Abstract
Gastrointestinale Infektionen werden überwiegend fäkal-oral über kontaminierte Nahrungsmittel, in Ländern mit geringem Hygienestandard häufiger über unsauberes Trinkwasser übertragen. Eine geringe erforderliche Infektionsdosis und eine Umweltresistenz des Erregers ermöglichen auch Übertragungen durch Aerosole oder kontaminierte Gegenstände (z. B. Rotaund Noroviren) sowie direkte Übertragungen von Mensch zu Mensch (z. B. Lamblien). Bei Parasitosen werden nicht immer infektiöse Stadien ausgeschieden, so dass die fäkal-orale oder fäkal-transkutane Übertragung erst nach „Reifung“ außerhalb des Wirtes möglich wird. Mit Ausnahme der Virusinfektionen setzen einige bakterielle Infektionen, die Amöbiasis und die Mehrzahl der Helmintheninfektionen den Aufenthalt in Endemiegebieten, meist Länder mit geringem Hygienestandard, voraus. Der Lebenszyklus von Trematoden und Zestoden beinhaltet meist einen bis mehrere Zwischenwirte wie Fische, Schnecken oder Flöhe, so dass für den Menschen infektiöse Stadien nur bei Verzehr dieser Tiere bzw. bei sonstigem Kontakt mit ihnen aufgenommen werden. Die Infizierten und Erkrankten sind daher nicht als unmittelbar infektiös anzusehen.
Es wird geschätzt, dass in Entwicklungsländern bei Kindern bis 5 Jahren jedes Jahr etwa eine Milliarde Durchfallepisoden auftreten, wovon 2–2,5 Mio. tödlich verlaufen. Ursächlich sind mehr als 20 enteropathogene Viren, Bakterien und Parasiten, deren Bedeutung regional sehr unterschiedlich ist. Rotaviren werden für jährlich mehr als 2 Mio. Hospitalisierungen und etwa 500.000 Todesfälle bei Säuglingen und Kleinkindern weltweit verantwortlich gemacht. Intestinale Parasitosen hingegen sind vornehmlich in Ländern mit geringem Hygienestandard prävalent. Weltweit tragen jeweils 0,5–1 Mrd. Menschen die hierzulande seltenen Spul-, Peitschen- und Hakenwürmer im Darm. Während Darminfektionen mit Viren und Protozoen bei Immungesunden häufig selbstlimitierend verlaufen, können sie bei Immunsupprimierten schwer therapierbare und letale Erkrankungen verursachen. In diesem Kapitel werden Epidemiologie, Pathophysiologie, klinisches Bild und Therapiemöglichkeiten der wesentlichen Erreger intestinaler Infektionen bei Kindern und Jugendlichen dargestellt.
Gastrointestinale Infektionen mit Viren, Bakterien und Parasiten
Epidemiologie
Gastrointestinale Infektionen werden überwiegend fäkal-oral über kontaminierte Nahrungsmittel, in Ländern mit geringem Hygienestandard häufiger über unsauberes Trinkwasser übertragen. Eine geringe erforderliche Infektionsdosis und eine Umweltresistenz des Erregers ermöglichen auch Übertragungen durch Aerosole oder kontaminierte Gegenstände (z. B. Rota- und Noroviren) sowie direkte Übertragungen von Mensch zu Mensch (z. B. Lamblien). Bei Parasitosen werden nicht immer infektiöse Stadien ausgeschieden, so dass die fäkal-orale oder fäkal-transkutane Übertragung erst nach „Reifung“ außerhalb des Wirtes möglich wird. Mit Ausnahme der Virusinfektionen setzen einige bakterielle Infektionen, die Amöbiasis und die Mehrzahl der Helmintheninfektionen den Aufenthalt in Endemiegebieten, meist Länder mit geringem Hygienestandard, voraus. Der Lebenszyklus von Trematoden und Zestoden beinhaltet meist einen bis mehrere Zwischenwirte wie Fische, Schnecken oder Flöhe, so dass für den Menschen infektiöse Stadien nur bei Verzehr dieser Tiere bzw. bei sonstigem Kontakt mit ihnen aufgenommen werden. Die Infizierten und Erkrankten sind daher nicht als unmittelbar infektiös anzusehen.
Pathophysiologie
Lokalisation von Infektionserregern im Darm
Im Ösophagus, im Magen und im oberen Dünndarm finden sich typischerweise wenige, bis zu 103 koloniebildende Einheiten der Bakterien pro Milliliter. Dabei handelt es sich um Laktobakterien, Strepto- und Staphylokokken, vereinzelt Enterobacteriaceae sowie Hefen, also überwiegend Keime der Mund- und Rachenflora. Magensäure, Verdauungsenzyme und die Geschwindigkeit der Darmpassage werden für eine Inhibition des Wachstums anderer Bakterienarten verantwortlich gemacht. Mit Verlangsamung der Passage im terminalen Ileum und im Kolon kommt es dann zu einem sprunghaften Anstieg der Keimzahlen auf 109 bzw. bis zu 1013 koloniebildende Einheiten pro Milliliter bzw. pro Gramm Darminhalt. In dieser Region überwiegen koliforme gramnegative Bakterien und Anaerobier, insbesondere grampositive Stäbchen wie Laktobakterien, Eubacterium spp., Bifidobacterium spp. und Clostridien. Sie nutzen nicht resorbierte Kohlenhydrate, Proteine sowie unverdaute pflanzliche Polysaccharide, Mukopolysaccharide, abgeschilferte Epithelzellen und Verdauungsenzyme des Wirtes. Die Nährstoffe werden zu den Gasen Wasserstoff (H2), Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) abgebaut, die über Anus und Lunge entweichen, sowie zu kurzkettigen Fettsäuren, die im Kolon resorbiert werden und den Kolonepithelzellen als Energieträger dienen. Dieser Darmabschnitt vom terminalen Ileum bis zum Ende des Kolons ist am ehesten mit einem Fermenter vergleichbar, dem intermittierend Nährstoffe zugeführt werden, die fermentiert werden; die dabei generierte Bakterienzellmasse wird über die Defäkation wieder entfernt, sie macht etwa 30 % des Fäzesvolumens aus. Insbesondere die in hoher Konzentration vorherrschenden Anaerobier beeinflussen auch die Darmmotilität.
