Abstract
Die sorgfältige Vorbereitung des Anästhesiezubehörs, der Narkosegeräte, der Monitore sowie der Medikamente und Infusionslösungen gehört zu den grundlegenden Tätigkeiten der Fachpflege. Hierbei stehen die Sicherheit und das Wohlbefinden des Patienten im Vordergrund.
Die sorgfältige und vollständige Vorbereitung des Anästhesiezubehörs, der Narkosegeräte, der Monitore sowie der Medikamente und Infusionslösungen gehört zu den grundlegenden Tätigkeiten der Fachpflege. Hierbei stehen die Sicherheit und das Wohlergehen des Patienten im Vordergrund.
Grundsätze für den Umgang mit Medizingeräten
Die meisten vermeidbaren Narkosezwischenfälle entstehen durch menschliche Fehler oder Falscheinschätzungen, bedingt durch mangelnde Vertrautheit mit dem Instrumentarium, ungenügende Erfahrung, Unachtsamkeit, Hast und Nachlässigkeit. Etwa 15% dieser Komplikationen sind durch fehlerhafte Ausrüstung bedingt. Sie können in der Regel durch vorherige sorgfältige Überprüfung des Instrumentariums durch das Fachpflegepersonal erkannt und dadurch weitestgehend vermieden werden. Entsprechende Sorgfaltspflichten gelten auch für das ärztliche Personal: auch die Ärzte müssen in die Medizingeräte eingewiesen sein und mögliche Fehlerquellen kennen und beheben können.
Aus der Medizinprodukte-Betreiberverodnung (MPBetreibV nach Medizinproduktegesetz § 3) ergeben sich folgende Regeln für den täglichen Umgang mit Medizingeräten, die immer zu beachten sind:
Medizinprodukte dürfen nur entsprechend ihrer vom Hersteller vorgegebenen Zweckbestimmung betrieben und angewendet werden.
Defekte Geräte dürfen nicht eingesetzt werden!
Wer Medizingeräte bedient, muss ausreichende Erfahrung im Umgang mit diesen Geräten besitzen, mit der Handhabung und den Einstellmöglichkeiten vertraut sein und die Wechselwirkungen zwischen Medizingerät und Patient kennen. Mit der Inbetriebnahme, Wartung, Reparatur, technischen Kontrollen und Anwendung dürfen nur Personen beauftragt werden, die eine entsprechende Ausbildung oder Kenntnisse und Erfahrungen besitzen. Es besteht eine Einweisungspflicht für Geräte der Anlage 1 nach MPBetreibV.
Es dürfen nur Geräte und Zubehör miteinander verbunden werden, die dafür ausdrücklich geeignet sind; dies gilt besonders bei softwaregesteuerten Geräten.
Geräte der Anlage 1 nach MPBetreibV dürfen nur betrieben werden, wenn vom Hersteller oder einer von ihm befugten Person am Betriebsort eine Funktionsprüfung und Einweisung erfolgt ist. Funktionsprüfung und Einweisung sind nachzuweisen.
- Vor Anwendung des Gerätes müssen die Sicherheitshinweise des Herstellers beachtet und folgende Punkte überprüft werden:
- Überwachung des Geräteselbsttests vor der Inbetriebnahme,
- Funktionsfähigkeit, ordnungsgemäßer Zustand einschließlich Hygiene,
- Fristen für wiederkehrende Prüfungen (Instandhaltungsfristen dürfen nicht abgelaufen sein!),
- Messgeräte müssen glaubwürdige Werte liefern, d. h. die Fehlergrenzen vermutlich einhalten.
Für alle aktiven nicht implantierbaren medizinischen Geräte muss ein Bestandsverzeichnis geführt werden; Computerdateien sind hierfür zulässig.
Für alle in Anlage 1 und 2 der MPVBetreibV aufgeführten Geräte muss ein Medizinproduktebuch angelegt werden. Das Buch muss dem Anwender während der Arbeitszeit zugänglich sein.
Gebrauchsanweisungen und zusätzliche Hinweise des Herstellers müssen jederzeit zugänglich sein.
Die Instandhaltung (Wartung) von Medizinprodukten darf nur von entsprechend geschulten Personen vorgenommen werden. Die sicherheitstechnischen Kontrollen müssen bei allen Geräten durchgeführt werden, für die der Hersteller sie vorgesehen hat. Die Fristen richten sich nach den Herstellerangaben.
Jeder Zwischenfall und Beinahe-Zwischenfall mit einem Medizinprodukt muss gemeldet werden, wenn er zum Tod oder einer schwerwiegenden Verschlechterung des Patientenzustands, eines Beschäftigten oder eines Dritten geführt hat oder hätte führen können. Zu melden ist der Zwischenfall an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte; zusätzlich sollte das örtlich zuständige staatliche Gewebeaufsichtsamt benachrichtigt werden. Dabei ist das klinikinterne Meldesystem zu beachten.
Vorbereitung des Arbeitsplatzes
Vor Eintreffen des Patienten sollte der Arbeitsplatz vollständig gerichtet sein. Nur so können die weiteren Vorbereitungen und Überprüfungen mit der nötigen Aufmerksamkeit und Sorgfalt durchgeführt werden. Der für diese grundlegenden anästhesiepflegerischen Tätigkeiten erforderliche Zeitrahmen muss vom OP-Management bei jedem elektiv geplanten Narkosebeginn verbindlich berücksichtigt werden.
Gasversorgung
Die Gasversorgung im OP und an anderen Anästhesiearbeitsplätzen erfolgt in der Regel zentral, sodass eine ständige Verfügbarkeit gewährleistet ist. Lachgas und Sauerstoff werden als medizinische Gase von entsprechenden Firmen geliefert und meist in großen Tanks außerhalb der Gebäude gelagert. Druckluft wird dagegen im Krankenhaus mit Kompressoren selbst erzeugt, ebenso der Sog für den Vakuumanschluss (mit Vakuumpumpen). Der Druck in den Gasleitungen beträgt konstant 5 bar. Die Gase werden den Entnahmestellen über eine Ringleitung zugeführt. Fällt eine Leitung aus, werden die Gase über eine zweite, übergeordnete Leitung geliefert.
Die Gase werden über Steckkontakte aus der Wand entnommen. Um Verwechslungen zu vermeiden, passen die Kupplungsstücke der jeweiligen Gasleitungen nur in die Wandanschlüsse für das entsprechende Gas. Zusätzlich sind die Gasleitungen farblich wie in Tab. 5.1 kodiert. Alternativ müssen bei Altgeräten farbneutrale schwarze Schläuche mit entsprechender Beschriftung verwendet werden. Die Steckkontakte (Wandauslässe) sind ebenfalls farbneutral zu gestalten.
| Gas | Farbkode |
|---|---|
| Sauerstoff | Weiß |
| Lachgas | Blau |
| Druckluft | Schwarzweiß |
| Vakuum | Gelb |
| Gasabsaugung | Magenta |
Gaszylinder
Für Transportbeatmungsgeräte werden tragbare Gasflaschen eingesetzt. Vor, während und nach jedem Gebrauch muss der Druck in den Gaszylindern am Manometer überprüft werden. Bei O2-Flaschen ist der Druck im Zylinder proportional zum Inhalt: je höher der Gasdruck, desto mehr Sauerstoff ist enthalten.
Eine volle O2-Flasche mit 10 l Rauminhalt enthält bei einem Druck von 38 bar demnach 380 l O2 (Druck × Volumen = konstant, also 38 × 10 = 380).
Bei den Lachgasflaschen kann dagegen aus der Höhe des Drucks nicht auf den Inhalt des Zylinders geschlossen werden, weil Lachgas im Zylinder nicht als Gas, sondern als Flüssigkeit vorliegt. Der Gasdruck ändert sich daher erst, wenn die Flüssigkeit aufgebraucht ist. Beim Abfallen des Drucks auf deutlich unter 50 bar enthält der Zylinder nur noch eine geringe Lachgasmenge.
Eine volle Lachgasflasche von 10 kg Gewicht enthält ca. 1.600 l Lachgas.
Die benötigte Lachgasmenge hängt von der jeweils erforderlichen Einsatzzeit sowie vom „Verbrauch“ des Patienten und des Narkoserespirators ab. Es sollte immer ein Sicherheitspuffer von 30–45 min eingeplant werden.
Hinweise zum Umgang mit Druckgasflaschen
Sorgfältiger Umgang mit den Ventilen: die schlagartige Druckfreisetzung durch beschädigte Ventile kann zu Verletzungen und Beschädigungen der Umgebung führen
Flaschen niemals werfen oder rollen
Ventile nicht mit Öl oder Fett verschmutzen und nicht mit eingecremten Händen anfassen
Keine Zündquellen in der Nähe von O2-Flaschen aufstellen
Gasvorräte nur in gut belüfteten Räumen lagern
Hitzeeinwirkung wegen der Gefahr des Druckanstiegs vermeiden
Flaschen nicht vollständig entleeren, nicht mit offenen Ventilen lagern
Druckminderer nicht mit Werkzeug festziehen oder lösen
Nach Gebrauch Schutzkappe anbringen
Entsorgung der Gase
Alle Inhalationsanästhetika müssen über eine zentrale, druckluftbetriebene Ejektoranlage aus dem Narkosegerät abgesaugt und in die Umgebungsluft außerhalb des Gebäudes geleitet werden, um eine Gesundheitsgefährdung des Personals zu vermeiden. Die Ableitungsschläuche enthalten Löcher, über die zusätzlich Raumluft aus dem OP angesaugt und mit den abgeleiteten Narkosegasen vermischt wird. Wichtig ist es, die Absaugung vor Narkosebeginn auf korrekte Arretierung zu überprüfen und sie am Ende des Arbeitstages wieder zu entkoppeln. Durch den kontinuierlichen Luftstrom kann sonst der Atemkalk austrocknen.
