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. 2020 Jul 29;67(8):36–38. [Article in German] doi: 10.1007/s35128-020-0400-1

Sie bleiben ein spekulatives Investment

Carmen Mausbach 1,
PMCID: PMC7387079

Anleger, die in den vergangenen Jahren in börsennotierte Bankenwerte investiert haben, mussten ordentlich Lehrgeld bezahlen. Auch künftig sind Banken kaum chancenreiche Kandidaten. Wer jedoch auf eine schrittweise Erholung des Sektors setzt, könnte die Kursrückgänge infolge der Covid-19-Krise für den Einstieg nutzen.

Damit Unternehmen gut durch die Covid-19-Krise kommen, haben Bund und Länder diverse Hilfsprogramme auf den Weg gebracht. Das 100 Milliarden Euro schwere Sonderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist ein Teil dieses Rettungspakets und soll in Schwierigkeiten geratene Unternehmen schnell und unbürokratisch mit Krediten unterstützen. Damit die vorgeschalteten Hausbanken die nachgefragten Kredite möglichst schnell durchwinken, liegt die Haftungsfreistellung in Abhängigkeit von dem in Anspruch genommenen KfW-Kredit und der Größe des Unternehmens bei nunmehr 80, 90 oder 100 Prozent. Das heißt jedoch im Umkehrschluss, dass im Regelfall zehn oder 20 Prozent des Ausfallrisikos bei der vorgeschalteten Hausbank verbleiben. Damit stellt sich unweigerlich die Frage, wie sich die Corona-bedingte Kreditvergabe an Unternehmen auf das Kreditrisiko der Banken auswirken wird. Für einen eher moderaten Anstieg des Kreditrisikos spricht, dass die meisten Unternehmen auch in Corona-bedingten Zeiten das normale Kreditvergabeverfahren durchlaufen müssen, zumindest bei der Inanspruchnahme des KfW-Unternehmerkredits und des ERP-Gründerkredits universell. Bei düsteren Zukunftsaussichten und zweifelhaften Investitionsvorhaben werden Kreditanfragen folglich auch abgelehnt werden.

Auswirkungen der Krise schwer abzuschätzen

In der Praxis ist es jedoch äußerst schwierig abzuschätzen, wie schnell ein Unternehmen nach der Covid-19-Pandemie wieder erfolgreich starten kann. Dies hängt zum einen von der jeweiligen Branche ab. Zum anderen aber auch von der Dauer des Shutdowns und der dadurch bedingten Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts hierzulande und im Ausland. Wie schwer es fällt, die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland solide abzuschätzen, zeigen die vielen unterschiedlichen Prognosen von Politik und Wirtschaftsinstituten. Die Bundesregierung schätzt, dass das Bruttoinlandsprodukt dieses Jahr um 6,3 Prozent einbrechen wird. Die EU-Kommission geht von einem Rückgang dieser Kennzahl von 6,5 Prozent im laufenden Jahr aus und das Institut der deutschen Wirtschaft Köln prognostiziert einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts dieses Jahr um neun Prozent. Ebenso unklar ist, wie sich die Wirtschaftskraft des Auslands entwickeln wird. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind die Exporte im April 2020 bereits um 31,1 Prozent eingebrochen. Auf das Gesamtjahr hochgerechnet erwarten der Deutsche Indus-trie- und Handelskammertag und auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ein Minus von 15 Prozent. In diesen Zahlen sind jedoch noch keine weiteren Infektionswellen eingepreist, die die Werte entsprechend weiter hochschnellen ließen.

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Für Deutschland als Exportnation sind diese Aussichten alles andere als gut. Es ist daher durchaus möglich, dass es vielen Unternehmen trotz eines durchaus soliden Geschäftsmodells nicht gelingen wird, die Krise unbeschadet zu überstehen. Im Zweifelsfall steigt nämlich trotz Aufnahme eines KfW-Kredits nur die Verschuldung an, ohne die Produktivität der Unternehmen zu erhöhen. Nach Angaben der KfW wurden bis zum 15. Juni 2020 bereits insgesamt 60.653 Anträge mit einem Volumen von 46,617 Milliarden Euro bereitgestellt.