Im Kolon existieren etwa 300–500 verschiedene Bakterienarten, aber nur etwa 30–40 davon machen 99 % der ausgeschiedenen Bakterienzellmasse aus. Wenngleich die vorherrschenden Bakteriengattungen weitgehend identisch sind, weist die Speziesverteilung eine ausgeprägte individuelle Variabilität auf, d. h. die Zusammensetzung der Arten ist für ein Individuum charakteristisch. Daraus ließe sich folgern, dass der Versuch, mittels quantitativer Stuhlkultur einiger Bakterienarten Störungen zu identifizieren, weitgehend scheitern muss, wenn nicht die genaue individuelle Zusammensetzung der Darmflora vor Symptombeginn bekannt ist.
Die physiologische Flora bietet zum einen verschiedenen Einzellern und Helminthen Nahrung, zum anderen können einige Bakterien dieses Gleichgewicht stören. In ◘ Tab. 7.1 ist die Lokalisation von Infektionserregern im menschlichen Darm dargestellt.
Lokalisationen | Erreger | ||||
---|---|---|---|---|---|
Viren | Bakterien | Pilze | Protozoen | Helminthena | |
Gesamter Darm möglich | Herpesviren wie Zytomegalievirusb |
– Mycobacterium tuberculosis – Mycobacterium avium-intracellulareb – Mycobacterium kansasiib |
– Candida spp. – Histoplasma capsulatumb,c |
– | – |
Magen | – | Helicobacter spp. | Mucorales (früher: Zygomyzeten)b | – | Nematoden: Anisakis spp. |
Gallenwege (Leber) | ▶ 10.1007/978-3-642-24710-1_18#Sec1 | ▶ 10.1007/978-3-642-24710-1_18#Sec17 | Mikrosporidienb |
▶ 10.1007/978-3-642-24710-1_18#Sec17 – Selten Cystoisospora (früher: Isospora) belli – Cryptosporidium spp.b |
▶ 10.1007/978-3-642-24710-1_18#Sec17 – Nematoden: Larven von Anisakis spp., Ascaris spp. (selten), Capillaria hepatica (selten)c – Trematoden: Clonorchis sinensisc, Dicrocoelium dendriticum, Fasciola hepatica, Heterophyes heterophyes, Metagonimus yokogawaic, Opisthorchis spp.c |
Duodenum /Jejunum |
– Adenoviren – Astroviren – Caliciviren – Noroviren – Rotaviren |
– Helicobacter spp. – Clostridium perfringens |
– Mikrosporidienb – Mucoralesb |
– Giardia intestinalis – Kokzidien: Crypto‑sporidium spp., Cyclospora cayetanensis, Cystoisospora belli |
– Nematoden: Ascaris lumbricoides, Capillaria philipinensisb – Hakenwürmer: Necator americanus, Ancylostoma duodenale, Strongyloides stercoralis, Trichinella spiralis – Trematoden: Fasciolopsis buski – Zestoden: Diphyllobotrium latum, Dipylidium caninum, Hymenolepis nana, Taenia saginata, Tania solium |
Jejenum /Ileum | – |
– Aeromonas spp. – Campylobacter spp. – EAEC – EPEC – ETEC – Salmonella spp. – Vibrio cholerae / haemolyticus – Yersinia enterocolitica /pseudotuberculosis |
– | – | – |
Zökum /Kolon | – |
– Campylobacter spp. – Clostridium difficile – EAEC – EHEC – EIEC – Shigella spp. |
– |
– Entamoeba histolytica – Dientamoeba fragilis – Blastocystis hominis |
Nematoden: Enterobius vermicularis (Oxyuren), Trichuris trichiura |
a Gelistet wurden überwiegend Helminthenarten, die sich im Menschen zu adulten Würmern entwickeln und im Darm bzw. in den Gallenwegen leben.
b Meist nur bei Immunsuppression.
c Setzt Aufenthalt im Endemiegebiet voraus.
EAEC enteroaggregative Escherichia (E.) coli; EHEC enterohämorrhagische E. coli; EIEC enteroinvasive E. coli; EPEC enteropathogene E. coli; ETEC enterotoxische E. coli.
Die Mehrzahl der gastrointestinalen Infektionen geht mit einer Diarrhö einher, der verschiedene Pathomechanismen zugrunde liegen können.
Viren
Viren sind keine Mikroorganismen, sondern infektiöse Agenzien, die aus RNA- oder DNA-Strängen bestehen, die von Proteinen umhüllt sind. Zusätzlich können sie noch eine Lipidhülle aufweisen. Ihre Proteinstruktur ermöglicht es ihnen, an Darmzellen zu binden und ihre genetische Information in die Zelle zu bringen. Dadurch wird der Stoffwechsel der Wirtszelle so beeinflusst, dass neue Viren entstehen und die Zellfunktion gestört wird (Rotaviren) oder die Zelle sogar lysiert wird, um neue Viren freizusetzen (Adenoviren). Die gestörte Zellfunktion wird für die Diarrhö verantwortlich gemacht – allerdings sind weder der genaue molekulare Pathomechanismus noch das Auftreten von Begleitsymptomen wie Fieber und Erbrechen geklärt.
