Abstract
Im privaten und beruflichen Umfeld sind wir von Technologien umgeben und interagieren täglich mit ihnen. Das Smartphone ist unser täglicher Begleiter, hilfreiche digitale Haushaltshilfen wie Saugroboter sind in jedem Haushalt vertreten und die meisten von uns haben bereits versucht mit Chatbots zu kommunizieren. Auch in der Industrie wird vermehrt den Einsatz von Technologien genutzt, um etwa grosse Objekte wie Fahrzeuge mithilfe von Robotern zu bauen. Industrie- und Servicerobotern nehmen also an Bedeutung zu. Robotik ist ein umfangreiches Thema. Daher führt dieser Beitrag den Begriff Robotik aus Sicht der Wirtschaftsinformatik ein, geht auf die verschiedenen Robotertypen ein und beschreibt das Robotic Process Automation, das insbesondere in der Wirtschaftsinformatik Anwendung findet. Der Beitrag schliesst mit einer Diskussion über die Potenziale der Robotik.
Schlüsselwörter: Industrieroboter, Mensch-Maschine-Interaktion, Robotertypen, Robotic Process Automation, Robotik, Serviceroboter, Technologie, Wirtschaftsinformatik
Abstract
In our private and working life, we are surrounded by technologies and interact with them on a daily basis. The smartphone is our constant companion, helpful digital household aids such as vacuum robots are present in every household and most of us have already tried to communicate with chatbots. The industry is also increasingly using technology to build large objects such as vehicles using robots. Thus, industrial and service robots are becoming more and more important. Robotics is an extremely broad topic. Therefore, this contribution introduces the term robotics from the perspective of information systems, deals with the different types of robots and describes the robotic process automation, which is used especially in information systems. This article closes with a discussion about the potentials of robotics.
Keywords: Human-machine-interaction, Industrial robots, Information systems, Robot types, Robotic process automation, Robotics, Service robots, Technology
Robotik gewinnt zunehmend Bedeutung in der Dienstleistungsbranche
Die zunehmende Digitalisierung und dessen Akzeptanz seitens der Benutzer hat dazu geführt, dass Technologien ein fester Bestandteil in unserem Privat- und Berufsleben geworden sind. Dies wiederum hat einen grossen Einfluss auf die Dienstleistungsbranche. Kunden erwarten schnellere, kostengünstigere und auf sie zugeschnittene Angebote beziehungsweise integrierte Serviceleistungen, die alle wichtigen Aspekte von A–Z erfüllen und somit zu einem positiven Kundenerlebnis führen. Unternehmen als Anbieter von Produkten und Dienstleistungen sind damit gefordert ständig neue Wege zu finden, um diesen steigenden Kundenerwartungen gerecht zu werden und um langfristig erfolgreich und wettbewerbsfähig zu sein.
Der Einsatz von Technologien in der Dienstleistungsbranche ist nicht neu. Mit der Anwendung von Webseiten, Smartphone-Applikationen und Robotern versprechen sich Anbieter Nutzenpotenziale, wie niedrigere Kosten, effizientere Prozesse und somit eine höhere Kundenbindung. Dem Einsatz von Robotern, zum Beispiel von Industrie- oder Servicerobotern, kommt hierbei eine rasant wachsende Bedeutung zu, um Produkte zu individualisieren (Stichwort: Losgröße 1) und Dienstleistungen mit einem stets positiven Kundenerlebnis anzubieten. Zum Beispiel kommen Chatbots im Kundendienst zum Einsatz, um den Kunden in seiner Problemstellung weiterzuhelfen (Stucki et al. 2018, 2020), an der Hotelrezeption empfängt ein Roboter die Gäste (Salzburg.org.at 2019) und Roboter führen (teils) selbstständig Operationen an Mensch und Tier durch (Bendel 2018), um nur einige Beispiele zu nennen. Hierzu gilt es bestehende Prozesse innerhalb sowie ausserhalb einer Organisation bestmöglich zu flexibilisieren und zu automatisieren, um den Kunden mit stetig verbesserten beziehungsweise neuen Produkten und anwenderfreundlichen Serviceleistungen zu überraschen und zufriedenzustellen.
