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. 2019:25–39. [Article in German] doi: 10.1007/978-3-662-57295-5_2

Grundlagen der Ernährung

B Koletzko 4,
Editors: Christian P Speer1, Manfred Gahr2, Jörg Dötsch3
PMCID: PMC7498377

Abstract

Die Grundlagen der Ernährung im Kindes- und Jugendalter werden in diesem Kapitel dargestellt. Einen besonderen Stellenwert nimmt die Nährstoffversorgung der Kinder ein. Neben der Muttermilchernährung werden auch die verschiedenen Formen der Säuglingsmilchnahrungen sowie die Beikost vorgestellt. Allergieprävention und sinnvolle Prophylaxen im Kindesalter (Vitamin K, Vitamin D und Fluorid) werden erörtert. Zudem werden typische ernährungsassoziierte Störungen im Säuglingssalter, wie Dreimonatskoliken, diskutiert. Das Management von Erkrankungen, wie Durchfall, Über- oder Untergewicht, runden das Kapitel ab.

Muttermilchernährung

Grundlagen

Stillen bietet mehr als nur die Zufuhr von Kalorien. Die Sterblichkeit flaschenernährter Säuglinge war in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts 7-fach höher als bei gestillten Kindern, v. a. durch den Schutz vor dem Auftreten gastrointestinaler Infektionen. Offenbar können die zahlreichen Abwehrfaktoren der Frauenmilch die noch unreife körpereigene Immunfunktion junger Säuglinge sehr effektiv ausgleichen. Noch heute schützt Voll- und Teilstillen auch in den Industrieländern wirksam vor Durchfall- und Atemwegserkrankungen, wiewohl die Mortalität unter hygienischen Bedingungen nicht mehr beeinflusst wird. Das Stillen hat zudem eindrucksvolle Langzeitwirkungen. Früher gestillte Kinder haben noch in der Adoleszenz und im jungen Erwachsenenalter ein signifikant geringeres Auftreten von Diabetes mellitus Typ I und Morbus Crohn. Eindrucksvoll sind jüngere Studienergebnisse, die Nahrungszufuhr und Wachstum in der frühen Kindheit mit dem Krankheitsrisiko im hohen Lebensalter in Verbindung bringen. So führt Stillen in den ersten Lebensmonaten zu einem um etwa 20% geringeren Risiko für Adipositas im Kindes- und Jugendalter sowie einer Risikominderung für die damit assoziierten Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2. Eine ähnliche protektive Wirkung lässt sich bei Säuglingsflaschennahrungen durch eine Absenkung des Eiweißgehalts auf ein der Muttermilch angenähertes Niveau erzielen. Ganz offensichtlich wird die Gesundheit des Individuums langfristig durch die Qualität der Säuglingsernährung beeinflusst (metabolische Programmierung). Muttermilch ist im 1. Lebensjahr die ideale Nahrung für den gesunden Säugling. Das Stillen liefert nicht nur eine weitgehend bedarfsgerechte Nährstoffzufuhr (Tab. 2.1), sondern bewirkt durch eine Vielzahl miteinander interagierender immunologischer Faktoren auch einen ausgeprägten Infektionsschutz. Selbst noch nach dem Ende der Stillperiode haben früher gestillte Kinder ein geringeres Risiko für verschiedene Erkrankungen. Darüber hinaus fördert das Stillen die Mutter-Kind-Bindung, den emotionalen Kontakt und vermittelt Sicherheit und Geborgenheit (Kap. 4.13).

0–<4 Mo 4–<12 Mo 1–<4 J 4–<7 J 7–<10 J 10–<13 J 13–<15 J 15–<19 J
Energie (kcal/kgKG/d) ♂/♀ 110 95 100 90 75 60/55 55/45 45/40
Protein (g/kgKG/d) ♂/♀ 2,0–2,2 1,2–1,6 1,2 1,1 1,0 1,0 1,0 0,9/0,8
Fett (E%) 45–50 35–40 30–35 30–35 30–35 30–35 30–35 30–35
Essenzielle Fettsäuren (E%) 4,5 3,8 3,5 3,5 3,5 3,5 3,5 3,5
Kalzium (mg/d) 500 500 600 700 800 900 1.000 1.200
Magnesium (mg/d) ♂/♀ 40 60 80 120 170 230/250 310 400/350
Eisen (mg/d) ♂/♀ 6 8 8 8 10 12/15 12/15 12/15
Jod (μg/g) 50 50 100 120 140 180 200 200
Zink (mg/d) ♂/♀ 5 5 7 10 11 12 15/12 15/12
Vitamin A (mg Retinoläquivalent/d) ♂/♀ 0,5 0,6 0,6 0,7 0,8 0,9 1,1/1,0 1,1/0,9
Vitamin D (μg/d) 10 10 5 55 5 5 5 5
Vitamin K (ug/d) ♂/♀ 5 10 15 20 30 40 50 70/60
Thiamin (mg/d) ♂/♀ 0,3 0,4 0,7 1,0 1,1 1,2 1,4/1,2 1,6/1,3
Riboflavin (mg/d) ♂/♀ 0,4 0,5 0,8 1,1 1,2 1,4/1,3 1,5/1,4 1,8/1,7
Niacin (mg Niacinäquivalent/d) ♂/♀ 5 6 9 12 13 15/14 17/15 20/16
Vitamin B6 (mg/d) ♂/♀ 0,3 0,6 0,9 1,2 1,4 1,6/1,5 1,8/1,6 2,1/1,8
Folat (μg/d) 80 80 120 160 200 240 300 300–400
Vitamin B12 (μg/d) 0,5 0,8 1,0 1,5 1,8 2,0 3,0 3,0
Vitamin C (mg/d) 40 50 55 60 65 70 75 75

Mo Monate, J Jahre, ♂ männlich, ♀ weiblich

Physiologie der Milchbildung

Die Brustdrüse bildet die Milch in den Alveolarepithelien und sezerniert sie in die sekretorischen Alveoli der 18–20 Segmente jeder Brust. Die Alveoli werden durch kleine Milchgänge drainiert, welche in große Milchgänge mit jeweils einer eigenen Öffnung in der Brustwarze führen. Wachstum und Differenzierung der Brustdrüse sowie die Milchbildung werden endokrin kontrolliert.

Der Abfall der Östrogenspiegel im mütterlichen Blut nach der Geburt und die mit der Wehentätigkeit einsetzende Prolaktinsekretion des Hypophysenvorderlappens fördern die Milchsekretion in den ersten Tagen nach der Geburt. Die Entleerung der Brust durch das kindliche Saugen fördert die Milchbildung (Abb. 2.1), sodass das Neugeborene frühzeitig nach der Geburt und häufig wiederkehrend angelegt werden sollte, auch wenn bis zum sog. Milcheinschuss am 3.–5. Tag meist nur eine kleine Menge an Milch sezerniert wird. Auch regelmäßiges Abpumpen der Brust mit einer elektrischen Milchpumpe, wie es beispielsweise bei einem trinkschwachen Frühgeborenen angebracht sein kann, fördert die Milchbildung. Das Anlegen des Kindes an der Brust fördert über neurale Afferenzen die Freisetzung des Hormons Oxytozin im Hypophysenhinterlappen. Oxytozin bewirkt die Ejektion der Milch aus den Alveoli und Milchgängen und damit den Milchfluss. Dieser Ejektionsreflex und damit der Stillerfolg kann durch mütterliche Anspannung, Angst- und Überforderungssituationen gefährdet werden. Entsprechend ist eine konsequente Unterstützung der Mutter und eine entspannte, freundliche Atmosphäre besonders in den ersten Tagen nach der Geburt für die Etablierung des Stillens förderlich.

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Die durch das Anlegen stimulierte Oxytozinfreisetzung führt bei stillenden Fraune auch zu einer rascheren postnatalen Uterusinvolution.

Nährstoffgehalt in der Muttermilch

Die Nährstoffe in der Muttermilch (Tab. 2.2) decken in idealer Weise den Substratbedarf des gesunden, reif geborenen Säuglings und haben in vielen Fällen eine bessere Bioverfügbarkeit als aus Säuglingsmilchnahrungen. So ist beispielsweise die Resorption der Muttermilchfette im Mittel besser als aus Flaschennahrungen, unter anderem weil die Muttermilch eine durch Gallensäuren im kindlichen Dünndarm aktivierte Lipase enthält (bile salt stimulated lipase, BSSL).

Bestandteil Reife Muttermilch (≥14. Tag) Kuhmilch
% der Kalorien % der Kalorien
Kalorien 63 kcal/100 g 100% 65 kcal/100 g 100%

Protein

Davon Kaseine

1,0 g/100 g

0,4 g/100 g [40% des Proteins]

6%

2,4%

3,4 g/100 g

2,8 g/100 g [80% des Proteins]

21%

17%

Fett 3,8 g/100 g 52% 3,7 g/100 g 51%
Linolsäure 0,285 g/100 g 0,052 g/100 g
Laktose 7,0 g/100 g 42% 4,6 g/100 g 28%
Mineralstoffe 0,2 g/100 g 0,8 g/100 g
Natrium 15 mg/100 g 50 mg/100 g
Eisen 76 mg/100 g 50 mg/100 g
Renale Molenlast 79 mOsm/kg H2O 221 mOsm/kg H2O

Die Häufigkeit und Intensität des kindlichen Saugens reguliert die in der Brustdrüse gebildete Milchmenge (Abb. 2.1). Die Zusammensetzung der Milch ändert sich mit der Dauer der Stillzeit. Damit passt sich die Nährstoffzufuhr an den sich mit dem kindlichen Alter ändernden Bedarf an.

  • Während der ersten etwa 5 Tage nach der Geburt wird die gelbliche Vormilch (Kolostrum) mit sehr hohen Gehalten an Proteinen, Immunglobulinen und Leukozyten gebildet. Das Kolostrum bewirkt auch bei einer relativ geringen Trinkmenge in den ersten Lebenstagen einen sehr wertvollen Infektionsschutz aufgrund des hohen Gehalts von antiinfektiös wirksamen Komponenten.

  • Etwa ab dem 6. Tag nach der Geburt wird die sog. transitorische Milch gebildet, wobei das gebildete Milchvolumen deutlich ansteigt.

  • Ab der 3. Woche spricht man von der reifen Milch.

Mit zunehmender Stilldauer fallen die Protein- und Mineralgehalte deutlich, während die Laktose- und Fettkonzentration zunehmen.

Auch im Laufe jeder Stillmahlzeit ändert sich die Zusammensetzung der Milch. So steigt der Fettgehalt der Muttermilch während des kindlichen Trinkens um etwa das 1,5- bis 3-fache, sodass der Säugling bei Beginn der Stillmahlzeit zunächst eine an Protein, Mineralien und wasserlöslichen Vitaminen reiche Milch aufnimmt, bei großem Hunger und hohem Saugbedürfnis dann aber eine zunehmend fett- und energiereichere Milch.

Gestillte Säuglinge haben meist weiche und oft hellgelb gefärbte Stühle, die sog. „Muttermilchstühle“.

Bakteriologische Untersuchungen weisen im Stuhl gestillter Kindern einen höheren Anteil an Bifidusbakterien und geringere Zahlen an potenziell pathogenen Mikroproganismen nach als bei flaschenernährten Kindern. Die normale Stuhlfrequenz gestillter Kinder ist großen Schwankungen unterworfen und kann zwischen täglich mehreren Stühlen oder auch nur einem alle 3–4 Tage abgesetzten Stuhl liegen.

Vorteile des Stillens

Die ideale Nahrung für gesunde, reif geborene Säuglinge ist die Muttermilch. Das Stillen liefert ein optimal auf die Bedürfnisse des Säuglings abgestimmtes Nährstoffangebot, schützt vor Infektionen und Allergien und vermittelt Sicherheit und Geborgenheit. Pädiater und Angehörige anderer Gesundheitsberufe sollten das Stillen proaktiv fördern, unterstützen und schützen.