Bakterien
Fakultativ pathogene Bakterien weisen verschiedene Eigenschaften auf, die ihnen eine massenhafte Vermehrung trotz der Darmflora ermöglichen und die Diarrhöen auslösen können. Klassisch ist das Choleratoxin, das von Vibrionen gebildet werden kann. Es besteht aus 2 Untereinheiten. Während die B-Untereinheit für die Bindung an die Zelloberfläche verantwortlich ist, dringt die A-Untereinheit in die Zelle ein; sie wird von den Enterozyten in die Bestandteile A1 und A2 gespalten. Die freigesetzte ADP-Ribosyltransferase ribosyliert das Regulatorprotein G der Adenylatzyklase, so dass die Bildung von zyklischem Adenosinmonophosphat (cAMP) nicht mehr inhibiert wird, was eine Sekretion von Chlorid, Kalium und Bicarbonat zur Folge hat. Die Intensität der Diarrhö korreliert mit der Menge des von den Bakterien sezernierten Choleratoxins. Choleravibrionen besitzen aber weitere sog. Enterotoxine, welche die Integrität der Epithelzellschicht stören. Strukturell verwandt ist das Toxin der enterotoxischen Escherichia (E.) coli (80%ige Homologie), das eine identische Wirkung entfaltet. Es wird jedoch plasmidkodiert und nicht sezerniert, sondern erst bei Lyse der Bakterien freigesetzt. Es erfordert zudem eine Spaltung durch Wirtsproteasen, damit es seine Wirkung entfalten kann. Neben den Ribosyltransferasen sind weitere Toxine beschrieben, die auf Konzentrationen von cAMP- und zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) in der Zelle wirken und so eine sekretorische Diarrhö induzieren. Andere Toxine wirken auf die Signaltransduktion in der Darmzelle mit vergleichbaren Folgen. Enterotoxine können aber auch zu einer Porenbildung in den Epithelzellen führen (Aerolysin bei Aeromonas hydrophila, Clostridium perfringens der Typen C und E), das Zytoskelett stören (Clostridium-difficile-Toxine A und B, Clostridium-botulinum-C2-Toxin) oder die Proteinbiosynthese hemmen und den Zelltod herbeiführen, was mit dem Verlust der Resorptions- und Sekretionsfunktionen einhergeht. Eine ausgeprägte Entzündungsreaktion, welche durch eine Epithelzellschädigung bzw. eine Vermehrung von Bakterien oder Einzellern unterhalb des Epithels verursacht wird, kann zu einer inflammatorischen bzw. exsudativen Diarrhö führen. Bei einigen Gastroenteritiserregern werden zusätzlich Interaktionen mit dem intestinalen Nervensystem angenommen. Die neuroenterotoxinvermittelte Aktivierung verursacht eine übermäßige Sekretion und damit eine Diarrhö. Kokzidien wie Kryptosporidien vermehren sich intrazellulär, führen zur Lyse der Zellen und verursachen vermutlich hierüber eine Diarrhö.
Protozoen und Helminthen
Bei der Amöbiasis werden porenbildende Toxine, die eine lokale Invasion ermöglichen und eine Entzündungsreaktion bedingen, für die blutige Diarrhö verantwortlich gemacht. Intestinale Helminthen können bei ausgeprägtem Befall eine Obstruktion bis hin zum Ileus (Askaridenileus) verursachen; die Mehrzahl der intestinalen Würmer verursacht allerdings keine oder nur geringe Symptome. Bei der Zwergfadenwurminfektion (Strongyloidiasis) legt das Weibchen Eier in die Mukosa, in die es mit dem Hinterende eingedrungen ist. Es entwickeln sich Larven, die aktiv durch das Gewebe in das Lumen zurückkehren. Diese Wanderung kann mit ausgeprägten Entzündungsreaktionen einhergehen und Diarrhöen verursachen, analog der initialen Diarrhö bei der Trichinose. Bei der Schistosomiasis setzen die in den Venen liegenden Egel ihre Eier ab, die durch die Gefäß- und Darmwand in das Lumen wandern. Dies geht mit einer ausgeprägten Entzündungsreaktion einher, die Diarrhöen verursachen kann.
Klinisches Bild
Das klinische Spektrum einer gastrointestinalen Infektion erstreckt sich in Abhängigkeit vom Manifestationsindex zwischen einer asymptomatischen, auf den Magen-Darm-Trakt bezogenen Erkrankung mit oder ohne extraintestinale Symptome bis hin zur systemischen Beteiligung (Sepsis). Wiederholte Infektionen (z. B. mit Rotaviren) verlaufen in der Regel inapparent oder oligosymptomatisch. Oft beginnt die Symptomatik einer gastrointestinalen Infektion mit Allgemeinsymptomen (Kopf- oder Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit und Fieber) und Erbrechen. Die Bauchschmerzen sind teils kolikartig oder mit Tenesmen verbunden. Die Diarrhö kann mit Schleim- oder Blutbeimengungen assoziiert, die Stuhlkonsistenz bis zu wässriger Beschaffenheit verdünnt sein. Bei der Ausbildung einer Enterokolitis besteht die Gefahr der Perforation. In seltenen Fällen steht eine Obstipation (z. B. durch Botulinumtoxin) bis zu einem Ileus im Vordergrund. Invaginationen sind bei älteren Kindern überwiegend passagerer Natur. Gastrointestinale Infektionen können eine Cholestase (z. B. Cholangitis), eine Hepatosplenomegalie, eine Peritonitis oder eine Pankreatitis hervorrufen. In der Akutphase sind als systemische Krankheitszeichen Dehydration, Acidose und Elektrolytentgleisung unmittelbar zu therapieren. Eine prolongierte Durchfallerkrankung oder ein postenteritisches Syndrom führt zu einer Gedeihstörung. Wesentliche Symptome und Charakteristika der einzelnen Infektionen sind in ◘ Tab. 7.2 und ◘ Tab. 7.3 aufgelistet. Die Mehrzahl der intestinalen Helmintheninfektionen (◘ Tab. 7.4) verläuft weitgehend asymptomatisch. Herauszuheben sind Analpruritus bei der Oxyuriasis, Rektumprolaps bei massivem Befall mit Peitschenwürmern, Anämie bei ausgeprägtem Hakenwurmbefall sowie Ileus bei massivem Spulwurmbefall.