Ausstattung des Anästhesiearbeitsplatzes
Die Fachgesellschaften DGAI und BDA haben in ihren Empfehlungen eine essenzielle (unverzichtbare) Ausstattung des Anästhesiearbeitsplatzes mit dem Ziel zusammengestellt, die Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung zu verbessern. Hierbei wird zwischen einem Standardarbeitsplatz und einem erweiterten Arbeitsplatz für spezielle große Eingriffe unterschieden (z. B. Kardio-, Thorax- und Neurochirurgie, Tab. 5.2 ). In den Tabellen nicht aufgeführt ist die zwingend erforderliche Basisausstattung wie Intubationszubehör, Stethoskop usw.
| Arbeitsplatz | verfügbar | ||
|---|---|---|---|
| Essenziell | Anästhesie-Atemsystem samt Überwachungsgeräten, Alarmsystemen, Schutzvorrichtungena | ✓ | |
| Patientennahe Atemgasmessung: Sauerstoff, CO2 u. Inhalationsanästhetika | ✓ | ||
| Pulsoxymeter mit Digitalanzeige von SpO2, Herzfrequenz u. akustischen Alarmsignalen | ✓ | ||
| EKG-Monitor mit akustischen Alarmgrenzen | ✓ | ||
| Blutdruckmessung, nichtinvasiv | ✓ | ||
| Defibrillator mit manueller Auslösbarkeit | ✓ | ||
| Körpertemperaturmessung | ✓ | ||
| Relaxometer, wenn Muskelrelaxanzien eingesetzt werden | ✓ | ||
| Empfohlen | Anästhesiebeatmungsgerät | ✓ | |
| Oszillometrische Blutdruckmessung | ✓ |
a dazu gehören immer: Druckbegrenzung, Kapnometrie, Sauerstoffüberwachungsgerät, Überwachung des Exspirationsvolumens, Diskonnektions- und Apnoe-Alarm
Außerdem empfehlen DGAI und BDA folgende weitere Ausstattung:
zuverlässige Sauerstoffquelle,
zusätzlich Reservesauerstoff für 1 h Beatmung mit 100% O2,
zuverlässige Kommunikationsmöglichkeit zwischen Anästhesist und Anästhesieassistenz, wenn die assistierende Person nicht im Raum ist,
zuverlässige Kommunikationsmöglichkeit zu medizinischen Einrichtungen außerhalb des Anästhesiearbeitsplatzes,
Sekretabsaugung (OP-Standard),
separater Handbeatmungsbeutel, über den mindestens 80% O2 zugeführt werden können,
Arbeits- und Ablagefläche,
Notfallausrüstung und -medikamente unmittelbar verfügbar.
Besonderheiten in der Kinderanästhesie: 10.1007/978-3-662-50444-4_19.
Überprüfung des Narkosegerätes
Die Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) schreibt verbindlich vor, dass jedes Narkosegerät vor seiner Anwendung auf Funktionsfähigkeit und ordnungsgemäßen Zustand überprüft werden muss. Die Kommission für Normung und technische Sicherheit der DGAI hat hierfür entsprechende Gerätechecklisten (A, W und N) entwickelt, nach denen vorgegangen werden soll, um die Patientensicherheit zu erhöhen.
Checkliste A
Prüfung des Gerätes vor Beginn eines jeden geplanten Betriebs (werktäglich und während des Bereitschaftsdienstes sowie bei Geräten in selten genutzten Bereichen). Prüfer ist der Anwender; die Prüfung nach Checkliste A kann aber an ausgebildetes und am jeweiligen Gerät eingewiesenes nichtärztliches Fachpersonal delegiert werden. Empfohlene Zeitintervalle für die Überprüfungen sind:
nach jeder täglichen Aufbereitung am Ende des Arbeitstages,
nach Desinfektionsroutinen und technischer Wartung,
zu Beginn eines jeden geplanten Betriebs,
in nicht tägliche genutzten Funktionsbereichen mindestens 2-mal pro Woche.
Dokumentationspflicht: ja, mit Checkliste.
Funktionsprüfung des Narkosegerätes am Anästhesiearbeitsplatz nach Checkliste (Gerätecheck A) – Empfehlungen der DGAI
Vorbereitung zum Gerätecheck:
Sichtprüfung auf ordnungsgemäßen Zustand des Gerätes: korrekter und vollständiger Aufbau, hygienische Sauberkeit
keine erkennbaren äußeren Schäden, Verwendung von geeignetem Zubehör, Prüfsiegel regelmäßiger technischer Kontrollen
Überprüfung auf Vorhandensein und Funktionsprüfung eines separaten Handbeatmungsbeutels
Anschluss an die Stromversorgung
Überprüfung der Notstrom-/Batterieversorgung
Anschluss an die Gasversorgung
Anschluss an die Anästhesiegasfortleitung
ggf. Überprüfung der Reservedruckgasbehälter
Überprüfung des korrekten Anschlusses der Probengasleitung
Einschalten von Narkosegerät (ggf. aller Einzelmodule) und Monitorsystemen
Überprüfung der Funktion des O2-Flushs
Überprüfung des/der Verdampfer(s) (Füllzustand, korrekter Sitz, Nullstellung, ggf. elektrischer Anschluss)
Überprüfung des CO2-Absorbers (Befülldatum, Farbveränderungen)
Durchführung des automatischen Gerätechecks mit korrekter Befolgung der geforderten manuellen Prüfschritte:
Start der Selbsttests von Narkose- und Überwachungsgeräten; nach deren Abschluss: Überprüfung der Testergebnisse
Oder Durchführung des manuellen Gerätechecks entsprechend den Detailangaben der jeweiligen gerätespezifischen Gebrauchsanweisung:
Überprüfung der Gasdosiereinrichtung (Gasflüsse nach völligem Öffnen der Dosierventile)
ggf. Überprüfung der O2-Verhältnisregelung
Überprüfung des korrekten Anschlusses der Schläuche des Atemsystems und der Handbeatmung
Überprüfung der Dichtigkeit des Atemsystems (Leck ≤150 ml bei 3 kPa [30 mbar])
Überprüfung der Funktion von Ein- und Ausatemventil und der Handbeatmung mit einer Testlunge
Überprüfung der Funktion des Druckbegrenzungs-(APL-)Ventils und seiner POP-OFF-Funktion
Funktionsprüfung des Ventilatormoduls (Dichtigkeit und Maximaldruck)
Überprüfung der Einstellung des Ventilatormoduls (abteilungsinterne Standardwerte)
ggf. Kalibrierung des Gasmonitorings (O2, CO2, Inhalationsanästhetika)
Überprüfung der Alarmgrenzwerteinstellung
Überprüfung der Sekretabsaugung (Zustand, Funktion)
Außerdem Dokumentation von:
Datum
Gerät
Saal
Unterschrift
Checkliste W
Bei Patientenwechsel im laufenden Betrieb kann nach den Empfehlungen der DGAI aufgrund des morgendlichen Checks nach Liste A und der ungestörten Funktion während der vorangegangenen Narkose von einer kontinuierlich geprüften, korrekten Funktion des Gerätes ausgegangen werden. Nach jeder Narkose sollte das Narkosegerät in den Zustand versetzt werden, der zu Anfang der vorausgegangenen Narkose bestanden hat. Die Prüfung erfolgt durch den Anwender, kann aber – wie bei Liste A – delegiert werden (s. oben).
Zeitintervall: nach jeder Narkose im Ablauf des Programms.
Dokumentationspflicht: keine.
Beachte: Werden aus hygienischen oder sonstigen Gründen Zubehör- und/oder Anbauteile am Narkosegerät verändert oder ausgetauscht, muss eine vollständige Überprüfung (Gerätecheck A, ► oben) erfolgen.
Die Sichtprüfung auf ordnungsgemäßen Zustand des Gerätes vor Beginn der nächsten im Programm folgenden Narkose ist dagegen eine nicht delegierbare Aufgabe des Anästhesisten, ebenso die folgenden Prüfschritte zu Beginn jeder Narkose:
Dichtigkeit des Atemsystems,
korrekte Funktion von Ein- und Ausatemventil und der Handbeatmung,
Funktion der Gasdosiereinrichtungen,
Funktion des APL-Ventils,
Funktion des Respiratormoduls,
Einstellungen des Respiratormoduls.
Funktionsprüfung des Narkosegerätes am Anästhesiearbeitsplatz vor/bei Patientenwechsel im laufenden Betrieb (Gerätecheck W) – Empfehlungen der DGAI
Der Gerätecheck W ist zwischen aufeinander folgenden Narkosen durchzuführen, eine Dokumentation ist nicht erforderlich:
Sichtprüfung auf ordnungsgemäßen Zustand des Gerätes
Sichtprüfung des/der Verdampfer(s)
Sichtprüfung des CO2-Absorbers
ggf. Wasserkondensat aus Atemschläuchen und Wasserfallen entleeren
Überprüfung, ggf. Leerung und Säuberung der Sekretabsaugung (Zustand, Funktion)
Teil der Funktionsprüfung, die bei/vor Anschluss eines jeden Patienten an ein Narkosegerät genuine (= echte) Aufgabe des Anästhesisten ist:
Überprüfung der Gasdosiereinrichtung
Überprüfung des korrekten Anschlusses der Schläuche des Atemsystems und der Handbeatmung
Überprüfung der Dichtigkeit des Atemsystems
Überprüfung der Funktion von Ein- und Ausatemventil und der Handbeatmung
Überprüfung der Funktion des Druckbegrenzungs-(APL-)Ventils
Funktionsprüfung des Ventilatormoduls
Überprüfung der Einstellung des Ventilatormoduls
Checkliste N
Wurde das Narkosegerät nach Checkliste A geprüft, kann von einer ordnungsgemäßen Funktion ausgegangen werden. Dennoch sollte bei notfallmäßiger Anwendung eines Narkosegerätes immer überprüft werden, ob die O2-Zufuhr gesichert ist und ob der Patient über einen Handbeatmungsbeutel beatmet werden kann. Empfohlen wird ein kurzer Dichtigkeitstest, besonders wenn Low-flow- und Minimal-flow-Narkosen durchgeführt werden.
Dokumentationspflicht: keine.
Funktionsprüfung des Narkosegerätes am Anästhesiearbeitsplatz im Notfall (Gerätecheck N) – Empfehlungen der DGAI
Der Gerätecheck N stellt im Notfall sicher, dass ein Patient mit Sauerstoff versorgt und zumindest manuell beatmet werden kann; die Verantwortung für die Durchführung des Gerätechecks N ist nicht delegierbar:
Anschluss an Gas- und Stromversorgung
Einschalten des Narkose- und der Überwachungsgeräte, ggf. Selbsttests abbrechen
Narkosegerät im Funktionsmodus „manuell/spontan“?
Öffnen nur des O2-Ventils, O2-Flow mindestens 4 l/min
APL-Ventil zur Drucküberprüfung auf 40–50 mbar einstellen
Orientierende Dichtigkeitsprüfung: Verschluss des Y-Stücks und Kompression des Handbeatmungsbeutels: Druckaufbau gelingt
Y-Stück öffnen: Gas muss abströmen
Anschluss des Patienten an das Atemsystem, manuelle Beatmung muss erkennbar möglich sein: Thoraxbewegungen, Auskultation der Lungen
Wann immer die Beatmung nicht sicher möglich ist: separaten Handbeatmungsbeutel einsetzen
Frühestmöglicher Anschluss des Patienten an das Monitoring
Umschalten auf maschinelle Beatmung erst dann, wenn O2-, CO2- und Atemwegsdruckmessung verfügbar sind
Diskonnektions- und Stenosealarm einstellen
Wenn die maschinelle Beatmung nicht sicher möglich ist: sofortige Rückkehr zum manuellen Beatmungsmodus
Erst bei gesichertem Betrieb:
Anschluss des Gerätes an die Narkosegasfortleitung
Einsatz von Bakterienfiltern
Keime werden nur selten vom Narkosesystem auf den Patienten übertragen. Es wird jedoch die Verwendung von Bakterienfiltern empfohlen, da sie die Übertragung von Bakterien aus dem Beatmungssystem auf den Patienten sicher verhindern. Werden Filter verwendet, ist ein Wechsel der Beatmungsschläuche zwischen den einzelnen Narkosen nicht erforderlich. Bislang ist nicht erwiesen, dass durch Beatmungsfilter die Häufigkeit der postoperativen Pneumonie vermindert wird (III). Folgendes Vorgehen wird empfohlen:
Bei Verwendung von Bakterienfiltern wird das Narkoseschlauchsystem 1-mal pro Tag gewechselt.
Die Bakterienfilter werden zwischen dem Trachealtubus und dem Y-Stück angebracht.
Werden keine Bakterienfilter eingesetzt, muss das Narkoseschlauchsystem zwischen dem Einsatz bei verschiedenen Patienten desinfiziert werden.
Die routinemäßige Desinfektion oder Sterilisation des Geräteinneren ist nicht erforderlich.
Die Reinigung und Desinfektion von Ventilen und CO2-Absorbern muss nicht häufiger als 1-mal pro Woche erfolgen.
Bereitstellung des Standardzubehörs
Für jede Narkose ist ein bestimmtes Standardzubehör erforderlich (Tab. 5.2) Es wird vor der Ankunft des Patienten vollständig bereitgestellt und überprüft, sodass ohne Verzögerung eine standardisierte und sichere Narkoseeinleitung erfolgen kann. Dieses Zubehör wird auch bereitgestellt, wenn eine Regionalanästhesie geplant ist: denn manchmal muss eine Regionalanästhesie wegen ungenügender Wirkung oder wegen einer Komplikation in eine Allgemeinnarkose umgewandelt werden.
Alle aufgezogenen Spritzen müssen eindeutig beschriftet oder mit bedrucktem Etikett (nach DIVI-Farbcodierung) versehen werden, um Verwechslungen zu vermeiden.
Über Zubehör für Regionalanästhesien siehe 10.1007/978-3-662-50444-4_13 bis 10.1007/978-3-662-50444-4_15.
Standardzubehör für die Narkose
Unsterile Einmalhandschuhe
Hautdesinfektionsmittel
Sterile Tupfer/Kompressen
Venenkanülen verschiedener Größen, Venenkatheter griffbereit
Arterielle Kanülen griffbereit
Kanülenpflaster
Stauschlauch
Spritze mit Lokalanästhetikum für Infiltration
Sterile Spritzen verschiedener Größen, Aufziehkanülen, ggf. s.c.-Kanülen
Infusionssysteme, Transfusionsbestecke, Dreiwegehähne, Zuleitungen/Verlängerungen
Plasmaisotone Elektrolytlösung, kolloidale Volumenersatzlösungen (z. B. HES oder Gelatinelösung)
NaCl-Lösung 0,9%
Spritzenpumpe, Infusionspumpe und passende Zuleitungen
Multifunktionsmonitor mit EKG, NIBP, Pulsoxymeter, Kapnometer, Temperatur
Blutdruckmanschette für manuelle Messung
Stethoskop, Thermometer
Narkosegerät einschließlich -system
Atembeutel und Atemmasken
Absauggerät und großlumiger Absaugkatheter (angeschlossen), bei Ileuseinleitung ggf. OP-Sauger
Magensonden verschiedener Größen
Intubationsbesteck mit Spateln verschiedener Größen (auch bei Maskennarkosen!); Leuchtkraft überprüfen!
Zahnschutz
Endotrachealtuben: Männer 7,5–8,5 mm ID; Frauen 7–7,5 mm ID; Cuff auf Dichtigkeit überprüfen!
Führungsstab ausreichender Länge
Elastische oder biegbare Bougie für schwierige Intubationen
Gleitmittel, Blockerspritze und zugelassene Tubusfixierung
Cuffdruckmesser
Magill-Zange
Oropharyngeale Tuben verschiedener Größen
Larynxmasken in verschiedenen Größen: gerichtet oder griffbereit
Augensalbe, Augenschutz, hautfreundliches Pflaster zum Zukleben der Augen
- Medikamente:
- i.v.-Anästhetikum, z. B. Propofol, Thiopental, Etomidat, Ketamin
- Succinylcholin
- Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien, z. B. Atracurium, Cisatracurium, Rocuronium, Mivacurium
- Antagonisten für Muskelrelaxanzien, z. B. Neostigmin, Sugammadex
- Opioide für Narkosen, z. B. Remifentanil, Fentanyl, Sufentanil, Alfentanil
- Opioidantagonist: Naloxon
- Benzodiazepine, z. B. Midazolam
- Atropin
- Vasopressor (aufgezogen), z. B. Akrinor, Ephedrin
- Nitroglycerin: Spray und i.v.
- Clonidin, Dexmedetomidin
- Urapidil
- Notfallmedikamente (griffbereit), z. B. Adrenalin (Suprarenin), Noradrenalin (Arterenol), Dobutamin, β-Blocker, Amiodaron, Kalzium, Kortikoide, Antihistaminika, Salbutamol
Vorbereitung des Patienten im Einleitungsraum
Alle Vorbereitungen am Patienten sollen in freundlicher Art, mit professionellem Auftreten und in ruhiger Umgebung erfolgen. Hierdurch werden Patientenängste abgebaut, das Vertrauen in das Anästhesiepersonal gestärkt und die Wirkungen der Prämedikation erhalten.
Bei elektiven Eingriffen liegt von jedem Patienten ein Prämedikationsprotokoll vor. Hierin sind die für Vorbereitungen durch das Anästhesiepersonal wichtigsten Patientendaten und die geplanten Anästhesiemaßnahmen zusammengestellt.
Nach der Begrüßung des Patienten und Vorstellung der Pflegekraft mit Namen sind folgende Aspekte zu überprüfen oder im weiteren Gespräch zu erfragen:
Vollständiger Name des Patienten,
Vorliegen des Narkoseprotokolls einschließlich des Prämedikationsteils,
Wachheitsgrad und Orientiertheit des Patienten,
geplanter Eingriff und Vorliegen der entsprechenden Einwilligung sowie der Krankenakten (richtiger Patient, richtiger Eingriff, richtige Stelle? Operationsseite markiert?),
Zeitpunkt der letzten Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, ggf. letzter Zigarettenkonsum,
Prämedikation und Einschätzung ihrer Wirkung (wenn angewandt),
Vorliegen notwendiger Laborwerte und Untersuchungsergebnisse einschließlich der bei der Prämedikationsvisite zusätzlich angeforderten,
Vorliegen von Blutanforderungsschein/Blutgruppendokumentation.