Antiinfektiöse und antiinflammatorische Wirkungen

Die Muttermilch enthält verschiedenste, miteinander komplementär wirksame antiinfektiöse und antiinflammatorische Bestandteile.

Antiinfektiös wirksame Agenzien in der Muttermilch

  • Immunglobuline (vorwiegend sekretorisches IgA, daneben IgG, IgM, IgD)

  • Lysozym (Lyse von Bakterienzellmembranen)

  • Laktoferrin (entzieht eisenabhängigen Bakterien das Eisen)

  • Laktoperoxidase (Bildung von antibakteriell wirksamen Wasserstoffperoxid)

  • Oligo- und Polysaccharide, Glykokonjugate

  • Monoglyzeride, nicht veresterte Fettsäuren (Lyse von Bakterienzellmembranen), Membranen der Milchfettkügelchen (bakterielle Adhäsion)

  • Neutrophile Granulozyten, Makrophagen

  • Lymphozyten

  • Epithelzellmembranen (bakterielle Adhäsion)

Das sekretorische Immunglobulin A (sIgA) ist das für den Infektionsschutz wichtigste Immunglobulin, das bereits im Kolostrum in hohen Konzentrationen vorhanden ist. Das sIgA aus der Muttermilch ist im kindlichen Gastrointestinaltrakt relativ stabil und wird durch den niedrigen pH-Wert des Magenmilieus sowie die im Dünndarm freigesetzten tryptischen Enzyme nicht komplett abgebaut, sodass es im gesamten kindlichen Gastrointestinaltrakt bis hin zum Kolon Mikroorganismen und andere makromolekulare Fremdantigene binden und hierdurch deren Invasion in die Mukosa sehr wirksam reduzieren kann.

Neben den spezifischen Antikörpern enthält die Frauenmilch auch zahlreiche unspezifische antiinfektiöse Komponenten:

  • Lysozym spaltet Mukopolysaccharide und Mukopeptide in Zellwänden grampositiver Bakterien und kann dadurch zu deren Zerstörung beitragen.

  • Laktoferrin ist ein eisenbindendes Peptid, das mit eisenabhängigen Enterobakterien um das Spurenelement konkurriert und somit deren Wachstum hemmt.

  • Leukozyten sind in den ersten 3–4 Monaten der Stillzeit stets in der Milch vorhanden und werden in einer besonders hohen Zahl von etwa 4×108/l im Kolostrum gefunden. Es überwiegen Makrophagen und neutrophile Granulozyten, die den niedrigen pH-Wert des Magens weitgehend intakt passieren und im Dünndarm und z. T. auch noch im Dickdarm eine antibakterielle Wirkung entfalten können. Die Lymphozyten der Muttermilch sind vorwiegend T-Zellen, wobei der Anteil an CD4- und CD8-Zellen (Helfer- und Suppressorzellen) etwa dem Verhältnis im Blut entspricht.

Schutz vor Infektionen und anderen Erkrankungen

Die körpereigene immunologische Abwehr ist in den ersten Lebensmonaten noch sehr unvollkommen. Die hierdurch bedingten hohen Infektionsrisiken in den ersten Lebenswochen und Monaten werden durch das Stillen sehr effektiv vermindert. Das Risiko gestillter Säuglinge, an einer infektiösen Enteritis zu erkranken, ist nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in westlichen Industrienationen etwa 5-fach geringer als bei nicht gestillten Kindern. Wenn gestillte Säuglinge jedoch an einer infektiösen Diarrhö erkranken, sind die Krankheitsverläufe im Mittel milder und kürzer als bei einer Flaschenernährung. Auch Infektionen außerhalb des Magen-Darm-Trakts, wie entzündliche Erkrankungen der Atemwege und des Mittelohres sind bei gestillten Säuglingen seltener.

In verschiedenen Studien war der infektionsprotektive Effekt des Stillens über die Dauer der Stillperiode hinaus nachweisbar.

Auch das körpereigene Immunsystem des Säuglings wird durch das Stillen beeinflusst. So zeigten sonographische Untersuchungen, dass gestillte Kinder ein größeres Volumen des für die T-Zellentwicklung wichtigen Thymusorgans haben bei nicht gestillten Säuglinge gleichen Alters.

Langzeitwirkungen des Stillens

Langzeitwirkungen des Stillens auf viele Jahre später auftretende Gesundheitsrisiken wurden in zahlreichen Studien beobachtet. So wurde ein signifikant geringeres Risiko früher gestillter Kinder für im jugendlichen Alter auftretenden Diabetes mellitus Typ 1 und den Morbus Crohn berichtet.

Epidemiologische Untersuchungen in Deutschland zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht (Körpermassenindex >90. Perzentile) und Adipositas (Körpermassenindex >97. Perzentile) im Schulalter bei früher gestillten Säuglingen, nach Adjustierung für konfundierende Faktoren, um etwa 10-20% geringer ist als bei früher nicht gestillten Kindern. Dabei zeigte sich eine deutliche Dosis-Wirkungs-Beziehung: die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht und Adipositas im Schulalter umso geringer, je länger die Kinder früher gestillt worden waren. Zusammengenommen bieten diese Ergebnisse wichtige Argumente für eine konsequente Stillförderung durch Ärzte und Angehörige anderer Gesundheitsberufe.

Empfohlen wird ein Vollstillen möglichst über 4–6 Monate.

Mögliche Nachteile der Muttermilchernährung

Potenzielle nachteilige Aspekte des Stillens für das Neugeborene

  • Stärkere postpartale Gewichtsabnahme: Cave: dystrophe Neugeborene, Frühgeborene, Neugeborene diabetischer Mütter!

  • Verstärkter und verlängerter Neugeborenenikterus: Bilirubin im Mittel um etwa 1 mg/dl höher (meist ohne Bedeutung)

  • Übertragung mütterlicher Infektionen: z. B. Zytomegalie, Virushepatitis, HIV, Tbc

  • Risiko marginaler Nährstoffversorgung des Kindes: je nach mütterlicher Versorgung z. B. Vitamin K, D, B12, Jod

  • Belastung mit von der Mutter aufgenommenen Fremdstoffen: Nikotin, Medikamente, Alkohol, allergen wirksame Proteine aus der mütterlichen Nahrung (z. B. intakte Kuhmilchproteine)

  • Belastung mit Umweltschadstoffen: V. a. lipophile Schadstoffe aus dem mütterlichen Fettgewebe (z. B. PCB, DDT, Dioxine)

Postpartale Gewichtsabnahme

Der sog. Milcheinschuss, also der deutliche Anstieg der Milchsekretion, tritt meist erst 3–5 Tage nach der Geburt ein, bei Erstgebärenden im Mittel einen Tag später als bei Frauen, die bereits früher gestillt haben. Deshalb ist die getrunkene Milchmenge bei ausschließlich gestillten Kindern in den ersten Lebenstagen niedriger als bei Flaschenfütterung nach kindlichem Bedarf, entsprechend ist die kindliche Gewichtsabnahme nach der Geburt bei ausschließlichem Stillen im Mittel größer. Für Reifgeborene mit niedrigem Geburtsgewicht, Frühgeborene und Neugeborene diabetischer Mütter mit einem hohen Hypoglykämierisiko kann deshalb eine frühzeitige Zufütterung mit einer altersgerecht zusammengesetzten Säuglingsmilchnahrung, ggf. auch mit einer Kohlenhydratlösung sinnvoll sein.

Neugeborenenikterus

Gestillte Kinder haben eine etwas stärkere Ausprägung des physiologischen Neugeborenenikterus mit einer im Mittel um etwa 1 mg/dl höheren Bilirubinkonzentration im Blut. V. a. nimmt der sichtbare Ikterus einen deutlich längeren Verlauf und ist vielfach noch am Ende des ersten Monats zu bemerken (sog. Muttermilchikterus). Eine Stillpause ist aber nur in sehr seltenen Fällen bei Anstieg der Bilirubinwerte in die Nähe der Austauschgrenze indiziert. Wichtig ist es, bei Kindern mit protrahiertem Ikterus eine Bestimmung des direkten Bilirubins vorzunehmen, das bei dem harmlosen Muttermilchikterus normal ist, aber bei den differenzialdiagnostisch abzugrenzenden cholestatischen Lebererkrankungen erhöht gefunden wird.

Bei protrahiertem Ikterus (Icterus prolongatus, >14 Tage) immer direktes Bilirubin bestimmen.

Übertragung mütterlicher Infektionen

Das Stillen kann verschiedene mütterliche Infektionen durch Viren und Bakterien, wie z. B. Zytomegalie, Hepatitis, HIV, Tuberkulose übertragen, sofern sie nicht schon vor oder während der Geburt von der Mutter auf das Kind weitergegeben wurden. Unreife Frühgeborene etwa vor der 30. Gestationswoche sind besonders anfällig für die häufige Zytomegalieinfektion, sodass hier im Falle einer Muttermilchfütterung mit möglicher Kontamination konsequent eine Pasteurisierung der Milch empfohlen wird.

Nährstoffversorgung

Einige Nährstoffe in der Muttermilch sind in Abhängigkeit von der mütterlichen Nährstoffversorgung in der Milch nur in für das Kind unzureichender Menge enthalten und müssen auf anderem Wege supplementiert werden. Die Vitamine K und D werden allen Säuglingen als Supplement gegeben, um einem Mangel vorzubeugen. In Deutschland ist ein Jodmangel häufig, weshalb für alle Frauen eine Supplementierung mit täglich 100 µg Jodid für die Dauer der Schwangerschaft und der Stillzeit empfohlen wird (durch Tabletten; zusätzlich jodiertes Speisesalz, jodierte Backwaren und andere Lebensmittel mit Jodsalz). Frauen, die sich über Jahre streng pflanzlich ohne Zufuhr von Fleischwaren, Milch und Eiern ernähren (sog. vegane Ernährung, z. B. auch streng makrobiotische Ernährungsweise), erleiden ohne Nahrungsergänzung zwangsläufig eine Vitamin-B12-Verarmung. Die Kinder vegan ernährter Frauen erhalten während der Schwangerschaft und der Stillzeit von ihren Müttern nur geringe Mengen an Vitamin B12 und entwickeln ohne eine andere Zufuhr in der Regel im Laufe des 1. Lebensjahres einen klinisch manifesten Vitamin-B12-Mangel mit Anämie und neurologischer Schädigung, die auch nach einer Supplementierung dauerhafte Schäden hinterlassen kann.

Belastung mit Fremdstoffen

Von der Mutter aufgenommene Substanzen können in die Milch übergehen, so z. B. Alkohol, Nikotin, Drogen, allergene Eiweiße aus der mütterlichen Nahrung und Medikamente.

Bei einer notwendigen medikamentösen Therapie der stillenden Mutter ist eine sorgfältige Einzelfallprüfung erforderlich.

Je nach dem Ausmaß des Übergangs einzelner Medikamente in die Milch und ihrer Toxizität ist ggf. eine vorübergehende Stillpause oder sogar ein Abstillen erforderlich. In den allermeisten Fällen kann jedoch eine für das gestillte Kind unbedenkliche medikamentöse Therapie der Mutter gewählt werden.

Belastung mit Umweltschadstoffen

Persistente fettlösliche Schadstoffe wie die Pestizide DDT und dessen Stoffwechselprodukte, Hexachlorbenzol (HCB), Lindan (HCH) oder die aus industriellen Prozessen stammenden polychlorierten Biphenyle (PCB), Dibenzodioxine und -furane werden regelmäßig in der Milch gefunden. Diese in der Nahrungskette angereicherten fettlöslichen Schadstoffe werden vom Menschen in vergleichsweise hohen Mengen mit der Nahrung aufgenommen und im Fettgewebe gespeichert. Die Milchkonzentrationen lipophiler Schadstoffe liegt nicht selten über den gesetzlich festgelegten, aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitschutzes niedrig angesetzten Grenzwerten für Lebensmittel, aber die mittleren Muttermilchkonzentrationen der meisten Schadstoffe sind seit den 1970er-Jahren um etwa die Hälfte gefallen. Zu bedenken ist allerdings der ausgeprägte Effekt einer vermehrten Lipolyse durch Reduktionsdiäten. Während der Stillzeit kommt es physiologischerweise bereits zu einem Abbau von Fettgewebe. Mit dieser Lipolyse werden auch im Fettgewebe akkumulierte fettlösliche Substanzen freigesetzt und gehen in die fettreiche Muttermilch über.

Bei starker mütterlicher Gewichtsabnahme steigen die Milchkonzentrationen lipophiler Schadstoffe deutlich an. Deshalb wird von aktiven Maßnahmen zur Gewichtsabnahme während der Stillzeit abgeraten.

Mütterliche Stillhindernisse

Stillhemmnisse auf mütterlicher Seite können auszehrende oder psychotische Erkrankungen sein. Eine unzureichende Milchbildung aus organischer Ursache ist anscheinend extrem selten, meist ist eine zum Abstillen führende geringe Milchbildung durch unzureichende Anleitung und Unterstützung, Unsicherheit oder eine Ablehnung des Stillens durch die Frau oder ihren Partner bedingt. Anomalien der Brustwarzen wie Flach- und Hohlwarzen oder Wundsein der Brustwarzen und Rhagaden lassen sich oft überwinden durch ein Abpumpen der Milch oder durch die Anwendung von Stillhütchen aus Silikon, die beim Anlegen des Kindes über die Brustwarze gelegt werden.

Bei einem Milchstau, der oft einzelne Segmente der Brustdrüse betrifft, kann ein häufigeres Anlegen des Kindes oder ein Abpumpen der Milch den Milchabfluss fördern. Bei einer bakteriellen Mastitis mit schmerzhafter Rötung, lokaler Überwärmung und oftmals Fieber muss das Stillen ggf. bis zum Einsetzen der Wirkung der antibiotischen Therapie unterbrochen werden. Bei der Wahl des eingesetzten Antibiotikums ist auf eine Vereinbarkeit mit dem Stillen zu achten.

Stillförderung, Praxis des Stillens

Die mütterliche bzw. elterliche Motivation und Bereitschaft zum Stillen sollte vor und nach der Geburt konsequent gefördert werden. Bei gutem Befinden von Mutter und Kind kann innerhalb der ersten 30 min nach der Geburt Gelegenheit zum ersten Anlegen gegeben werden. Die ersten Mahlzeiten des Neugeborenen mit Anlegen an der Brust können für die Eltern beglückende Momente des Kennenlernens ihres Kindes und der Zuwendung sein, für die eine ruhige und geborgene Atmosphäre geschaffen werden sollte.

In den folgenden Tagen soll das Kind zur Förderung der Milchbildung häufig und nach Bedarf angelegt werden.

Günstig ist initial ein etwa 4- bis 6-stündliches Anlegen von jeweils 5–10 min Dauer an beiden Brüsten.

Ein längeres Anlegen in den ersten Tagen kann ein Wundwerden der Brustwarzen fördern. Mit dem Milcheinschuss wird etwa 6- bis 8- (bis 10-) mal in 24 Stunden angelegt.

Empfohlene Maßnahmen zur Stillförderung

  • Fundierte Information beider Eltern über das Stillen und Motivationsförderung bereits in der Schwangerschaft und erneut im Wochenbett, entsprechende Schulung von Mitarbeiter/innen der geburtshilflichen Klinik

  • Praktische Anleitung, Hilfe und Ermutigung der Mutter beim Anlegen und Stillen

  • Frühes Anlegen des Neugeborenen zum Stillen innerhalb der 1. Stunde nach Geburt, sofern mütterlicher und kindlicher Zustand dies erlauben

  • Möglichkeit zum Stillen nach Bedarf zu jeder Tageszeit, bevorzugt durch gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind („rooming in“)

  • Unbegründete Restriktionen z. B. hinsichtlich der mütterlichen Ernährung vermeiden

Stillprobe

Das früher vielfach routinemäßig eingesetzte Wiegen vor und nach jedem Stillen (Stillprobe) soll nur bei besonderer Indikation und nicht generell bei allen Neugeborenen angewandt werden, da dies oft zu erheblicher mütterlicher Verunsicherung führt. Bei gesunden Kindern ist in den ersten Lebenstagen ein tägliches Wiegen zur Zustandsbeurteilung und zur Entscheidung über ein ggf. angemessenes Zufüttern völlig ausreichend.

Zufütterung von Flüssigkeit

Eine Zufütterung von Flüssigkeit zum Stillen in den ersten Lebenstagen ist nicht routinemäßig notwendig, sondern soll nur bei begründeter Indikation erfolgen, insbesondere wenn Dehydratationszuständen und Hypoglykämien vorzubeugen ist. Ein zu restriktives Flüssigkeitsangebot kann das Neugeborene aber auch derart schwächen, dass der Stillerfolg gefährdet wird.

Praktisch kann man gesunden reifen Neugeborenen bei geringer Muttermilchzufuhr am 1.–3. Lebenstag und bis zum Eintreten des Milcheinschusses etwa 2-mal täglich nach dem Anlegen 30–50 ml einer 10%igen Glukoselösung (oder einer Dextrinmaltoselösung) anbietet, ohne dass Nachteile für den Stillerfolg zu befürchten sind. Wenn am 4.–5. Lebenstag die kindliche Gewichtsabnahme anhält, der Gewichtsverlust seit der Geburt 5% übersteigt und kein mütterlicher Milcheinschuss erfolgt ist, kann dem Neugeborenen nach dem Anlegen 3- bis 4-mal/Tag 50 ml einer gegebenenfalls antigenreduzierten Säuglingsnahrung (HA-Nahrung) angeboten werden.

Säuglingsmilchnahrungen

Die handelsüblichen Säuglingsmilchnahrungen sind von hoher Qualität und erlauben es, nicht oder nicht ausschließlich gestillte Säuglinge sicher und gut zu ernähren.

Verschiedene Formen künstlicher Säuglingsmilchnahrungen

Säuglingsanfangsnahrungen

Sie eignen sich für die Fütterung von Geburt an und können in den ersten Lebensmonaten als alleinige Nahrung die kindlichen Ernährungserfordernisse decken. Für die Neugeborenenernährung und für die Zufütterung zum Stillen sind Nahrungen mit Laktose als einzigem Kohlenhydrat empfehlenswert („Pre-Nahrungen“), mit denen wie beim Stillen eine Fütterung nach Bedarf möglich ist. Säuglingsnahrungen mit weiteren Kohlenhydraten („1-Nahrungen“) werden bevorzugt erst bei älteren Säuglingen eingesetzt.

Einteilung der Säuglingsnahrungen

  • Säuglingsnahrungen auf Kuhmilchbasis
    • Säuglingsanfangsnahrungen auf Kuhmilchbasis (Säuglingsmilchnahrungen)
      • „Pre-Nahrungen“ mit Laktose als einzigem Kohlenhydrat (früher als adaptierte Nahrungen bezeichnet, von Seiten der Pädiatrie für die Neugeborenenernährung und die Zufütterung zum Stillen empfohlen)
      • „1-Nahrungen“ mit weiteren Kohlenhydraten neben Laktose (früher als teiladaptierte Nahrungen bezeichnet, von Seiten der Pädiatrie nicht für die Neugeborenenernährung und die Zufütterung zum Stillen empfohlen)
    • Folgenahrungen auf Kuhmilchbasis (Folgemilchen, erst ab Einführung der Beikost)
  • Antigenreduzierte Milchnahrungen („hypoallergene“ oder „H.A.-Nahrungen“)
    • H.A.-Säuglingsanfangsnahrungen
      • „Pre-Nahrungen“ mit Laktose als einzigem Kohlenhydrat
      • „1-Nahrungen“ mit weiteren Kohlenhydraten neben Laktose
    • H.A.-Folgenahrungen (erst ab 5. Lebensmonat)

Im 1. Lebenshalbjahr sollten keine Nahrungen verwendet werden, in denen Fruktose oder Saccharose (Haushaltszucker, „Kristallzucker“) vorkommt, da hierdurch bei Säuglingen mit hereditärer Fruktoseintoleranz (Kap. 3.7) eine frühe Krankheitsmanifestation mit schwerer kindlicher Schädigung hervorgerufen werden kann.

Folgenahrungen

Folgenahrungen werden erst ab der Beikostfütterung (frühestens ab dem 5. Lebensmonat) eingesetzt. Der wesentliche Vorteil der Folgenahrungen ist eine für ältere Säuglinge optimalere Nährstoffversorgung mit dem Altersbedarf entsprechendem, höheren Eisengehalt als in Säuglingsanfangsnahrungen.

Eiweißbestandteile

„Säuglingsanfangsnahrungen“ und „Folgenahrungen“ können aus Kuhmilch- oder Sojaeiweiß hergestellt werden. Die bevorzugt eingesetzten Nahrungen auf der Basis ausschließlich von Kuhmilcheiweiß werden als „Säuglingsmilchnahrung“ (von Geburt an) oder als „Folgemilch“ (ab dem 5. Monat) bezeichnet.

Sojanahrungen werden nur bei besonderer Indikation verwendet. Sojanahrungen sind laktosefrei. Indikationen zur Verwendung einer Sojanahrung sind z. B. eine nachgewiesene Laktoseunverträglichkeit oder die elterliche Ablehnung einer Kuhmilchnahrung aufgrund streng vegetarischer Orientierung.

Säuglingsanfangsnahrungen können von Geburt an gegeben werden, wobei für Neugeborene und junge Säuglinge sowie für die Zufütterung zum Stillen sog. „Pre-Nahrungen“ bevorzugt werden. Folgenahrungen („2-Nahrung“) setzt man erst ab der Beikostfütterung ein.

Selbst hergestellte Flaschennahrung

Früher war die häusliche Selbstherstellung von Flaschennahrungen aus pasteurisierter Kuhmilch unter Zugabe von Wasser, Kohlenhydraten und Pflanzenöl weit verbreitet. Dieses Vorgehen kann heute sowohl aus hygienischen als auch aus ernährungsphysiologischen Gründen keinesfalls mehr empfohlen werden. Die Fütterung unveränderter Kuhmilch oder anderer unveränderter Tiermilch (z. B. Esels-, Ziegen- oder Stutenmilch) im 1. Lebenshalbjahr führt aufgrund der im Vergleich zu Muttermilch völlig verschiedenen Zusammensetzung (Tab. 2.2) zu einer nicht dem kindlichen Bedarf entsprechenden Substratzufuhr mit großen Risiken und ist kontraindiziert.

Die Modifikation in Form von selbst hergestellten Säuglingsnahrungen kann eine angemessene Deckung des kindlichen Bedarfs an vielen Nährstoffen, wie z. B. Vitaminen, Spurenelementen und essenziellen Fettsäuren, nicht sicher gewährleisten und sollte nur ausnahmsweise in ökonomischen Notsituationen zur Anwendung kommen. Auch vor der Verwendung von roher Kuhmilch in der Säuglingsernährung, die gelegentlich aus alternativen Überzeugungen eingesetzt wird, muss dringend gewarnt werden. Rohmilch birgt für den physiologisch abwehrschwachen Säugling besonders große bakteriologische Risiken, wie eine Übertragung der im frühen Kindesalter lebensbedrohlichen Infektion mit toxinbildenden enterohämorrhagischen E. coli (EHEC). Zudem hat Rohmilch eine besonders starke Allergenität, welche in verarbeiteten Milchprodukten durch Hitzebehandlung reduziert wird.

Die aus alternativen Überzeugungen eingesetzten milchfreien Nahrungen auf der Grundlage von Mandelmus, Obst oder Vollkorngetreide sind als Säuglingsnahrungen unphysiologisch und ebenfalls völlig ungeeignet. Diese Nahrungen decken den Nährstoffbedarf eines Säuglings oft nicht, es wurden mit ihnen ernste kindliche Schädigungen wie z. B. ausgeprägte Gedeihstörungen und Mineralisationsstörungen des Skeletts berichtet.

Alternativen zu den handelsüblichen Flaschennahrungen sind unphysiologisch und gefährlich.

Praxis der Flaschenfütterung

Milchmenge

Für flaschenernährte, gesunde, reifgeborene Säuglinge sind in der Regel im Neugeborenenalter zunächst 6, ab dem 2. Lebensmonat 5 Flaschenmahlzeiten pro Tag angemessen. Die getrunkene Milchmenge liegt bei großer interindividueller Spannbreite in den ersten Lebenstagen bei etwa 70–80 g. Ab dem Ende der 1. Woche sollte die tägliche Trinkmenge bei etwa 1⁄5–1⁄6 des Körpergewichts liegen, um bei einem Energiegehalt der Milchnahrung von etwa 60–70 kcal/100 ml den kindlichen Bedarf zu decken.

Flasche und Sauger

Bei der Wahl der Flasche und des Saugers sollten auch hygienische Aspekte berücksichtigt werden. Im Vergleich zu Kunststoffflaschen können Trinkflaschen aus Glas leichter und sicherer gereinigt werden und bieten deshalb insbesondere für junge Säuglinge eine höhere Sicherheit. Trinksauger aus Silikon haben im Gegensatz zu Gummisaugern eine glatte Oberfläche, an der sich Milchreste und Erreger kaum festsetzen können. Nach dem Trinken verbleibende Milchreste bieten pathogenen Erregern einen ausgezeichneten Nährboden. Flaschen und Sauger werden deshalb nach der Verwendung sofort mit Wasser ausgespült, sodass keine Milchreste antrocknen. Nach sorgfältiger Reinigung werden die für junge Säuglinge bestimmten Flaschen und Sauger trocken aufbewahrt. Die zur Desinfektion angebotenen sog. Sterilisierbäder werden nicht empfohlen. In Kliniken sollen wegen des erhöhten Risikos der Übertragung nosokomialer Infektionen nur hitzesterilisierte Sauger und Glasflaschen Verwendung finden. Zubereitete Flaschennahrung wird unverzüglich gefüttert, Reste müssen unbedingt verworfen werden, um eine Keimvermehrung und Infektionsrisiken vorzubeugen.

Das Saugerloch sollte nicht zu groß sein, um nicht einem Verschlucken der Nahrung und einer Überfütterung Vorschub zu leisten. Bei kopfüber umgedrehter Flasche sollte die Nahrung langsam mit etwa 1 Tropfen pro Sekunde herauslaufen. Die Flaschennahrung soll etwa Körpertemperatur entsprechen und muss vor der Fütterung geprüft werden.

Cave

Beim Erhitzen von Säuglingsnahrung mit Mikrowellengeräten können Fehleinschätzungen der im Kern erreichten Temperatur und schwere Verbrennungen der kindlichen Mundschleimhaut auftreten.

Alimentäre Allergieprävention im Säuglingsalter

Pathogenetische Grundlagen

Allergische Reaktionen gegen Nahrungsmittelbestandteile treten mit besonders großer Häufigkeit im Säuglings- und Kleinkindesalter auf. Eine Sensibilisierung gegen mit der Nahrung zugeführte Fremdeiweiße ist im frühen Säuglingsalter besonders leicht möglich, da postnatal noch eine erhöhte Durchlässigkeit der intestinalen Schleimhaut für intakte Eiweißmoleküle gegeben ist, welche hierdurch vermehrt dem mukosaassoziierten lymphatischen Gewebe präsentiert werden und eine Sensibilisierung hervorrufen können.

Familiäre Belastung

Bei einer familiären Belastung mit allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, allergischem Asthma oder Neurodermitis bei Eltern oder Geschwistern ist das statistische Risiko für das Neugeborene, ebenfalls eine Allergie zu entwickeln, erhöht. Besonders für diese Kinder mit familiärer Allergiebelastung werden im Säuglingsalter Maßnahmen zur alimentären Allergieprävention empfohlen.

Prävention durch Stillen

Ausschließlich über 4–6 Monate gestillte Kinder, denen keine kuhmilcheiweißhaltige Nahrung zugefüttert wurde, zeigten in einigen, aber nicht in allen Studien eine geringere Häufigkeit einer Kuhmilcheiweißallergie mit unterschiedlichen Manifestationen als Kinder, die im frühen Säuglingsalter Säuglingsmilchnahrungen auf Kuhmilchbasis oder Sojanahrungen erhielten. Einen vollständigen Schutz vor allergischen Reaktionen kann aber auch das Stillen nicht bieten. Bei stark sensibilisierten Säuglingen kann auch unter ausschließlichem Stillen eine Nahrungsmittelallergie auftreten, hier kommt es besonders häufig zu einer allergischen Kolitis mit Blutbeimengungen des Stuhls.

Antigenreduzierte Säuglingsnahrung

Für nicht oder nicht voll gestillte Säuglinge mit familiärer Allergiebelastung kann die Verwendung einer antigenreduzierten Säuglingsnahrungen auf der Basis eines Eiweißhydrolysats (sog. hypoallergene oder HA-Nahrungen) das Risiko einer Allergiemanifestation vermindern. Günstig beeinflusst wird v. a. die Häufigkeit ekzematöser Hautveränderungen. Im Gegensatz zu den HA-Nahrungen haben Sojanahrungen keine Risikominderung für allergische Symptome gezeigt. Auf der Grundlage dieser Befunde wird für nicht oder nicht voll gestillte Säuglinge mit familiärer Allergiebelastung (atopische Erkrankungen bei Eltern und/oder Geschwistern) für das 1. Lebenshalbjahr als Flaschennahrung ausschließlich eine HA-Säuglingsnahrung empfohlen (Bührer et al. 2014, Koletzko, Bauer et al. 2016) (Abschn. 2.2.1).

Diätetische Produkte

Für die Behandlung von Nahrungsmittelallergien und Malabsorptionssyndromen werden für Säuglinge diätetische Produkte auf der Basis von hochgradig hydrolysiertem Eiweiß oder von Aminosäuremischungen angeboten. Diese Produkte entsprechen in ihren Zusammensetzungen nicht den Empfehlungen für die Zusammensetzung von Nahrungen für gesunde Säuglinge und sollten deshalb nicht für die Allergieprävention bei klinisch gesunden Säuglingen eingesetzt werden. Die empfohlenen Maßnahmen zur alimentären Allergieprävention bei Säuglingen mit positiver Familienanamnese zeigt die Übersicht.

Maßnahmen zur alimentären Prävention früher allergischer Manifestationen

  • Volles Stillen über 4–6 Monate

  • Vermeidung der Zufütterung von Nahrungen, die intaktes Fremdprotein enthalten (Säuglingsnahrungen mit Kuhmilch- oder Sojaeiweiß, Zubereitungen aus Schaf-, Ziegen-, Esels- oder Stutenmilch, Mandelmus u. a.)

  • Nicht oder nicht voll gestillte Säuglinge sollten während der ersten 6 Lebensmonate ausschließlich antigenreduzierte Säuglingsnahrungen erhalten (HA-Nahrung).

  • Beikostprodukte nicht vor dem 5. Monat einführen.

Prophylaxe mit Vitamin K und D sowie Fluorid

Vitamin K

Aufgrund begrenzter Vitamin-K-Speicher des Neugeborenen und geringer Gehalte in der Muttermilch besteht besonders für gestillte Säuglinge in den ersten Lebensmonaten das Risiko des Auftretens eines späten Vitamin-K-Mangels mit schwerwiegenden Blutungen, wie z. B. Hirnblutungen. Dieses ernste Risiko kann durch eine Vitamin-K-Supplementierung verhütet werden.

Alle Säuglinge erhalten deshalb 3-mal jeweils 2 mg Vitamin K oral zu den Vorsorgeuntersuchungen U1 (1. Lebenstag), U2 (3.–10. Lebenstag) und U3 (4.–6. Lebenswoche).

Vitamin D, Fluorid

Vitamin D

Säuglinge und Kleinkinder haben wegen ihres raschen Wachstums und der hohen Kalziumdeposition im wachsenden Skelettsystem einen großen Bedarf an Vitamin D. Bei der in Mitteleuropa eher niedrigen UV-Lichtexposition und dadurch begrenzten Vitamin-D-Synthese in der Haut und nur mäßigem Gehalt in der Muttermilch wird eine orale Vitamin-D-Prophylaxe für alle Säuglinge empfohlen, um einer Vitamin-D-Mangel-Rachitis vorzubeugen.

Alle Säuglinge erhalten täglich 400 I.E. Vitamin D p.o. in Tablettenform.

Diese orale Vitamin-D-Prophylaxe wird bis zum 2. vom Kind erlebten Frühsommer gegeben, wenn bei der dann stärkeren UV-Lichtexposition die körpereigene Vitamin-D-Synthese zunimmt. Die Dauer der Vitamin-D-Gabe beträgt also je nach dem Zeitpunkt des Geburtsdatums im Frühjahr bzw. Herbst 1–1 ½ Jahre.

Fluorid

Zur Kariesprophylaxe wird gemeinsam mit dem Vitamin-D-Präparat 0,25 mg Fluorid pro Tag gegeben (Präparate: D-Fluoretten 500, Fluor-Vigantoletten 500, Zymafluor D 500). Die Fluoridsupplementierung kann eine Verminderung sowohl der Anzahl als auch des Ausmaßes kariöser Läsionen erzielen. Nach dem Ende der Vitamin-D-Prophylaxe wird die Fluoridsupplementierung durch die tägliche Gabe einer Tablette mit 0,25 mg Fluorid bis zum Ende des 2. Lebensjahres fortgesetzt. Ab dem 3. Lebensjahr wird die Fluoridsupplementierung durch die Verwendung von jodiertem und fluoridiertem Speisesalz als Regelsalz fortgesetzt.

Beikost

Zufütterung im 1. Lebensjahr

Grundlagen

Ab dem Beginn des 5. Lebensmonats kann die reine Milchfütterung durch die Einführung von Beikost ergänzt werden, sie soll spätestens mit Beginn des 7. Monats beginnen. Mit der Beikost wird gut bioverfügbares Eisen (z. B. aus Fleisch oder aus mit Eisen angereicherten Getreidebreien) bereitgestellt, um die Erschöpfung der kindlichen Eisenspeicher gegen Ende des 1. Lebenshalbjahres auszugleichen. Weiterhin wird mit der Beikost auch die Zufuhr von Zink, Ballaststoffen und anderen Nährstoffen gefördert, und dem Kind wird eine Erweiterung der geschmacklichen Erfahrungen ermöglicht.

Praxis der Beikostfütterung

Die schrittweise Umstellung auf Mahlzeiten mit breiiger und später fester Konsistenz ist ein nicht immer ganz einfacher Lernprozess, der sich über einige Zeit hinziehen kann. Man beginnt zweckmäßigerweise mit dem täglichen Angebot nur einiger weniger Löffel eines einfachen Breies (z. B. Karottenbrei, Reisbrei). Wenn das Kind die Löffelfütterung akzeptiert und gelernt hat, gibt man bevorzugt einen Gemüse-Kartoffel-Brei mit Fleisch oder einen mit Eisen angereicherten Reisbrei. Die Breimenge kann dann zügig auf etwa 200–250 g gesteigert werden, sodass die Breimahlzeit eine Milchmahlzeit ersetzen kann (Abb. 2.2). Mit einem Zeitintervall von etwa 1 Monat kann eine weitere Milchmahlzeit durch einen weiteren Brei ersetzt werden, sodass zu diesem Zeitpunkt ein mit Trinkmilch oder Säuglingsmilchnahrung zubereiteter Getreidebrei und ein Gemüse-Kartoffel-Brei mit Fleisch gegeben werden.

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Die Beikostfütterung mit der Flasche („Guten-Abend-Brei“, „Trinkmahlzeit“) fördert die Überfütterung und ist zu vermeiden.

Glutenhaltige Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer; z. B. viele handelsübliche Vollkorn- bzw. Vielkornbreie oder Haferbreie) werden bevorzugt in kleinen Mengen im Alter zwischen 4 und 11 Monaten eingeführt. Eine spätere Einführung von Gluten führt nicht zu einem reduzierten Risiko für eine Zöliakiemanifestation im Kindesalter.

Als erster Brei eignet sich besonders ein Brei mit püriertem Fleisch, Kartoffeln und Gemüse, mit dem gut bioverfügbares Eisen und Zink zugeführt wird. Jeweils etwa einen Monat später kann der 2. Brei (z. B. Getreise-Milch-Brei) und der 3. Brei (z. B. Obst-Getreide-Brei) eingeführt werden.

Neben den selbst im Haushalt zubereiteten Breien, die eine große Vielfalt an Geschmackserfahrungen ermöglichen, kann auch Fertigbreikost (Gläschenkost und Fertigbreie) eingesetzt werden. Neben dem gegenüber einer Selbstzubereitung geringeren Zeit- und Arbeitsaufwand bei der Zubereitung sind v. a. eine ausgewogene und altersgerechte Nährstoffzusammensetzung, Keimfreiheit und ein strenge Kontrolle der Schadstoff- und Pestizidfreiheit wichtige Vorteile.

Bis zum Ende des 1. Lebensjahres soll mindestens 1 Milchmahlzeit pro Tag gegeben werden.

Diese kann durch Muttermilch oder eine Säuglingsmilchnahrung beigetragen werden. Das Trinken handelsüblicher Trinkmilch („Vollmilch“) im ersten Lebensjahr wird nicht empfohlen, da Trinkmilch einen niedrigen Eisengehalt hat, darüber hinaus auch die Eisenresorption aus anderen Lebensmitteln hemmt. Trinkmilch hat auch einen sehr hohen Eiweißgehalt (3-facher Eiweißgehalt als Muttermilch) der mit einem vermehrten Risiko für eine überhöhte Gewichtszunahme und späteres Übergewicht verbunden ist.

Übergang zur Familienkost

Ab dem Ende des 1. Lebensjahres trägt die in der Familie übliche Kost einen zunehmenden Anteil an der Ernährung im Kleinkind- und Schulkinderalter, langfristig bedeutsame Ernährungsgewohnheiten werden eingeübt und gefestigt.

Eine unter gesundheitspräventiven Aspekten sinnvolle Auswahl von Speisen und Getränken soll schon ab dem frühen Kindesalter vermittelt werden.

Der Übergang zur Kleinkinder- bzw. Familienkost beginnt ab dem Ende des 1. Lebensjahres. Das Kind beginnt, zunehmend vom Tisch der Eltern zu essen und auch feste Nahrung zu verzehren. Mit dem eigenen Gebrauch der Hände und den zahlreicher werdenden Zähnen werden gegen Ende des 1. Lebensjahres feste Nahrungsbestandteile (z. B. Brotrinde) verzehrt. Die reine Milchmahlzeit am Morgen wird durch ein Brot mit Aufstrich oder Zerealien mit Milch oder Joghurt ersetzt, und auch bei den anderen Mahlzeiten wächst das Kind an den Familientisch heran.

Besonders gewarnt werden muss vor dem Gebrauch einer mit gezuckertem Tee oder Fruchtsaft oder kohlenhydrathaltigem Brei gefüllten Nuckelflasche im Säuglings- und Kleinkindalter. Die langzeitige Zuckerexposition der Zähne durch dauerndes Nuckeln, z. B. auch zum Einschlafen, kann zu verheerenden Zahnschäden mit Zerstörung v. a. der Frontzähne führen (Nuckelflaschen-Karies).

Ernährung bei Klein- und Schulkindern

Klein- und Schulkinder sollten eine abwechslungsreiche Mischkost zu sich nehmen. Erwünscht ist ein reichlicher Verzehr von Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und fettreduzierten Milchprodukten (z. B. Trinkmilch mit 1,5% Fett), ein regelmäßiger Verzehr von Seefisch, pflanzlichen Ölen und in mäßigem Ausmaß auch von Fleisch als wichtiger Quelle von gut bioverfügbarem Eisen und Zink. Die Nährstoffzufuhr muss den sich altersabhängig verändernden Bedarf decken, der insbesondere während Phasen des raschen Wachstums (Pubertät!) stark ansteigen kann. Auch nimmt mit der Pubertät bei Mädchen der Eisenbedarf durch die menstruationsbedingten Eisenverluste stark zu, sodass besonders bei starken Monatsblutungen ein regelmäßiger Fleisch- bzw. Fischverzehr zur Vorbeugung eines Eisenmangels sehr nützlich ist.

Begrenzte Zufuhr gesättigter Fette

Zur Prävention hoher Serumcholesterinwerte und einer frühen Entwicklung von atherosklerotischen Gefäßläsionen ist eine eher sparsame Zufuhr von gesättigten Fetten (tierische Fette) ratsam. Praktisch wird dies durch bevorzugte Verwendung fettreduzierter Milchprodukte und fettarmer Fleischwaren erreicht. Eine reichliche Zufuhr der Vitamine Folsäure und B12 tragen zur Senkung mäßig erhöhter Homocysteinspiegel bei, die mit einem vermehrten Risiko für Thrombosen und atherosklerotisch bedingte Erkrankungen assoziiert sind. Die Wirkung der Vitamine Folsäure und B12 beruht auf einer Förderung der Aktivität des Enzyms Methylentetrahydrofolatreduktase, welches Homocystein zu Methionin remethyliert.

Zucker und zuckerhaltige Speisen

Zucker und zuckerhaltige Speisen sollten insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kariesprävention nur in Maßen verzehrt werden. Alle Zucker einschließlich Milchzucker, aber in besonders ausgeprägtem Maße Saccharose, fördern nach Metabolisierung durch kariogene Bakterien die Entkalkung des Zahnschmelzes. Kleinkinder haben oft eine ausgesprochene Präferenz für süße Speisen, die man nicht unterdrücken kann und sollte. Für die kariogene Wirkung sind die Bedingungen der Zuckerzufuhr von großer Bedeutung. Ein häufiger Konsum zuckerhaltiger Zwischenmahlzeiten mit langer Exposition des Mundraums ist besonders ungünstig, da hierbei meist eine stärkere zuckerinduzierte Säureexposition des Zahnschmelzes erfolgt. So werden bei langzeitigem Nuckeln von gezuckerten Getränken z. B. regelmäßig zum Einschlafen katastrophale Zahnschädigungen beobachtet (Nuckelflaschen-Karies). Dagegen ist eine Zuckerzufuhr mit den Hauptmahlzeiten, bei denen durch das stärkere Kauen der protektiv wirksame Speichelfluss vermehrt in Gang kommt und den Zahnschmelz schützt, weniger zahnschädigend. Süßigkeiten sollten deshalb besser als Nachtisch als zwischendurch verzehrt werden. Stark protektiv wirkt auch (zuckerfreier) Kaugummi, der ebenfalls den Speichelfluss fördert.

Milch- und Milchprodukte

Eine reichliche Zufuhr von Milch und Milchprodukten gerade in der Kindheit und der Adoleszenz liefert gut bioverfügbare Kalziumsalze und unterstützt wesentlich die Knochenmineralisation. Verschiedene Studien zeigten, dass die Kalziumaufnahme im Kindes- und Jugendalter einen direkten Einfluss auf die maximale Knochendichte im jungen Erwachsenenalter hat („peak bone mass“). Nachdem die Knochendichte und das Frakturrisiko im höheren Lebensalter mit der im jungen Erwachsenenalter erreichten maximalen Knochendichte zusammenhängt, wird einem reichlichen Milchverzehr im jugendlichen Alter eine langfristig präventive Wirkung auf die Gesundheit im Alter zugeschrieben (Abb. 2.3). Auch in dieser Hinsicht werden fettreduzierte Milchprodukte (z. B. Milch mit 1,5% Fett, Hartkäse mit niedrigem Fettgehalt) bevorzugt, die eine höhere Kalziumresorption aufweisen.

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Normale Kost

Mit dem Übergang zur Kleinkind- und Schulkindkost wird ein reichlicher Verzehr von Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und fettreduzierten Milchprodukten, ein regelmäßiger Verzehr von Seefisch, pflanzlichen Ölen und in mäßigem Ausmaß auch von Fleischwaren sowie eine begrenzte Zufuhr von Fett und insbesondere von gesättigten Fetten empfohlen. Mit dem Ziel der Kariesprävention ist eine häufige Zuckerexposition der Zähne zu vermeiden.

Flüssigkeitszufuhr

Grundlagen

Säuglinge und Kinder haben im Vergleich zu Erwachsenen einen höheren Wassergehalt des Körpers und einen sehr deutlich höheren Wasserumsatz pro kg Körpergewicht und Tag, nicht zuletzt durch die stärkere Perspiration bei relativ größerer Körper- und Lungenoberfläche. Junge Säuglinge haben zudem nur eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Nieren. Entsprechend entwickeln Säuglinge und Kleinkinder bei Flüssigkeitsmangel z. B. durch unzureichendes Angebot, vermehrten Flüssigkeitsverlust durch hohes Fieber mit Tachypnoe oder durch Diarrhö sehr viel rascher eine kritische und ggf. bedrohliche Dehydratation als Schulkinder oder Erwachsene. Eine zu niedrige Flüssigkeitszufuhr kann die Leistungsfähigkeit des Kindes beeinträchtigen und erhöht das Risiko für die Bildung von Nierensteinen.

Flüssigkeitsbedarf

In den ersten 4–6 Lebensmonaten wird der Flüssigkeitsbedarf eines gesunden Säuglings durch Muttermilch oder eine modernen Standards entsprechend zusammengesetzte Säuglingsmilchnahrung ausreichend gedeckt. Eine Zufütterung weiterer Flüssigkeit (bevorzugt Wasser oder ungezuckerte Säuglingstees) ist in der Regel erst ab der Fütterung des dritten Breis notwendig, oder bei Erkrankungen (Fieber, Durchfall) sowie ggf. in den ersten Lebenstagen bei noch geringer Stillmenge. Häufig notwendig ist eine Zufütterung mit Wasser oder Tee dagegen bei der eigentlich obsoleten Säuglingsernährung mit selbst hergestellten Kuhmilchzubereitungen, da durch die hier oft hohe Protein- und Salzzufuhr eine große osmolare Belastung der Niere mit erhöhtem Wasserverlust auftreten kann.

Mit der schrittweisen Umstellung auf feste Nahrung wird eine bewusste Zufuhr von Getränken wichtig. Die empfohlenen mittleren Trinkmengen zusätzlich zu einer ausgewogenen gemischten Kost zeigt die Tab. 2.3. Kinder entwickeln erst spät ein ausgeprägtes Durstgefühl und sollten deshalb konsequent zu regelmäßigem Trinken zu den Mahlzeiten und zwischendurch erzogen werden. Besonders empfehlenswerte Getränke sind Trinkwasser und Mineralwasser, ungesüßte Früchte- oder Kräutertees oder auch stark verdünnte Fruchtsäfte (z. B. 1 Teil Saft mit 3 Teilen Wasser).

Alter Getränke
0–<4 Monate Ca. 0,7 l Muttermilch oder Säuglingsnahrung/Tag (keine Beikost)
4–<12 Monate 0,4 l/Tag (zusätzlich zur Beikost)
1–<4 Jahre 0,95 l/Tag
4–<10 Jahre 1,1 l/Tag
10–<13 Jahre 1,2 l/Tag
13–<15 Jahre 1,3 l/Tag
15–<19 Jahre 1,45 l/Tag

Qualität des Trinkwassers

Für die Zubereitung von Säuglingsmilchnahrungen ist die Qualität des Trinkwassers nach den in Deutschland geltenden Richtlinien nicht immer ausreichend. Leitungswasser mit einem Nitratgehalt von mehr als 50 mg/l, wie es besonders in Gebieten mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung und dementsprechend hohem Düngereinsatz vorkommt, soll nicht für die Zubereitung von Säuglingsnahrung verwendet werden, da bei hoher Nitratzufuhr das Risiko der Entwicklung einer kindlichen Methämoglobinämie besteht. Auskunft über den Nitratgehalt des Leitungswassers erteilt das örtliche Wasserwerk. Bei einem hohen Nitratgehalt ist auf abgepacktes Wasser auszuweichen, das ausdrücklich mit dem Hinweis „geeignet für die Zubereitung von Säuglingsnahrung“ gekennzeichnet ist.

Wenn Wasser aus häuslichen Brunnen mit niedrigem pH verwendet und durch Kupferrohre geführt wird, kann ein so hoher Kupfergehalt des Trinkwassers resultieren, dass bei Säuglingen eine durch Kupfer induzierte Leberzirrhose mit ggf. letalem Ausgang entsteht. Beim Vorliegen von Verdachtsmomenten sollte der Kupfergehalt des Trinkwassers bestimmt und ggf. ebenfalls auf abgepacktes Wasser ausgewichen werden. Trinkwasser, das durch Bleirohre (in manchen Altbauten) geleitet wurde, darf nicht für die Säuglingsernährung verwendet werden.

Therapie von Nahrungsmittelallergien

Allergenelimination

Die Therapie von Allergien gegen Nahrungsmitteleiweiße beruht auf der Elimination des auslösenden Proteins aus der Ernährung (Kap. 12.7). Bei jungen Säuglingen mit ausschließlicher Milchernährung kann die Allergenelimination vergleichsweise einfach realisiert werden.

Nahrungsmittelallergie bei voll gestillten Säuglingen

Bei voll gestillten Säuglingen mit einer Nahrungsmittelallergie, die sich vorwiegend als allergische Kolitis mit Blutauflagerungen auf dem Stuhl, als Neurodermitis oder als Gedeihstörung manifestiert, kann die strikte Elimination des auslösenden Nahrungsmittelproteins aus der Ernährung der stillenden Mutter die allergischen Symptome zum Verschwinden bringen. In der Praxis wird man beim Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie bei einem klinisch stabilen, voll gestillten Kind zunächst eine strikt kuhmilcheiweißfreie Ernährung der Mutter für die Dauer von mindestens einer Woche erproben. Eine eingehende Diätberatung ist hierzu erforderlich, da ansonsten oftmals Kuhmilcheiweiß aus versteckten Quellen (z. B. Zusatz von Butter oder Sahne zu Lebensmitteln, Kuhmilcheiweiß in Wurst- oder Backwaren) nicht konsequent gemieden wird. Wenn unter der mütterlichen Eliminationsdiät die kindlichen Symptome verschwinden sollte zur Sicherung der Verdachtsdiagnose eine erneute Exposition mit dem vermuteten Auslöser erfolgen. Bei Wiederauftreten der kindlichen Symptome mit der Indikation zu einer längerfristigen kuhmilcheiweißfreien Ernährung der stillenden Mutter sollte eine Ergänzung der mütterlichen Ernährung mit einem gut bioverfügbaren Kalziumsupplement vorgenommen werden, um einer Demineralisierung des mütterlichen Skeletts vorzubeugen.

Falls jedoch die Symptome des gestillten Kindes durch Kuhmilchelimination bei der Mutter nicht beeinflussbar sind, kann eine weit greifende Eliminationsdiät mit Ausschluss anderer, häufig allergieauslösender Lebensmittel (z. B. Nüsse, Fisch, Soja, Weizen) versucht werden oder aber eine Stillpause mit probeweiser Gabe einer therapeutischen Nahrung mit hochgradig reduziertem Allergengehalt (s. unten) angewandt werden.

Kuhmilcheiweißallergie bei flaschenernährten Säuglingen

Flaschenernährte Säuglinge mit einer Kuhmilcheiweißallergie sollten in den ersten Monaten nach der Diagnose keine Zubereitungen auf der Basis anderer Tiermilch (z. B. Ziegenmilch, Stutenmilch, Schafsmilch) und keine Sojanahrungen erhalten, da mit einer hohen Rate von allergischen Reaktionen auch gegen diese Fremdeiweiße zu rechnen ist. Ungeeignet zur Behandlung einer Kuhmilcheiweißallergie sind auch die zur Prävention eingesetzten HA-Säuglingsnahrungen mit mäßiggradig oder partiell hydrolysiertem Eiweiß, die nennenswerte Restallergengehalte aufweisen. Zur Therapie geeignet sind diätetische Produkte zur Säuglingsernährung auf der Basis extensiv hydrolysierter Eiweiße, die nur geringe Spuren an residualen Antigenen enthalten. Stark sensibilisierte Säuglinge reagieren selbst auf extensiv hydrolysierte Eiweiße und benötigen eine Therapie mit anallergenen Produkten auf der Basis von Mischungen kristalliner Aminosäuren.

Reexpositionsversuche

Allergische Reaktionen gegen Kuhmilcheiweiß und andere Nahrungsmitteleiweiße bilden sich häufig nach einigen Monaten oder Jahren der Allergenelimination zurück. Deshalb sollten in regelmäßigen Intervallen Expositionen unter kontrollierten Bedingungen vorgenommen werden, um eine unnötig lange Dauer der therapeutischen Eliminationsdiät zu vermeiden.

Cave

Bei Reexpositionsversuchen von Nahrungsmittelallergenen sind anaphylaktische Reaktionen möglich. Bei einer Vorgeschichte mit Sofortreaktionen oder bei hohem spez. IgE-Titer sollte die Belastung in ärztlicher Notfallbereitschaft durchgeführt werden.

Ernährung bei Durchfall

Akuter Durchfall bei Kindern ist meist eine selbstlimitierende Erkrankung, die jedoch zu schwerwiegenden Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten oder einer anhaltenden Malabsorption und somit zu ernsten Gefährdungen des betroffenen Kindes führen kann.

Therapie

Die Therapie einer akuten Durchfallerkrankung beruht auf dem Ersatz aufgetretener Wasser- und Elektrolytverluste sowie einem frühzeitigen Nahrungsaufbau.

  • Bei leichten bis mittelschweren Flüssigkeitsverlusten (Gewichtsverlust <10%) gibt man eine orale Rehydratationslösung mit Natrium und Glukose bzw. Glukosepolymeren in angemessener Dosierung (Tab. 2.4).

  • Bei einer mittelschweren bis schweren Dehydratation ist meist eine Rehydratation unter stationären Bedingungen, ggf. auch parenteral, notwendig. Ein weitgehender Ausgleich der aufgetretenen Flüssigkeitsverluste in den ersten 6 h der Behandlung wird angestrebt.

Natrium 60 mmol/l
Kalium 20 mmol/l
Chlorid >25 mmol/l
Hydrogenkarbonat 0 mmol/l
Zitrat 10 mmol/l
Glukose (oder äquivalente Menge polymerer Kohlenhydrate) 74–111 mmol/l (13,3–20,0 g/l)
Osmolarität 200–250 mOsmol/l

Zur Behandlung einer Dehydratation von 5% werden dabei pro kg Körpergewicht etwa 50 ml Rehydratationslösung über 6 h benötigt.

Nahrungsaufbau

Nach erfolgter Rehydratation wird heute eine frühzeitige Realimentation durchgeführt, die einer Mukosaatrophie vorbeugt und eine raschere klinische Erholung ermöglicht. Gestillte Kinder werden von Beginn an im Wechsel mit der Zufuhr von Rehydratationslösung angelegt. Nicht gestillte Säuglinge erhalten unmittelbar nach der intensiven Rehydratationsphase von 6 h wieder die zuvor gegebene, altersgemäße Säuglingsnahrung.

Bei Säuglingen im Alter von weniger als 6 Monaten sowie bei älteren Säuglingen mit schwerer Erkrankung ist ein stufenweiser Nahrungsaufbau mit zunächst verdünnter Säuglingsmilchnahrung (initial 1 Teil Milch, 2 Teile Wasser, dann 2+1) ratsam, alle anderen Kinder können ihre gewohnte Milch unverdünnt erhalten.

Bei Klein- und Schulkindern hat sich für den Beginn des Nahrungsaufbaus eine kohlenhydratreiche Kost (z. B. Apfel, Zwieback) bewährt. Ein Umsetzen auf sog. „Heilnahrungen“ hat keinen nachgewiesenen Nutzen und wird nicht empfohlen. Weiterbestehende Durchfälle und Erbrechen erfordern ggf. einen Ausgleich durch eine zusätzliche Flüssigkeitszufuhr mit oraler Rehydratationslösung.

In kontrollierten Studien hat die Gabe von probiotischen Laktobazillen die Dauer und Schwere akuter Durchfallerkrankungen reduziert, mit besonders deutlichem Effekt bei Rotavirus-Infektionen.

Anhaltende Durchfälle

Wenn ausgeprägte Durchfälle über mehr als 7 Tage bestehen oder wieder auftreten, kann ein erneuter Nahrungsaufbau mit verdünnter Säuglingsnahrung versucht werden. Bei anhaltenden Durchfällen über mehr als 14 Tage und bei mangelnder Gewichtszunahme sollte eine weitere differenzialdiagnostische Abklärung durch eine erfahrene Spezialambulanz veranlasst werden.

Spucken, Blähungen, Dreimonatskoliken

Aufstoßen, Spucken

Das Aufstoßen von Luft während und nach dem Trinken bei Säuglingen ist ein physiologischer und erwünschter Vorgang, um ein stärkeres Speien nach der Mahlzeit zu vermeiden, und erfordert keine diätetischen oder anderen therapeutischen Maßnahmen.

Auch leichtes Spucken oder Speien während und nach dem Trinken sind ohne das Vorliegen weiterer Beschwerden oder pathologischer Befunde nicht behandlungsbedürftig. Zugrunde liegt in der Regel ein primärer gastroösophagealer Reflux, der meist eine vorübergehende, völlig normale und harmlose Erscheinung darstellt.

Bei Säuglingen führt schon ein mäßig starker gastroösophagealer Reflux wegen des hier kleinen Fassungsvermögens der Speiseröhre häufig zu einem sichtbaren Hervorbringen der Nahrung. Nur bei wenigen Säuglingen ist Spucken Ausdruck einer Refluxkrankheit, bei der subjektive Beschwerden durch eine Säurereizung der Speiseröhre bzw. eine Ösophagitis oder objektiv zu erhebende Befunde wie Trinkschwäche, Gedeihstörung oder pulmonale Aspirationen vorliegen. Der Verdacht auf das Vorliegen einer gewöhnlichen Refluxkrankheit erfordert eine gezielte Diagnostik zur Erfassung des Schweregrads und Erkennung eines sekundären Refluxes sowie ggf. eine spezifische Therapie. Dagegen ist bei der großen Zahl von Säuglingen, die häufig spucken, aber keine Hinweise für Komplikationen bieten, in der Regel außer einer Beratung der Familie keine weitere Diagnostik oder Therapie erforderlich. Hier kann die Gabe von häufigen, kleinen Mahlzeiten und sorgfältiges Aufstoßen lassen oft das Spucken reduzieren.

Andicken der Nahrung

Traditionell wird bei häufig spuckenden Säuglingen vielfach die Nahrung angedickt. Die Anreicherung einer Säuglingsnahrung mit 2–4% Reisstärke reduziert bei Säuglingen mit gastroösophagealem Reflux das Spucken und Speien, obwohl die Zahl szintigraphisch nachweisbarer Refluxepisoden nicht vermindert wird. Möglicherweise führt allein die Zunahme der Energiedichte der Nahrung um etwa ein Drittel sowie auch der Osmolarität zur Änderung des kindlichen Verhaltens. Die Messung des pH-Werts im Ösophagus zeigt bei mit Reisstärke oder mit Johannisbrotkernmehl angedickten Nahrungen zwar eine reduzierte Anzahl saurer Refluxe in die Speiseröhre, die Dauer der einzelnen Refluxepisoden nimmt jedoch zu und die gesamte Dauer der Säureexposition des Ösophagus bleibt unverändert. Offenbar führte das Andicken der Nahrung auch zu einem verlangsamten Abfluss des Refluxats aus der Speiseröhre in den Magen, sodass die Zeit des Säurekontakts der Ösophagusschleimhaut nicht vermindert wird.

