske-Beatmung zu minimieren. Erwägen Sie Video-Laryngoskopie für die endotracheale Intubation durch mit dieser Technik vertraute Anwender. Dadurch kann der Intubierende weiter vom Mund des Patienten entfernt bleiben.

  14. Wenn ein supraglottischer Atemweg eingeführt wurde, wenden Sie ein Kompressions-Beatmungs-Verhältnis von 30:2 an und unterbrechen Sie die Thoraxkompressionen, um die Beatmung zu ermöglichen. Dies minimiert das Risiko der Aerosolerzeugung durch Gas, das zwischen dem supraglottischen Atemweg und dem Rachen/Kehlkopf austritt.

  15. Erwägen Sie, die CPR frühzeitig zu beenden, wenn behandelbare reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands behoben wurden.

  16. Wenn eine längere HLW erforderlich ist, ziehen Sie die Verwendung eines mechanischen Thoraxkompressionsgeräts in Betracht, sofern Sie mit seiner Verwendung vertraut sind.

  17. Stellen Sie sicher, dass die PSA sicher abgelegt wird, um eine Selbstkontamination zu vermeiden.

  18. Führen Sie eine Nachbesprechung im Team durch.

Wiederbelebung bei Kreislaufstillstand intubierter Patienten

  1. Die Helfer sollen eine PSA gegen Luftpartikel tragen.

  2. Um bei einem intubierten und beatmeten Patienten mit Kreislaufstillstand eine Aerosolbildung zu vermeiden, dekonnektieren Sie – im Allgemeinen – das Beatmungsgerät bei Beginn der HLW nicht.

  3. Erhöhen Sie die FiO2 auf 1,0 und stellen Sie das Beatmungsgerät auf 10 Atemhübe pro Minute.

  4. Überprüfen Sie schnell das Beatmungsgerät und die Beatmungsschläuche, um sicherzustellen, dass diese nicht zum Kreislaufstillstand beigetragen haben, z. B. blockierter Filter, „air-trapping“ bei hohem Auto-PEEP oder mechanische Fehlfunktion. Befolgen Sie die lokalen Empfehlungen zur Dekonnektion des Beatmungsgeräts, um die Aerosolerzeugung zu minimieren, z. B. Abklemmen des Beatmungsschlauchs vor dem Trennen, Verwendung von Virenfiltern usw.

Wiederbelebung bei Patienten in Bauchlage

COVID-19-Patienten werden häufig in Bauchlage behandelt, da dies die Oxygenierung verbessern kann. Die meisten dieser Patienten sind intubiert, aber in einigen Fällen werden auch nichtintubierte, wache COVID-19-Patienten in Bauchlage behandelt. Sofern Sie die richtige PSA tragen, drehen Sie im Fall eines Kreislaufstillstands einen nichtintubierten Patienten aus der Bauchlage sofort auf den Rücken, bevor Sie mit Thoraxkompressionen beginnen. Bei einem intubierten Patienten in Bauchlage ist es im Fall eines Kreislaufstillstands möglich, Thoraxkompressionen durch Drücken auf den Rücken des Patienten durchzuführen. Dies kann zu einer gewissen Perfusion lebenswichtiger Organe führen, während sich ein Team wie folgt darauf vorbereitet, den Patienten auf den Rücken zu legen:

  1. Die Helfer sollen eine PSA gegen Luftpartikel tragen.

  2. Drücken Sie zwischen den Schulterblättern mit der üblichen Tiefe und Geschwindigkeit (5 bis 6 cm bei 2 Kompressionen pro Sekunde).

  3. Drehen Sie den Patienten auf den Rücken im Fall von
    1. unwirksamen Kompressionen – achten Sie auf die arterielle Druckkurve und streben Sie einen diastolischen Druck von mehr als 25 mm Hg an.
    2. Interventionen, die es erfordern, dass der Patient auf dem Rücken liegt, z. B. bei Atemwegsproblemen.
    3. Problemen, die verhindern, dass Sie den Kreislauf schnell (binnen Minuten) wiederherstellen können.
  4. Um den Patienten auf den Rücken zu legen, ist zusätzliche Hilfe erforderlich – planen Sie dies frühzeitig.

  5. In Bauchlage können die Defibrillator-Pads wie folgt platziert werden:
    1. anterior-posterior (vorn und hinten) oder
    2. biaxillär (beide Achselhöhlen).

Außerklinischer Kreislaufstillstand

Bei bestätigtem oder vermutetem COVID-19 gelten die meisten der für die Behandlung des innerklinischen Kreislaufstillstands bei Erwachsenen beschriebenen Grundsätze auch für ALS außerhalb des Krankenhauses.

Im Rahmen von COVID-19 wird es das frühzeitige Erkennen eines Kreislaufstillstands durch den Disponenten den Mitarbeitern des Rettungsdiensts ermöglichen, so früh wie möglich ihre PSA zum Schutz vor Partikeln in der Luft anzulegen.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

J. Soar, C. Lott, B.W. Böttiger, P. Carli, K. Couper, C.D. Deakin, T. Djärv, T. Olasveengen, P. Paal, T. Pellis, G.D. Perkins, C. Sandroni und J.P. Nolan geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.

Footnotes

Diese Leitlinie wurde am 24. April 2020 erstellt und unterliegt den sich weiterentwickelnden Kenntnissen und Erfahrungen über COVID-19. Da sich die Länder in verschiedenen Stadien der Pandemie befinden, kann es in der Praxis zu Abweichungen in einzelnen Ländern kommen.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung durch den German Resuscitation Council der Covid-19 Leitlinien des ERC. Die Originalpublikation dieses Kapitels finden Sie hier https://www.erc.edu/sites/5714e77d5e615861f00f7d18/content_entry5ea884fa4c84867335e4d1ff/5ea8865f4c84867421e4d1eb/files/ERC_covid19_pages_section3.pdf?1588257350

Literatur


Articles from Notfall & Rettungsmedizin are provided here courtesy of Nature Publishing Group

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