Viren und Bakterien | Infektionsdosis | Infektionsquelle bzw. Reservoir / Übertragung | Inkubationszeit | Klinisches Bild | Erkrankungsdauer | Ausscheidungsdauer | Komplikationen / Bemerkungen | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Viren | ||||||||
Adenoviren | ? | Mensch | (1–)7–8 Tage | Wässrige Diarrhöen, häufig Erbrechen und Fieber | 8–12 Tage | 10–14 Tage | Ganzjährig, vor allem bei Kleinkindern auftretend | |
Astroviren | ? | Mensch | 1–4 Tage | Wässrige Diarrhöen, gelegentlich Erbrechen und Fieber, meist milde Verläufe | 2–3 Tage, selten bis zu 14 Tage | 3–5 Tage | Vor allem Kleinkinder bis 4 Jahre betroffen | |
Noroviren | 10–100 Viruspartikel | Mensch | 24–48 h | Wässrige Diarrhöen, häufig Erbrechen und Fieber | 12–60 h | 5–14 Tage | Alle Altersgruppen betroffen, selten bei Säuglingen vorkommend, überwiegend in den Wintermonaten auftretend | |
Rotaviren | 10–100 Viruspartikel | Mensch | 1–3 Tage | Wässrige Diarrhöen, häufig Erbrechen und Fieber | 5–7 Tage | 14 Tage | Schwere Erkrankungen vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern bis 3 Jahre, in den Wintermonaten auftretend | |
Bakterien | ||||||||
Aeromonas hydrophila | ? | Meeresfrüchte, Fischfilets, Schnecken; Küstengewässer in den Tropen und Subtropen | 2–4 Tage | Wässrige bis blutig-schleimige Diarrhö, geringes Fieber | Bis zu 2 Wochen | Mehrere Tage | Systemische Infektion, Sepsis möglich | |
Campylobacter spp. | 104–106 KBE | Rohes oder unzureichend gegartes (Geflügel-)Fleisch; Darmkommensalen vieler Vögel und Säugetiere | 3 (1–7) Tage | Wässrige, schleimige, nicht selten blutige Diarrhö, Bauchkrämpfe und Fieber | 1 Woche (2–10 Tage) | Bis 3 Wochen nach Krankheitsende | Schwer verlaufende Kolitiden, toxisches Megakolon, Pseudoappendizitis, Pankreatitis, Cholezystitis; Folgekrankheiten: reaktive Arthritis, Guillain-Barré-Syndrom | |
Clostridium difficile | ? | Mensch | Symptomatik in Zusammenhang mit Antibiotikatherapie | Wässrige Diarrhö, Fieber | Durch Therapie begrenzt | Erregernachweis gelingt bei 50 % gesunder Kleinkinder | Toxisches Megakolon | |
EAEC | ? | Mensch | ? | Wässrig-schleimige Diarrhö, häufig Tenesmen, Fieber, Erbrechen; selten Blut im Stuhl; infantile Dystrophie möglich | Chronisch-rezidivierender, persistierender Verlauf möglich | ? | Malabsorption | |
EHEC | 10–100 KBE | Unzureichend gekochtes Fleisch, unpasteurisierte Milch, Früchte, Sojasprossen; Nutztiere, Menschen | 1–14 Tage | Erbrechen und meist wässrige Diarrhö, die in eine blutige Diarrhö übergehen kann; neurologische Symptome | 7–14 Tage | Mehrere Wochen | Einige Tage nach Sistieren der Diarrhö Auftreten eines hämorrhagisch-urämischen Syndroms möglich; bevorzugt bei Kindern unter 2 Jahren auftretend | |
EIEC | ? | Mensch | 1–14 Tage | Wässrige oder blutige Diarrhö, Fieber, Tenesmen | 7–14 Tage | ? | Shigellenruhrähnliche, schwere Verläufe möglich | |
EPEC | ? | Mensch | Mehrere Tage | Wässrige, profuse Diarrhö, selten blutige Diarrhö, Erbrechen, geringes Fieber | 7–14 Tage | 2 Wochen | Vor allem Säuglinge und Kleinkinder betroffen (Säuglingsenteritis), schwere Verläufe möglich | |
ETEC | 108 | Mensch | 1–2 Tage | Wässrige Diarrhö, selten Erbrechen und Fieber | 7–14 Tage | ? | Schwere Verläufe bei Säuglingen möglich | |
Plesiomonas shigelloides | ? | Küsten- und Binnengewässer der Tropen und Subtropen, Meeresfrüchte | 1–2 Tage | Wässriger, gelegentlich schleimig-blutiger Stuhl; regelhaft Koliken und Erbrechen | 1–7 Tage | ? | Systemische Infektionen möglich | |
Salmonella spp. | 105–108 KBE (selten 103) | Kontaminierte Lebensmittel wie Eier, Geflügelfleisch, rohe Früchte und Gemüse sowie Säfte und Eis; Salmonella typhi: Mensch | 1–2(–7) Tage | Wässrige Diarrhö, Fieber, abdominale Krämpfe, Erbrechen | 4–7 Tage | Mehrere Tage bis Wochen; Dauerausscheider durch Persistenz in Gallenblase nur bei Salmonella typhi und Salmonella paratyphi möglich; extrem selten bei gastroenteritischen Salmonellen | Systemische Infektion mit Bakteriämie und Bildung von Eiterherden in allen Organen möglich, z. B. in Meningen, Knochen und Milz; reaktive Arthritiden | |
Shigella pp. | 100–1000 Keime | Mensch-zu Mensch-Übertragung; kontaminierte Lebensmittel | 1–2 Tage | Initial wässrige, dann blutig- schleimige Diarrhö; Fieber, Tenesmen, Stuhldrang | 4–7 Tage (selten mehrere Wochen) | Mehrere Tage | Bakteriämie / Septikämie mit Ausscheidung der Shigellen über die Nieren möglich; Shigella dysenteriae bildet Shigatoxin und kann ein hämolytisch-urämisches Syndrom verursachen | |