Robotik ist ein Thema, welches verschiedene Disziplinen, wie Ingenieurwesen, Informatik, Wirtschaftsinformatik, Kommunikationswissenschaften, Psychologie und Ethik, interdisziplinär vereint. Eine Abstimmung und ein Zusammenwirken aller Disziplinen ist erforderlich, um die erfolgreiche Einführung und auch Nutzerakzeptanz von Robotern zu ermöglichen. Denn die Interaktion und Kollaboration zwischen Mensch und Maschine hängt nebst dem gewünschten Mehrwert in Form von besserem Leistungsangebot und niedrigeren Kosten auch von den Aspekten ab, wie Vertrauen („vertraue ich der Maschine?“), verantwortungsvollem Umgang mit Daten („wird meine Privatsphäre respektiert?“), Transparenz („ist es nachvollziehbar, warum sich ein Roboter so verhält“) und Ethik („sind die automatisierten Entscheidungen und Ausführungen ethisch vertretbar?“). Daher handelt es sich bei Robotik um ein umfangreiches Thema, dass aus verschiedenen Perspektiven angegangen werden muss. Aufgrund des rasanten Fortschritts der Technologien und auch insbesondere durch das Aufkommen des diesjährigen Coronavirus wird vermehrt der potenzielle Einsatz von Robotern diskutiert.
Dieser Beitrag dient dazu, einen groben Überblick über Robotik aus Sicht der Wirtschaftsinformatik zu geben. Daher folgt im nächsten Abschnitt ein Versuch den Begriff Robotik zu beschreiben. Abschn. 3 widmet sich einer einfachen Einordnung von Robotertypen. Abschn. 4 beschreibt das Spezialgebiet von Robotic Process Automation, das insbesondere in der Wirtschaftsinformatik von großer Bedeutung ist. Im Abschn. 5 werden abschließend die Potenziale und Chancen des Einsatzes von Robotik beleuchtet.
Robotik: Eine Begriffserklärung
Für den Begriff Robotik („Robotics“) gibt es keine einheitliche Definition. Siciliano et al. (2010) beschreiben beispielsweise Robotik als Maschinen, welche die Menschen bei der Ausführung von körperlichen Aktivitäten aber auch in der Entscheidungsfindung ersetzen. Gombolay et al. (2015) hingegen sprechen eher von einer Unterstützung; das heißt, der Mensch entscheidet, wann welche Aufgabe durchgeführt wird und der Roboter reagiert auf die Befehle und übt die Aktivitäten aus. Kragic et al. (2018) wiederum sehen in der Robotik die Möglichkeit kollaborative Roboter („collaborative robots“ bzw. „cobots“) zu bauen, welche mit Menschen zusammenarbeiten und sich somit komplementär ergänzen. Die Form der Zusammenarbeit zwischen Roboter und Mensch kann daher ganz unterschiedliche Formen annehmen.
Weiter werden Roboter anhand ihrer Komponenten – Hardware und Software – unterschieden. Hasebrook et al. (2020) beschreiben zum Beispiel in ihrem Buch, wie physische Roboter als Technikkollegen eingesetzt werden können und Pott und Dietz (2019) präsentieren in ihrem Werk verschiedene Typen von Industrierobotern (vgl. Abschn. 3.1). Czarnecki und Auth (2018) setzen hingegen auf die Prozessdigitalisierung, bei der Softwareroboter Anwendertätigkeiten erlernen und automatisiert ausführen (vgl. Abschn. 4) und Stucki et al. (2018, 2020) erläutern den Einsatz von Chatbots (interaktive Softwareroboter) und dessen Potenziale in einem grossen Unternehmen. Der Begriff Robotik umfasst somit alle Arten von physischen Cybersystemen und Anwendungen mit fortschrittlichen Algorithmen und beschäftigt sich mit dessen Konzeption, Entwicklung und Betrieb. Die Robotik stellt also ein interdisziplinäres Fachgebiet dar (Stark 2009), welches gemäss Siciliano et al. (2010) die vier Bereiche Mechanik („mechanics“), Steuerung („control“), Computersoftware („computers“) und Elektronik („electronics“) umfasst. Gilchrist (2017) geht sogar noch einen Schritt weiter und beschreibt in seinem Buch künftige Roboter als fühlende Roboter („sentient robots“) und bindet somit unter anderem auch die Psychologie und die Kommunikationswissenschaften ein.
