Abstract
Der Schock ist ein akut lebensbedrohlicher klinischer Zustand mit typischen Symptomen und Zeichen. Die Ursachen sind vielfältig, jedoch liegt bei allen Schockformen ein schwerer O2-Mangel der Gewebe vor; auch ist bei allen Schockformen eine schwere Störung der systemischen Durchblutung vorhanden. In der operativen Intensivmedizin sind der hypovolämische und der septische Schock am häufigsten, in der kardiologischen Intensivmedizin dagegen der kardiogene Schock. Jeder Schock muss sofort behandelt werden, um irreversible, letztlich zum Tod führende Schäden zu vermeiden.
Der Schock ist ein akut lebensbedrohlicher klinischer Zustand mit typischen Symptomen und Zeichen. Die Ursachen sind vielfältig, jedoch liegt bei allen Schockformen ein schwerer O2-Mangel der Gewebe vor; auch ist bei allen Schockformen eine schwere Störung der systemischen Durchblutung vorhanden. In der operativen Intensivmedizin sind der hypovolämische und der septische Schock am häufigsten, in der kardiologischen Intensivmedizin dagegen der kardiogene Schock. Jeder Schock muss sofort behandelt werden, um irreversible, letztlich zum Tod führende Schäden zu vermeiden.
Definition und Klassifikation
Schock
Schock ist eine akute oder subakute kritische Abnahme der Organdurchblutung mit nachfolgender Störung der Zellfunktion, die unbehandelt meist zum Tod des Patienten führt.
Der Schock ist keine Krankheitseinheit, sondern umfasst eine Gruppe von Syndromen unterschiedlicher Ursache und mit wechselnden Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Funktion. Auslösende Mechanismen sind:
schwere Hypovolämie durch Blutverluste oder Entwässerung,
funktionelle Hypovolämie durch Vasodilatation und kapilläres Leck,
primäres oder sekundäres Versagen der Pumpleistung des Herzens, z. B. Herzinfarkt, Herztamponade,
schwere Störungen der Herzfrequenz, z. B. AV-Block, ventrikuläre Tachykardie.
Einteilung
Klinisch werden 5 Hauptformen des Schocks unterschieden:
Einteilung der Schocksyndrome (DIVI)
- Hypovolämischer Schock
- Blutverlust
- Plasmaverlust
- Wasserverlust
- Kardiogener Schock
- Herzinfarkt
- Herzrhythmusstörungen
- Herztamponade
- Lungenembolie
- Septischer Schock
- Veränderungen des peripheren Widerstands
- Veränderungen der venösen Gefäßkapazität
- Anaphylaktischer Schock
- Fremdeiweiße, Polysaccharide
- Medikamente, Kontrastmittel
- Neurogener Schock
- Schwere neurologische oder neurochirurgische Erkrankungen
- Totale Spinal- oder Periduralanästhesie
- Neurogene Reflexe, z. B. durch Schmerz
- Barbituratintoxikation
- Hirnstamm- oder Rückenmarktrauma
Gebräuchlich ist weiterhin eine pathophysiologisch orientierte Unterscheidung der Schockformen:
Konsekutive Schockformen: hypovolämischer und kardiogener Schock,
distributive Schockformen, denen eine pathologische Umverteilung des intravasalen Volumens zugrunde liegt: septischer, anaphylaktischer und neurogener Schock sowie
obstruktive Schockformen durch Flussbehinderung des Blutes oder Behinderung der Auswurfleistung des Herzens.
Pathophysiologie
Die verschiedenen Schocksyndrome verlaufen nicht einheitlich. Es treten aber im weiteren Verlauf meist gleichartige Reaktionen und Störungen der Organfunktionen auf; und letztendlich führen alle unbehandelten schweren Schockformen aufgrund der Gewebehypoxie zum Tod.
Kompensationsreaktionen
Normalerweise reagiert der Körper anfangs auf das lebensbedrohliche Schockgeschehen mit einer Reihe von Kompensationsmechanismen, die z. T. auf einer Aktivierung des sympathischen Nervensystems beruhen. Hierdurch werden die Atmung und die Herz-Kreislauf-Funktion stimuliert. Durch Anstieg der Herzfrequenz und Zunahme der Kontraktionskraft des Herzens wird das Herzminutenvolumen gesteigert. Gleichzeitig kontrahieren sich die afferenten Arteriolen der weniger lebenswichtigen Gefäßgebiete: peripherer Widerstand und arterieller Blutdruck steigen an. Diese neurohumorale Reaktion wird als Zentralisation bezeichnet.
Durch die Zentralisation wird das Herzminutenvolumen zu den lebenswichtigen Organen (Herz und Gehirn) umverteilt, sodass vorübergehend die Durchblutung dieser Vitalorgane aufrechterhalten werden kann. Zusätzlich kontrahieren sich kompensatorisch die venösen Gefäße. Hierdurch wird – ebenfalls vorübergehend – der venöse Rückstrom zum Herzen gesteigert. Außerdem strömt interstitielle Flüssigkeit in das Gefäßsystem ein und vermehrt das intravasale Volumen.
Durch diese Kompensationsmechanismen können unter günstigen Bedingungen Volumenverluste von bis zu 30% aufgefangen werden. Kompensationsreaktionen sind besonders wirkungsvoll beim hypovolämischen Schock; hingegen sind sie bei anderen Schockformen häufig unwirksam oder fehlen ganz.
Weitere Störungen
Bei den meisten Schockformen fällt bereits frühzeitig das Herzminutenvolumen ab (Ausnahme: septischer Schock). Ursache hierfür ist ein Versagen der Pumpleistung des Herzens oder eine kritische Abnahme des venösen Rückstroms zum Herzen. Im weiteren Verlauf können sich folgende Komplikationen entwickeln:
Störungen der Mikrozirkulation mit Abnahme der Gewebedurchblutung
respiratorische Störungen (10.1007/978-3-662-50444-4_53),
metabolische Azidose durch Ischämie,
Niere: Abnahme der Nierendurchblutung mit Oligurie oder Anurie,
DIC und Verbrauchskoagulopathie im schweren Schock.
Spezielle Pathophysiologie
In Tab. 67.1 sind die pathophysiologischen Kennzeichen verschiedener Schockformen zusammengestellt.
| Kennzeichen | Hypovolämischer Schock | Kardiogener Schock | Septischer Schock | Anaphylaktischer Schock | Neurogener Schock |
|---|---|---|---|---|---|
| Arterieller Blutdruck | ↓ | ↓ | ↓ | ↓ | ↓ |
| Herzzeitvolumen | ↓ | ↓ | ↑ oder ↓ | ↓ | ↓ |
| Nachlast bzw. Gefäßwiderstand | ↑ | ↑ | ↓ oder ↑ | ↓ | ↓ |
| Vorlast bzw. Wedge-Druck | ↓ | ↑ | ↓ | ↓ | ↓ |
Hypovolämischer Schock
Charakteristisch ist ein erniedrigtes zirkulierendes Blutvolumen durch Verlust von Blut, Plasma oder Wasser nach innen oder außen.
Ursachen
Wichtige Ursachen sind:
akute Blutungen durch schwere Traumen,
Verbrennungen,
akutes Abdomen mit Sequestration großer Flüssigkeitsmengen.
Ab welchen Flüssigkeitsverlusten sich ein Schockzustand entwickelt, ist großen individuellen Schwankungen unterworfen. Entscheidend sind neben der verlorenen Menge v. a. die Geschwindigkeit des Flüssigkeitsverlustes sowie das Alter und der Gesundheitszustand des Patienten vor dem Trauma. Ein akuter Blutverlust von 1.000–1.500 ml innerhalb von 30–60 min führt jedoch bei den meisten Patienten zu einem deutlichen Schockzustand.