Vibrio cholerae | 105–108 KBE | Reservoir: Mensch; Küstengewässer | 1–3 Tage | Profuse, wässrige (reiswasserartige) Diarrhö und Erbrechen | 4–7 Tage | Mehrere Tage | Schwere, letale Dehydration innerhalb von Stunden möglich | |
Vibrio parahaemolyticus | ? | Roher oder unzureichend gegarter Fisch | 2–48 h | Wässrige Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, abdominale Krämpfe | 2–5 Tage | Mehrere Tage | ? / – | |
Vibrio vulnificus | ? | Roher oder unzureichend gegarter Fisch, Muscheln; bei Kontakt mit Meerwasser Eindringen über offene Wunden | 1–7 Tage | Wässrige Diarrhö, Erbrechen, abdominale Schmerzen | 2–8 Tage | Mehrere Tage | Letale Infektionen, insbesondere bei Wundinfektionen, mit nachfolgender Bäkteriämie möglich | |
Yersinia enterocolitica / pseudotuberculosis |
109 KBE | Schweinefleisch, rohe Milch, kontaminierte Lebensmittel; diverse Tierarten | 1–2 Tage | Wässrige Diarrhö, Erbrechen, Fieber, abdominale Schmerzen, appendizitisartige Symptomatik | 1–3 Wochen | Mehrere Wochen | Lymphadenitis mesenterica, Pseudoappendizitis, reaktive Arthritis, Sepsis, Erythema nodosum |
EAEC enteroaggregative Escherichia (E.) coli; EHEC enterohämorrhagische E. coli; EIEC enteroinvasive E. coli; EPEC enteropathogene E. coli; ETEC enterotoxische E. coli; KBE koloniebildende Einheiten.
Erreger | Reservoir | Inkubationszeit | Klinisches Bild | Therapie | |
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Balantidium coli | Schwein | 4–5 Tage | Asymptomatisch bis zu schwerer Dysenterie mit Tenesmen, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust und Kopfschmerzen; wässrige wie auch blutige Diarrhö möglich | Metronidazol (3-mal 5 mg / kg KG / Tag für 5 Tage), alternativ (bei Erwachsenen erste Wahl) Oxytetrazyklin (4-mal 500 mg / Tag) | |
Blastocystis hominis | Mensch und diverse Tiere | ? | Abdominale Beschwerden, wässrige Diarrhö, Colon irritabile | Paromomycin (30–100 mg / kg KG / Tag, aufgeteilt in 3 Einzeldosen; max. 3-mal 750 mg / Tag) für 10 Tage | |
Cryptosporidium spp. | Mensch und Nutztiere | 5–28 Tage | Wässrige Diarrhö, voluminöse Stühle, krampfartige abdominale Schmerzen, bei Kindern gelegentlich Fieber | Eradikation medikamentös nicht zu erreichen, üblicherweise selbstlimitierender Verlauf; bei Immundefizienten Therapieversuch mit Azithromycin (5–10 mg / kg KG / Tag) und Paromomycin (30–100 mg / kg KG / Tag, aufgeteilt in 3 Einzeldosen; max. 3-mal 750 mg / Tag) | |
Cyclospora cayetanensis | Vermutlich nur Mensch | 7 Tage | Wässrige Diarrhö, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Myalgien, geringe Temperaturerhöhung, Müdigkeit | Bei Immungesunden Selbstlimitierung nach 14 Tagen, selten bis zu 12 Wochen andauernd; bei anhaltender, schwerer oder rezidivierender Infektion Therapie mit Cotrimoxazol (10 mg Trimethoprim / kg KG / Tag für 10 Tage) | |
Dientamoeba fragilis | Mensch; Lebenszyklus nicht geklärt; vermutlich über Enterobius-vermicularis-Eier | ? | Wässrige (in Einzelfällen auch blutige) Diarrhö, Bauchschmerzen, Analpruritus | Paromomycin (30–100 mg / kg KG / Tag in 3 Einzeldosen, max. 3-mal 500 mg / Tag, für 7–10 Tage) oder Metronidazol (3-mal 5 mg / kg KG / Tag für 5–10 Tage) | |
Entamoeba histolytica | Mensch | 1–4 Wochen | Schleimige, blutige Stühle, kolikartige Schmerzen, bei Fortschreiten Bettlägerigkeit durch septische Temperaturen, Tenesmen, Übelkeit und Kopfschmerzen, bei Amöbenleberabszess Schmerzen im rechten Oberbauch oder im Epigastrium | Metronidazol (3-mal 10 mg / kg KG / Tag p.o. oder i.v., max. 3-mal 800 mg / Tag), in leichteren Fällen Tinidazol (30 mg / kg KG / Tag p.o., max. 2 g / Tag, für 5 Tage) und anschließend zur Rezidivprophylaxe Paromomycin (30–100 mg / kg KG / Tag in 3 Einzeldosen, max. 3-mal 500 mg / Tag, für 9–10 Tage) | |
Giardia intestinalis | Mensch, Haustiere (fragliche speziesspezifische Pathogenität) | Wenige Tage bis Wochen | Wässrige bis breiige, stinkende Stühle, stinkende Blähungen, abdominale Beschwerden, bei chronischer Form Steatorrhö und Gewichtsverlust | Metronidazol (3-mal 5 mg / kg KG / Tag für 5–7 Tage), besser (in der Schweiz zugelassen) Tinidazol (50–75 mg / kg KG, max. 2 g, einmalig oder einmal täglich für 2 Tage) oder Nitazoxanid (1–3 Jahre: 2-mal 100 mg / Tag; 4–11 Jahre: 2-mal 200 mg / Tag; ≥12 Jahre: 2-mal 500 mg / Tag; jeweils für 3 Tage) | |
