27.1. Untersuchung des kranken Kindes in der Notaufnahme
Zunächst gilt es auch bei Kindern, eine eventuell vorliegende vitale Bedrohung zu erkennen:
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•
Die Vigilanz des Kindes Pädiatrische Notfälleund der Atemtyp lassen sich bereits vor Entkleiden des Kindes beurteilen. Pädiatrische Untersuchung
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Bei Bewusstseinstrübung, Atemnot oder dem Verdacht auf einen Schock wird sofort die pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung gemessen und über eine eventuell notwendige Intubation oder Sauerstoffgabe entschieden.
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Zur Überprüfung der Kreislaufsituation mit Pulspalpation, EKG-Ableitung und Blutdruckmessung sollte der Säugling entkleidet werden, zumal aufgrund des kurzen Halses die A. brachialis oder A. femoralis palpiert werden müssen.
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Die Rekapillarisierungszeit dient der schnellen Orientierung über die Mikrozirkulation und liegt in jedem Lebensalter normal bei maximal 2 Sekunden. Sie lässt sich bei Säuglingen gut an Sternum oder Fußsohle prüfen, bei größeren Kindern am Nagelbett.
Während der Messung der Körpertemperatur kann eine Kurzanamnese erhoben werden. Die Untersuchung in nacktem Zustand oder, bei älteren Klein- und Schulkindern, in Unterwäsche, erleichtert die rasche, aber doch umfassende Befunderhebung einschließlich der Inspektion der Haut. Allerdings ist eine Auskühlung des Kindes strikt zu vermeiden. Fehlen Wärmelampen oder andere technische Voraussetzungen, sollte eine ausreichend dicke Decke zur Verfügung stehen, um das Kind zwischen einzelnen Untersuchungsschritten zudecken zu können.
Merke.
Sind keine Maßnahmen zur Stabilisierung der Vitalfunktionen notwendig, bleibt Zeit, um einen vertrauensvollen Zugang zum Kind wie auch seinen Eltern zu gewinnen. Angst steckt an, Ruhe und Gelassenheit aber auch!
Wenn kein Trauma vorliegt, lässt sich in vielen Situationen das Kind besser auf dem Schoß einer Bezugsperson als auf der Liege untersuchen. Dem weniger Erfahrenen wird ein möglichst systematischer, entweder organbezogener (Haut, Herz, Lunge, Nervensystem usw.) oder von kranial nach kaudal orientierter Untersuchungsgang empfohlen. Unangenehme Schritte wie die Racheninspektion oder Blutentnahme gehören stets an das Ende einer Untersuchung. Bei Schonung einer Extremität (Trauma, Osteomyelitis, Arthritis) werden erst die anderen, nicht betroffenen Extremitäten vorsichtig geprüft, um die Reaktion des Kindes besser einordnen zu können. Das spontane Vorbeugen des Kopfs im Sitzen, angeregt durch ein spielerisches Ablenkungsmanöver mit Zeigen eines interessanten Gegenstands auf Höhe des Bauchnabels, lässt oft einen Meningismus leichter ausschließen als der Griff zum Kopf im Liegen bei einem abwehrenden Kind.
In der Notfallambulanz muss nicht jede Diagnose gestellt, sondern geklärt werden, um welche Organsysteme oder ätiologische Kategorie es sich handelt, um entscheiden zu können, ob und wo eine weitere Abklärung oder Behandlung erfolgen muss.
27.2. Der Säugling mit unklarem Fieber
In den ersten Lebensmonaten ist das Risiko mit ca. 10 % deutlich höher als im späteren Alter, dass dem FieberFieberunklarer Genesebeim Säugling SäuglingFieber unklarer Genese eine ernsthafte bakterielle Infektion zugrunde liegt [1]. Fieber in den ersten 4 Lebenswochen (Neugeborenenzeit) stellt immer eine Indikation zur stationären Abklärung dar. Findet sich im Rahmen einer vollständigen körperlichen Untersuchung in der Ambulanz kein Fokus, ist immer ein Urinstatus zum Ausschluss einer Harnwegsinfektion und ggf. eine Labordiagnostik (Blutbild, C-reaktives Protein) angezeigt.
Info.
Erhöhtes Risiko für eine bakterielle Infektion bei Säuglingen mit Fieber
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Alter < 3 MonateSäuglingFieberInfektionsrisiko, bakterielles
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Allgemeinzustand und Trinkverhalten schlecht
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Körpertemperatur < 36,5 °C und > 39,0 °C
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Leukozyten < 5 Mrd. / l, > 15 Mrd. / l
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I / T-Ratio > 0,2
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C-reaktives Protein > 30 mg / l
Zu beachten ist, dass weder mit der klinischen Feststellung einer Otitis media noch mit den oben genannten Kriterien eine Meningitis sicher ausgeschlossen ist. Bei etwa 40 % der jungen Säuglinge mit bakterieller MeningitisMeningitisbakterielleSäugling lagen die Leukozytenwerte zwischen 5 und 15 Mrd. / l [2]. Die Indikation zur fachärztlichen pädiatrischen Beurteilung muss für diese Altersgruppe großzügig gestellt werden.
27.3. Hautsymptome
Chronische HauterkrankungenHauterkrankungenchronische, Kindesalter stellen nur selten eine Indikation zur notfallmäßigen Behandlung dar. Ausnahmen sind die sekundäre StaphylodermieStaphylodermiesekundäre, Kindesalter oder das Eczema herpeticatumEczema herpeticatumKindesalter auf dem Boden einer atopischen Dermatitis. Auch eine alleinige Hautblässe ohne weitere Symptome gehört zur primären Abklärung in die kinderärztliche Hausarztpraxis. Daher sind in der Notfallambulanz in erster Linie akute Exantheme zu beurteilen.
Jedem Arzt ist geläufig, dass petechiale Hauteinblutungen, PetechienKindesalterwenn sie nicht nach heftigem Erbrechen vereinzelt im Gesicht auftreten, einer sofortigen Abklärung bedürfen. Bei einer Sepsis sindSepsisKindesalter sie Zeichen von Mikroembolien mit sekundären Hämorrhagien im Rahmen einer VerbrauchskoagulopathieVerbrauchskoagulopathieKindesalter DIC (disseminierte intravasale Gerinnung)Kindesalter Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)Kindesalter (DIC).
Merke.
Über die Labordiagnostik darf die sofortige Einleitung der Schockbehandlung mit volumenwirksamer Infusionstherapie nicht versäumt werden.
Septische HautblutungenHautblutungenseptische, Kindesalter sind gleichmäßig über den gesamten Körper verteilt, während die petechialen Blutungen bei Thrombopenie oder im Rahmen einer Vaskulitis (z. B. Purpura Schönlein-HenochSchönlein-Henoch-Purpuras. Purpura Schönlein-Henoch) in den Regionen stärkerer mechanischer bzw. orthostatischer Belastung auftreten (untere Extremitäten, Gesäß). Die vor allem bei Klein- und jungen Schulkindern auftretende Purpura Schönlein-Henoch PurpuraSchönlein-HenochKindesalterbeginnt mit Erythemen, die neben den Einblutungen gut erkennbar bleiben, zudem treten häufiger periartikuläre Ödeme auf.
Makuläre oder makulopapulöse Exantheme treten nicht nur bei zahlreichen Infektionen wie Masern und anderen Viruserkrankungen auf, sondern auch bei Arzneimittelexanthemen, einem Erythema exsudativum multiforme oder dem Kawasaki-Syndrom, einer Vaskulitis. Letztere geht mit hohem Fieber einher, das ansonsten eher an eine infektiöse Ursache denken lässt. Nicht zu vergessen ist auch die Reiseanamnese insbesondere in tropische Regionen (u. a. Dengue, Malaria). Lässt sich in der Ambulanz keine eindeutige Diagnose stellen, sollte das Kind dem Pädiater zugewiesen werden.