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Aus Sicht der Banken dürften aber auch viele bereits bestehende Firmenkredite angesichts der schleppenden Geschäfte deutlich riskanter werden und das Kreditportfolio zusätzlich belasten. Und auch Privatpersonen, die von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit betroffen sind, dürften Schwierigkeiten bei der Bedienung ihrer Verbraucher- und Immobiliendarlehen bekommen.

Die Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) schätzt, dass sich das Volumen der notleiden Kredite im Zuge der Corona-Krise hierzulande auf 100 Milliarden Euro summieren wird. Nach Angaben der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA schleppten die Banken in Deutschland per viertes Quartal 2019 noch faule Kredite mit einem Volumen von insgesamt 30 Milliarden Euro mit sich herum. Gegenüber 2019 wäre das also mehr als eine Verdreifachung.

Und auch bei der NPL-Quote rechnen die Experten mit einer Verdreifachung auf rund vier Prozent. Ende 2019 lag sie bei Deutschlands Banken noch bei 1,3 Prozent. Ebenso pessimistisch schätzt der für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling die Situation der hiesigen Geldhäuser ein. Wie die "FAZ" berichtete, sieht er auf die deutschen Banken ab dem dritten Quartal 2020 eine große Welle an Kreditausfällen zurollen. Zwar schätzt er den deutschen Bankensektor insgesamt als stabil ein, einzelne Geldhäuser könnten aber dennoch geschwächt aus der Krise hervorgehen.

In den südeuropäischen Mitgliedstaaten der EU sieht die Lage weitaus schlechter aus. Der Berg fauler Kredite, auf dem die dortigen Banken sitzen, ist ungleich höher als hierzulande. So wies Griechenland Ende 2019 trotz strenger Kapitalauflagen immer noch eine Non-Performing-Loan-Ratio von 35,2 Prozent auf, gefolgt von Zypern mit 19,4 Prozent und Bulgarien mit 7,2 Prozent. Für alle EU-Banken lag das Volumen notleidender Kredite Ende 2019 bei 584 Milliarden Euro.

Welle fauler Kredite erwartet

Darüber hinaus werden viele Anleger, die in Bankenwerte investiert haben, dieses Jahr wohl keine Dividenden sehen. Banken, die für das Geschäftsjahr 2019 noch keine Dividenden ausgezahlt haben, werden sicher der Empfehlung der Europäischen Zentralbank (EZB)folgen, nach der mindestens bis zum 1. Oktober 2020 keine Dividenden für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 ausgeschüttet werden sollen. Auch Aktienrückkäufe, die auf eine Vergütung der Aktionäre abzielen, sollten die Institute nach aktueller Empfehlung der EZB nicht tätigen. Einige Institute sind der Aufforderung der EZB bereits gefolgt und haben ihre Dividendenzahlungen ausgesetzt. Darunter befinden sich neben der Commerzbank, der Deutschen Bank und der Deutschen Pfandbriefbank die niederländischen Institute ABN Amro, ING, Rabobank, die italienische Unicredit sowie die Société Générale, Barclays und die HSBC. Die Schweizer Banken UBS und Credit Suisse halten dagegen an ihren Dividendenplänen fest.

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Bereits vor der Corona-Krise angeschlagen

In Anbetracht der Tatsche, dass der Bankensektor schon vor der Corona-Pandemie angeschlagen war und sich nun weitere Sorgen hinsichtlich vermehrter Kreditausfälle und Dividendenstreichungen dazugesellen, spricht für eine Investition in Bankenwerte lediglich die Tatsache, dass die Bewertung der Papiere aktuell sehr niedrig ist. Sowohl die Papiere der Deutschen Bank (ISIN: DE0005140008) als auch der Commerzbank (ISIN: DE000CBK1001) sackten zeitweise auf neue Tiefstände in ihrer über 20-jährigen Börsengeschichte ab. Mit Stand vom 12. Juni 2020 lag das 52-Wochen-Tief der Commerzbank bei 2,80 Euro. Nach Angaben des Finanzportals boerse.de hat die Commerzbank-Aktie in einer Zehn-Jahres-Betrachtung per Saldo 89,8 Prozent an Wert verloren.