Sind Zahnprothesen vollständig entnommen?
Sind Nagellack, Schminke und ggf. Schmuck entfernt?
Ist das OP-Gebiet von den Stationsmitarbeitern vorbereitet worden?
Ist die Lagerungsfähigkeit (auch des Kopfes) aus anatomischen Gründen eingeschränkt?
Weite der Mundöffnung (erneut) überprüfen.
Liegen bereits Gefäßzugänge und Drainagen/Ableitungssysteme?
Ist der Patient ausreichend vor Stürzen vom Behandlungs-/OP-Tisch geschützt?
Alle Informationen und erhobenen Besonderheiten sind mit den Angaben im Narkoseprotokoll abzugleichen, wenn erforderlich zu ergänzen und mit dem jeweiligen Anästhesieteam (meist Anästhesist und Fachpflegekraft) vor Narkosebeginn auszutauschen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt den Einsatz einer standardisierten „Surgical Safety Checklist “ im Operationssaal, um die Patientensicherheit zu erhöhen. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) rät, eine solche Checkliste an die örtlichen Gegenseiten anzupassen und in der klinischen Routine zu nutzen. Die dreiteilige Liste umfasst folgende Aspekte:
vor Narkoseeinleitung (durch den Anästhesisten und die Anästhesiepflegekraft vorzunehmen): Patientenidentität, Eingriff, Seite des Eingriffs, anästhesierelevante Gesichtspunkte,
vor Hautschnitt: Patientenidentität, Name und Funktion aller Teammitglieder, chirurgierelevante Gesichtspunkte wie Eingriffsdauer, zu erwartender Blutverlust,
Nachbereitung der Operation: abschließende Gesichtspunkte wie Vollständigkeit der verwendeten OP-Tücher und postoperative Anordnungen.
Durchzuführende Maßnahmen
Den Patienten möglichst bequem lagern,
Blutdruckmanschette anlegen,
EKG-Monitor und Pulsoxymeter anschließen,
Herzfrequenz, Blutdruck und O2-Sättigung (Pulsoxymeter) messen, Werte interpretieren und im Narkoseprotokoll notieren.
Peripheren Venenzugang legen, Infusionslösung nach Klinikstandard anschließen.
Präoxygenieren bzw. Stickstoff auswaschen (mindestens ca. 3–5 min mit 100% O2).
Venöser Zugang
Für die Narkoseeinleitung wird eine Kunststoffkanüle in eine periphere Vene eingeführt. Venenkatheter und weitere Kunststoffkanülen werden, wenn erforderlich, zumeist erst nach der Narkoseeinleitung gelegt.
Punktionsstellen
Die wichtigsten Punktionsstellen sind in Abb. 5.1 dargestellt. Die Venen des Handrückens sollten bevorzugt punktiert werden: Sie sind oft groß, gut sichtbar und verlaufen annähernd gerade; außerdem ist die Gefahr einer arteriellen Punktion hierbei außerordentlich gering. Allerdings ist in der postoperativen Phase die kanülierte Hand nicht gut ruhig zu stellen.
Praxistipp
In Verlängerung des Daumens nach proximal ist die V. mediana oberhalb des Handgelenks meist sehr gut zu punktieren und durch die Ulna gut geschient.
Für eine länger dauernde Infusionstherapie sind die Venen in Unterarmmitte besser geeignet.
Bei Venen im Ellbogenbereich besteht die Gefahr einer Punktion der A. brachialis oder einer Verletzung des N. medianus.
Venen im Fußbereich sollten wegen der Thrombosegefahr möglichst nicht punktiert werden (Ausnahme: Kinder). Die V. jugularis externa ist hingegen gut für die Punktion geeignet. Diese Vene ist meist auch im Notfall gut zu punktieren und für eine rasche Volumenzufuhr geeignet. Die V.-externa-Kanüle ist aber wegen der Gefahr von Blutungen oder paravasaler Infusion vor der Verlegung auf die Normalstation aus Sicherheitsgründen zu entfernen.
Praxistipp
Praktisch empfiehlt sich als Reihenfolge des Vorgehens: Handrücken, Unterarm, Kopfhaut (Neugeborene), V. jugularis externa, Ellenbeuge, Knöchel oder Fuß.
Schlecht gefüllte Venen können durch Stauen, Tieflagerung, Anwendung von feuchter Wärme und Beklopfen der Vene besser dargestellt werden. Gelegentlich ist es bei Kindern erst nach Einleitung per Inhalation möglich, eine Vene zu punktieren.
Zubehör
Standard ist die Punktion von Venen mit Sicherheitskanülen. Die Kanülen werden über eine innen geführte Metallkanüle in die Vene vorgeschoben.
Für den raschen Volumenersatz bei blutreichen Eingriffen sind möglichst großlumige Kanülen zu verwenden, z. B. 12, 14, 16 oder 18 G.
Zubehör für Venenpunktion
Kunststoffkanüle 12–24 G
Lokalanästhetikum, mittellang wirkend, 0,5–1% ohne Adrenalin, z. B. Mepivacain
Quaddelkanüle und 2-ml-Spritze
Desinfektionsmittel
Tupfer
Kanülenpflaster
Stauschlauch
10-ml-Kochsalzspritze zum Durchspülen
Infusionslösung
Untersuchungshandschuhe
Kanülen- und Spritzenabwurf in geeigneter Größe
Technik der Venenpunktion (Abb. 5.1)
Unsterile Untersuchungshandschuhe anziehen, Staubinde anlegen oder Blutdruckmanschette aufpumpen (ca. 40 mmHg).
Haut desinfizieren, Desinfektionsmittel einwirken lassen, abwischen.
Bei großen Kanülen vorher neben der Vene Hautquaddel mit 0,5%igem Lokalanästhetikum setzen.
Vene durch Zug der Haut mit dem Daumen der nichtpunktierenden Hand fixieren; dann die Haut neben der Vene punktieren, schließlich schräg seitlich die Vene selbst.
Sobald Blut in die Kanüle einfließt, Metallkanüle zurückziehen und Kunststoffkanüle vorschieben. Metallkanüle nicht wieder vorschieben, da sonst die Kanüle perforiert wird.
Metallkanüle entfernen und Infusion an Kunststoffkanüle anschließen.
Sterilen Wundverband auf Punktionsstelle bringen und Kanüle mit Pflaster sicher fixieren.
Zentraler Venenkatheter: 10.1007/978-3-662-50444-4_42.
Perioperative Antibiotikaprophylaxe
Bei Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko wird eine, meist einmalige, perioperative Antibiotikaprophylaxe empfohlen. Das Infektionsrisiko ist u. a. erhöht bei Immunschwäche, Alter >70 Jahre, Diabetes, Dialysepflichtigkeit, offenen Frakturen, Endokarditis, Implantaten, hohem systemischen Keimeintrag während der Operation, langer OP-Dauer, Hypothermie und ausgedehnten Blutungen. Gefäßkatheter und Blasenkatheter wie auch das Ziehen der Drainagen sind dagegen kein Grund für eine perioperative Antibiotikazufuhr.
Praktisches Vorgehen
Das Antibiotikum wird vor der Einleitung i.v. zugeführt (nur ausnahmsweise während der Operation), um einen ausreichenden Wirkspiegel zu erzielen. Vor der Zufuhr nach Allergien fragen!
Das prophylaktische Zeitfenster reicht vom Hautschnitt bis zum Operationsende.
Das Antibiotikum wird nur 1-mal verabreicht und zwar bei der Narkoseeinleitung; weitere Gaben verbessern nicht die Wirksamkeit. Nur wenn ein Antibiotikum mit kurzer Halbwertzeit verwendet wurde, ist nach 2–3 h Operationszeit eine 2. Gabe erforderlich.
In speziellen Fällen muss die Antibiotikazufuhr über einen längeren Zeitraum fortgesetzt werden, z. B. bei offenen Frakturen, die älter als 12 h sind, bei Darmresektion wegen Ischämie oder strangulationsbedingter Nekrose, Appendektomie wegen gangränöser Appendizitis, Cholezystektomie wegen gangränöser Cholezystitis, traumatischer Darmläsion, gastroduodenaler Perforation, Liquor-Shunt-Operationen.
Standardantibiotikum ist ein Cephalosporin der 2. Generation. Alternativ: Aminopenicilline (in Kombination mit β-Laktamasehemmern); bei Operationen mit anaerober Mischbesiedelung Kombination mit einem Anaerobier-Chemotherapeutikum, z. B. Metronidazol.
Keine Reserveantibiotika verwenden; Vancomycin evtl. bei MRSA.
Bei Penicillinallergie: keine Cephalosporine oder Imipinem einsetzen; neue Cephalosporinpräparate können vermutlich gefahrlos zugeführt werden.
Vorgehen bei bekannter Latexallergie
Latex, ein Naturkautschuk, ist Bestandteil zahlreicher medizinischer Produkte. Bei der Latexallergie besteht eine Überempfindlichkeit gegen Naturlatex, die zu lebensbedrohlichen Reaktionen führen kann. Besondere Vorsicht ist bei Allergien auf Kiwi und Bananen geboten, da in 40% der Fälle eine Kreuzallergie mit Latexprodukten vorhanden ist.