Rein papulöse Hauterscheinungen bietepapulöse Hauterscheinungen, Kindesaltern trotz einer breiten Differenzialdiagnose keine Indikation zur notfallmäßigen Intervention bei Kindern, wenn nicht zusätzliche Effloreszenzen wie eine UrtikariaUrtikariaMastozytose im Fall einer Mastozytose bestehen. Gleiches gilt für alle papulosquamösen Effloreszenzen.
Bei urtikariellen Exanthemen Exanthemurtikarielles, Kindesalterstellt Urtikarielles Exanthem, Kindesalterdie Anamnese den Schlüssel zur Diagnose dar. Über 50 % der akuten Fälle treten bei Kindern infektassoziiert und nicht durch exogene Allergene auf. Auch wenn die Therapie zunächst symptomatisch erfolgt (Antihistaminika, evtl. Prednisolon 2–5 mg / kg KG als Einzeldosis), muss insbesondere bei jungen Kindern die Indikation zur stationären Überwachung für die nächste Nacht großzügig erwogen werden.
Vesikulopapulöse Effloreszenzen werdenEffloreszenzenvesikulopapulöse, Kindesalter häufig durch Viren der Herpesgruppe (Herpes simplex, Varizella zoster) wie auch durch Coxsackie (z. B. Hand-Fuß-Mund-KrankheitHand-Fuß-Mund-Krankheit) und andere ausgelöst. Aufgrund der bei Kleinkindern zunehmend verbreiteten Varizellenimpfung ist bei Ungeimpften mit einer Verschiebung der Wildviruserkrankung in das spätere Schulkindalter zu rechnen. Da der Impfschutz voraussichtlich nicht lebenslang bestehen bleibt, können auch Geimpfte nach 10–20 Jahren an Varizellen vom Wildtyp erkranken.
Das Pflegepersonal muss Vorkehrungen treffen, damit in der Notfallambulanz keine (aerogene) Übertragung auf Risikopatienten erfolgt. Die Behandlung erfolgt symptomatisch mit polidocanolhaltigen Zinklotionen und ggf. systemischen Antihistaminika gegen den Juckreiz; nur immunsupprimierte Patienten erhalten parenteral Aciclovir.
Zu den Ursachen der seltenen bullösen Veränderungen bullöse Veränderungen, Kindesaltergehören bei Kindern neben hereditären Erkrankungen (Epidermolysis bullosaEpidermolysis bullosaKindesalter) andere chronisch verlaufende Krankheiten wie das bullöse PemphigoidPemphigoid, bullöses, Kindesalter oder die Dermatitis herpetiformis DuhringDermatitisherpetiformis Duhring, Kindesalter.
Merke.
Für den Notfallmediziner ist es wichtig, bei Blasen unklarer Herkunft auch an MisshandlungenMisshandlungenBlasen (z. B. Verbrennung mittels Zigaretten) zu denken und das Lyell-SyndromLyell-Syndrom, sei es durch bakterielle Toxine (z. B. Staphylokokken) oder andere Auslöser (Medikamente) verursacht, bereits in frühem Stadium zu erkennen. Diese Kinder müssen stationär behandelt werden.
27.4. Kardiovaskuläre Notfälle bei Kindern
Im Vergleich zu Erwachsenen sind kardiale NotfälleKardiovaskuläre NotfälleKindesalter nicht nur selten bei Kindern, ihnen liegt auch meist eine andere Pathophysiologie zugrunde.Angeborene Herzerkrankungen sind in ➤ Kap. 8.2 beschrieben.
27.4.1. Das ältere Kind mit Herzbeschwerden
Bei älteren Kindern und Adoleszenten sind „Brustschmerzen“ neben Synkopen der häufigste Grund, um eine Notfallambulanz aufzusuchen. Meist handelt es sich hierbei um ein Precordial-Catch-Syndrom (PCS), Precordial-Catch-Syndrom (PCS)einen plötzlich auftretenden linksthorakalen scharfen Schmerz, der sich während der Einatmung verstärkt und nach 30 s bis 3 min schlagartig wieder aufhört. Seine Ursache ist unklar [3]. Der im deutschen Sprachraum häufig synonym verwendete Begriff „Interkostalneuralgie“ Interkostalneuralgiesollte eher den länger persistierenden, gürtelförmigen Schmerzen vorbehalten bleiben.
Info.
Ursachen für Brustschmerz bei Adoleszenten
Atemabhängig:
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Precordial-Catch-Syndrom (PCS)ThoraxschmerzenAdoleszenz
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Prellung, Rippenfraktur
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Kostochondritis
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•
(Spontan-)PneumothoraxPneumothoraxAdoleszenz PleuropneumonieAdoleszenz
-
•
Pleuritis, Pleuropneumonie
Atemunabhängig:
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•
Gastroösophagealer RefluxGastroösophageale RefluxkrankheitAdoleszenz
-
•
MitralklappenprolapsMitralklappenprolapsAdoleszenz
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•
Angina pectoris (Kawasaki-SyndromKawasaki-SyndromAdoleszenz, ALCAPA)
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•
AortenaneurysmaAortenaneurysmaAdoleszenz (Marfan-SyndromMarfan-Syndrom)
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Pneumonie
Länger anhaltende Schmerzen können entzündlich bedingt sein wie bei einer Kostochondritis, Pleuritis oder PerikarditisPerikarditisKindesalter. Bei der KostochondritisKostochondritisKindesalter ist die betroffene Region des Brustkorbs deutlich druckempfindlich. Eine PleuritisPleuritisKindesalter stellt bei Kindern die Komplikation einer PneumoniePneumonieKindesalter dar (➤ Kap. 21.4) und geht mit Fieber einher. Länger andauernde thorakale Schmerzen sollten immer zu einer Röntgen-Thorax-Aufnahme veranlassen. Die Abklärung erfolgt ansonsten analog dem Vorgehen bei Erwachsenen.
Jeder Jugendliche, der während oder nach körperlicher Belastung (z. B. Sport) über Brustschmerzen, Palpitationen oder Schwindel klagt bzw. eine SynkopeSynkopeKindesalter erleidet, muss einer sorgfältigen klinischen Untersuchung vor allem des Herzens unterzogen werden, um eine hypertrophe Kardiomyopathie, Koronararterienanomalien, eine MyokarditisMyokarditisKindesalter oder Herzrhythmusstörungen einschl. einem Long-QT-SyndromLong-QT-SyndromKindesalter auszuschließen [4]. Etwa 80 % der plötzlichen, nichttraumatischen Todesfälle bei jungen Athleten < 35 Jahren liegt eine angeborene, funktionelle oder strukturelle kardiale Ursache zugrunde [5], [6].
27.4.2. Besonderheiten des Schocks bei Kindern
Je jünger das Kind, umso schwieriger ist es, klinisch einen SchockSchockkardiogenerKindesalter zu erkennen oder auszuschließen. Die Kompensationsphänomene mit ausgeprägter Zentralisation können die Symptomatik zunächst verschleiern, bis plötzlich eine Dekompensation eintritt. Eine verlängerte Rekapillarisierungszeit ist zur Schockerkennung zwar ein sensitives, aber kein spezifisches Merkmal. Infektionen, Fieberanstieg oder eine kältere Umgebung führen ebenfalls zur peripheren Vasokonstriktion. Zur Diagnostik gehören bei Schockverdacht die Ableitung von EKG und Pulsoxymetrie, eine Blutdruck- und Temperaturmessung sowie der Säure-Basen-Status mit Laktatmessung.
Merke.
Bei Verdacht auf einen kardiogenen Schock ist zur Diagnostik und differenzierten Therapiesteuerung die Echokardiografie unerlässlich und der frühzeitige Kontakt mit einem kinderkardiologischen Zentrum dringlich.
Eine VolumensubstitutionVolumensubstitutionKindesalter erfolgt unabhängig vom Lebensalter stets mit Vollelektrolytlösung (z. B. Ringer), wobei trotz vorhandener Azidose laktathaltige Lösungen gut vertragen werden, wenn keine Leberinsuffizienz vorliegt. Volumenwirksam ist die Infusion erst ab einer Menge von 20 ml / kg / h. Auch Neugeborene mit kritischem angeborenem Herzfehler profitieren bei einer akuten Dekompensation häufig von einem initialen Volumenbolus.
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•
Bei (traumatisch-)hämorrhagischem SchockSchockhämorrhagischerKindesalter können als kolloidale Lösung auch bei Kindern 6 % Hydroxiethylstärke (HES) oder 4 % Gelatine mit einer Initialdosis von 10–25 ml / kg KG eingesetzt werden.
-
•
Kann bei einem Blutverlust nach der Infusion von 40–50 ml / kg KG kristalliner und kolloidaler Lösung keine hämodynamische Stabilisierung erreicht werden, wird der Einsatz von Erythrozytenkonzentraten empfohlenErythrozytensubstitutionKindesalter. Der Hb-Wert fällt im Blutungsschock verspätet ab. Die üblichen Grenzwerte zur Erythrozytensubstitution (Hb 10–12 g / dl bei Neugeborenen, 6 g / dl bei Kindern) bieten bei akuter Blutung keine verlässliche Orientierung.
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•
Bringt bei einem septischen SchockSchockseptischerKindesalter eine Volumengabe von bis zu 60 ml / kg KG in der ersten Stunde keine Stabilisierung, sind Katecholamine (z. B. Dopamin bis 20 μg / kg KG / min oder Adrenalin) einzusetzen.
Wie bei Erwachsenen steht auch bei Kindern mit anaphylaktischem Schock neben der Volumengabe das Adrenalin im Vordergrund [7]. Nach stattgehabter Anaphylaxie sollten Patient und Familie eine häusliche Notfallapotheke mit einer Einweisung in die Anwendung der Adrenalin-Autoinjektoren (Anapen junior® 150 μg, Fastjekt® 300 μg) erhalten.
27.5. Atemnot und Atemwegserkrankungen
Auch bei Kindern mit AtemnotAtemnotKindesalter AtemwegserkrankungenKindesalter ist als erste Maßnahme die pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung zu messen und bei Werten < 95 % angefeuchteter Sauerstoff über eine vorgehaltene Maske (FiO2 ca. 0,35 bei 6 l / min) oder eine Sauerstoffbrille (FiO2 0,22–0,4 bei 0,25–4 l / min) anzubieten. Oft erlaubt bereits der Blick auf den Thorax und das Annähern eines Ohrs an das Kind die Unterscheidung zwischen einer restriktiven Lungenerkrankung mit alleiniger Tachypnoe und einer obstruktiven Atemwegserkrankung mit inspiratorischem Stridor oder exspiratorischem Stridor / Giemen mit verlängertem Exspirium. Bezüglich der Atemfrequenz sind altersabhängige Grenzwerte zu berücksichtigen (➤ Tab. 27.1 ).Eine Tachypnoe TachypnoeKindesalterohne obstruktive Komponente ist Leitsymptom restriktiver Lungenerkrankungen wie Pneumonie, Pneumothorax, großer Pleuraerguss oder ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome)KindesalterARDS (➤ Tab. 27.2 ). Die Diagnose lässt sich durch die Anamnese und den Auskultationsbefund eingrenzen und letztlich durch das Röntgenbild verifizieren.
Info.
Differenzialdiagnosen bei Tachypnoe
Flache Atemzüge ohne Nebengeräusche:
-
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Schwere ÜberblähungTachypnoeDifferenzialdiagnose
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•
Rippenfrakturen
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•
Instabiler Thorax
-
•
Schonatmung bei starken Bauchschmerzen
-
•
Muskelschwäche.
Auffällig tiefe Atemzüge:
-
•
Metabolische Azidose (z. B. Ketoazidose, ASS-Intoxikation, protrahierter Schock)
-
•
Hyperammonämie.
Tab. 27.1.
Obere Grenzbereiche normaler AtemfrequenzenAtemfrequenzKindesalterKindesalterAtemfrequenz im frühen Kindesalter (nach [8].
Neugeborene | 60 |
Säuglinge | 50 |
1 Jahr | 40 |
2 Jahre | 35 |
3 Jahre | 30 |
Tab. 27.2.
Ursachen von AtemnotAtemnotKindesalterVocal Cord Dysfunction, Kindesalterbei Lungenerkrankungenrestriktive, KindesalterDyspnoeKindesalterKindern.StridorexspiratorischerKindesalterStridorinspiratorischerKindesalter
Obstruktive Atemwegserkrankung | Restriktive Lungenerkrankung |
---|---|
Tachypnoe, Dyspnoe, in- und / oder exspiratorischer Stridor | Tachypnoe, evtl. Dyspnoe (exspiratorisches Stöhnen, Einziehungen beim Säugling) |
Inspiratorischer Stridor (extrathorakale Atemwege):
|
|
Exspiratorischer Stridor (intrathorakale Atemwege):
|
Bei allen Krankheitsbildern ist eine stationäre Behandlung notwendig. Vor Verlegung sind in der Notaufnahme die Indikationen zur sofortigen Sauerstoffgabe, zur intensivmedizinischen Überwachung und einer Röntgen-Thorax-Aufnahme zu prüfen.
Bei der häufigen oberen Atemwegsobstruktion AtemwegsobstruktionobereKindesaltererlaubt die Anamnese in der Regel eine Unterscheidung der Ursachen:
-
•
Infektion (protrahierter Beginn, allmähliche Verschlechterung, weitere Infektzeichen wie Fieber)
-
•
Allergische Reaktion (vermutete Auslöser, begleitende Lippen- oder Gesichtsschwellungen, Urtikaria) oder
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•
Fremdkörperaspiration (beobachtetes Ereignis oder plötzlicher Beginn, keine andere erkennbare Ursache).
27.5.1. Fremdkörperaspiration und Fremdkörperingestion
Sobald die Säuglinge greifen können, unterliegen sie bei mangelnder Aufsicht der Gefahr einer FremdkörperaspirationAspirationFremdkörperKindesalter FremdkörperIngestionKindesalter durch IngestionFremdkörperKindesalter Fremdkörperlaryngeale LarynxfremdkörperKindesalter FremdkörperAspirationKindesalter Kleinteile. Bis zu einem Alter von vier Jahren ist zudem die Mundmotorik nicht so weit ausgebildet, dass ein Zermahlen größerer Nahrungsteile und ein koordiniertes Ausspucken garantiert sind. Bei FremdkörperAspirationKindesalterunbeobachtetem Ereignis kann die Anamnese hinsichtlich Fremdkörperaspiration leer sein. Am häufigsten stecken Fremdkörper allerdings in der Speiseröhre. Sind sie sehr groß, können sie die Trachea von hinten komprimieren.
-
•
Laryngeale Fremdkörper sind FremdkörperlaryngealeKindesalter LarynxfremdkörperKindesalterselten, da sie entweder nicht überlebt werden, bis medizinische Hilfe kommt, oder einfache Maßnahmen wie die Thoraxkompression bzw. das Heimlich-Manöver bereits zum Erfolg geführt haben.
-
•
Endobronchiale Fremdkörper stecken bei Kleinkindern nahezu gleichFremdkörperendobronchialeKindesalter häufig im rechten oder linken Bronchialsystem. Führendes Symptom ist ein plötzlicher heftiger Husten- oder Atemnotanfall. Bei Vorstellung in der Ambulanz kann das Kind vom ersten Aspekt her unauffällig wirken.
Die klassische Trias Husten, Giemen und ein einseitig abgeschwächtes Atemgeräusch findet sich nur in etwa der Hälfte der Fälle. Daher sollte eine Röntgen-Thorax-Aufnahme angefertigt werden, wenn möglich, mit einer Exspirationsaufnahme (➤ Abb. 27.1 ). Die wenigsten aspirierten Fremdkörper sind röntgendicht. Die Sensitivität der Röntgenuntersuchung liegt allerdings nur zwischen 50 und 75 % [9].
Abb. 27.1.
Röntgenbild: FremdkörperAspirationBildgebungFremdkörperaspiration. [R405]
Die Indikation zur Bronchoskopie ergibt sich in erster Linie aus der Anamnese, seltener aus dem Röntgenbefund. Bestehen bei klinisch stabilem Kind Zweifel an der Fremdkörperaspiration und eher der Verdacht auf einen infektbedingten Husten, so kann zunächst nur eine flexible Bronchoskopie zur Ausschlussdiagnostik geplant werden. Bis dahin ist der Patient zu überwachen. Bestimmte Nahrungsmittel können im feuchten Milieu weiter quellen, feste Fremdkörper beim Husten dislozieren und die subglottische Region verlegen. Die eigentliche Fremdkörperentfernung erfolgt nahezu immer über die starre Bronchoskopie.
Bei Fremdkörpern in der Speiseröhre ÖsophagusfremdkörperKindesalter FremdkörperÖsophagusKindesalterist die Indikation zur sofortigen, notfallmäßigen Entfernung gegeben, wenn es sich um Knopfbatterien handelt. Liegen sie bereits im Magen, können die nächsten 48 h abgewartet werden, ob es zum spontanen Abgang kommt.
Merke.
Fremdkörper (auch spitze Gegenstände), die den Magen erreichen, werden oft auf natürlichem Weg ausgeschieden. Abführende Maßnahmen sind nicht notwendig.
Die Eltern sollen den Stuhl inspizieren und das Kind bei fehlendem Abgang wieder vorstellen. Nach dem Verschlucken von mehreren Magneten, die es immer noch als beliebte Spielzeugteile gibt, werden diese sofort endoskopisch aus dem Magen entfernt, da sie in unterschiedliche benachbarte Darmabschnitte gelangen und durch sekundäre Anziehung zu Darmwandnekrosen führen können.
27.5.2. Krupp-Syndrom
Die stenosierende LaryngotracheitisLaryngotracheitisstenosierende stellt die häufigste obere Atemwegsobstruktion im Kleinkindalter dar und tritt bevorzugt im Alter zwischen 6 Monaten und 4 Jahren, abends in den Wintermonaten, infolge viraler Infektionen (vor allem Parainfluenzaviren 1–3, Coronavirus NL63, Influenza A) mit bellendem Husten, Heiserkeit und Stridor auf. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Der Allgemeinzustand ist oft wenig beeinträchtigt, das Fieber seltenKrupp-Syndrom über 38 °C erhöht. Trotz der eindrücklichen Symptomatik ist die Letalität bei richtigem Management gering [10].
Bei Vorstellung in der Notfallambulanz liegt meist ein mittelschwerer Krupp-Anfall mit deutlichem Stridor und mehr oder weniger ausgeprägter Atemnot vor. Die Behandlung erfolgt mit systemischen Steroiden (Dexamethason oral 0,15 mg / kg KG als ED; alternativ: Prednisolon Supp. 100 mg als 2. Wahl) sowie Inhalationen von Adrenalin über Vernebler (1–2 ml Adrenalin 1:1.000) über 1–2 min unter Kontrolle von pSaO2 und Herzfrequenz.
Der Effekt tritt rasch ein, hält aber nur 2–4 h an. Daher ist eine Entlassung aus der Ambulanz nur zu empfehlen, wenn
-
•
die Symptomatik vollständig abgeklungen ist,
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•
das Kind über ein Jahr alt ist,
-
•
die Eltern gut informiert und ausreichend zuverlässig in der Beobachtung ihres Kindes erscheinen und
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•
die Fahrstrecke zur Ambulanz nicht länger als 15 min beträgt.
Andernfalls sind eine stationäre Aufnahme und Überwachung über Nacht angezeigt.
Die typische Krupp-Symptomatik kann auch allergisch oder toxisch durch Rauchgasinhalation auftreten. Die Behandlung erfolgt ebenfalls symptomatisch, die Kinder verbleiben aber stets unter weiterer stationärer Beobachtung.
27.5.3. Weitere Ursachen von Stridor
Leidet das Kind neben einem deutlichen StridorStridorUrsachen StridorKindesalter unter Schluckbeschwerden, so kann dem eine supraglottische LaryngitisLaryngitissupraglottischeKindesalter (Epiglottitis), ein Retropharyngeal- oder ParatonsillarabszessParatonsillarabszessKindesalter RetropharyngealabszessKindesalter Abszessretropharyngealer Abszessparatonsillareroder eine ausgeprägte TonsillitisTonsillitis (engl. kissing tonsils) Kissing tonsils zugrunde liegen. In allen Fällen ist eine stationäre Überwachung und – mit Ausnahme der EBV-Infektion – eine parenterale antibiotische Therapie angezeigt. Die Mononukleose ist aufgrund der typischen Blutbildveränderungen (ggf. Ausstrich) und evtl. Hepatosplenomegalie und Transaminasenerhöhung in der Regel klinisch gut abgrenzbar. Bei heftigen Atembeschwerden können systemische Steroide einen Rückgang der massiven Tonsillenvergrößerung bewirken.
Merke.
Ein positiver Streptokokken-Antigen-Nachweis im Rachenabstrich beweist keineswegs die Streptokokken-Angina, da bis zu 20 % der Kinder symptomlose Streptokokkenträger sind. Differenzialdiagnostisch ist bei sehr reduziertem Allgemeinzustand auch an eine DiphtherieDiphtherie zu denken (Impf- und Reiseanamnese). Streptokokken-Angina, Kindesalter
Bei Erschöpfung oder insuffizienter Spontanatmung sollte bei allen Kindern mit vorherigem Stridor die Intubation mit einer Tubusgröße kleiner als altersgemäß erfolgen. Nach Narkoseeinleitung ist mittels Maskenbeatmung fast immer eine ausreichende (Prä-)Oxygenierung zu erreichen, da hierbei eine Erweiterung der oberen Atemwege eintritt, während der Patient selbst bei seinen Bemühungen einen inspiratorischen Atemwegskollaps herbeiführt. Eine Notfallkoniotomie ist in solchen Situationen sehr selten notwendig.
27.5.4. Asthma bronchiale
In den industrialisierten Ländern hat die Prävalenz für Asthma bronchialeAsthma bronchialeKindesalter bei Kindern in den letzten 20 Jahren zugenommen, auch wenn sich der Anstieg in letzter Zeit abgeschwächt hat [11], [12]. Etwa 20 % der Säuglinge und Kleinkinder neigen vorübergehend zur Obstruktion bei einer bronchialen Entzündung, die im jungen Kindesalter wesentlich häufiger durch virale Atemwegsinfektionen als durch exogene Allergene ausgelöst wird. Saisonale, infektgetriggerte obstruktive Ventilationsstörungen in der kalten Jahreszeit sind definitionsgemäß noch kein Asthma, wenn keine chronische Entzündung und bronchiale Hyperreagibilität vorliegt. Die Lungenfunktion ist im Intervall normal.
Für die Inhalationstherapie von Beta2-Sympathikomimetika und Kortikosteroiden werden für Kinder bis 5 Jahren Treibgasdosieraerosole mit Vorkammern (Spacer) empfohlen. Solange das Kind nicht durch ein Mundstück atmen kann, ist eine weiche Gesichtsmaske zu verwenden. Ein korrekter Sitz ist am besten zu erreichen, wenn der erwachsene Helfer das Kind auf dem Schoß hält und von hinten umgreifend das System sanft auf das Gesicht drückt (➤ Abb. 27.2 ). Die Eltern müssen für eine effektive häusliche Behandlung gut angeleitet werden. In der Ambulanz können auch Vernebler eingesetzt werden.