Das Andicken der Säuglingsnahrung scheint bei spuckenden Säuglingen das Ausmaß des Speiens und die hiermit verbundenen Verluste an zugeführter Nahrung und Energie zu vermindern, reduziert aber nicht das Risiko der Schleimhautschädigung des Ösophagus.

Deshalb sollten angedickte Nahrungen bei spuckenden Säuglingen nur in ausgewählten Fällen eingesetzt werden, z. B. bei Gedeihstörung aufgrund von hohem Energieverlust durch heftiges Speien.

Beratung der Eltern

Die Eltern häufig spuckender Säuglinge ohne Trinkschwäche, Nahrungsverweigerung, Gedeihstörung oder andere Hinweise auf eine Refluxkrankheit sollten hinsichtlich des meist harmlosen Charakters des Symptoms beraten werden. Es kann die Gabe von häufigen, kleinen Mahlzeiten und ein ausgiebiges Aufstoßen lassen nach dem Trinken empfohlen werden. Die Indikation zur Verwendung angedickter Nahrungen sollte beim derzeitigen Kenntnisstand streng und nur durch den Arzt gestellt werden.

Blähungen

Weit verbreitet ist die Überzeugung, Blähungen beim gestillten Kind würden durch den Verzehr blähender Speisen durch die stillende Mutter verursacht. Der Verzehr blähender Lebensmittel mit hohem Gehalt nicht resorbierbarer Polysaccharide (Ballaststoffe, Fasern; z. B. Hülsenfrüchte, Zwiebeln etc.) führt zu einer durch die metabolische Aktivität der Kolonbakterien bedingten vermehrten Freisetzung von Wasserstoff, Methan und anderen Gasen im Dickdarm und kann damit bei der Konsumentin Meteorismus oder vermehrte Flatulenz hervorrufen. Auch wenn ein Teil der gebildeten Gase resorbiert und z. B. bei einem Atemtest in der exhalierten Luft wieder gefunden wird, kommt es offensichtlich nicht zu einem nennenswerten Gasübertritt in die Muttermilch, das gestillte Kind einer sich solcherart ernährenden Frau trinkt also keinen „Sprudel“. Andererseits bergen solche diätetische Restriktionen das Risiko, die Nährstoffversorgung stillender Frauen nachteilig zu beeinflussen und überdies die Stillzeit soweit zu komplizieren, dass Stillhäufigkeit und Stilldauer ungünstig beeinflusst werden.

Ein Nutzen der häufig für stillende Frauen ausgesprochenen, z. T. sehr restriktiven Diätempfehlungen mit einem Verzicht auf blähende Speisen ist nicht belegt.

Säuglingskoliken

Ätiologie, Pathophysiologie

Ursachen und Pathophysiologie der infantilen Koliken sind umstritten. Offensichtlich sind infantile Koliken nicht ein monokausal erklärbares Krankheitsbild, sondern repräsentieren eine heterogene Gruppe unterschiedlicher Störungen. Bei der ganz überwiegenden Mehrzahl der betroffenen Säuglinge scheint ein exzessives Schreien als Variante der normalen Verhaltensreaktion auf physiologische Afferenzen vorzuliegen, das durch veränderte elterliche Reaktionen auf das Schreien beeinflussbar ist. Elterliche Verunsicherung, Überbesorgnis und Angst sowie Überforderung und Stress können die Problematik aggravieren. Bei einigen Kindern scheint ein irritabler Darm bzw. eine viszerale Hyperalgesie Beschwerden zu verursachen. Für den behandelnden Kinderarzt praktisch wichtig ist die differenzialdiagnostisch zu bedenkende Möglichkeit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit oder einer gastroösophagealen Refluxkrankheit mit Ösophagitis.

Klinik

Infantile Koliken werden häufig mit Blähungen und der Säuglingsernährung in Verbindung gebracht. Die betroffenen Säuglinge zeigen bevorzugt nachmittags, abends und nachts paroxysmale Phasen mit Unruhe und Schreien, oft mit Anziehen der Beine, sie scheinen sich unwohl zu fühlen oder Schmerzen zu haben. Eltern und Ärzte interpretieren diese Symptome oft als Ausdruck von Bauchschmerzen, obwohl eine ursächliche Zuordnung der Beschwerden zum Darmtrakt durch objektive Befunde in der Regel nicht gelingt. Allerdings wird von manchen Eltern angegeben, dass eine Erleichterung durch die Entleerung von Stuhl und Darmgasen zu beobachten ist. Meist wird eine Besserung der Symptome durch Tragen, Schaukeln und elterliche Zuwendung erreicht. Die Beschwerden zeigen ein Häufigkeitsmaximum im 2. Lebensmonat und nehmen danach allmählich ab, meist sind sie nach dem 3. Monat abgeklungen.

Therapie

Die mit Abstand am häufigsten wirksame Therapie der infantilen Kolik ist die eingehende und beruhigende Beratung der Eltern, welche deren Besorgnis und Belastung ernst nimmt, aber die harmlose und meist in einigen Wochen vorübergehende Natur der Beschwerden erklärt. Den Eltern sollte geraten werden, ihr Kind nicht lange schreien zu lassen, es bei Beschwerden so weit als möglich umher zu tragen, zu wiegen und mit ihm zu spielen, einen Beruhigungsschnuller zu verwenden und dem Kind unabhängig von festen Regimen häufig nach Bedarf Nahrung und ggf. Kräutertee (z. B. Kümmeltee) anzubieten. Bei dem überwiegenden Teil der betroffenen Kinder mit exzessivem Schreien als Normvariante wird durch ein solches Vorgehen schon innerhalb einer Woche eine sehr deutliche Besserung erzielt.

Bei einem Teil der Kinder mit infantiler Kolik liegt eine allergische Reaktion gegen Nahrungsmittel, meist gegen Kuhmilcheiweiß vor. Unter flaschenernährten Kindern mit infantiler Kolik zeigen etwa 12–15% eine reproduzierbare, deutliche Besserung nach Umstellung auf eine Nahrung mit extensivem Eiweißhydrolysat. Für diese Kinder empfiehlt sich eine kuhmilchfreie Ernährung über etwa 3 Monate mit anschließender Reexposition unter ärztlicher Überwachung. Vor der Einführung einer längerfristigen Ernährung mit einem kostspieligen Hydrolysat sollte die Indikation jedoch durch mindestens eine Belastung mit erneuter Symptomprovokation gesichert sein. Im Gegensatz zu Eiweißhydrolysatnahrungen haben Sojanahrungen keinen nachgewiesenen Nutzen in der Prävention oder der Therapie von infantilen Koliken und sollten deshalb für diese Patienten auch nicht empfohlen werden.

Untergewicht

Kindliches Untergewicht tritt primär durch eine mangelnde Nahrungszufuhr oder in Industrieländern häufiger sekundär als Folge einer chronischen Erkrankung mit ungenügender Zufuhr, Malabsorption und/oder erhöhtem Energieverbrauch auf. Die Entwicklung von Untergewicht gefährdet die kindliche Gesundheit und Entwicklung und erfordert eine frühzeitige gezielte Diagnostik und Therapie.

Definition

Kindliches Untergewicht ist ein im Verhältnis zur Körperlänge vermindertes Körpergewicht (<3. Gewichtsperzentile für die Körperlänge) und geht mit einer veränderten Körperzusammensetzung einher. Der Bezug des Körpergewichts auf das Lebensalter ist aufgrund der Variation der Körperlänge weniger aussagekräftig.

Als Gedeihstörung bezeichnet man ein Abknicken von der vom Kind etablierten Gewichtsperzentile. In der Folge bleibt häufig das Längenwachstum, seltener bei jungen Säuglingen auch das Kopfumfangswachstum zurück. Eine Gedeihstörung kann also bereits erfasst werden, wenn ein Untergewicht noch nicht erreicht ist (z. B. Abfall von der 60. auf die 15. längenbezogene Gewichtsperzentile). Gedeihstörung und Untergewicht sind in der klinischen Pädiatrie wichtige Befunde und treten sekundär bei chronischen oder schwerwiegenden Erkrankungen auf.

Bestimmung des Schweregrads

Der Schweregrad einer Unterernährung kann anhand der Verminderung des Körpergewichts im Verhältnis zum Längensollgewicht (LSG) eingeschätzt werden:

Längensollgewicht (%) = Körpergewicht × 100/Gewichtsmedian für die Körperlänge

Ein Längensollgewicht zwischen 90 und 110% gilt als normal, niedrigere Werten entsprechen einem Untergewicht bzw. einer Malnutrition. Bei länger bestehender, schwerer Malnutrition entwickelt sich sekundär auch ein Minderwuchs.

Ausgeprägtes Untergewicht

Die schwersten Formen der Protein-Energie-Malnutrition können sich in den beiden klassischen Syndromen des Marasmus (vorwiegender Energiemangel) und des Kwashiorkor (vorwiegender Eiweißmangel) manifestieren, die Extreme eines kontinuierlichen und breiten Spektrums an Symptomen und Befunden bei Mangelernährung darstellen. Diese schweren Formen der Unterernährung sind regelmäßig durch Imbalancen des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts sowie begleitende Infektionen kompliziert und haben ein erhebliches Mortalitätsrisiko.

Ausgeprägtes Untergewicht im Sinne einer Malnutrition im Kindesalter gefährdet die körperliche Entwicklung (Längenwachstum, bei Säuglingen z. T. Kopfumfang, Pubertätsentwicklung), die mentale Entwicklung und induziert einen sekundären Immundefekt mit gehäuften Infektionen. Bei mangelernährten Patienten wird die Wundheilung gestört und postoperative Komplikationen treten vermehrt auf, der Verlauf chronischer Erkrankungen wird nachteilig beeinträchtigt. So ist beispielsweise Untergewicht bei Mukoviszidosepatienten mit einer deutlich kürzeren Lebensdauer und Kinder und Jugendlichen mit einer Lebertransplantation mit signifikant niedrigeren Überlebenschancen nach der Transplantation assoziiert.

Differenzialdiagnose

Die Differenzialdiagnose der einem Untergewicht zugrunde liegenden Ursachen umfasst die gesamte Breite der klinischen Pädiatrie und ist Voraussetzung für eine effektive Therapie. Als mögliche Ursachen kommen einzeln oder in Kombination in Frage:

  • eine verminderte Nahrungszufuhr,

  • erhöhte Nährstoffverluste,

  • ein erhöhter Energieverbrauch.

Hinweisend auf eine Unterernährung ist ein überproportionaler Abfall der Gewichtskurve mit weitgehend normalem oder langsamer zurückbleibendem Perzentilenverlauf für die Länge und den Kopfumfang. Dagegen spricht eine weitgehend proportionale Retardierung von Gewicht, Länge und Kopfumfang für eine konstitutionelle, genetische oder eine frühzeitig eingetretene exogene Schädigung (z. B. kongenitale Infektion) bzw. auch für eine endokrine Ursache.

Therapie

Wenn bei einem Kind mit Untergewicht eine niedrige Nahrungsaufnahme vorliegt und sich keine Hinweise auf erhöhte Verluste ergeben, wird meist ein Therapieversuch mit erhöhter oraler Nahrungszufuhr durchgeführt, ggf. auch mit einer Sondenernährung, um eine Inappetenz als Regulator der Nahrungsaufnahme zu umgehen. Im 1. Lebensjahr kann die Säuglingsnahrung energetisch, z. B. durch Zugabe von Maltodextrin (Glukosepolymere) und Öl angereichert werden. Günstiger sind energiedichte (1 kcal/ml) Therapienahrungen für Säuglinge, die eine bedarfsgerechte, bilanzierte Nährstoffzufuhr ermöglichen. Auch bei Kleinkindern und Grundschülern werden für die enterale Ernährungstherapie neben der Gabe energiereicher Speisen und Zwischenmahlzeiten besondere pädiatrische Trink- und Sondennahrungen eingesetzt, die dem altersentsprechenden Nährstoffbedarf angepasst sind. Führt die erhöhte Energiezufuhr zum Gedeihen des Kindes, erhärtet dies den Verdacht einer Kausalbeziehung zwischen niedriger Zufuhr und Mangelernährung. Ist aber ein schlechtes Ansprechen auf die erhöhte Nahrungszufuhr zu beobachten, so müssen andere Ursachen wie erhöhte Nährstoffverluste in Stuhl und Urin oder eine ineffiziente Verwertung resorbierter Nahrungsbestandteile erwogen werden.