Cystoisospora (ehemals: Isospora) belli | Mensch | Mehrere Tage bis Wochen | Wässrige Durchfälle, krampfartige Bauchschmerzen, Steatorrhö, gelegentlich Fieber, Übelkeit, Erbrechen | Cotrimoxazol (10 mg Trimethoprim / kg KG / Tag und 50 mg Sulfamethoxazol / kg KG / Tag in 2 Einzeldosen, max. 2-mal 960 mg Cotrimoxazol / Tag, für 10 Tage; bei Immunsupression doppelte Dosis, max. 4-mal 960 mg / Tag, gefolgt von einer Prophylaxe mit 3-mal 30 mg Cotrimoxazol / kg KG / Woche bis zur Immunrekonstitution) |
Helminthengruppe Helminthenart |
Länge (Durchmesser) adulter Würmer | Lebensspanne | Endemiegebiete | Reservoir | Zwischenwirte | Übertragungsweg | Präpatenzzeit | Möglichkeit der direkten Übertragung | |
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Nematoden (Fadenwürmer) | |||||||||
Ancylostoma duodenale / Necator americanus (Hakenwürmer) | 8–13 mm (0,5 mm) | 4–5 Jahre | Weltweit, bevorzugt warme Länder mit geringem Hygienestandard | Mensch | – | Fäkal-transkutan | 40–60 Tage | Selten bei Ancylostoma duodenale: Ausscheidung bereits infektiöser Wurmeier | |
Ascaris lumbricoides (Spulwurm) | 15–45 cm (0,2–0,6 cm) | 1–2 Jahre | Weltweit, bevorzugt warme Länder mit geringem Hygienestandard | Mensch | – | Fäkal-oral | 60–70 Tage |
– (In den ausgeschiedenen Eiern reifen die Zweitlarven über 10–14 Tage) |
|
Enterobius vermicularis (Oxyuren, Madenwurm) |
2–13 mm (0,5 mm) |
2–4 Monate | Weltweit | Mensch | – | Fäkal-oral | 2–4 Wochen | Abgelegte Eier binnen Stunden infektiös | |
Strongyloides stercoralis (Zwergfadenwurm) |
2–2,5 mm (30–50 μm) |
Mehrere Monate | Tropen und Subtropen | Mensch | – | Fäkal-transkutan | 2–4 Wochen | Infektiöse Larven, die auch im Darm bereits entstehen und im Körper wandern können (Autoinfektion), werden ausgeschieden | |
Trichuris trichiura (Peitschenwurm) |
3–5 cm (0,5 mm) |
1–3 Jahre, selten 10 Jahre | Weltweit, bevorzugt warme Länder mit geringem Hygienestandard | Mensch | – | Fäkal-oral | 2–3 Monate |
– (Infektiöse Larve entsteht erst nach 2- bis 4-wöchiger Reifung) |
|
Trematoden (Saugwürmer, Egel) | |||||||||
Clonorchis sinensis (Chinesischer / Kleiner Leberegel) – meist im Gallengang liegend |
1–2,5 cm (3–4 mm) |
30–40 Jahre | Vorwiegend Südostasien (Fernost) | Mensch und Fleischfresser wie Hunde und Katzen | Erster Zwischenwirt: Schnecken; zweiter Zwischenwirt: Fische | Orale Aufnahme von Metazerkarien durch Essen von rohem Fisch | ? |
– (Zwischenwirte erforderlich) |
|
Fasciolopsis buskii |
2–7 cm (0,5–2 cm) |
12 Monate | Vorwiegend Südostasien (Fernost) | Mensch, Schweine, Hunde | Schnecken | Orale Aufnahme infektiöser Metazerkarien durch Genuss von Wasserpflanzen (ggf. importiert, z. B. Bambus) | 3–4 Wochen |
– (Zwischenwirte erforderlich) |
|
Fasciola hepatica – adulte Würmer in Gallengängen liegend |
2,5–3 cm (13 mm) |
Bis zu 10 Jahre | Länder mit Schafzucht | Schafe, Mensch | Schnecken | Orale Aufnahme infektiöser Metazerkarien durch Genuss von Wasserpflanzen | Mehrere Wochen |
– (Zwischenwirte erforderlich) |
|
Opisthorchis viverrini /felineus |
5–10 mm (0,8–2 mm) |
30–40 Jahre | Opisthorchis viverrini: Südostasien; Opisthorchis felineus: GUS-Staaten, Osteuropa | Mensch | Erster Zwischenwirt: Schnecken; zweiter Zwischenwirt: Fische | Orale Aufnahme von Metazerkarien durch Verzehr von rohem Fisch | 3–4 Wochen |
– (Zwischenwirte erforderlich) |
|
Schistosoma spp. – adulte Würmer in Blutgefäßen des Darms oder der Blase liegend |
6,5–20 mm (0,25–1 mm) |
Bis zu 40 Jahre | Endemiegebiete in Afrika und Asien und an der Westküste Südamerikas | Mensch | Schnecken | Transkutan: Zerkarien (Gabelschwanzlarven) schwimmen im Wasser und durchdringen die intakte Haut | 8–10 Wochen |
– (Zwischenwirte erforderlich) |
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Zestoden (Bandwürmer) | |||||||||
Diphyllobotrium latum (Fischbandwurm) |
3–10 m (1–2 mm) |
Mehrere Jahre | Weltweit | Mensch, Fleischfresser (Hunde) | Wasserkrebse (Cyclops-Arten) und Fische | Aufnahme von infektiösen Stadien bei Genuss von rohem Fisch | 3 Wochen |
– (2 Zwischenwirte erforderlich) |
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Hymenolepis nana (Zwergbandwurm) |
20 mm (0,5–1 mm) |
Mehrere Monate | Weltweit | Nagetiere | – | Aufnahme infektiöser Eier mit kontaminierter Nahrung | 30 Tage | Ausgeschiedene Eier sind infektiös und können eine Autoinfektion verursachen, wodurch die Infektion persistiert | |
Taenia solium (Schweinebandwurm) |
3 m (1 cm) |
Bis zu 25 Jahre | Weltweit | Mensch | Schweine | Aufnahme von infektiösen Stadien bei Genuss von rohem Schweinefleisch | 3 Monate | Infizierte können bereits infektiöse, reife Eier ausscheiden; bei Freisetzung der Embryonen aus den infektiösen Eiern ist die Entwicklung von Zysten in diversen Organen möglich, u. a. im Gehirn (Zystizerkose) | |
Tania saginata (Rinderbandwurm) |
5–10 m (5–7 mm) |
Bis zu 25 Jahre | Weltweit | Mensch | Rinder | Aufnahme von infektiösen Stadien bei Genuss von rohem Rindfleisch | 8–10 Wochen |
– (Eier müssen außerhalb des Körpers heranreifen, um infektiös zu sein) |
Diagnostik
Die Mehrzahl der gastrointestinalen Infektionen wird mittels Stuhldiagnostik diagnostiziert, und zwar in Form von Antigennachweisen, mittels Kulturen und mit Hilfe mikroskopischer Untersuchungen nach Anreicherung und Färbung (▶ 10.1007/978-3-642-24710-1_3#Sec14). Der Nachweis von Antikörpern im Serum hat zur individuellen Diagnostik nur bei der Schistosomiasis (Bilharziose) Bedeutung. Bei kurzzeitiger Exposition und geringer Parasitenzahl kann die Stuhldiagnostik negativ bleiben, jedoch weisen spezifische Antikörper auf eine entsprechende Exposition und eine ggf. therapiepflichtige Erkrankung hin. Serologische Untersuchungen können auch bei der Zwergfadenwurminfektion ( Strongyloidiasis) hilfreich sein, da bei geringer Anzahl ausgeschiedener Larven die spezifische Stuhldiagnostik negativ ausfallen kann. Wie in ▶ 10.1007/978-3-642-24710-1_3#Sec14 dargestellt, ist die Differenzierung der verschiedenen pathogenen Varianten von E. coli nur mit Hilfe der Kombination von Isolierung, Nachweis spezifischer Oberflächenantigene mittels Antiseren und Amplifikation bekannter Pathogenitätsgene möglich. Diese Diagnostik sollte bei entsprechender Fragestellung mit Speziallaboratorien abgesprochen werden.
Therapie
Bei den viralen wie auch bei der Mehrzahl der bakteriellen Infektionen des Gastrointestinaltrakts ist nur eine symptomatische Therapie, also eine orale oder i.v. Rehydration und Realimentation (▶ 10.1007/978-3-642-24710-1_10#Sec9), erforderlich. Bei bakteriellen Infektionen wird der Einsatz von Antibiotika bei Säuglingen erwogen, zudem in anderen Altersgruppen, wenn die Infektion schwer verläuft. Eingesetzt werden:
Amoxicillin: 50–100 mg / kg KG / Tag in 3–4 Einzeldosen (ggf. mit β-Laktamase-Inhibitoren: 15 mg / kg KG / Tag),
Trimethoprim / Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol): 5–10 mg Trimethoprim / kg KG / Tag und 25–50 mg Sulfamethoxazol / kg KG / Tag in 3 Einzeldosen,
Drittgenerationscephalosporin: Cefixim (8 mg / kg KG / Tag in 1–2 Einzeldosen),
bei Jugendlichen ggf. auch Gyrasehemmer (Dosierung bei Erwachsenen: 2-mal 250–500 mg / Tag für 5 Tage) oder Doxycyclin (1–2 mg / kg KG / Tag, max. 100–200 mg / Tag).
Die Dauer der Therapie ist meist nicht in Studien evaluiert, wird aber üblicherweise auf 5–10 Tage festgesetzt.
Abhängig von der Herkunft des Bakterienstamms können Resistenzen gegen verschiedene Antibiotika bestehen, so dass ggf. eine Therapie gezielt nach Antibiogramm durchgeführt werden sollte. Daneben sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen:
Trotz möglicher In-vitro-Aktivität sind Cephalosporine der ersten und zweiten Generation in vivo gegen Salmonellen und Shigellen immer unwirksam!
Therapie der ersten Wahl bei Campylobacterenteritis ist Erythromycin. Andere Makrolide wie Azithromycin (über 3–5 Tage) sind ebenfalls wirksam, zudem Amoxicillin. Hingegen sind Cephalosporine und Cotrimoxazol ungeeignet.
Plesiomonas shigelloides zeigt in vitro fast immer eine Resistenz gegen Amoxicillin und Piperacillin.
In Studien bei Erwachsenen konnte die Dauer der durch enterotoxinbildende E. coli verursachten Reisediarrhö durch Antibiotikagabe signifikant reduziert werden.
Bei Nachweis von enteropathogenen, enteroinvasiven und enteroaggregativen E. coli wird in der Literatur eine mehrwöchige Therapie mit Cotrimoxazol in üblicher Dosierung empfohlen – jedoch gibt es keine Studiendaten zur Effizienz. In Anbetracht zunehmender Resistenzen gegen gängige Antibiotika wie Cotrimoxazol ist es empfehlenswert, zusätzlich zum Nachweis der verschiedenen enteropathogenen E. coli ein Antibiogramm zu erstellen, um gezielt zu therapieren. Die Therapiedauer ist bislang nicht evaluiert.