Merke.
Da die Atemmaske oft nicht lange fest am Gesicht verbleibt, ist hierbei die tatsächlich applizierte Dosis schwer abzuschätzen. Daher muss die Medikamentenkonzentration im Inhalat ausreichend hoch sein und die Inhalationsdauer bei einem mittelschweren bis schweren Anfall individuell festgelegt werden.
Abb. 27.2.
Kind auf dem Schoß mit Spacer. [L235]
-
•
Im Alter über 2 Jahren wird ein AsthmaanfallAsthmaanfallKindesalter als mittelschwer bezeichnet, wenn das Kind keinen längeren Satz in einem Atemzug vollenden kann, aber eine Atemfrequenz < 30 / min und Herzfrequenz < 120 / min aufweist.
-
•Als schwer gilt ein Anfall beim Unvermögen zu sprechen oder Nahrung aufzunehmen, wenn die akzessorische Atemmuskulatur eingesetzt wird und folgende Befunde vorliegen:
-
–Atemfrequenz > 40 / min (Alter 2–5 Jahre) bzw. > 30 / min (Alter > 5 Jahre)
-
–Herzfrequenz > 130 / min (2–5 Jahre) bzw. > 120 / min (> 5 Jahre)
-
–SaO2 < 90 % unter Raumluft.
-
–
Bei unzureichendem Ansprechen auf die Medikation, bei persistierender Hypoxämie, bei Hyperkapnie und / oder fallendem Blut-pH, bei drohender Erschöpfung oder jeglichen Bewusstseinsstörungen (Konfusionen) sind die Kinder auf eine Kinderintensivstation zu verlegen [13]. Während des Transports besteht die Behandlung in Sauerstoffgabe und Beta2-Sympathikomimetika- Inhalation. Theophyllin wird bei leichtem bis mittelschwerem akutem Asthmaanfall nicht empfohlen, kann aber bei einem schweren Anfall unter intensivmedizinischen Bedingungen intravenös eingesetzt werden.
Info.
Therapie des Asthmaanfalls bei Kindern > 2 Jahre
(in Anlehnung an [13])
Mittelschwerer Asthmaanfall:
-
•
2–4 Hübe eines rasch wirksamenAsthmaanfallKindesalter Beta2-Sympathomimetikums alle 20 min (Spacer) oder über Vernebler (Säuglinge 1,25 mg, Kleinkinder 2,5 mg, ältere Kinder 5 mg, in 2 ml NaCl 0,9 %)
-
•
Evtl. 2–3 l / min Sauerstoff über Maske oder Nasensonde (Ziel: SaO2 > 92 %)
-
•
Evtl. 1 mg / kg Prednisolonäquivalent oral (alternativ 100 mg als Supp.)
Schwerer Asthmaanfall:
-
•
4–8 Hübe eines rasch wirksamen Beta2-Sympathomimetikums alle 10 min oder über Vernebler (2,5–5 mg Salbutamol, 5–10 mg Terbutalin), wenn möglich mit Sauerstoff betrieben
-
•
2–3 l / min Sauerstoff über Maske oder Nasensonde
-
•
2 mg / kg KG Prednisolonäquivalent i. v. (falls kein i. v. Zugang oral)
-
•
Bei mangelndem Ansprechen zusätzlich Ipratropiumbromid (20 μg / Hub als Dosieraerosol 2–4 × ) oder 250 μg / Dosierung als Fertiginhalat über Vernebler
-
•
Bei unzureichendem Ansprechen Transport im Sitzen auf die Kinderintensivstation unter Sauerstoffgabe und fortgesetzter Inhalation
Weitere Therapieoptionen unter Intensivmonitoring:
-
•
Parenterale Flüssigkeitszufuhr
-
•
Dauerinhalation Beta2-Sympathikomimetika
-
•
Theophyllin-Bolus i. v. 5–6 mg / kg KG über 20 min, anschl. Dauerinfusion mit 1 (0,7–1,3) mg / kg KG / h unter Drug Monitoring
-
•
Azidoseausgleich bei pH ≤ 7,2
-
•
Beta2-Sympathikomimetika i. v., z. B. Salbutamol-Bolus 10–15 μg / kg KG über 10 min, anschl. Dauerinfusion mit 0,5 μg / kg KG / min; alternativ Fenoterol-Infusion 2 μg / kg KG / h (off-label)
-
•
Magnesiumsulfat 20–50 mg / kg KG über 20 min (Blutdrucküberwachung!)
-
•
Zur Intubation, falls notwendig: S-Ketamin 5 mg / kg KG
27.5.5. Bronchiolitis
Bei der BronchiolitisBronchiolitisSäugling junger Säuglinge sind überwiegend die kleinsten Bronchien durch zähes Sekret, Ödem und Zelldetritus verlegt. Die bei ihnen noch unterentwickelte Möglichkeit zur Kollateralventilation führt schnell zu erheblichen Ventilations-Perfusions-Missverhältnissen mit erhöhtem Sauerstoffbedarf und der Neigung zur dystelektatischen Pneumonie.
Leitsymptom bei jungen Säuglingen sind TachypnoeTachypnoeSäugling und / oder pertussiforme Hustenanfälle. Ursache sind saisonal auftretende Viren, am häufigsten RSV und Metapneumovirus. Das typische Giemen der unteren Atemwegsobstruktion wird überwiegend in den Bronchien der mittleren Teilungsgeneration verursacht, sodass bei der Bronchiolitis nicht selten eine stille Obstruktion vorliegt. Der relativ horizontale Rippenverlauf erlaubt den Säuglingen keinen Einsatz der Atemhilfsmuskulatur und keine vertiefte Atmung. Mit zunehmender Tachypnoe verkürzt sich die Exspirationszeit stetig. Innerhalb weniger Stunden kann eine globale Ateminsuffizienz eintreten. Daher muss die Indikation zur stationären Überwachung mittels Pulsoxymetrie großzügig gestellt werden.
Merke.
Zwischen 2 und 6 % der Säuglinge benötigen intensivmedizinische Maßnahmen, etwa die Hälfte von ihnen eine mechanische Beatmung. Letztere ist auch bei häufigen Apnoen indiziert, mit denen im Rahmen einer Bronchiolitis vor allem bei Neugeborenen < 4 Wochen bzw. Frühgeborenen mit einem chronologischen Alter < 48 Wochen gerechnet werden muss [14].
Die antivirale Inhalationstherapie mit Ribavirin ist wenig effektiv, sodass sie nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt wird. Die Behandlung erfolgt daher nur symptomatisch. Ein Teil der Patienten spricht auf die Inhalation von Beta2-Sympathikomimetika an – wahrscheinlich, weil bei ihnen auch eine Hyperreagibilität im Bereich der größeren Bronchien besteht.
Ansonsten kann versuchsweise Adrenalin inhalativ über Vernebler (0,5–1 mg / ml) über 2–5 min unter pulsoxymetrischer Überwachung verabreicht werden. Die Wirkung von Steroiden ist umstritten und gehört nicht zur Standardtherapie. Die orale Gabe des Leukotrienantagonisten Montelukast (bei Säuglingen 4 mg / d, bei Kleinkindern 5 mg / d) kann zur schnelleren Stabilisierung beitragen, der Effekt tritt aber erst nach 1–2 Tagen ein.
27.5.6. Hämoptoe
Ursache einer HämoptoeHämoptoeKindesalter sind kleine arterielle Blutungen im Respirationstrakt. Sie sind bei Kindern nur im Rahmen fortgeschrittener Lungenerkrankungen (z. B. zystische FibroseZystische FibroseHämatopoe) zu beobachten. Blut im Sputum ist häufiger auf kleine Blutungen im Nasen-Rachen-Raum oder im oberen Magentrakt (z. B. nach Erbrechen) zurückzuführen. Differenzialdiagnostisch ist an Fremdkörper zu denken.