Untergewicht und Gedeihstörung erfordern eine diagnostische Abklärung der zugrunde liegenden Ursachen (Zufuhr, Resorption, Verbrauch) und eine dem individuellen Bedarf angepasste Substratzufuhr.

Übergewicht

Grundlagen

Übergewicht ist die häufigste Ernährungsstörung bei Kindern und Jugendlichen in den Industrieländern. Die Häufigkeit von Übergewicht (Körpermassenindex >90. Perzentile) und Adipositas (Körpermassenindex >97. Perzentile) hat in den letzten wenigen Jahrzehnten sehr stark zugenommen.

Übergewicht bei Kindern hat ohne wirksame Therapie ein hohes Risiko für eine lebenslange Persistenz.

Wegen der ausgeprägten gesundheitlichen und psychosozialen Folgen sowie der erheblichen Kosten für das Gesundheitswesen ist eine konsequente Prävention und Therapie erforderlich.

Aktuelle Studien zeigen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland bereits einen Anteil von etwa 15% übergewichtiger und mehr als 6% adipöser Kinder. Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter; besonders häufig sind Kinder aus sozioökonomisch schwachen Familien und aus Familien mit Migrationshintergrund betroffen.

Übergewicht im Kindesalter ist mit einem hohen Risiko der Persistenz im Erwachsenenalter verbunden und führt langfristig zu erhöhtem Krankheitsrisiko, z. B. für Erkrankungen des Bewegungsapparats, Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, Dyslipidämie, koronare Herzerkrankungen, Gicht und psychosoziale Störungen.

Definition

Der im Erwachsenenalter bevorzugt als Maß eingesetzte Körpermassenindex (Body-Mass-Index, BMI Gewicht in kg dividiert durch das Quadrat der Körperlänge in Metern) hat auch im Kindesalter eine recht gute Korrelation mit der Körperfettmasse. Referenzwerte und obere Grenzwerte für den BMI sind von Alter und Geschlecht abhängig, sodass alters- und geschlechtsnormierte Referenzwerte herangezogen werden müssen.

Ätiologie

Monogenetische und endokrine Erkrankungen sind nur für einen sehr kleinen Anteil des Übergewichts im Kindesalter verantwortlich, müssen aber sorgfältig ausgeschlossen werden. Zu den endokrinen Ursachen zählen insbesondere Cushing-Syndrom, Hypothyreose, primärer Hyperinsulinismus und Pseudoparathyreodismus. Erworbene hypothalamische Störungen infektiöser, traumatischer, maligner und vaskulärer Ursache sind seltene Auslöser der kindlichen Adipositas. Bei dem bei wenigen Kindern beobachteten Fehlen des Hormons Leptin oder einer Leptinresistenz führt die fehlende Leptinwirkung vom frühen Kindesalter zu massiver Adipositas, Hyperphagie und Hyperinsulinismus, die mit Leptinsubstitution behandelt werden kann. Die meisten adipösen Kinder und Jugendliche haben jedoch keine Leptindefekte, sondern im Gegenteil proportional zur Körperfettmasse erhöhte Plasmaleptinkonzentrationen.

Praktisch weisen Kinder mit normaler körperlicher oder geistiger Entwicklung, ohne Wachstumsstörungen und ohne Hinweise auf Unterzuckerung, in der Regel eine primär alimentäre Adipositas auf. Auch hier ist jedoch die genetische Veranlagung von wichtiger Bedeutung für das Adipositasrisiko. So zeigen Untersuchungen adoptierter Kinder eine weitaus engere Korrelation des kindlichen Übergewichts mit den biologischen als mit den Adoptiveltern. Eine Reihe von Risikogenen wurde identifiziert, wobei Mutationen des FTO-Gens („fat mass and obesity-associated gene“) die größte Effektstärke zeigen. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen genetischen Disposition unterschiedlicher Individuen resultiert Übergewicht aber letztlich aus einer unausgewogenen Energiebilanz, bei der die Energiezufuhr den Energieverbrauch überschreitet. Hauptziele der Prävention und Therapie des kindlichen Übergewichts sind deshalb die Förderung körperlicher Aktivität und Begrenzung der Energiezufuhr.

Therapie

Therapieziel bei mäßig übergewichtigen Kindern kann die Stabilisierung des Körpergewichts sein, da mit dem Längenwachstum das relative Körpergewicht abnehmen kann. Für sehr stark übergewichtige Kinder ist allerdings eine Gewichtsabnahme notwendig.

Eine Vielzahl von Interventionsmethoden wie spezielle Diäten, Sportprogramme und verhaltens- und psychotherapeutische Interventionen steht zur Verfügung. Viele Sportprogramme und psychotherapeutische Interventionen sind aber oft nur mit hohem Personaleinsatz realisierbar. Restriktive Diäten mit strenger Kalorienrestriktion können in der ambulanten Therapie meist nicht langfristig durchgehalten werden. Leichter praktikabel ist eine konsequente Fett- und Zuckerreduktion mit einem hohen Anteil von Faserstoffen und komplexen, langsam resorbierbaren Kohlenhydraten in der Ernährung, wodurch die gesamte Energiezufuhr und allmählich die Fettdeposition günstig beeinflusst werden kann. Praktische Hinweise zum Austausch fettreicher gegen fettarme Lebensmittel bei Kindern zeigt Tab. 2.5. Für die große Zahl übergewichtiger Kinder sind verhaltenstherapeutisch orientierte Strategien mit praktischer Festigung der erwünschten Lebens- und Ernährungsweise, starker Motivation und familiärer und sozialer Unterstützung sinnvoll.

Anstatt Besser
Vollmilch Fit-Milch (1,5% Fett)
Saure Sahne, Mayonnaise Fettarmer Joghurt (1,5% Fett)
Wurstbrot Dicke Brotscheiben
Nussnougatcreme Honig, Marmelade
Leberwurst, Salami Putenschinken, Corned Beef
Bratwurst Bockwurst
Frittierte Pommes Backofenpommes
Nudeln mit Sahne Spaghetti mit Tomaten
Schokolade Gummibärchen
Eiscreme Fruchteis

Ernährung ehemaliger Frühgeborener

Bei Frühgeborenen muss die Nahrungszufuhr die vorzeitig unterbrochene, physiologische Nährstoffversorgung durch die Plazenta soweit als möglich ausgleichen. Das fetale Wachstum im letzten Trimenon der Schwangerschaft ist durch eine besonders rasche fetale Gewichtszunahme und eine sehr hohe Deposition vieler Substrate (z. B. Protein, Kalzium, langkettige Polyenfettsäuren) in wachsenden Geweben gekennzeichnet.

Die auch für Frühgeborene unbedingt empfehlenswerte Ernährung mit Muttermilch kann allein den hohen Nährstoffbedarf nicht ausreichend decken. Abgepumpte Muttermilch sollte etwa bis zum errechneten Termin der Reifgeburt oder einem Gewicht von etwa 3,5 kg durch einen sog. Muttermilchverstärker mit zusätzlichem Protein sowie gut bioverfügbaren Kalzium- und Phosphatsalzen angereichert werden. Bei unzureichender Gewichtszunahme ist die bevorzugte Fütterung abgepumpter Nachmilch (die letzte Hälfte bis 2/3 der abgepumpten Milch) nützlich, welche einen deutlich höheren Fett- und damit Kaloriengehalt als die Vormilch hat. Wenn das ehemalige Frühgeborene an der Brust gestillt wird, ist bis zum errechneten Termin zumindest die Supplementierung von Phosphat empfehlenswert (9 mg Phosphat zu jeweils 100 ml Muttermilch in Form gut löslicher Salze wie z. B. Natriumglyzerophosphat).

Flaschenernährte Frühgeborene sollten mindestens bis zum errechneten Termin der Reifgeburt oder einem Gewicht von etwa 3,5 kg eine besondere Frühgeborenennahrung mit hoher Energiedichte (70–80 kcal/100 ml), hohem Gehalt an Protein, Kalzium und Phosphat sowie langkettigen Polyenfettsäuren (LC-PUFA) erhalten. Da ehemalige Frühgeborene ein besonders hohes Risiko für eine Eisen- und Zinkdepletion aufweisen, wird eine Einführung von fleischhaltiger Beikost bereits mit dem 5. Monat nach der Geburt ohne Korrektur für das Gestationsalter angestrebt, sofern das Kind von seiner motorischen Entwicklung reif für die Löffelfütterung ist. Für Frühgeborene erscheint industriell hergestellte Breikost wegen ihrer ausgewogenen Nährstoffzusammensetzung und der strengen Schadstoffüberwachung besonders vorteilhaft.

Kernaussagen

  • Aufgrund des raschen Wachstums haben besonders Säuglinge und Kleinkinder einen sehr hohen Nährstoffbedarf pro kg Körpergewicht, der mit geringen körpereigenen Reserven kontrastiert. Entsprechend beeinflusst die Qualität der kindlichen Ernährung unmittelbar Wachstum und Differenzierung der Gewebe und moduliert kurz- und langfristig physiologische Funktionen.

  • Gesunde Säuglinge sollten in den ersten Lebenswochen nach Möglichkeit gestillt werden. Säuglinge, die nicht oder nicht voll gestillt werden können, erhalten eine Säuglingsmilchnahrung mit einer an die Muttermilch angenäherten Zusammensetzung.

  • Von einer Säuglingsernährung mit unveränderten Tiermilchen (Kuhmilch, Esel- oder Stutenmilch), selbst hergestellten Kuhmilchverdünnungen oder sog. „alternativen“ Säuglingsnahrungen (z. B. Zubereitungen aus Mandelmus und Obst) wird wegen ernster Risiken dringend abgeraten.

  • Alle gesunden Säuglinge erhalten zur Blutungsprophylaxe Vitamin K (3-mal 2 mg p.o. bei den Vorsorgeuntersuchungen U1, U2 und U3), sowie zur Rachitisprävention täglich 1 Tablette mit 400 I.E. Vitamin D und 0,25 mg Fluorid.

  • Um den Bedarf an Eisen und anderen Nährstoffen zu decken, wird ab dem 5. Lebensmonat Beikost eingeführt (Gemüse-Fleisch-Breie oder Getreide-Obst-Breie).

  • Bis zur Geburt muss geklärt werden, ob eine familiäre Allergiebelastung besteht, bei der eine konsequente alimentäre Allergieprävention durchgeführt werden sollte. Bei diesen Kindern empfiehlt man ein Vollstillen möglichst über 4–6 Monate. Bei Flaschenfütterung werden Kuhmilch- oder Sojanahrungen vermieden und stattdessen nur antigenreduzierte Säuglingsnahrungen auf der Basis von Eiweißhydrolysaten (sog. HA-Nahrungen) gegeben.

  • Eine häufige und protrahierte Zuckerexposition der Zähne (z. B. Nuckelflasche mit zuckerhaltigen Getränken) begünstigt die Kariesentstehung und ist zu vermeiden.

  • Im Kleinkind- und Schulalter ist ein reichlicher Verzehr von Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und fettreduzierten Milchprodukten, ein regelmäßiger Verzehr von Seefisch, pflanzlichen Ölen und in mäßigem Ausmaß auch Fleischwaren sowie eine begrenzte Zufuhr von Fett und insbesondere von gesättigten Fetten erwünscht.

  • Unter- und Übergewicht haben ernste Auswirkungen auf die kindliche Gesundheit und erfordern eine frühzeitige Intervention.


Articles from Pädiatrie are provided here courtesy of Nature Publishing Group

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