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. 2020 Jun 10;64(4):56–63. [Article in German] doi: 10.1007/s12176-020-0105-7

Dynamisches Portfolio Management von Digitalaktivitäten

Friedrich von Boeselager 1,, Patrice Motlik 1, Hendrik Hellhammer 1, Robin Aden 1
PMCID: PMC7941331

Vielen Unternehmen mangelt es an einer Gesamtübersicht über ihre Digitalaktivitäten. Das Digital Governance Model kann hier Abhilfe schaffen. Die Implementierung eines Digital Transformation Office und die Einführung eines Portfolio-Managements ermöglicht es Unternehmen, ihre digitale Transformation strategisch, dynamisch und transparent zu steuern.

Lässt es sich verhindern, dass eigenständige Marken nicht aufeinander abgestimmt die gleiche App entwickeln, obwohl sie zum selben Konzern gehören? Einer der größten Automotive Original Equipment Manufacturer (OEM) der Welt hat genau dieses Problem identifiziert und beschloss, mittels eines Projekts digital "aufzuräumen". Die Problemstellung selbst ist jedoch nicht unternehmensspezifisch. Sie ist typisch für viele Industrieunternehmen, die in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Digitalisierung ihres Geschäfts begonnen haben. Diese Digitalaktivitäten umfassen meist Projekte zu Technologien (zum Beispiel 3-D-Druck), zu Wertschöpfungsketten (beispielsweise Industrie 4.0) sowie zu strategischen Vorgaben (zum Beispiel datengetriebene Produkte).

Die Größe vieler Unternehmen und die zunehmende Diversifizierung von Geschäftsbereichen führen tendenziell dazu, dass Digitalaktivitäten dezentral und in großer Variantenvielfalt entstehen. Die Unternehmensführung identifiziert diese "Selbstläufer" häufig erst sehr spät oder gar nicht. Sowohl für die zentrale Unternehmenssteuerung als auch für die dezentralen Bereiche birgt diese Vorgehensweise zahlreiche Herausforderungen (vergleiche Gehrke 2017, S. 138). Für die zentrale Unternehmenssteuerung auf der einen Seite ergibt sich daraus eine fehlende Gesamtübersicht und Transparenz über Digitalaktivitäten. Das hat zur Folge, dass für Entscheidungsgremien die Identifizierung beziehungsweise Priorisierung strategierelevanter Digitalaktivitäten erschwert wird. Zudem ist die digitale Transformation nicht einheitlich messbar, da Key Performance Indicators (KPIs) für Fortschritt, Wirksamkeit und Synergien fehlen. Den dezentralen Bereichen auf der anderen Seite fehlen durch Lenkungsausschüsse und Steuerkreise vorgegebene Fokusthemen im Bereich der Digitalisierung. Die Kategorisierung von Digitalaktivitäten erfolgt nur in geringem Maße und ist im schlimmsten Fall ganz individuell und somit absolut uneinheitlich. Durch eine unzureichende Übersicht über die Digitalaktivitäten im Unternehmen können mögliche Synergien nicht identifiziert und Redundanzen nicht vermieden werden.

Um dieses Dilemma lösen zu können, wurde ein Ansatz zum Management der digitalen Transformation entwickelt, der sich auf die Kernfragen Steuerung (Vernetzung und Monitoring) und Organisation (Gremien und Entscheidungen) verdichten lässt. Im Folgenden wird das dahinterstehende Digital Governance Model (DGM) als Idealmodell vorgestellt (vergleiche Abbildung 1).

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Digital Governance Model

Das Digital Governance Model harmonisiert die strategische und operative Sicht auf Digitalaktivitäten und eignet sich deshalb besonders gut zu deren Portfoliosteuerung. Es ist zum einen in der Lage, die Koordination zwischen zentraler strategischer Steuerung und dezentralen operativen Bereichen zu vereinfachen. Zum anderen kann es die Komplexität des Zusammenspiels von Digitalaktivitäten reduzieren.

Komplexität reduzieren

Alle Digitalaktivitäten lassen sich in einem ersten Schritt einer der beiden folgenden Ebenen eines Unternehmens zuordnen: der Ebene des Geschäftsmodells oder der Ebene des Betriebsmodells. Das Geschäftsmodell deckt die kundennahen Bereiche ab, die zur Einnahmengenerierung und zum Vertrieb von Produkten und Services nötig sind. Dazu gehören beispielsweise Marketing, Vertrieb und Retail. Das Betriebsmodell hingegen umfasst die Bereiche der Geschäftsprozesse. Hierzu zählen Beschaffung, Entwicklung und Produktion sowie Unterstützungsbereiche wie Finanzen, IT und HR.