27.6. Bauchschmerzen und abdominelle Erkrankungen
Vermeintliche BauchbeschwerdenBauchschmerzenKindesalter AbdominalerkrankungenKindesalter bieten bei Säuglingen und Kleinkindern eine breite Differenzialdiagnose. Für die Notfalldiagnostik bietet das Spontanverhalten des Kindes oft wichtige Hinweise:
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Ein Kleinkind mit mechanischem IleusIleusmechanischerKindesalter PeritonitisKindesalter oder Peritonitis läuft nicht, sondern muss getragen werden.
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Das ältere Kind läuft bei akuter AppendizitisAppendizitisKindesalter gekrümmt. Die Hand liegt meist auf der Stelle der größten Schmerzintensität [15]. Die Palpation wird erleichtert, wenn das Kind im Sitzen untersucht wird oder die Beine angehoben werden, um die willkürliche Bauchdeckenspannung zu reduzieren.
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Eine Lebervergrößerung liegt vor, wenn in der Medioklavikularlinie beim Säugling der Unterrand den Rippenbogen mehr als 2 cm, beim Kind mehr als 1 cm überschreitet.
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Bauchschmerzen und Milzvergrößerung müssen an eine hämolytische Krise bei hereditären Anämieformen (SphärozytoseSphärozytoseKindesalter SichelzellkriseKindesalter SichelzellkriseKindesalter, Sichelzellkrise) denken lassen.
Zur klinischen Untersuchung gehört bei akuten Bauchschmerzen die Lungenauskultation (basale Pneumonie) ebenso wie die sorgfältige Inspektion der Leistenregion und des Skrotums (➤ Kap. 28.2). Jede schmerzhafte Hodenschwellung muss sofort fachärztlich abgeklärt werden (DD: HodentorsionHodentorsionKindesalter, HydatidentorsionHydatidentorsion, EpididymitisEpididymitisKindesalter, OrchitisOrchitis, inkarzerierte LeistenhernieLeistenhernieinkarzerierte, Trauma), während die nicht schmerzhafte Schwellung keiner notfallmäßigen Intervention bedarf.
Wie bei Erwachsenen spricht ein dauerhafter Schmerz für ein entzündliches Geschehen, während Koliken eher an Obstruktionen im Darmbereich, bei Kindern seltener an die Gallen- und Harnwege denken lassen.
Die häufigste Ursache von Bauchschmerzen und Erbrechen mit und ohne Fieber HodentorsionKindesaltersind gastrointestinale Infektionen. Besonders bei der Lymphadenitis mesenterialis kann die Abgrenzung zu einer akuten Appendizitis klinisch schwierig sein.
Eine Appendizitis kommt auch bei Säuglingen und Kleinkindern vor, wenn ihr Häufigkeitsgipfel auch zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr liegt. Bei entsprechender Erfahrung erreicht die sonografische Diagnostik der AppendizitisAppendizitisKindesalter eine Sensitivität und Spezifität von 85–92 %.
Ein Meckel-Divertikel liegtMeckel-DivertikulitisKindesalter zwar bei etwa 2 % aller Menschen vor, aber nur etwa 4 % von ihnen erleiden hierdurch Komplikationen. Zu beachten ist, dass 50–60 % bereits in den ersten zwei Lebensjahren mit intestinalen BlutungenBlutungenintestinale (40–60 %), Obstruktionen (25 %) oder einer Meckel-DivertikulitisMeckel-Divertikulitis (10–20 %) auffällig werden [16].
Info.
Intestinale Obstruktionen bei Kindern nach der Neonatalzeit
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Hypertrophe PylorusstenosePylorusstenosehypertrophe Intestinale ObstruktionenKindesalter (4. bis 8. Lebenswoche)
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Invagination
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Inkarzerierte Leistenhernie
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Volvulus (kompletter Darm bei Malrotation oder Sigmavolvulus)
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Meckel-Divertikel
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Morbus Hirschsprung (meist 1. Lebensjahr, z. B. bei Nahrungsumstellung)
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Bindegewebsstränge (Ladd-Bänder, Briden)
Die häufigste Ursache von Koliken ist die Obstipation, auch wenn differenzialdiagnostisch an andere intestinale Obstruktionen gedacht werden muss. Bei meteoristischem Abdomen und typischem Tastbefund von Skybala kann direkt ein salinischer Einlauf erfolgen. Hierunter kann sich mitunter nicht nur die Obstipation auflösen, sondern auch ein Sigmavolvulus. Das bei Kindern noch physiologisch elongierte Sigma stellt bei unzureichender Fixation die häufigste Ursache eines Volvulus dar (mit Häufigkeitsgipfel bis zum 7. Lebensjahr).
Bei Verdacht auf ein akutes Abdomen wird zunächst Abdomen, akutesKindesaltereine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Jedes akute Abdomen ist dem (Kinder-)Chirurgen vorzustellen. Bei einem Ileus wird eine Magensonde zur Entlastung gelegt und eine parenterale Flüssigkeitstherapie unter Berücksichtigung der Volumenverluste in den dritten Raum (→ hypovolämischer Schock) begonnen. Auch Kinder haben nach der Untersuchung durch einen (Kinder-)Chirurgen oder Pädiater Anspruch auf eine wirksame Analgesie. Auch bei blutigen Stühlen ist eine fachärztliche Untersuchung angezeigt.
Info.
Häufige Ursachen sichtbaren Blutes im Stuhl bei Säuglingen und Kleinkindern
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AnalfissurBlut im StuhlSäugling/Kindesalter
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Enterokolitis (z. B. nekrotisierende EnterokolitisEnterokolitisnekrotisierende bei Früh- und Neugeborenen, allergische Proktokolitis bei Säuglingen, infektiöse Enteritis in allen Altersgruppen)
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Darmpolyp
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Invagination
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Volvulus
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Meckel-Divertikel
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Vaskulitis (Purpura Schönlein Henoch)
27.7. Flüssigkeitshaushalt und Stoffwechsel
Säuglinge und Kleinkinder entwickeln bei rezidivierendem ErbrechenErbrechenKindesalter FlüssigkeitshaushaltKindesalter und Durchfällen infolge einer akuten Gastroenteritis wie auch bei anderen Erkrankungen mit eingeschränkter Nahrungsaufnahme (z. B. Stomatitis aphthosaStomatitis aphthosa, beeinträchtigtes Durstgefühl bei ZNS-Prozessen) leicht eine Dehydratation. Die Prognose ist an sich gut, wenn keine Behandlungsfehler unterlaufen. DehydratationKindesalter
Schwieriger ist es, prospektiv den Grad der Dehydratation einzuschätzen. Die Angaben der Eltern sind mit Vorsicht zu werten. Die WHO-Definition einer leichten, mittelschweren und schweren Dehydratation wurde in erster Linie als Triage für Health Care Workers (HCWs) in Entwicklungsländern mit limitierten Ressourcen geschaffen. Nimmt man retrospektiv den unter Therapie erreichten Gewichtszuwachs als Gradmesser einer Dehydratation, so ergibt sich eine recht geringe Korrelation zu allen bisher vorgeschlagenen Klassifikationen [17].
Eine verlängerte Rekapillarisierungszeit, der verminderte Hautturgor und eine auffällige Atmung sind in der Notaufnahme zuverlässigere und leichter zu erhebende Befunde einer mittelschweren bis schweren Dehydratation als die trockenen Schleimhäute, eine verminderte Tränenproduktion oder die eingeschränkte Urinproduktion:
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Das zornige Schreien von Säuglingen ist nicht unbedingt mit Tränen verbunden.
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Bei Durchfall ist die Urinproduktion in der Windel nicht verlässlich abzuschätzen, auch wenn zur orientierenden Prüfung der Harnblasenfüllung in der Ambulanz eine Ultraschalluntersuchung erfolgen kann.