Bei mit enterohämorrhagischen E. coli assoziierter Diarrhö wird von einer Antibiotikatherapie abgeraten, um eine vermehrte Toxinfreisetzung bei Lyse der Bakterien zu vermeiden. Studien zur effektiven Antibiotikatherapie der Shigellose bei Kindern in Endemiegebieten Südasiens zeigen, dass die Therapie nicht mit einer erhöhten Rate eines hämolytisch-urämischen Syndroms einhergeht.
Bei Yersinien muss mit der Bildung von β-Laktamasen gerechnet werden, so dass Ampicillin nur nach Austestung eingesetzt werden sollte. Wirksame Alternativen können Cotrimoxazol, Tetrazyklin und Fluorochinolone sein.
Die Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö kann mit Vancomycin (4-mal 5–10 mg / kg KG / Tag p.o., max. 4-mal 0,125 g) oder Metronidazol (3-mal 7,5 mg / kg KG / Tag p.o. oder i.v.), jeweils über 10 Tage, therapiert werden. In Metaanalysen war kein Regime dem anderen überlegen. In Studien wurden auch andere Substanzen wie Nitazoxanid erfolgreich eingesetzt.
Intestinale Protozoeninfektionen sind bei Immungesunden meist selbstlimitierend, so dass sie nur bei anhaltenden Symptomen therapiert werden oder um Rezidiven vorzubeugen. Klinisches Bild und Therapie sind in ◘ Tab. 7.3 dargestellt.
Zur Therapie der Helmintheninfektionen steht nur eine sehr beschränkte Anzahl von Antihelminthika zur Verfügung. Infektionen mit Nematoden wie Haken-, Spul- (◘ Abb. 7.1) und Peitschenwürmern werden mit Mebendazol oder Albendazol therapiert. Üblicherweise werden 2-mal 100 mg Mebendazol pro Tag für 3 Tage oder einmalig 15 mg Albendazol / kg KG (max. 400 mg) eingesetzt. Eine weitere Alternative bei Hakenwurmbefall ist Pyrantel (10–20 mg / kg KG / Tag für 2–3 Tage). Die Oxyuriasis verlangt häufig eine mehrzeitige Therapie mit 100 mg Mebendazol (ab dem 2. Lebensjahr) an den Tagen 1, 14 und 28; alternativ kann Pyrviniumembonat (50 mg / 10 kg KG / Dosis, ab 3. Lebensmonat) oder Pyrantel (10 mg / kg KG / Dosis) gegeben werden. Bei hartnäckigen Infektionen hat sich die zeitgleiche Mitbehandlung aller Familienmitglieder bewährt. Bei persistierender Infektion sollte eine Vulvovaginitis in Erwägung gezogen werden, die auf die genannten Medikamente wegen fehlender Resorption im Darm nicht anspricht. Trotz fehlender Zulassung in Deutschland kommt hier nach erweiterter Aufklärung eine Therapie mit Albendazol (Zentel; 15 mg / kg KG, max. 400 mg) in Betracht. Die Strongyloidiasis wird am besten mit einer Einmaldosis Ivermectin (200 μg / kg KG, max. 12 mg) therapiert oder mit Albendazol in oben angegebener Dosierung für 3–7 Tage. Trematodeninfektionen wie Schistosomiasis und Opisthorchiasis werden mit Praziquantel (25–60 mg / kg KG / Tag für 3 Tage) therapiert; Erfolgskontrollen mittels Stuhl- bzw. serologischer Untersuchungen sind erforderlich. Bei den Zestodeninfektionen ist einerseits Niclosamid (<2 Jahre: 0,5 g; 2–6 Jahre: 1 g; >6 Jahre: 2 g) wirksam, andererseits können Benzimidazole wie Mebendazol und Albendazol erfolgreich eingesetzt werden.
Gastrointestinale Infektionen bei Immunsupprimierten
Alle aufgelisteten Infektionen können auch bei Immundefizienten auftreten, bei denen sie dann häufig schwerer verlaufen. Viren, Bakterien und Protozoen werden meist sehr viel länger ausgeschieden, nicht selten bis zur Verbesserung bzw. Normalisierung des Immunstatus. Pilzinfektionen sind bei Immungesunden selbstlimitierend, aber Mikrosporidien können bei Immundefizienz eine lebensbedrohliche wässrige Diarrhö verursachen, und die Infektionen sind nur schwer kausal therapierbar (Therapieversuch mit Albendazol). Candidainfektionen des Gastrointestinaltrakts können mit weißlichen Belägen einhergehen, zeigen sich nicht selten aber auch nur als Rötung. Nur bei geringem Befall hat eine orale Therapie mit Polyenen wie Nystatin oder Amphotericin B Aussicht auf Erfolg. Meist ist die Gabe eines Azolderivats (Fluconazol, bis zu 12 mg / kg KG / Tag) erforderlich. Bei zu erwartender (Candida krusei) oder in vitro nachgewiesener Azolresistenz und bei schwerer Erkrankung ist eine i.v. Therapie mit Azolen, Echinocandinen (Caspofungin) oder Amphotericin B erforderlich. Weitere mögliche Erreger gastrointestinaler Störungen bei Immundefizienten sind Histoplasma capsulatum, atypische Mykobakterien („mycobacteria other than tubercle bacilli“) oder auch Zytomegalo- und Adenoviren, die ggf. nur durch gezielte Biopsien nachgewiesen werden können.
Tab. 7.1 (Fortsetzung) Lokalisation fakultativ pathogener Infektionserreger im Darm
Tab. 7.2 (Fortsetzung) Charakteristika viraler und bakterieller Gastroenteritiden
Tab. 7.3 (Fortsetzung) Charakteristika intestinaler Protozoeninfektionen
Tab. 7.4 (Fortsetzung) Charakteristika häufiger intestinaler Helminthen
Literatur
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