"Unternehmen unterschätzen vielfach die Problematik der Steuerung von dynamischen Digitalaktivitäten."

In einem zweiten Schritt werden die Digitalaktivitäten innerhalb der jeweiligen Ebene entweder in Unternehmenskerntätigkeiten - Core Activities - oder in Unternehmensentwicklungschancen - Opportunity Activities - eingeteilt. Zur Kategorie Core Activities zählen die Optimierung existierender Geschäftsmodelle (zum Beispiel der Einsatz von Connected Car Services) sowie die Optimierung existierender Prozesse (beispielsweise der Einsatz von Augmented Reality in der Logistik). In die Kategorie Opportunity Activities fallen disruptive Geschäftsmodelle wie beispielsweise eine Mobility-as-a- Service-Plattform oder innovative Prozesse wie etwa fahrerlose Transportsysteme in der Fahrzeugproduktion.

Die zwei Ebenen und deren jeweilige weitere Unterteilung bilden vier Dimensionen, mit deren Hilfe sich ein umfassendes Portfolio für Digitalaktivitäten erstellen lässt (vergleiche Tabelle 1). Für alle vier Dimensionen des Portfolios können potenzielle Synergien entstehen (vergleiche Kesler/Kates 2016, S. 8). Das zur Visualisierung des Portfolios herangezogene "Atommodell" verdeutlicht, wie weit die jeweiligen Digitalaktivitäten vom Kerngeschäft beziehungsweise von den Kernprozessen eines Unternehmens entfernt sind (vergleiche Abbildung 2). Deren Beweglichkeit auf den Kern zu bedeutet, dass sie Kernbestandteil des Unternehmens werden. Eine Bewegung vom Kern weg zeigt, dass sie sich wieder beziehungsweise immer noch in einer Versuchsphase befinden oder bewusst aus dem Kern heraus "entlassen" werden und sich neu beweisen müssen. Das Modell gewährleistet so die Portfoliosteuerung im Sinne einer durchlässigen permeablen Membran.

Dimension Potenzial durch Portfolio-Steuerung
Entwicklung disruptiver Geschäftsmodelle

strategische Vorgaben zu Core Activities

Übernahme neuer Potenziale aus innovativen Betriebsmodellen

Optimierung existenter Geschäftsmodelle Integration innovativer Betriebsmodelloptimierungen in existierende Marketing-/Vertriebs-Retail-Aktivitäten
Optimierung existierender Prozesse

erfolgreiche Projekte: Unternehmensweites Ausrollen von bewährten Praktiken

datengetriebene Enabler für Optimierung existenter Geschäftsmodelle

Entwicklung innovativer Prozesse

gescheiterte Projekte: "Skalierbare" Lerneffekte

Zentralisierung von Know-how in Competence Centern

Quelle: MHP - A Porsche Company

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Durch das Zusammentragen des Portfolios entsteht eine Übersicht, welche und wie viele Digitalaktivitäten zu disruptiven Geschäftsmodellen oder zur Optimierung bestehender Prozesse beitragen. Außerdem wird der Einsatz gleicher Technologien sofort erkennbar: Der Einsatz von Augmented Reality zum Beispiel ist nicht auf die Logistik begrenzt, sondern kann auch für den Vertrieb eingesetzt werden. Zudem benötigen und erzeugen Digitalaktivitäten naturgemäß Daten und können dadurch als Befähiger (Enabler) für weitere Digitalaktivitäten dienen. Dies durchbricht zunehmend traditionelle Bereichsgrenzen. Der Umfang eines geeigneten Steuerungsinstrumentes, mithilfe dessen das Portfolio Management umgesetzt wird, sollte sich an der Komplexität des Unternehmens orientieren. Während in einem globalen Industriekonzern der Aufbau einer eigenen digitalen Plattform sinnvoll sein kann, könnten für ein regional agierendes mittelständisches Unternehmen bereits standardisierte Excel-Tools den Steuerungsbedarf decken.

Damit steht die Basis des Digital Governance Models zur Steuerung der digitalen Transformation fest. Zu erörtern bleibt noch, wo und wie diese am besten in die Organisation eines Unternehmens einzubetten ist.