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Die eingesunkenen Augen und die Trockenheit der Schleimhäute werden subjektiv sehr unterschiedlich bewertet.
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Trockene Schleimhäute, eine eingesunkene Fontanelle (die nur bei sehr jungen Säuglingen beurteilt werden kann) und eine Blutdruckerniedrigung entwickeln sich erst bei schwerster Dehydratation.
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Pastöse Säuglinge weisen auch bei fortgeschrittener Exsikkose keine stehenden Hautfalten auf.
In der Notfallambulanz muss die Entscheidung getroffen werden, welche Kinder mit den Empfehlungen einer oralen Rehydratation nach Hause geschickt und welche zumindest einer weiteren Diagnostik unterzogen werden müssen (➤ Tab. 27.3 ).
Tab. 27.3.
Checkliste bei V. a. DehydratationDehydratationKindesalter im Kindesalter.
Häusliche Behandlung ohne weitere Diagnostik möglich, wenn alle Faktoren zutreffen | Erweiterte Diagnostik, wenn ein Faktor zutrifft |
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Maßnahmen | Maßnahmen |
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Milde bis mittelschwere Dehydratation
Bei milder bis mittelschwerer DehydratationDehydratationKindesalterRehydratation, orale wird die orale Rehydratation und nach 6–12 h die frühe Realimentation empfohlen. Die Resorption von Natrium und Wasser wird durch Glukose beschleunigt. Ein zu hoher Gehalt an Zucker kann aber aufgrund der hohen Osmolalität und evtl. reduzierter Disaccharidase-Aktivität in der Dünndarmschleimhaut negative Auswirkungen haben. Daher müssen die „Hausmittel“ wie Cola und Saft verdünnt und mit ergänzenden Nahrungsmitteln (z. B. 100 g Salzstangen auf 1 Liter 1:1 verdünnte Cola) angeboten werden. Das gilt auch für Fruchtsäfte, auch wenn sie in der Regel eine gute Quelle für Kalium darstellen, das vor allem bei Diarrhöen durch Rotaviren in besonderem Maße enteral verloren geht.
Den besten Ersatz bieten die kommerziell erhältlichen oralen RehydratationslösungenRehydratationslösungen, orale (ORL) (ORL), die bei Übelkeit löffelweise alle 2–5 min verabreicht werden (➤ Tab. 27.4 ). Gekühlt und mit etwas Fruchtsaft (20 ml auf 100 ml ORL) vermischt werden sie besser akzeptiert, da sie sehr salzig schmecken.
Tab. 27.4.
Zusammensetzung von Trinklösungen.TrinklösungenDehydratationDehydratationTrinklösungen
Lösung | Kohlenhydrate (mmol / l) | Na+ (mmol / l) | K+ (mmol / l) | Base (mmol / l) | Osmolalität (mosm / l) |
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WHO-Lösung | 111 | 90 | 20 | 30 | 310 |
Kommerzielle ORL für Kinder (z. B. Oralpädon®) | 90 | 60 | 20 | 10 | 240 |
Cola | 700 | 2 | 0 | 13 | 750 |
Apfelsaft | 690 | 3 | 32 | 0 | 730 |
Die Realimentation erfolgt bei gestillten Säuglingen ohne Nahrungspause sofort mit Muttermilch. Bei starken Durchfällen kann zum Ausgleich von Elektrolytverlusten zusätzlich etwas ORL gegeben werden (5–10 ml / kg KG pro Stuhlgang).
Auch die übrigen Kinder erhalten keine besondere Diät und dürfen zunächst nach ihren Neigungen wählen. Statt größerer Mengen an Nahrungsmitteln mit hohem Gehalt an Einfach- und Zweifachzuckern sind solche mit komplexeren Kohlenhydraten vorzuziehen. Auch wenn das initiale Erbrechen sistiert, können die vor allem bei Salmonellenenteritis zu beobachtenden postprandialen Tenesmen die Kinder veranlassen, jegliche Nahrungsaufnahme einzustellen.
Merke.
Eine medikamentöse Beeinflussung von Stuhlfrequenz und -konsistenz mittels Loperamid oder Racecadotril ist in der Regel überflüssig und hat keinen Einfluss auf die Heilung der Darminfektion.
Als Antiemetika sind Dimenhydramin oder Dimenhydrinat (z. B. als Suppositorien), Metoclopramid (z. B. als Tropfen) oder Ondansetron (z. B. als sublinguale Schmelztablette oder i. v.) trotz ihrer unterschiedlichen Wirkungsweisen auch bei Magen-Darm-Infektionen mäßig wirksam, während Dexamethason, anders als bei durch Chemo- und Strahlentherapie induziertem Erbrechen, nur einen geringen Effekt hat [18], [19]. Ondansetron ist in Deutschland für diese Indikation jedoch nicht zugelassen und Metoclopramid mit einer hohen Rate an Dyskinesien verbunden, sodass am häufigsten Dimenhydramin oder Dimenhydrinat eingesetzt werden. In den meisten Fällen sistiert das Erbrechen jedoch spontan innerhalb von 12 Stunden.
Schwere Dehydratation
Bis die Ergebnisse der Blutanalyse vorliegen, erfolgt bei schwerer Dehydratation die parenterale Flüssigkeitszufuhr mit einer kristallinen Vollelektrolytlösung (Ringer) oder NaCl 0,9 % mit einer Infusionsgeschwindigkeit von 20 ml / kg KG / h. Bei arterieller Hypotonie wird die Menge als Bolus über 20 min vorab verabreicht. Elektrolytärmere pädiatrische Infusionslösungen kommen erst in der zweiten Phase, der langsamen Rehydratation über 48 h, zum Einsatz, wenn anhand des Serumionogramms der Defizitausgleich kalkuliert werden konnte.
Merke.
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Aufgrund der Gefahr des HirnödemsHirnödemDehydratation BlutungenintrakranielleDehydratation und intrakranieller Blutungen sollte der Abfall des Natriums im Serum bei hypernatriämischer Dehydratation (> 150 mmol / l) nicht schneller als 10 mmol / 24 h erfolgen.
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Treten infolge einer Hyponatriämie < 125 mmol / l Krampfanfälle auf, kann bis zu 3-prozentige NaCl-Lösung (1:1 verdünntes NaCl 5,85 %) in einer Dosis von 3–5 ml / kg KG über 15 min i. v. verabreicht werden, um den Serum-Natriumspiegel schneller anzuheben.
Die Exsikkose geht mit einer metabolischen Azidose einher, sodass sich deren Ausmaß auch anhand des Basendefizits abschätzen lässt. Bei einem Basendefizit > 10 ist erfahrungsgemäß immer eine stationäre Behandlung erforderlich. Zu beachten ist ferner, dass infolge des Azidoseausgleichs unter Volumentherapie das Kalium verstärkt abfällt.
27.7.1. Diabetische Ketoazidose
Eine hypertone Dehydratation liegt auch bei einer diabetischen KetoazidoseDiabetische KetoazidoseKindesalter KetoazidosediabetischeKindesalter vor. Sie tritt im Rahmen der Erstmanifestation eines Diabetes mellitus Typ 1Diabetes mellitusTyp1Ketoazidose, diabetische umso häufiger auf, je jünger das Kind ist. Die schwere diabetische Ketoazidose ist mit einem pH < 7,1 bzw. einem Bikarbonat < 5 mmol / l bei einem Blut-Glukosewert > 200 mg / dl definiert. Die Kinder sind stets mehr oder weniger schwer dehydriert. Kopfschmerzen, Sehstörungen, Unruhezustände oder Apathie sind Hinweise auf eine Hirnexsikkose.