Zeichen des Schocks
Die wichtigsten Zeichen in der Frühphase des hypovolämischen Schocks sind:
Tachykardie,
niedriger arterieller Druck,
vermindertes Herzzeitvolumen,
niedriger zentraler Venendruck.
Das zentrale Blutvolumen ist vermindert. Die O2-Extraktion im Gewebe und die arteriovenöse O2-Gehaltsdifferenz nehmen zu. Es tritt eine Zentralisation ein. Bleibt der Schockzustand bestehen, wird die O2-Versorgung der Gewebe schwer beeinträchtigt und es entwickeln sich bedrohliche Störungen der Organfunktion, später eine Myokardinsuffizienz.
Therapie
Die Therapie besteht in Blutstillung und Blut- bzw. Volumenersatz.
Kardiogener Schock
10.1007/978-3-662-50444-4_49.
Septischer Schock (bakterieller Schock)
10.1007/978-3-662-50444-4_66.
Anaphylaktischer Schock
10.1007/978-3-662-50444-4_32.
Neurogener Schock
Dieses Syndrom ist sehr selten. Es entsteht durch funktionelle oder organische Störungen im zentralen Nervensystem. Volumenverluste liegen nicht vor. Vielmehr ist die nervale Kontrolle der Kreislaufregulation plötzlich so sehr gestört, dass venöser Rückstrom, Herzzeitvolumen und Kontraktilität des Herzens abnehmen. Diese Störung kann z. B. bei Hirntrauma, -ischämie, -blutung oder Meningitis auftreten.
Klinisches Bild und Einschätzung des Schweregrads
Als typische Zeichen des ausgeprägten Schocksyndroms gelten:
Tachykardie,
niedriger Blutdruck systolisch <80 mmHg,
fadenförmiger Puls,
blasse Haut,
Schwitzen,
periphere Zyanose,
schnelle Atmung,
Bewusstseinsstörungen,
verminderte Urinausscheidung.
Hierbei ist zu beachten, dass die Diagnose „Schock“ klinisch meist erst dann gestellt wird, wenn die hypotensive Phase eingetreten ist. Zu diesem Zeitpunkt sind jedoch die wesentlichen pathophysiologischen Reaktionen bereits in Gang gekommen. Auch ist im ausgeprägten Schockzustand das klinische Bild der verschiedenen Schockformen keineswegs immer gleich; vielmehr gibt es nicht selten geradezu typische Unterschiede, die diagnostisch verwertbar sind:
hyperdynamer septischer Schock: ausgeprägte Hypotension mit warmen, trockenen und rosigen Extremitäten,
Schockformen mit venösem Pooling, z. B. V.-cava-Kompressionssyndrom, ausgedehnte Spinalanästhesie: häufig Bradykardie mit stark erniedrigtem Blutdruck,
traumatischer Schock: Es können bereits erhebliche Blutverluste vorliegen, bevor der arterielle Blutdruck abfällt, weil die anfängliche Vasokonstriktiion den wahren Zustand verschleiert.
Tab. 67.2 zeigt die Beziehung zwischen Volumenverlust und klinischem Bild des hypovolämischen Schocks bei einem jungen, kräftigen und sonst gesunden Patienten. Die Reaktion ist erheblichen individuellen Schwankungen unterworfen, jedoch gilt:
| Klasse I | Klasse II | Klasse III | Klasse IV | |
|---|---|---|---|---|
| Blutverlust | <750 (<15%) | <1500 (15–30%) | <2000 (30–40%) | >2000 (>40%) |
| Systolischer Blutdruck | Normal | Normal | Erniedrigt | Erniedrigt |
| Diastolischer Blutdruck | Normal | Erhöht | Erniedrigt | Erniedrigt |
| Puls [1/min] | <100 | 100–120 | 120 (flach) | >120 (sehr schwach) |
| Pulsdruck | Normal oder erhöht | Erniedrigt | Erniedrigt | Erniedrigt |
| Kapillarfüllung | Normal | Verzögert (>2 s) | Verzögert (>2 s) | Nicht feststellbar |
| Atemfrequenz [l/min] | 14–20 | 20–30 | 30–40 | >35 |
| Urinfluss [ml/h] | >30 | 20–30 | 10–20 | 0–10 |
| Extremitäten | Normale Farbe | Blass | Blass | Blass und kalt |
| Mentaler Status | Wach | Ängstlich oder aggressiv | Ängstlich und verwirrt | Verwirrt, lethargisch |
Kinder und alte Menschen reagieren schneller und empfindlicher auf Volumenverluste als junge und kräftige Patienten.