Koordination vereinfachen

Zwei Ansätze sind bei fast allen Unternehmen beobachtbar: Entweder werden Digitalaktivitäten in einem Top-down-Ansatz auf Basis von aus der Strategie abgeleiteten Fokusthemen bewusst durch eine zentrale Steuerungseinheit getrieben, oder es wird in einem Bottom-up-Ansatz schlicht in Kauf genommen, dass durch dezentrale Umsetzungseinheiten organisch oder anorganisch vollständig eigenständige Digitalaktivitäten entstehen.

Zwar kann die zentrale Unternehmenssteuerung mit einem Top-down-Ansatz dafür sorgen, dass über die Unternehmensstrategie Digitalaktivitäten zielgerichtet und gebündelt umgesetzt werden sowie Fokusthemen mit entsprechenden Ressourcen (Budget, Mitarbeiter, Know-how) des Unternehmens ausgestattet werden. Dennoch scheitert der auf Planbarkeit und Kontrolle basierende Top-down-Ansatz bei einer reinen Anwendung an der extrem hohen Dynamik der digitalen Transformation: Jährlich entstehen neue Wettbewerber, Märkte, Geschäftsmodelle und Technologien.

Die meisten Aspekte der digitalen Transformation betreffen bestimmte dezentrale Bereiche wie etwa Entwicklung, Produktion oder Vertrieb dadurch, dass dort erstmalig Technologien als Enabler für Geschäftsmodelle eingesetzt werden. Dezentral bottom-up getriebene Digitalaktivitäten bieten den Vorteil, innovative Lösungen für marktspezifische Probleme entwickeln zu können, ohne sich mit Gremien der zentralen Steuerung abstimmen zu müssen.

"Mit höherer Vielfalt der Digitalaktivitäten steigt zwar das Synergiepotenzial, aber auch die Steuerungskomplexität."

Allerdings liegt genau hierin auch ein Nachteil des Bottom-up-Ansatzes (vergleiche Gleich/Möller 2015, S. 56): Da die Digitalaktivitäten nicht aufeinander abgestimmt sind, werden mögliche Synergieeffekte nicht genutzt und die Aktivitäten selbst meist auch nicht auf strategische Relevanz geprüft (vergleiche Beyer/Kirchgeorg 2016, S. 417). Eine Auswahl und Übertragung von bewährten Praktiken (Best Practices) in andere dezentrale Bereiche mit vergleichbaren Digitalaktivitäten erfolgt so häufig nicht.

Beide Ansätze bringen elementare Vorzüge mit sich, der Top-down-Ansatz stärkt die strategische Zielorientierung und der Bottom-up-Ansatz die Innovationskraft. Bisher werden diese in der täglichen Projektwelt jedoch selten gebündelt. Mit der Einführung des Digital Governance Models können die Vorteile beider Ansätze durch einen hybriden Management-Ansatz genutzt werden. Eine zentrale Steuerung entscheidet über Ausrichtung und Selektion von Digitalaktivitäten und gibt den dezentralen Bereichen gemäß ihrer Kompetenzführerschaft Fokusthemen vor. Die dezentralen Bereiche wiederum sind für die Ideenausgestaltung zuständig und für die operative Umsetzung von Digitalaktivitäten verantwortlich.

Da es im Kern um eine komplexe Abwägung auf dem oftmals verminten Gebiet zwischen effektiven Strategievorgaben und effizienten Umsetzungsmöglichkeiten geht, sollten die Zuständigkeiten zwischen zentraler Unternehmenssteuerung und dezentralen Fachbereichen für die Vorgaben und Umsetzungen von Digitalaktivitäten sehr detailliert ausgearbeitet werden. Um die Vorteile des Top-down- und Bottom-up-Ansatzes in Einklang zu bringen, empfiehlt sich die Einrichtung einer unabhängigen Organisationseinheit, die die Steuerung des Portfolios der Digitalaktivitäten übernimmt (vergleiche Kienbaum 2017, S. 18). Sie kann beispielsweise als zentrale Stabsstelle fungieren, welche der Digitalverantwortliche eines Unternehmens leiten könnte.

Digital Transformation Office etablieren

Als wesentlicher Bestandteil des DGMs ist eine universell einsetzbare Organisationseinheit notwendig, die sich auf jegliche Unternehmensstruktur adaptieren lässt: vom Konzern, bei dem die Abstimmung der dezentralen Aktivitäten der Tochtergesellschaften mit der Konzernstrategie im Vordergrund steht, bis hin zum mittelständischen Unternehmen, bei dem verschiedene Standorte die dezentralen Bereiche abbilden können. