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. 2021 Feb 25;13(1):13–14. [Article in German] doi: 10.1007/s15033-021-2679-y

Sterblichkeit bei schwerer COVID-19 mit invasiver Beatmung bei Älteren eher über 50 %!

Stephan Budweiser 1,
PMCID: PMC7881311  PMID: 33613781

Hintergrund und Fragestellung: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient mit COVID-19 an dieser Erkrankung stirbt, wird von der WHO mit 3,9 % angegeben. Leider ist die Prognose von Patienten, die aufgrund einer COVID-19-Pneumonie oder ARDS invasiv beatmungspflichtig werden, noch deutlich ungünstiger.

Allerdings unterliegt die sog. "case fatality rate" (CFR), d. h. der Anteil der Patienten, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne an der Erkrankung sterben, einer großen Spannbreite. Im Fall der CFR bei invasiv beatmeten COVID-19-Patienten könnte dies nach Ansicht der Autoren auf die Datenpräsentation in den einzelnen Studien, unterschiedliche Behandlungsstrategien, oder auf die heterogenen Patientenkollektive zurückzuführen sein. Ziel der vorliegenden Arbeit war, eine umfassendere Evidenz zur CFR bei invasiv beatmeten COVID-19-Patienten anhand einer Metaanalyse zu gewinnen.

Patienten und Methoden: Die Auswahl der inkludierten Studien für die Metaanalyse wurde von zwei Autoren getroffen. Als primärer Endpunkt wurde die "berichtete CFR", d. h. die CFR unabhängig davon, ob die Patienten bereits auch aus der Klinik entlassen wurden bzw. gestorben waren, definiert. Zusätzlich wurde auch die "definitive Klinik-CFR" evaluiert. In diesem Fall wurden nur Patienten berücksichtigt, bei denen bekannt war, ob sie den Klinikaufenthalt überlebten oder nicht. Zusätzlich wurde der Einfluss von Patientenalter, Region und Studienqualität untersucht.

Ergebnisse: Aus 69 Studien in 23 Ländern wurden 57.420 Patienten, die aufgrund von COVID-19 invasiv beatmet werden mussten, einbezogen. Dabei ergab sich eine "berichtete CFR" von 45 % (95%-KI 39-52). Allerdings konnte nur für 22,8 % der Studienpopulation eine "definitive CFR" angegeben werden. Unter Berücksichtigung von Studien, in denen Informationen über das Alter vorlagen, bewegte sich die Sterblichkeit zwischen 47,9 % (95%-KI 46,4-49,4 %) bei Patienten < 40 Jahre und bis zu 84,4 % (95%-KI 83,3-85,4) bei Patienten > 80 Jahren. Die CFR war ebenso höher in Zentren mit hoher Fallzahl zu Beginn der Pandemie. Insgesamt bestand eine hohe Heterogenität zwischen den Studien.

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Schlussfolgerung: Bei Patienten mit beatmungspflichtiger COVID-19-Pneumonie lag die Sterblichkeit bei knapp 50 %, bei vollständigem Follow-up und vor allem bei älteren Patienten allerdings deutlich darüber.

Kommentar von Prof. Dr. med. Stephan Budweiser.

Sterblichkeit in der ersten COVID-19-Welle bei invasiver Beatmung erschreckend hoch

Diese Metaanalyse bestätigt die bekannte hohe Sterblichkeit bei invasiv beatmeten COVID-19-Patienten. Die Tatsache, dass bei weniger als einem Viertel der Patienten überhaupt bekannt war, ob diese den Klinkaufenthalt überlebt hatten, erklärt, dass die "definitive CFR" mit 49,5 % höher war. Die adjustierte "definitve CFR" wurde sogar mit 56 % (95%-KI 47-65 %) angegeben. Auch in Deutschland war die CFR, wie die Arbeit von Karagiannidis [1], in der 53 % der Patienten mit invasiver Beatmung starben, in einem ähnlichen Bereich.

Der vorliegenden Metaanalyse zufolge war in Zentren, die früh in der COVID-19-Pandemie hohe Fallzahlen aufwiesen, die Sterblichkeit signifkant höher. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass am Beginn der Pandemie wenig gesicherte Erkenntnisse über den spezifischen Verlauf der Erkrankung bekannt waren, und sich erst nach und nach eine gewisse Lernkurve im Management kritisch erkrankter COVID-19-Patienten entwickelte. Zusätzlich dürfte in diesem Zusammenhang auch die Verfügbarkeit medizinischer Ressourcen in besonders betroffenen Regionen eine Rolle gespielt haben. Passend dazu wurde in den acht Studien aus New York von einer deutlich höheren CFR (78 %, 95%-KI 68-88 %) im Vergleich zu anderen Regionen der USA berichtet, in denen die CFR "nur" bei 49 % (95%-KI 35-63 %) lag. Ein ähnlicher Zusammenhang wurde auch bei Vergleich der CFR in Wuhan mit den anderen chinesischen Regionen gesehen. Die Tatsache, dass bei älteren Patienten eine deutlich höhere CFR bestand, steht vermutlich in erster Linie mit den mit zunehmendem Alter häufigeren Komorbiditäten in Zusammenhang. Möglicherweise werden aber mit höherem Alter nicht immer alle Therapieoptionen, z. B. Nierenersatzverfahren oder auch ECMO, ausgeschöpft und häufiger Therapiebegrenzungen definiert. Bemerkenswert ist aber dennoch, dass die CFR bei Patienten > 60 Jahre bereits bei über 70 % lag.

Die teilsweise signifikante Variabilität der CFR zwischen den einzelnen Studien könnte nach Ansicht der Autoren aber zudem auch auf unterschiedliche Schwellen bzw. Kriterien für eine Intensivverlegung zurückzuführen sein.

Die vorliegende Metaanalyse, die alle relevanten Studien umfasste, die bis Anfang August 2020 publiziert waren, zeigt, dass die Sterblichkeit in der ersten COVID-19-Welle erschreckend hoch war. Es bleibt die Hoffnung, dass wir nach hohen Todesraten in der ersten Welle, aber der nunmehr größeren Erfahrung im Umgang mit den Patienten (z. B. tendenziell spätere Intubation, Strategien zur Antikoagulation) einschließlich verbesserter Therapieoptionen (z. B. systemische Steroide) es schaffen, die CFR nachhaltig zu senken.

Originalie.

Lim ZJ, Subramaniam A, Reddy MP et al. Case Fatality Rates for COVID-19 Patients Requiring Invasive Mechanical Ventilation: A Meta-analysis. Am J Respir Crit Care Med. 2020; https://doi.org/10.1164/rccm.202006-2405OC

Prof. Dr. med. Stephan Budweiser.

Medizinische Klinik III Klinikum Rosenheim Pettenkoferstraße 10 83022 Rosenheim stephan.budweiser@ro-med.de

Literatur:

  • 1.Karagiannidis et al. Case characteristics, resource use, and outcomes of 10 021 patients with COVID-19 admitted to 920 German hospitals: an observational study. Lancet Respir Med. 2020;8(9):853-62 [DOI] [PMC free article] [PubMed]

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