Es werden zwei Allergietypen unterschieden:
Typ-I-Allergie oder Soforttyp („klassische“ Allergie): Auslöser sind häufig inhalierte Latexpartikel aus Handschuhen oder der direkte Schleimhautkontakt mit solchen Partikeln. Unmittelbar nach Latexkontakt (5–30 min) entwickeln sich Zeichen und Symptome: lokalisierte oder generalisierte Kontakturtikaria, Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale allergica, orolaryngeale und gastrointestinale Symptome und Zeichen, im schlimmsten Fall ein anaphylaktischer Schock.
Typ-IV-Allergie oder Spättyp: 6–48 h nach Latexkontakt treten klinische Zeichen und Symptome auf: Rötung, Knötchen, Bläschen, Nässen und Juckreiz.
Bei Patienten mit Latexallergie muss jeder Haut- und Schleimhautkontakt mit Latex strikt vermieden werden. Narkose und Operation müssen daher unter latexfreien Bedingungen erfolgen.
Praktisches Vorgehen
Am Vortag Anästhesie- und OP-Personal über den Patienten informieren.
Den Patienten möglichst für den ersten OP-Programmpunkt vorsehen, um eine latexfreie Umgebung zu gewährleisten.
OP-Saal im Vorfeld (ggf. am Vorabend) gründlich reinigen, alle latexhaltigen Artikel daraus entfernen.
Patienten auf dem OP-Plan mit dem Begriff „Latexallergie“ kennzeichnen.
Latexallergieset und latexfreies Narkosegerät bereitstellen.
Operationssaal an allen zugänglichen Türen als „latexfrei“ kennzeichnen.
OP-Türen geschlossen halten, damit kein latexhaltiger Handschuhpuder aus anderen Sälen eindringen kann.
Narkose mit latexfreien Produkten und Instrumentarien einleiten und fortführen. Besonders zu beachten sind Handschuhe, Tuben, Larynxmasken, Schlauchstethoskop, Blutdruckmanschetten, Blasenkatheter, Atembeutel, Gesichtsmasken, Kunststoffkanülen, Spritzen, Infusionssysteme, Nullstopfen.
Medikamente für die Behandlung der Anaphylaxie aufgezogen bereitlegen. Die prophylaktische Zufuhr von Antihistaminika und Kortikosteroiden ist umstritten.
Während der Narkose sorgfältig auf Zeichen einer allergischen Reaktion achten.
Postoperativ: Überwachung in latexfreier Umgebung, auch hier nur gesichert latexfreie Produkte anwenden.
Hypothermie und Wärmeschutz
Während der Operation kann eine akzidentelle (unbeabsichtigte) Hypothermie auftreten, d. h. ein Abfall der Körperkerntemperatur auf <36°C. Ursache der Hypothermie ist die Veränderung der thermoregulatorischen Schwellen durch die Anästhetika, außerdem die vasodilatierende Wirkung einiger Substanzen. In den ersten 1–1,5 h der Narkose fällt die Körperkerntemperatur rasch ab, bedingt durch Gefäßdilatation und Wärmeumverteilung; in den nächsten 2–2,5 h setzt sich der Abfall etwa linear fort, da die Wärmeproduktion nicht ausreicht. Wird eine Temperatur von 33–34°C erreicht, setzt die Wärmeregulation bei diesem erniedrigten Niveau wieder ein. Ähnlich verläuft die Temperatur bei einer rückenmarknahen Regionalanästhesie, es fehlt jedoch das Kältezittern.
Die Hypothermie kann zu folgenden Störungen und Komplikationen führen:
verzögertes Erwachen,
Störungen der Blutgerinnung mit vermehrten Blutungen,
kardiale Komplikationen bei Herzkranken,
postoperatives Kältezittern bzw. Shivering (sehr unangenehm),
Verlängerung der postoperativen Überwachungsphase,
Wundheilungsstörungen.
Starke Wärmeverlust e treten v. a. bei Eröffnung großer Körperhöhlen und niedriger OP-Temperatur auf. Begünstigende Faktoren sind:
Abwaschen großer Hautflächen mit Desinfektionsmittel,
Zufuhr kalter Infusionslösungen und Blutprodukte,
Einatmen kalter Atemgasgemische,
Ausschaltung der Gegenregulationsmechanismen durch Anästhetika und Muskelrelaxanzien,
hohe Sympathikusblockade bei rückenmarknaher Anästhesie,
lange Anästhesiedauer,
großer chirurgischer Eingriff,
chirurgische Spülungen,
niedrige Temperatur im OP,
Verbrennungskrankheit,
starke Blutverluste,
Alter >60 Jahre,
ASA II und höher,
Kachexie,
Diabetes mellitus mit diabetischer Neuropathie,
präoperative Kerntemperatur < 36°C.
Empfohlene Temperaturmessorte
Sublingual, alternativ naso-/oropharyngeal
Je nach OP-Gebiet: ösophageal, in der Harnblase oder im Gehörgang
Bei Kinder <2 Jahre: rektal
Die Infrarotmessung im Ohr und die axilläre Messung werden nicht empfohlen
Prophylaxe
Prophylaktische Maßnahmen gegen Wärmeverluste und die lückenlose Überwachung der Körpertemperatur bei Operationen gelten heute als Standard. Denn eine einmal abgesunkene Körpertemperatur lässt sich während der Operation nur schwer wieder normalisieren.
Empfohlene Maßnahmen (S3-Leitlinie)
Aktive Erwärmung vor der Narkoseeinleitung („prewarming“) und vor Einleitung einer rückenmarknahen Analgesie, z. B. mit konvektiven Wärmedecken oder Ganzkörperdecken aus Karbonfasern.
OP-Temperatur bei Erwachsenen mindestens 21°C, bei Kindern mindestens 24°C.
Aktive Wärmung während der Narkose bei einer Anästhesiedauer von >30 min. Bei vorgewärmten Patienten kann hierauf bei einer Anästhesiedauer von <60 min verzichtet werden. Besonders wirksam sind konvektive Patientenwärmesysteme, z. B. kontinuierlich warmluftbefüllte Einmaldecken (kein Körperkontakt erforderlich), alternativ mit konduktiven Heizmatten, die direkt auf den Körpergelegt werden. Beachte: Nicht durchblutete Körperregionen sollten grundsätzlich nicht aktiv gewärmt werden.
Ergänzende Maßnahmen: Anwärmung von Infusionslösungen und Blutprodukten sowie Spüllösungen, größtmögliche Isolierung nicht aktiv gewärmter Körperregionen.
Behandlung des postoperativen Kältezitterns 10.1007/978-3-662-50444-4_33.
Lagerung des Patienten
Die Lagerung des Patienten ist eine gemeinsame Aufgabe von Operateur und Anästhesist sowie dem OP- und Anästhesiefachpflegepersonal. Die Verantwortung für die Operationslagerung des Patienten trägt der Operateur, für den „Infusionsarm“ und den Kopf der Anästhesist (Einzelheiten zur rechtlichen Situation: 10.1007/978-3-662-50444-4_36). Wegen möglicher Lagerungsschäden ist bei aufwendigen Lagerungen – das sind alle Lagerungen mit Ausnahme der Rückenlagen – die Anwesenheit des Operateurs oder des ersten Assistenten erforderlich. Bei Positionsänderungen haben die Sicherheit des Patienten und die Fixierung invasiver Zugänge (Tubus, Gefäßzugänge, Drainagen) oberste Priorität. Das Anästhesieteam koordiniert und überwacht die Lagerungsmaßnahmen. Jede Positionsänderung erfolgt auf ein einheitliches Zeichen hin, z. B. Zählen durch die am Kopf des Patienten befindliche und den Tubus sichernde Fachkraft.
Die weitere Sicherung und Lagerung venöser und arterieller Zugänge und des sog. „Infusionsarms“ erfolgt dagegen – in Absprache – durch das Anästhesiefachpflegepersonal und/oder den Anästhesisten.
Rückenlage
Auch in Rückenlage drohen Druckschäden von Nerven. Besonders betroffen ist der Plexus brachialis und hiervon am häufigsten der N. ulnaris im Bereich der Ellenbeuge. Diese Komplikation kann durch richtige Lagerung des Armes verhindert werden (Abb. 5.2).
Wird der Arm nicht an-, sondern ausgelagert, so besteht die Gefahr einer Schädigung des Plexus brachialis. Zug am Plexus muss unbedingt vermieden werden. Darum darf der Arm nicht über 90° gestreckt werden (Abb. 5.3).
Bauchlage
Die Bauchlage wird v. a. bei Operationen im Bereich der Wirbelsäule durchgeführt und hat folgende Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und die Lungenfunktion:
Die Beweglichkeit des Zwerchfells wird durch die Relaxierung und fehlende Spontanatmung eingeschränkt und das Atemzugvolumen vermindert. Es besteht Hypoxiegefahr! Standardvorgehen ist daher die Intubationsnarkose. Larynxmaskennarkosen sind v. a. im ambulanten Bereich üblich; ihre Sicherheit ist allerdings nicht belegt.
Bauchlagerung erhöht den Druck im Abdomen, v. a. bei abdomineller Adipositas; hierdurch können venöser Rückstrom und Herzzeitvolumen abnehmen (Abb. 5.4).
Die Bauchlagerung kann zu vielfältigen Druckschädigungen führen:
Auge: Durch Abtasten der gesamten knöchernen Orbita muss überprüft werden, dass kein Druck auf den Bulbus des Auges ausgeübt wird. Als Lagerungshilfe können Gelringe oder Lagerungsschalen (z. B. ProneView-System ) eingesetzt werden.
Plexus brachialis: Schäden entstehen durch Druck oder Zug; der N. ulnaris ist wiederum besonders betroffen (Abb. 5.4).
Fußrücken: Nerven und Sehnen des Fußrückens können durch Druck gegen den OP-Tisch geschädigt werden. Sie müssen daher entsprechend geschützt werden (Abb. 5.4).
Oberschenkel: N. femoris lateralis des Oberschenkels.
Seitenlage
Die Seitenlage (Abb. 5.5) wird v. a. bei thoraxchirurgischen, urologischen, orthopädischen und bei Eingriffen in der hinteren Schädelgrube durchgeführt. In dieser Lage müssen Lagerungshilfsmittel unter den Kopf sowie zwischen Knie und Ellenbogen gelegt werden.
Kopf: Wird der Kopf nicht unterstützt, kann die unten liegende Extremität durch Kompression geschädigt werden.
Knie: Ein Kissen oder andere Lagerungshilfsmittel zwischen den Knien mindert den Druck auf die unten liegende Extremität.
Ellenbogen: Kissen oder andere Lagerungshilfsmittel zwischen den Ellenbogen verringern ebenfalls den Druck auf die unten liegende Extremität.
Plexus brachialis: Der Plexus kann geschädigt werden, wenn der Körper auf die unten liegende Achsel drückt. Der Druck kann vermieden werden, wenn ein zusammengerolltes Tuch unter die obere Thoraxhälfte gelegt wird.
Umlagerung von der Rücken- in die Seitenlage
Die Umlagerung eines anästhesierten und relaxierten Patienten bedarf großer Sorgfalt, um einen Blutdruckabfall und Schädigungen der Gelenke zu vermeiden. Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion entstehen hierbei v. a., weil durch die Anästhetika die normale Reflexreaktion des Kreislaufs auf Lageänderungen beeinträchtigt ist. Schäden an den Gelenken werden durch den Verlust des Muskeltonus begünstigt.
Praktische Anleitung
Für die Umlagerung des anästhesierten Patienten sind mindestens 3 Helfer erforderlich.
Narkose zunächst in Rückenlage einleiten, für die Umlagerung jedoch möglichst flach halten, um die Kreislaufreflexe und den Muskeltonus nicht zu sehr zu beeinträchtigen.
Danach 5°- bis 10°-Tieflagerung, um den venösen Rückstrom zu fördern.
Beim Umlagern Endotrachealtubus durch einen Helfer am Kopfende sichern.
Infusionsleitungen abstöpseln, alle Kabel und Zuleitungen sichern oder kurzfristig lösen.
Den auf dem Rücken liegenden Patienten an den Rand des OP-Tisches ziehen und anschließend durch 2 Helfer auf die Seite drehen; hierbei liegt der Patient auf seinem unteren Arm, während der obere Arm dem Körper angelegt wird.
Danach Patienten zu Dreiviertel in Bauchrichtung drehen, unteren Arm vorsichtig herausziehen und seitlich auf den Tisch lagern, ohne das Schultergelenk zu zerren.
Nun Hüfte und Schulter wieder bis zur Tischkante zurückziehen und dann den Patienten auf den Bauch drehen.
Danach Lagerungskissen unter Hüften und Thorax legen, damit die Bauchwand völlig frei beweglich bleibt und kein Druck auf die V. cava inferior ausgeübt wird.
Zum Abschluss den Kopf richtig und stabil lagern, um Druck auf Knochenvorsprünge, Karotissinus (Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen) und venöse Abflüsse zu vermeiden.
Die Lithotomielagerung ist in 10.1007/978-3-662-50444-4_29 beschrieben, weitere spezielle Lagerungen in den entsprechenden Kapiteln.
Präoxygenierung des Patienten (O2-Voratmung)
Der Atemstillstand während der Narkoseeinleitung führt bei Intubationsschwierigkeiten oder Misslingen der Intubation innerhalb von ca. 3 Minuten zu einem lebensbedrohlichen O2-Mangel (Hypoxie), wenn der Patient nicht überbrückend mit Atembeutel/Atemmaske beatmet werden kann.
Die O2-Vorräte in der Lunge können aber durch 3- bis 5-minütige Voratmung von 100%igem Sauerstoff über eine dicht sitzende Gesichtsmaske von normal 400 ml auf ca. 2.650 ml erhöht werden (Auswaschen des Stickstoffs in der Lunge). Hierdurch stehen im günstigen Fall ca. 10 min für die endotracheale Intubation zur Verfügung.
Praxistipp
Eine optimale Präoxygenierung ist nur zu erreichen, wenn die Maske dicht aufgesetzt, zwischendurch nicht wieder abgenommen und der Sauerstoff für 3–5 min zugeführt wird. Alternative: 8 sehr tiefe Atemzüge über die dicht sitzende Gesichtsmaske mit einem Gasfluss von 12 l/min.
Praktische Hinweise
Kreissystem vor der Präoxygenierung 2 min mit hohem O2-Fluss spülen.
Adipöse Patienten für die Präoxygenierung mit erhöhtem Oberkörper lagern.
Der O2-Fluss über die dicht sitzende Gesichtsmaske sollte mindestens 6 l/min betragen.
Die Maske muss dicht sitzen und darf zwischendurch nicht abgenommen werden, damit nicht erneut Stickstoff in die Lunge gelangt und den vorhandenen Sauerstoff verdünnt.
Unter der Präoxygenierung sollte die O2-Sättigung deutlich ansteigen, möglichst auf 100%.
Bei stark Adipösen sowie bei Hochschwangeren, bei kleinen Kindern und Patienten mit schweren Störungen der Lungenfunktion gelingt es meist nicht, die O2-Vorräte der Lunge maximal aufzufüllen. Entsprechend steht bei ihnen weniger Zeit für die Intubation zur Verfügung.
Vorgehen bei der Standardintubationsnarkose
Nach den Empfehlungen der Anästhesie-Fachgesellschaften (DGAI u. BDA) ist für die Ein- und Ausleitung einer Allgemeinanästhesie eine qualifizierte Assistenz erforderlich. Während dieser Zeit darf das Assistenzpersonal nicht mit anderen Aufgaben betraut sein. Das Assistenzpersonal muss zudem mit der Ausrüstung und den örtlichen Gegebenheiten vertraut und auch in allen übrigen Phasen der Anästhesie für besondere Situationen jederzeit verfügbar sein.
Maßnahmen zur Pneumonieprävention
Perioperativ sollten nach Empfehlungen des RKI folgende risikomindernden Maßnahmen durchgeführt werden:
Prämedikationssubstanzen so dosieren, dass das Bewusstsein erhalten bleibt und eine Aspiration vermieden wird,
Vermeidung der Aspiration bei Narkoseeinleitung,
hygienische Händedesinfektion vor und nach der endotrachealen Intubation,
Tragen keimarmer Handschuhe bei der Intubation,
Anreichen des Trachealtubus unter aseptischen Bedingungen,
Händedesinfektion vor und nach dem endotrachealen Absaugen; beim Absaugen Tragen keimarmer Handschuhe; Verwendung steriler Absaugkatheter; Vermeidung einer Kontamination des Katheters; b. B. steriles Wasser zur Spülung verwenden,
vor Narkoseausleitung: Sekrete im Oropharynx absaugen, um eine Aspiration zu verhindern, dabei keimarme Handschuhe tragen, danach hygienische Händedesinfektion.
Eine Antibiotikaprophylaxe zur Verhinderung der postoperativen Pneumonie wird nicht empfohlen Der Nutzen einer perioperativen Spülung des Oropharynx mit Schleimhautantiseptika ist nicht gesichert.
Einleitung der Narkose
Aus Sicherheitsgründen sollte der Anästhesist die Narkose immer mit einer Assistenzperson einleiten; der Patient sollte sich dabei in Rückenlage befinden. In der Regel wird i.v. eingeleitet. Inhalationseinleitungen sollten beim Erwachsenen wegen möglicher respiratorischer Komplikationen in der Exzitationsphase nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden. Gelingt es bei kleinen Kindern nicht auf Anhieb eine Venenkanüle zu legen, kann per Inhalation mit Sevofluran eingeleitet werden (10.1007/978-3-662-50444-4_19).
Hauptgefahren bei der Narkoseeinleitung sind:
Blutdruckabfall und Bradykardie,
Hypoxie durch Misslingen der Intubation und/oder unmöglicher Maskenbeatmung, nicht rechtzeitig bemerkte Intubation des Ösophagus,
pulmonale Aspiration von Magensaft (bei nüchternen Patienten sehr selten).
Intravenöse Narkoseeinleitung
Die intravenöse Narkoseeinleitung ist Standard bei allen Erwachsenen. Die Wahl des i.v.-Anästhetikums ist bei sonst gesunden Patienten nicht von wesentlicher Bedeutung, wenn die Kontraindikationen beachtet und die Substanzen nach Wirkung dosiert werden (10.1007/978-3-662-50444-4_10).