Im Bereich der Wirtschaftsinformatik wird der Schwerpunkt auf Roboter gesetzt, die den Menschen in seinen Aktivitäten unterstützen und bestehende Prozesse (bspw. in der Produktion) helfen zu optimieren. Dabei werden in erster Linie die Integration und Interaktion von Robotern in Informationssystemen sowie mit den Anwendern adressiert und weniger die Konstruktion eines Roboters. In Anlehnung an Siciliano et al. (2010) betrifft es also am ehesten die Bereiche der Computersoftware und der Steuerung. Dabei haben moderne Technologien einen starken Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines Roboters; insbesondere der vermehrte Einsatz der künstlichen Intelligenz scheint diesbezüglich vielversprechend zu sein. Die künstliche Intelligenz sowie dessen Einsatz in Robotik wird aufgrund der Umfänglichkeit dieses Themenfeldes hier im Beitrag nicht näher diskutiert und bleibt einem eigenständigen Beitrag vorbehalten.1
Robotertypen: Industrie- und Serviceroboter
Für eine grobe Einordnung der Robotertypen werden die zwei Hauptkategorien von Robotern – Industrie- und Serviceroboter – näher erläutert. Weitere Robotertypen sind beispielsweise mobile Roboter, Weltraum- beziehungsweise Kampfroboter, Mikro- und Nanoroboter und humanoide Roboter (Bendel 2017), wobei diese Ausprägungen auch in den Hauptkategorien zu finden ist. Daher wird an dieser Stelle auf eine detailliertere Unterteilung verzichtet. In der Wirtschaftsinformatik gewinnen zunehmend Serviceroboter an Bedeutung.
Industrieroboter
„Industrieroboter sind universell einsetzbare Bewegungsautomaten mit mehreren Achsen, deren Bewegungen hinsichtlich Bewegungsfolge und Wegen bzw. Winkeln frei programmierbar (d. h. ohne mechanischen Eingriff vorzugeben bzw. änderbar) und gegebenenfalls sensorgeführt sind. Sie sind mit Greifern, Werkzeugen oder anderen Fertigungsmitteln ausrüstbar und können Handhabe- oder andere Fertigungsaufgaben ausführen“ (Weber 2017, S. 16). Ein wesentliches Merkmal von Industrierobotern ist die freie Programmierbarkeit der Bewegungen und der darauffolgenden Aktivitäten. Die Änderungen können manuell eingegeben, selbsttätig aktiviert oder adaptiert werden (Hesse 2013).
Industrieroboter lassen sich im Wesentlichen in zwei Kategorien einteilen (Pott und Dietz 2019):
Serielle Roboter: Zu den seriellen Roboter gehören der Knickarmroboter, der SCARA2-Roboter und der Portalroboter. Der Knickarmroboter wird typischerweise fürs Schweissen, Kleben und Handhaben eingesetzt und ist für seine gute Zugänglichkeit und Beweglichkeit bekannt, der SCARA-Roboter ist besonders für senkrechte Montagen geeignet und der Portalroboter findet beispielsweise Anwendung in der Mehrmaschinenbedienung von Werkzeugmaschinen oder beim Schneiden mit einem Brenner- oder Laserstrahl (Hesse 2013; Pott und Dietz 2019)
Parallele Roboter: Zu den parallelen Robotern gehören unter anderem der Delta-Roboter, die Stewart-Gough-Plattform und der Seilroboter. Der Delta-Roboter wird aufgrund ihrer guten Geschicklichkeit unter anderem in der Handhabung und Verpackung von Lebensmitteln eingesetzt. Die Stewart-Gough-Plattform wird von sechs Luftmuskeln angetrieben, um eine räumliche Bewegung nachzuahmen; daher wird sie unter anderem für Flugsimulationen und Schwingungsprüfungen genutzt (Gattringer et al. 2010). Bei Seilrobotern werden Seile und Seilwinden als Aktuatoren genutzt und zum Beispiel für die Positionierung einer Kamera oder für Messzwecke eingesetzt (Bruckmann 2010).