Ein Investment in Höhe von 10.000 Euro war damit also nur noch rund 1.020 Euro wert. Mittlerweile hat sich das Geldhaus aber wieder etwas erholt und notiert aktuell bei 4,30 Euro. Die Deutsche Bank erreichte Mitte März 2020 mit 4,65 Euro ebenfalls ihr historisches Tief. In der Zehn-Jahres-Betrachtung haben Aktionäre mit der Deutsche-Bank-Aktie per Saldo 79,7 Prozent an Wert eingebüßt, sodass ein Investment in Höhe von 10.000 Euro auf 2.025 Euro gefallen wäre. Doch auch für die Deutsche Bank ging es wieder nach oben. Bis auf über neun Euro kletterte der Aktienkurs des Dax-notierten Finanzkonzerns am 8. Juni 2020. Die Deutsche Bank AG ist der größte Bankenkonzern in Deutschland und zählt zu den weltweit führenden Finanzdienstleistern.

Gewicht des Titels begrenzt

Für eine breitere Aufstellung bieten sich hingegen Exchange Traded Funds (ETF) an. So etwa der iShares Euro Stoxx Banks 30-15 UCITS ETF mit der ISIN: DE0006289309. Der börsengehandelte Indexfonds bietet Zugang zum Bankensektor der Eurozone. Der Banks 30-15 ist ein Subindex des Euro Stoxx 600, der Unternehmen mit großer, mittlerer und kleiner Marktkapitalisierung der entwickelten Volkswirtschaften der Eurozone abbildet. Das maximale Gewicht des größten beziehungsweise zweitgrößten Titels ist auf 30 beziehungsweise 15 Prozent begrenzt.

Unter den Top-Positionen finden sich spanische, französische, deutsche und niederländische Institute. Die Kosten belaufen sich auf 0,51 Prozent im Jahr.

An Erholung partizipieren

Mit dem Lyxor Stoxx Europe 600 Banks UCTF ETF (ISIN: LU1834983477) können Anleger an der Erholung der europäischen Bankenlandschaft partizipieren. Benchmark ist der Stoxx Europe 600 Banks Net Total Return Index in Euro, der derzeit rund 27 Prozent britische Institute umfasst. Danach folgen mit Abstand schweizerische, spanische, französische und italienische Werte. Deutsche Banken machen einen Anteil von 3,5 Prozent aus. Die Gesamtkostenquote liegt bei 0,30 Prozent per annum.

Investoren, die an ein hohes Kurspotenzial des amerikanischen Finanzsektors glauben, können in den iShares S&P 500 Financials Sector UCITS ETF USD (ISIN: IE00B4JNQZ49) investieren. Die Dividendenerträge im Fonds werden thesauriert. Der ETF bildet die Wertentwicklung des S&P 500 Capped 35/20 Financials Index nach. Unter den Top-Komponenten finden sich sämtliche Großbanken wie HSBC, UBS, Banco Santander und BNP Paribas.

Kompakt.

  • Die Sorge vor einer weltweiten Rezession und damit vor Kreditausfällen im Bankensektor nimmt zu.

  • Auf Anweisung der EZB haben viele Banken ihre Dividendenzahlungen ausgesetzt.

  • Bankentitel bleiben ein risikoreiches Investment. Sie notieren derzeit aber auf tiefen Niveaus, sodass Anleger von einer Gegenbewegung profitieren könnten.

Carmen Mausbach

ist freie Wirtschaftsjournalistin in Niederkassel. graphic file with name 35128_2020_400_Figb_HTML.jpg


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