Praktische Hinweise
Für das Einführen einer Larynxmaske scheint Propofol günstiger zu sein als Thiopental, da seltener respiratorische Effekte (Husten, Schluckauf usw.) auftreten.
Soll der Patient rasch erwachen, ist Propofol oder Etomidat vorteilhafter als Thiopental, besonders wenn diese Substanz mehrfach nachinjiziert wird.
Bei hämodynamisch gefährdeten oder instabilen Patienten weist Etomidat die geringsten kardiovaskulären Nebenwirkungen auf (Aber: keine Repetitionsdosen anwenden); Propofol und Thiopental müssen wegen ihrer blutdrucksenkenden Wirkung vorsichtig dosiert werden.
Bei Patienten im Schock kann anstelle von Etomidat auch Ketamin verwendet werden.
Vorgehen bei der i.v.-Narkoseeinleitung (1 Arzt und 1 Fachpflegekraft)
Multifunktionsmonitor anschließen, Ausgangswerte messen und im Narkoseprotokoll eintragen.
Kopf des Patienten auf einem Intubationskissen lagern.
Opioid vorinjizieren, z. B. 1–2 μg/kgKG Fentanyl, um die Intubationsreaktion (Blutdruckanstieg, Tachykardie) abzuschwächen; Wirkungsmaximum nach ca. 4–5 min; während dieser Zeit kann weiter präoxygeniert werden.
Ist eine deutliche Opioidwirkung (Müdigkeit oder Schlaf) nachweisbar: Injektion des i.v.-Anästhetikums (10.1007/978-3-662-50444-4_10), Dosis nach Wirkung, bei alten Patienten Dosisreduktion.
Wenn Patient nicht mehr ansprechbar und Lidreflex erloschen: Patient mit Atembeutel über Gesichtsmaske beatmen; dabei Esmarch-Handgriff anwenden.
ND-Muskelrelaxans für die Intubation injizieren (10.1007/978-3-662-50444-4_11), möglichst erst nach vollständiger Muskelerschlaffung intubieren, um Husten und Pressen zu vermeiden.
Sofort Tubuslage mit Kapnometer kontrollieren: wird CO2 in entsprechender Menge und mit jedem Atemzug gleichbleibend ausgeatmet? Auskultation des Thorax: sind die Atemgeräusche vorhanden und seitengleich? (Einzelheiten 10.1007/978-3-662-50444-4_8).
Bei korrekter Lage: nach Bedarf Beißschutz (z. B. Guedel-Tubus o. Ä.) einführen, Endotrachealtubus mit Pflaster im Mundwinkel fixieren.
Augenschutz durch Augenpflaster und/oder klares Augengel. Beachte: Die Augenlider sollten bei Pflasternutzung sicher geschlossen sein.
Larynxmaskennarkose: 10.1007/978-3-662-50444-4_8.
Aufrechterhaltung der Narkose
Da die schmerzhafte Stimulation im Verlauf einer Narkose wechselt, schwankt auch der jeweilige Anästhetikabedarf. Entsprechend muss die Dosierung der Anästhetika dem Operationsverlauf angepasst werden, um eine zu flache oder zu tiefe Narkose zu vermeiden. Eine zu flache Narkose führt häufig zu Blutdruckanstieg und Tachykardie, auch kann der Patient in sehr seltenen Fällen erwachen. Eine zu tiefe Narkose beeinträchtigt die Herz-Kreislauf-Funktion: Der Blutdruck fällt ab, häufig auch die Herzfrequenz. Hierdurch kann die Durchblutung lebenswichtiger Organe wie Herz und Gehirn bedrohlich vermindert werden. Im Extremfall können Herzinfarkt, Herztod und/oder Hirnschädigungen die Folge sein.
Der Operationsverlauf muss vom Anästhesieteam fortlaufend beobachtet werden, um den Anästhetika- und evtl. Volumenbedarf einschätzen zu können. Dies gilt auch für die Beobachtung der von den Überwachungs- und vom Narkosegerät angezeigten Parameter. Dagegen ist die direkte Beurteilung des Patienten (Pupillengröße, Schwitzen, Hautfarbe) bei vielen Eingriffen wegen der erforderlichen OP-Abdeckung und Lagerung nicht möglich.
Der Narkosemittelbedarf richtet sich v. a. nach der Intensität der jeweiligen chirurgischen Stimulation, wechselt also im Verlaufe einer Operation und nimmt zum Ende hin meist deutlich ab.
In der Zeit zwischen Intubation (starker Stimulus) und OP-Beginn ist der Narkosemittelbedarf in der Regel gering. Beim Hautschnitt steigt er dagegen abrupt an, so dass eine sorgfältige Anpassung der Anästhetika erforderlich ist, um starke Blutdruckanstiege oder gar ein Erwachen des Patienten zu verhindern.
Muskelrelaxierung
Viele Eingriffe erfordern nach der Intubationsdosis keine weitere Zufuhr von Muskelrelaxanzien. Sind Relaxanzien erforderlich, sollten sie so dosiert werden, dass dem Operateur das chirurgische Vorgehen erleichtert wird. Um eine Überdosierung zu vermeiden, sollten Relaxometer eingesetzt werden (10.1007/978-3-662-50444-4_11).
Intraoperativer Flüssigkeitsersatz
Die Flüssigkeitszufuhr während der Operation sollte sich nach dem Bedarf richten. Übermäßige Volumenzufuhr muss vermieden werden (restriktives Flüssigkeitskonzept); sie kann zu Lungenödem, Hirnödem, Darmwandödem, Anastomoseninsuffizienz, Gerinnungsstörungen und Wundheilungsstörungen führen.
Empfohlenes Vorgehen
Keine prophylaktischen Schnellinfusionen vor der Narkoseeinleitung, auch nicht vor Spinal- oder Periduralanästhesien, wenn kein Volumenmangel vorliegt.
Durch Anästhetika ausgelöste Blutdruckabfälle mit i.v.-Vasopressoren behandeln, nicht mit Volumenzufuhr.
Erhaltungsbedarf mit isotonen Elektrolytlösungen (nicht mit Glukoselösungen) decken: 0,5–1 ml/kgKG/h + ausgeschiedene Urinmenge
- Anpassung des Erhaltungsbedarfs an die Größe der Operation:
- 4 ml/kgKG bei geringem Operationstrauma,
- 6 ml/kgKG bei moderatem Operationstrauma,
- 8 ml/kgKG bei großem Operationstrauma.
Bei positiver Flüssigkeitsbilanz: Diuretikum zuführen.
Ersatz von Blutverlusten 10.1007/978-3-662-50444-4_16 und 10.1007/978-3-662-50444-4_17.
Ausleitung und Erwachen
Gegen Ende der Operation nimmt der Anästhetikabedarf meist ab, sodass deren Dosierung vermindert werden kann. Wurden überwiegend Inhalationsanästhetika wie Isofluran eingesetzt, muss die Zufuhr rechtzeitig unterbrochen werden, um ein rasches Erwachen des Patienten zu ermöglichen. Sevofluran und Desfluran können dagegen wegen ihrer sehr raschen Ausatmung bis unmittelbar vor OP-Ende zugeführt werden. Durch Steigerung der Ventilation kann die Elimination der volatilen Anästhetika zusätzlich beschleunigt werden. Auch Opioide sollten kurz vor Operationsende nicht mehr zugeführt werden (Ausnahme: Remifentanil und für die postoperative Schmerzprävention zugeführte Opioide wie z. B. Piritramid), da sonst mit operativer Atemdepression gerechnet werden muss.
Inhalationsanästhesie: 10.1007/978-3-662-50444-4_9.
TIVA: 10.1007/978-3-662-50444-4_10.
Antagonisierung von Muskelrelaxanzien
Wurden die Muskelrelaxanzien strikt nach Bedarf dosiert und die Wirkung mit einem Relaxometer kontrolliert, ist in der Regel keine Antagonisierung erforderlich, vorausgesetzt, es wurde kurz vor OP-Ende nicht mehr nachrelaxiert. ND-Relaxanzien werden mit Anticholinesterasen antagonisiert, Rocuronium auch mit Sugammadex (10.1007/978-3-662-50444-4_11).
Extubation
Grundsätzlich sollte erst extubiert werden, wenn die Schutzreflexe vollständig zurückgekehrt sind, der Patient ausreichend atmet, schluckt und ansprechbar ist. Vor der Extubation sollte der Patient für einige Minuten 100%igen Sauerstoff erhalten; Sekrete im oberen Respirationstrakt sollten noch in Narkose abgesaugt werden, um Abwehrreaktionen zu vermeiden. Routinemäßiges endobronchiales Absaugen ist dagegen nicht indiziert. Bei der Extubation sollten Husten, Pressen und Stimmbandverschluss gegen den Tubus möglichst vermieden werden, auch um das Operationsergebnis nicht zu beeinträchtigen.
Vor dem Transport in den Aufwachraum sollte nach der Extubation noch für einige Minuten Sauerstoff über eine Gesichtsmaske zugeführt werden. Erst wenn der Patient ausreichend spontan atmet, wird er in den Aufwachraum gefahren.
Anästhesie bei Patienten mit vollem Magen
Kleinere Eingriffe sollten beim nicht nüchternen Patienten, wenn immer möglich, in Lokalanästhesie erfolgen. Ist eine Allgemeinnarkose erforderlich, sollte immer endotracheal intubiert werden.