Serviceroboter
„Ein Serviceroboter ist eine frei programmierbare Bewegungseinrichtung, die teil- oder vollautomatisch Dienstleistungen verrichtet. Dienstleistungen sind dabei Tätigkeiten, die nicht der direkten industriellen Erzeugung von Sachgütern, sondern der Verrichtung von Leistungen für Menschen und Einrichtungen dienen“ (Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) 1994 in Schraft und Schmierer (1998, S. 2)). Wichtige Merkmale von Servicerobotern sind dabei die intuitive Bedienung, also eine leichte und sichere Handhabung der Bedienoberfläche, und Sicherheit (d. h. jederzeit für den Menschen ungefährlich) (Stark 2009).
Gemäss Bendel (2017) lassen sich Servicerobotern in sechs Typen unterteilen:
Haushalts- und Gartenroboter: Roboter, die im Haushalt, im Garten und in Bürogebäuden für unterschiedliche Aktivitäten (z. B. saugen, Fenster putzen, mähen, Schwimmbad reinigen) eingesetzt werden (vgl. Bendel (2019) für mehr Informationen).
Sicherheits- und Überwachungsroboter: Roboter, die in Stadtteilen, Einkaufszentren und auf Firmengeländen Einsatz finden, um mittels Sensorik Objekte zu erfassen und frühzeitig Gefahren zu erkennen (Pfeiffer 2014). Die erfassten Objekte (bzw. die Situation) werden bewertet und bei Bedarf werden Massnahmen eingeleitet, um etwaige Schäden zu vermeiden (Bendel 2017).
Transport- und Lieferroboter: Roboter, die Objekte aller Art (z. B. Pakete) von einem Ort (vom Absender) an einen anderen Ort (zum Empfänger) autonom transportieren (Bendel 2017). In dieser Kategorie sind insbesondere die mobilen Roboter vertreten, die sich autonom anhand einer Wegeplanung im Raum bewegen können (vgl. Uttendorf 2020).
Informations- und Navigationsroboter: Über eine Benutzeroberfläche (z. B. Chatfenster, Touchscreen) können am Roboter Informationen abgerufen werden. Diese können graphisch (Text, Bild, Video) oder per Audio (Sprache) wiedergegeben werden (Stucki et al. 2018, 2020). Auch Fragen nach dem Weg (Navigation) können gestellt werden. Der Roboter errechnet für den Menschen den effizientesten Weg bis zum Ziel und führt ihn gegebenenfalls dorthin (Fraunhofer IPA o.J.).
Unterhaltungs- und Spielzeugroboter: Roboter als Unterhaltungsinstrument (Pontasch 2012), deren Schwerpunkt mehr auf der Optik als auf der Funktion liegt. Deshalb haben viele Spielzeugroboter eine annähernd menschliche Gestalt, um eine Verbundenheit zwischen Menschen und Roboter zu ermöglichen (Mori 2019).
Pflege- und Therapieroboter: Pflegeroboter sind sozio-assistive Systeme, die für Pflegende sowie für Menschen mit Hilfebedarf Einsatz finden (z. B. Überwachung von Vitaldaten, Unterstützung im Protokollieren) (Hülsken-Giesler und Daxberger 2018). Therapieroboter – funktionieren und sehen wie klassische Therapiegeräte aus – haben die Aufgabe Symptome einer Person zu beseitigen oder zu lindern und die gewünschte physische und psychische Funktion (wieder-)herzustellen (z. B. mithilfe von Medikation und Krankengymnastik) (Bendel 2018).