Zur Einschätzung des Schweregrades werden folgende Messungen durchgeführt:
Herzfrequenz,
arterieller Blutdruck,
zentraler Venendruck,
zentralvenöse O2-Sättigung,
endexspiratorischer pCO2,
Schlagvolumen, Herzzeitvolumen, Wedge-Druck, pulmonaler Gefäßwiderstand u. a. Parameter (PiCCO- oder Pulmonaliskatheter)
Herzfrequenz
Beim hypovolämischen Schock besteht zumeist eine positive Beziehung zwischen Blutverlust und Herzfrequenz: je größer der Blutverlust, desto höher die Herzfrequenz. Im Schock wird die Herzfrequenz am besten kontinuierlich überwacht.
Arterieller Druck
Ein systolischer Blutdruck <80 mmHg bzw. ein arterieller Mitteldruck <50 mmHg gilt als Indikator für einen Schockzustand. Allerdings ist der Blutdruck für sich allein genommen ein Parameter von begrenzter Aussagekraft:
Der Blutdruck sagt nichts über den Blutfluss aus.
Das Schocksyndrom beginnt bereits, bevor der Blutdruck auf nicht mehr akzeptable Werte abfällt.
Im Schock kann der Blutdruck in einer zentralen Arterie viel höher sein als in einer kontrahierten peripheren Arterie.
Für die Überwachung des klinischen Zustands und den Erfolg der Therapie sollte der Blutdruck direkt und kontinuierlich über eine Kanüle in einer Arterie gemessen werden.
Von begrenzter Aussage ist der sog. Schockindex; dies ist das Verhältnis von Puls zu Blutdruck. Bei Werten unter und um 0,5 besteht kein Schock, um 1,0 liegt ein mäßiger Schock vor, über 1,5 ein schwerer Schock. Der Schockindex ermöglicht aber nur eine grobe Orientierung.
Zentraler Venendruck
Der zentrale Venendruck hängt u. a. vom Füllungszustand des venösen Systems und der Funktion des rechten Herzens ab. Die absoluten ZVD-Werte haben nur begrenzte Aussagekraft; wichtiger sind ihre Veränderungen im zeitlichen Verlauf. Im hypovolämischen Schock ist der zentrale Venendruck erniedrigt (<5 mmHg), im kardiogenen Schock hingegen erhöht (>12 mmHg). Für die Steuerung der Volumentherapie des hypovolämischen Schocks ist die Messung des ZVDs nicht geeignet.
Pulmonaler Wedge-Druck
Der Lungenkapillarenverschlussdruck wird über einen Pulmonaliskatheter gemessen. Seine Bestimmung ermöglicht Aussagen über den Funktionszustand des linken Herzens und erlaubt eine bessere Kontrolle von Schockverlauf und Therapieerfolg.
Herzzeitvolumen
Das Herzzeitvolumen gibt den Blutfluss im Körper an; dies ist die wichtigste Größe beim Schockzustand. Im Frühstadium des Schocks liegt das Herzzeitvolumen durch die Kompensationsreaktionen meist im Normbereich. Die Messung erfolgt über einen Pulmonaliskatheter mit der Thermodilutionsmethode oder mit PiCCO-Monitoring.
Serumlaktat, Basenabweichung und Natriumbikarbonat
Ein stark erniedrigtes HZV führt zum globalen O2-Mangel: das Serumlaktat steigt an, der Base Excess und das Natriumbikarbonat fallen ab. Es entwickelt sich eine metabolische Azidose.
Zentralvenöse O2-Sättigung
Je niedriger das HZV, desto niedriger ist auch die zentralvenöse O2-Sättigung, da mehr Sauerstoff aus dem Blut extrahiert wird. Mit zunehmendem HZV unter der Volumentherapie nimmt auch die svO2 wieder zu.
Endexspiratorischer pCO2
Ist das HZV erniedrigt, so wird auch weniger Kohlendioxid ausgeatmet und der etpCO2 fällt ab. Mit zunehmender HZV unter der Volumentherapie steigt auch der etpCO2 wieder an.
Urinausscheidung
Bei jedem Patienten im Schock wird die Urinausscheidung kontinuierlich mit Hilfe eines Blasenkatheters überwacht. Eine Urinausscheidung von mindestens 0,5–1 ml/kgKG/h weist auf eine ausreichende Organdurchblutung und damit Herzleistung hin. Im schweren Schock hört die Urinausscheidung auf: es entsteht eine Oligurie bzw. Anurie.
Sonographie, Spiral-CT
Ist die Ursache des hämorrhagischen Schocks unbekannt, sollte frühzeitig eine systematische sonographische Abklärung vorgenommen werden. Insbesondere beim Bauchtrauma ist zusätzlich ein Spiral-CT indiziert. Der Volumenstatus kann mit transthorakaler Echokardiographie eingeschätzt werden.
In Tab. 67.3 ist das klinische Bild verschiedener Schockformen zusammengestellt.
| Hypovolämischer Schock | Kardiogener Schock | Septischer Schock | Anaphylaktischer Schock | Neurogener Schock | |
|---|---|---|---|---|---|
| Peripherer Kreislauf | Kalt, Vasokonstriktion | Kalt, Vasokonstriktion | Warm, Vasodilatation | Warm, Vasodilatation | Warm, Vasodilatation |
| Periphere Zyanose | Häufig | Häufig | Meist nicht | Meist nicht | Meist nicht |
| Puls | Schwach, fadenförmig | Schwach, fadenförmig | Gespannt | Schwach, fadenförmig | Schwach, fadenförmig |
| Zentraler Venendruck | Erniedrigt | Erhöht | Nicht erhöht | erniedrigt | erniedrigt |
| Auskultation des Herzens | Unauffällig | Galopp, Geräusche, Reiben | Unauffällig | unauffällig | unauffällig |
Therapie des Schocksyndroms
Allgemeine Therapie
Die Schockbehandlung kann nur dann erfolgreich sein, wenn das Syndrom frühzeitig erkannt und auch behandelt wird.
Vorrangiges Ziel der Schocktherapie ist die Wiederherstellung einer ausreichenden Herz-Kreislauf-Funktion und Blutversorgung der Organe.
Häufig sind therapeutische Maßnahmen nur dann wirksam, wenn rasch auch die Ursache des Schocks beseitigt wird. Dies gilt v. a. für schwere Traumen, bei denen Blutungen so stark sind, dass die Volumenzufuhr mit den Verlusten nicht Schritt halten kann. Hier muss umgehend operiert werden, auch wenn der Schockzustand noch anhält.
Sicherung des pulmonalen Gasaustausches
Jeder Patient im Schock erhält Sauerstoff. Reicht die Spontanatmung nicht aus, wird ohne Verzögerung endotracheal intubiert und die Atmung maschinell unterstützt.
Venöse und arterielle Zugänge
Je nach Art und Ausmaß des Schocks werden ein zentraler (Mehrlumen)venenkatheter und mehrere großlumige Verweilkanülen aus Kunststoff eingeführt. Sie dienen dem raschen Volumenersatz, der Zufuhr von Medikamenten sowie der Entnahme von Blut und zur Messung des zentralen Venendrucks. Außerdem sollte der Blutdruck kontinuierlich über eine periphere Arterienkanüle gemessen werden.
Flüssigkeitszufuhr
Im Mittelpunkt der Behandlung des schweren hypovolämischen Schocks steht die rasche Wiederherstellung des zirkulierenden Blutvolumens durch Bluttransfusion, ergänzt durch plasmaisotone Elektrolytlösungen. HES oder Gelatine sollte hierbei nur zugeführt werden, wenn mit Kristalloiden kein ausreichender Kreislauf hergestellt werden kann. Der Volumenersatz muss rasch und in ausreichender Menge unter Kontrolle der Herz-Kreislauf-Funktion und metabolischer Parameter erfolgen. Bei unstillbaren Blutungen sollte der Volumenersatz zurückhaltend erfolgen und eine „permissive Hypotension“ (systolischer Blutdruck 70–80 mmHg) vorübergehend in Kauf genommen werden, um weitere Blutverluste zu verhindern. Jedoch ist größte Vorsicht geboten bei Patienten mit KHK und zerebrovaskulären Erkrankungen.
Bei der Schockbehandlung sollte eine isovolämische Hämodilution durchgeführt werden; als optimal gilt ein Hämatokrit von ca. 30%. Volumenzufuhr ist auch bei anderen Schockformen, die mit Hypovolämie und Dehydratation einhergehen, erforderlich.
Azidosetherapie
Die Behandlung der metabolischen Azidose erfolgt vorrangig durch Wiederherstellung der normalen Gewebedurchblutung. Anhaltende metabolische Azidose ist fast immer ein Zeichen für ungenügenden Volumenersatz. Bei andauernder peripherer Kreislaufinsuffizienz nimmt jedoch die Azidose zu und muss evtl. durch Zufuhr von Natriumbikarbonat ausgeglichen werden.
Vasopressoren
Noradrenalin kann nützlich sein, wenn ein schwerer Blutdruckabfall durch Medikamente oder Anästhetika hervorgerufen wurde. Für die Primärtherapie des hypovolämischen Schocks sind Vasopressoren hingegen nicht geeignet. Vasopressoren können aber in niedriger Dosierung gegeben werden, um bis zum Wirksamwerden der Volumensubstitution vorübergehend die Durchblutung von Herz und Gehirn zu unterstützen.
Positiv inotrope Substanzen
Am häufigsten wird Dobutamin bei der Behandlung des Schocks eingesetzt. Die Substanz kann aber eine ausreichende Volumenzufuhr nicht ersetzen! Einzelheiten zur Wirkung: 10.1007/978-3-662-50444-4_45. Dobutamin gilt auch als Mittel der Wahl für die Behandlung des akuten Pumpversagens beim kardiogenen Schock (10.1007/978-3-662-50444-4_49).
Vasodilatatoren
Sie können im Schock die periphere Durchblutung nach Volumensubstitution u. U. wesentlich verbessern, indem sie die prä- oder postkapilläre Gefäßkonstriktion aufheben und die Herzleistung durch Verminderung der Vor- und Nachbelastung (10.1007/978-3-662-50444-4_45) steigern.
Kardiogener Schock
10.1007/978-3-662-50444-4_49.
Anaphylaktischer Schock
10.1007/978-3-662-50444-4_32.
Contributor Information
Collaborators: Tobias Fink and Tilmann Müller-Wolff
Nachschlagen und Weiterlesen
Internet
- [1].AWMF (2014) S3-Leitlinie Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen. www.awmf.org
- [2].IAG Schock der DIVI (2004) Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der Schockformen. www.divi.de
- [3].IAG Schock der DIVI (2009) Interdisziplinäre Behandlungspfade zur Versorgung von Patienten mit hypovolämischem Schock. www.divi.de