Wird die Diagnose Diabetes aufgrund von Leistungsabfall, Polyurie oder abdominalen Beschwerden früh gestellt, wenn noch keine fortgeschrittene Dehydratation und Ketoazidose vorliegen, kann die Behandlung mittels subkutaner Gabe gemischter Insuline auf der Normalstation einer Klinik für Kinder- und Jugendliche eingeleitet werden. Eine Ketoazidose erfordert jedoch noch vor der ersten Insulingabe eine sofortige parenterale Flüssigkeitszufuhr.
Merke.
Bei schwerer Ketoazidose und HirnfunktionsstörungenHirnfunktionsstörungenKetoazidose, diabetische ist wegen der Gefahr einer zerebralen Krise unter Therapie für 24–48 h eine Intensivüberwachung erforderlich. Auch hier wird die Infusionstherapie mit einer isotonen Ringerlaktat-Lösung eingeleitet.
Laktathaltige Infusionslösungen werden von Kindern und Jugendlichen mit Ketoazidose gut vertragen [20]. Isotone Kochsalzlösung kann aufgrund seines unphysiologisch hohen Chloridgehalts zu einer hyperchlorämischen AzidoseAzidosehyperchlorämische führen, bikarbonathaltige Infusionslösungen (z. B. Sterofundin CD) zu schnell zu einer Alkalose. Zu ihrem Tagesbedarf benötigen die Patienten mit Ketoazidose einen zusätzlichen Flüssigkeitsersatz von 50–100 ml / kg KG innerhalb der ersten 24 h.
Die Insulinsubstitution erfolgt bei Ketoazidose nach dem Prinzip der niedrig dosierten Insulininfusion in einer Dosierung von 0,1 IE Normalinfusion / kg KG / h, bis ein Blut-Glukosewert von 200 mg / dl erreicht ist. Dann wird die Insulininfusion auf 0,05 IE / kg KG / h reduziert und Glukose zur Infusion zugegeben. In dieser Phase ist das Kalium in engen Abständen zu kontrollieren, um eine adäquate Substitution zu ermöglichen. Auf eine exogene Bikarbonatgabe sollte auch bei schwerer Azidose zunächst verzichtet werden, da sich die Azidose unter adäquater Volumentherapie schnell ausgleicht.
Merke.
Säuglinge und Kleinkinder mit Apathie, unklaren Störungen im Säure-Basen- und Elektrolythaushalt oder einem septisch-toxischen Aspekt müssen stets sofort unter ärztlicher Begleitung in einer Kinderklinik vorgestellt werden.
Die Differenzialdiagnose umfasst neben bakteriellen Infektionen, kardialen und zentralnervösen Ursachen auch die akute Dekompensation angeborener endokriner oder metabolischer Störungen, die, eine sofortige Therapie vorausgesetzt, mit einer günstigen Prognose einhergehen können.
27.8. Beinschmerzen, Hinken und das Skelettsystem
Symptome einer SkelettaffektionSkelettaffektionen, Kindesalter sind bei BeinschmerzenKindesalter HinkenKindesalterSäuglingen und Kleinkindern:
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Schonhaltungen
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Hinken
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Weigerung zu laufen oder zu krabbeln
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Schmerzäußerungen, wenn das Kind aufgenommen oder umgelagert wird.
Bei allen HüftgelenkaffektionenHüftgelenkaffektionenKindesalter wird der Schmerz oft bis in das Kniegelenk projiziert, sodass bei Knieschmerzen immer auch das Hüftgelenk mit untersucht werden muss. Nicht jede Osteomyelitis oder Fraktur ist äußerlich durch eine Schwellung erkennbar. Auch ohne Hinweise auf ein Trauma muss differenzialdiagnostisch an eine Fraktur gedacht werden (cave: Misshandlung oder pathologische Fraktur). Im Zweifelsfall ist eine Röntgenuntersuchung indiziert, mit der sich auch die überwiegend erst im Schulkindalter auftretenden Knochentumoren ausschließen lassen. Ist ein Trauma bekannt und liegt eine Distorsion oder eine konservativ zu behandelnde Fraktur vor, kann das Kind nach Behandlung möglicherweise wieder nach Hause entlassen werden.
27.8.1. Coxitis fugax
Die Coxitis fugax,Coxitis fugax eine transiente Synovitis, ist die häufigste Ursache eines akuten Hüftschmerzes und Schonhinkens in einem Alter zwischen 3 und 10 Jahren. Klinisch lässt sich eine mäßige Einschränkung der Innenrotation feststellen. Mittels Sonografie über der Leistenregion ist mit einem Linearschallkopf der Gelenkerguss leicht nachweisbar (➤ Abb. 27.3 ). Differenzialdiagnostisch ist an eine septische Arthritis, einen Morbus Perthes, eine Epiphyseolysis capitis femoris oder eine rheumatische Arthritis zu denken. Die Behandlung der Coxitis fugax mit Schonung (Bettruhe, Gehhilfe) für einige Tage und regelmäßigen Gaben von NSAID (z. B. Ibuprofen 20–40 mg / kg KG / d, 3–4 ED) kann auch ambulant erfolgen, wenn eine kurzfristige Nachkontrolle nach 2–3 Tagen gegeben und eine septische Arthritis ausgeschlossen ist. Letzteres ist aber nicht immer einfach. Hier sind Blutbild und C-reaktives Protein hilfreich.
Merke.
Eine Leukozytose > 12 Mrd. / l, eine pathologische Linksverschiebung und eine CRP-Erhöhung > 20 mg / l sprechen eher für ein bakterielle Arthritis oder Osteomyelitis, ebenso sehr starke Schmerzen und Bewegungseinschränkung, begleitendes Fieber > 38,5 °C und eine Weichteilreaktion.
Abb. 27.3.
Sonografie: Coxitis fugax [R405].Coxitis fugaxSonografie
In diesem Fall müssen die Kinder zur weiteren stationären Abklärung und eventuellen Gelenkpunktion vor Beginn einer parenteralen Antibiotikatherapie umgehend einem Kinderchirurgen oder -orthopäden bzw. einem erfahrenen Pädiater vorgestellt werden. Die Kernspintomografie zum Ausschluss einer ossären Beteiligung (Osteomyelitis mit Begleitarthritis) muss nicht in jedem Fall noch am gleichen Tag erfolgen.
27.8.2. Radiusköpfchenluxation
Bei KleinkindernRadiusköpfchenluxationKindesalter mit plötzlicher Schonhaltung eines Arms lässt sich die Diagnose einer Radiusköpfchenluxation in der Regel klinisch stellen. Die Subluxation des Radiusköpfchens unter das Lig. anulare radii wird durch plötzlichen Zug am Arm, während das Kind an der Hand geführt wird, herbeigeführt (engl. nurse elbow). Der Arm istNurse elbow proniert, hängt im Ellenbogengelenk leicht gebeugt nach unten, und das Kind kann nicht normal greifen. Das Radiusköpfchen ist bei Palpation druckschmerzhaft.
Bei typischer Anamnese und klassischem Befund erfolgt ein Repositionsmanöver, bei sehr ängstlichem Kind unter Analgosedierung:
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Eine Hand umgreift das Ellenbogengelenk, sodass der Daumen auf dem Radiusköpfchen zu liegen kommt.
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Mit der anderen Hand greift man Hand und distalen Unterarm und führt simultan eine Außenrotation (Supination) und gleichzeitige Streckung im Ellenbogengelenk durch. Hierbei übt der auf dem Radiusköpfchen liegende Daumen einen leichten Druck aus.
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Das erfolgreiche „Einschnappen“ ist leicht spürbar, das Kind kann seinen Arm anschließend sofort wieder frei bewegen. Eine Ruhigstellung ist in der Regel nicht erforderlich.
Ist das Kind auf den Ellenbogen gestürzt oder besteht eine deutliche periartikuläre Schwellung, muss vor jeder Maßnahme eine Röntgenaufnahme zum Frakturausschluss angefertigt werden.
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