Robotic Process Automation: Eine Begriffserklärung
Robotic Process Automation (RPA) bezieht sich auf die technologische Nachahmung der Arbeitsaktivitäten eines Menschen respektive Anwenders innerhalb eines Prozesses, mit dem Ziel strukturierte und meist repetitive Aufgaben schneller, genauer und kosteneffizienter auszuführen (Digital McKinsey 2016). Im Vergleich zu den im Abschn. 3 eingeführten Robotertypen handelt es sich hier nicht um einen physischen Roboter (d. h. elektromechanische Maschine), sondern um eine softwarebasierte Lösung (Madakam et al. 2019). Diese ist so konfiguriert, dass sie spezifische Aufgaben, die bisher vom Menschen manuell ausgeführt wurden, auf der Grundlage vordefinierter Regeln automatisch ausführt (Aguirre und Rodriguez 2017). Das heisst, der Softwareroboter erlernt die manuellen Tätigkeiten und führt sie dann automatisch durch (Czarnecki und Auth 2018). RPA erkennt und liest im Wesentlichen Felder auf einem Bildschirm einer Anwendungssoftware, modifiziert, wenn nötig, den Inhalt und überträgt den Wert in andere Felder der gleichen oder anderen Software (Kirchmer 2017). RPA automatisiert also regelbasierte Prozesse, die Routineaufgaben, strukturierte Daten und deterministische Ergebnisse beinhalten (z. B. Eingabemasken ausfüllen, Daten extrahieren und Berechnungen ausführen) (Aguirre und Rodriguez 2017; Czarnecki und Auth 2018; Madakam et al. 2019). Aber auch die Integration der künstlichen Intelligenz ist im RPA-Umfeld im Kommen, um die Prozessautomatisierung noch leistungsfähiger zu machen, beispielsweise durch die Fähigkeit auch mit unstrukturierten Daten umgehen zu können (Kirchmer 2017).
Im Vergleich zu anderen Technologielösungen wird RPA über eine Benutzeroberfläche des IT-Systems (Front-End) integriert und ermöglicht so mit praktisch jeder Software, die von den Nutzern verwendet wird, zu interagieren (Kirchmer 2017). RPA ist also nicht Teil der IT-Infrastruktur einer Organisation (integriert im Back-End), sondern kann flexibel auf jedes System angesetzt werden (Aguirre und Rodriguez 2017; Madakam et al. 2019).
Diskussion und Ausblick
Bereits früh wurde über die Automatisierung von Prozessen durch mechanische oder technologische Lösungen nachgedacht, experimentiert und schliesslich umgesetzt. Robotik umfasst, wie in diesem Beitrag erläutert, viele Arten von Cybersystemen, die aus Hard- und/oder Software bestehen können – von Knickarmroboter über autonome Betriebssysteme zu Robotern mit Interaktionscharakter. Sie unterscheiden sich im äusseren Erscheinungsbild, teilen aber eine Gemeinsamkeit, das Ziel, für welches sie geschaffen wurden: Prozesse zu automatisieren und dadurch in konstanter Art und Weise bessere Resultate mit weniger Aufwand zu erbringen. Die Arbeitstätigkeiten, die bisher durch Menschen durchgeführt wurden, mit Robotern zu ergänzen oder sogar zu ersetzen, dies kann jedoch auch leicht zur Abneigung und Ablehnung durch den Nutzer führen, da ständig „die Gefahr im Raum steht“ als Mensch durch Robotersysteme ersetzt zu werden. Diese Angst ist berechtigt, denn durch Robotersysteme werden auch bestimmte Arbeitsschritte und Arbeitsplätze bis hin zu kompletten Berufsbildern überflüssig – aber es entstehen auch neue Berufsprofile, die jedoch ganz andere Kompetenzen und Fähigkeiten erfordern. Denn in erster Linie übernehmen heutige Roboter repetitive und monotone Arbeiten und überlassen die komplexeren Arbeitsschritte den Menschen (Chui et al. 2016; Hartmann 2018).