Keine Maskennarkosen (einschließlich LMA) und keine Beatmung über die Maske beim nichtnüchternen Patienten!
Aspirationsgefahr besteht v. a. während der Einleitung der Narkose und bei der Extubation. Darum sind entsprechende Vorsichtsmaßnahmen erforderlich.
Narkoseeinleitung bei vollem Magen („Ileuseinleitung oder Rapid Sequence Induction , RSI) “)
Zu beachtende Grundsätze bei nichtnüchternen Patienten
Absauggerät mit kurzen dicken und langen dünnen Kathetern bereitstellen
Oberkörper des Patienten für die Narkoseeinleitung erhöht lagern, ausreichend lange präoxygenieren
Patient evtl. wach (fiberoptisch), unter leichter Sedierung und Lokalanästhesie intubieren
Aktives Erbrechen verhindern
Exzitationsphase vermeiden
Rasch wirkende i.v. Anästhetika verwenden
Relaxans der Wahl für die Intubation ist Succinylcholin oder Rocuronium
Intraabdominelle Drucksteigerungen verhindern
Rasche Intubation der Trachea, jedoch erst wenn die Wirkung des Relaxans eingetreten ist
Nach OP-Ende den Patienten erst extubieren, wenn die Schutzreflexe zurückgekehrt sind
Vor der Narkoseeinleitung ist eine ausreichend lange und technisch korrekt durchgeführte Präoxygenierung erforderlich, damit bei evtl. Intubationsschwierigkeiten entsprechend Zeit zur Verfügung steht (Einzelheiten: 10.1007/978-3-662-50444-4_8).
Eingeleitet wird immer i.v., niemals per Inhalation.
Zu keinem Zeitpunkt der Narkoseeinleitung (außer im äußersten Notfall) darf der Patient über die Maske beatmet werden, weil hierdurch eine Aufblähung des Magens mit Regurgitation hervorgerufen werden kann.
Sellick-Handgriff
Bei diesem Handgriff wird der Kehlkopf durch Druck mit den Fingern einer Assistenzperson nach hinten verschoben und dadurch der Ösophagus verschlossen. Diese Maßnahme darf nur bei Regurgitationsgefahr durchgeführt werden, nicht hingegen bei Erbrechen (Gefahr der Ösophagusruptur!). Der Nutzen steht aber in Frage.
Maßnahmen bei Regurgitation oder Erbrechen
Tritt trotz prophylaktischer Maßnahmen eine Regurgitation oder Erbrechen auf, muss der Mageninhalt so rasch wie möglich abgesaugt werden, um eine Aspiration zu verhindern. Hierzu leistungsstarkes Absauggerät mit dickem Absaugkatheter einsetzen. Weitere Maßnahmen 10.1007/978-3-662-50444-4_32; Behandlung der Aspirationspneumonie 10.1007/978-3-662-50444-4_57
Kombination von Allgemeinanästhesie und Periduralanalgesie
Bei großen Bauch- oder Thoraxeingriffen kann die Allgemeinnarkose mit einer Katheterperiduralanalgesie kombiniert werden. Durch dieses Verfahren können die operationsbedingte Stressreaktion abgeschwächt und vielleicht auch der postoperative Verlauf günstig beeinflusst werden.
Folgendes sollte beachtet werden
Der Periduralkatheter wird am Vortag oder am Morgen der Operation vor der Narkoseeinleitung angelegt. Der Zeitaufwand beträgt für den geübten Anästhesisten ca. 10–15 min.
Die Punktionshöhe richtet sich nach dem Operationsgebiet. Oberbauch- und Thoraxeingriffe erfordern eine thorakale Punktion, da der Katheter nicht von lumbal in den thorakalen Bereich vorgeschoben werden kann. Bei Unterbaucheingriffen kann der Katheter lumbal platziert werden.
Bei der Narkoseführung ist zu beachten, dass die peridurale Analgesie den Anästhetikabedarf teils drastisch vermindert; allerdings besteht bei zu flacher Narkose die Gefahr der intraoperativen Wachheit.
Vor allem die thorakale PDA bewirkt eine ausgeprägte Sympathikolyse mit der Gefahr starker Blutdruckabfälle. Wegen der Blockade der das Herz beschleunigenden Nerven (Nn. accelerantes) ist die reflektorische Steigerung der Herzfrequenz aufgehoben (Bradykardie/Asystoliegefahr).
Fast-track-Anästhesie
Die Anästhesie des „schnellen Pfades“ (fast track) ist Teil des Konzepts der sog. Fast-track-Chirurgie, die bei definierten Krankheitsbildern und entsprechend geeigneten Patienten nach Standards vorgeht. Ziel dieses Konzepts ist die möglichst rasche Erholung und Entlassung des Patienten aus der Klinik, auch um Kosten zu sparen. Für die Fast-track-Anästhesie werden gut steuerbare, kurz wirkende Anästhetika wie Remifentanil, Propofol, Desfluran und Sevofluran eingesetzt, aber auch die kombinierte Allgemeinanästhesie/Periduralanalgesie oder reine Regionalanästhesien. Zu den unterstützenden Maßnahmen gehören:
Aufrechterhaltung der normalen Körpertemperatur durch aktiven Wärmeschutz,
eingeschränkte Flüssigkeitszufuhr, z. B. 2–3,5 l bei Kolonoperationen, jedoch Erhalt des normalen Blutvolumens,
PONV-Prophylaxe bei gefährdeten Patienten,
Entfernung der Magensonde bei der Extubation,
wenn möglich: Verzicht auf Drainagen.
Transport
Transport in den Aufwachraum
Sind die Vitalfunktionen stabil, kann der Patient in Begleitung des Anästhesisten oder einer Fachpflegekraft in den Aufwachraum transportiert werden. Atembeutel und Atemmaske sollten griffbereit sein. Nach größeren Eingriffen kann es nützlich sein, auf dem Transport Sauerstoff über eine Gesichtsmaske zuzuführen. Bei Umlagerungsmanövern, aber auch beim Transport muss beachtet werden, dass die orthostatischen Regulationsmechanismen noch beeinträchtigt sein können (Gefahr des Blutdruckabfalls oder Kreislaufkollapses). Auch können bereits auf dem Transport teils heftige Schmerzen auftreten, die umgehend behandelt werden müssen. Orientierungsstörungen des Patienten sind keine Seltenheit und sollten durch geduldiges und beruhigendes Zureden und Erklären der Situation („sie sind im Krankenhaus und gerade operiert worden“) gemildert werden. Nicht zuletzt muss auch mit erneuter Abnahme des Wachheitsgrades (Vigilanz) bis hin zur Nichterweckbarkeit gerechnet werden, ebenso mit einer postnarkotischen Atemdepression durch Wegfall intensiver Stimulation bei noch anhaltender Restwirkung von Anästhetika.
Transport von Intensivpatienten
Wie immer, steht auch hierbei die Patientensicherheit im Vordergrund. Eine Schwachstelle im Informationsaustausch ist die mündliche Übergabe des Patienten. Kurz oder mittellang dauernde Transporte und die nachfolgende Übergabe sollten daher durch die betreuende Pflegeperson und den betreuenden Arzt erfolgen. Die Überwachungs- und Behandlungsstandards müssen auch auf dem Transport fortgesetzt werden. Hierfür ist ein geeignetes Monitorsystem erforderlich. Grundlage sind das EKG und die Pulsoxymetrie, bei beatmeten Patienten möglichst auch die Kapnometrie. Bei schwer kranken Patienten sollte eine invasive Blutdruckmessung auch auf dem Transport fortgesetzt werden.
Footnotes
Unter Mitarbeit von C. Hermes, T. Müller-Wolff
Contributor Information
Collaborators: Tobias Fink and Tilmann Müller-Wolff
Nachschlagen und Weiterlesen
- [1].DGAI und BDA (2010) Entschließungen, Empfehlungen, Vereinbarungen, Leitlinien. Ein Beitrag zur Qualitätssicherung in der Anästhesiologie. 5. Aufl. Aktiv Druck, Ebelsbach und im Internet unter www.dgai.de
- [2].Welk I, Bauer M. OP-Management: Praktisch und effizient. Berlin Heidelberg: Springer; 2011. [Google Scholar]
Internet
- [3].AWM (2013) S3-Leitlinie: Vermeidung von perioperativer Hypothermie. www.awmf.org
- [4].AWM (2012) Leitlinie Perioperative Antibiotikaprophylaxe. www.awmf.org
- [5].BDA. Umsetzung der Gefahrstoffverordnung. Empfehlungen der BDA-Kommission „Gesundheitsschutz am anästhesiologischen Arbeitsplatz“. www.dgai.de
- [6].Bundesministerium der Justiz. Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten. www.gesetze-im-internet.de/mpbetreibv/index.html
- [7].DGAI und BDA (2013). Mindestanforderung an den anästhesiologischen Arbeitsplatz. Empfehlungen. www.bda.de/docman/
- [8].DGAI und BDA (2007) Ärztliche Kernkompetenz und Delegation in der Anästhesie. www.bda.de/docman
- [9].DGAI (2010). Empfehlung der DGAI zur Medizinprodukte-Betreiberverordnung. www.dgai.de
- [10].DGAI (2009). Atemkalk: Hinweise zu korrektem Umgang und fachgerechter Nutzung. www.dgai.de
- [11].Latexallergie-Informationsvereinigung LAIV. Die Latexallergie. www.laiv.de