Dass sich Technologien rasant weiterentwickeln, lässt sich nicht ignorieren. Daher ist es in naher Zukunft denkbar, dass eine Maschine zum Beispiel in Kombination mit den Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz auch komplexere Arbeiten übernehmen wird. Auch wenn die heutigen Lösungsansätze eher repetitive Aufgaben automatisieren, gilt es sich bereits jetzt mit neuen Modellen und Technologien auseinanderzusetzen. Vielversprechend ist in diesem Kontext das Konzept von Interactive Machine Learning oder Explainable Artificial Intelligence. Bei Interactive Machine Learning „handelt sich um Algorithmen, die mit – teils menschlichen – Agenten interagieren und durch diese Interaktion ihr Lernverhalten optimieren können“ (Holzinger 2016, S. 64). Dabei steht die Interaktion zwischen Menschen und Robotern im Vordergrund, mit der Annahme, dass nur eine Zusammenarbeit zu den gewünschten Resultaten führt. Bei Explainable Artificial Intelligence hingegen liegt der Schwerpunkt in der Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen durch die Maschine. Während neuronale Netze meist eine Blackbox darstellen, soll durch Explainable Artificial Intelligence Transparenz und eine Kausalität in den automatisierten Prozessen sowie Verarbeitung der Daten für die Entscheidungsfindung geschaffen werden (Hagras 2018). In diesem Kontext wird häufig auch von Digital Trust gesprochen – dem Vertrauen in der digitalen Verarbeitung der eigenen Daten und Angelegenheiten (Mattila und Seppälä 2016) – eine wesentliche Anforderung für künftige Robotersysteme.
Weiter gilt es sich mit den ethischen Fragen auseinanderzusetzen. Wie sollen Roboter im Zweifelsfall entscheiden, wenn es um Leben und Tod geht? Wer trägt die Verantwortung für das Handeln von Robotern? Erhalten Roboter den gleichen Stellenwert wie wir Menschen? Die digitale Ethik setzt den Fokus auf Fragen, wie Daten im digitalen Wandel genutzt und wie Entscheidungen basierend auf Daten autonom von Robotern getroffen werden dürfen. Ziel ist es zu bestimmen, welche Handlungsweisen im Umgang mit Daten mittels Technologien im Sinne der Menschen wünschenswert sind und als Richtungswert für Robotersysteme gelten sollen (vgl. z. B. Bendel 2019; Grundwald 2019; Spiekermann 2019).
Gemäss Gerst (2020, S. 145 ff) sind folgende Aspekte zu beachten, damit eine Mensch-Roboter-Kollaboration gelingt: Akzeptanz gegenüber der Technologie, funktionierende Interaktion von Menschen und Roboter als Team, ergonomische Gestaltung (d. h. optimale Gestaltung der Schnittstelle zwischen Mensch und Roboter) und psychische Arbeitssystemgestaltung (u. a. Vermeidung von Monotonie und psychischer Ermüdung). Daher gilt es in Zukunft nicht nur die Konzeption, den Bau und die Implementierung von Robotern weiter zu erforschen, sondern insbesondere auch die Integration von Robotern in Informationssysteme und die Interaktion von Mensch und Maschine miteinzubeziehen. Wie bereits zu Beginn des Beitrags angesprochen, ist Robotik ein interdisziplinäres Forschungs- und Wissenschaftsgebiet, das ein sehr gut funktionierendes Zusammenspiel der verschiedenen Disziplinen erfordert, um die Robotik auch zukünftig zum Wohl der Gesellschaft und der Umwelt weiterzuentwickeln.
Footnotes
Für mehr Informationen über die „Künstliche Intelligenz“ siehe Abele und D’Onofrio (2020). Sie erläutern in Ihrem Beitrag, was unter einer künstlichen Intelligenz zu verstehen ist, welche Komponente sie beinhaltet und wie sie im Geschäftsumfeld eingesetzt werden kann.
SCARA steht für Selective Compliance Assembly Robot Arm.
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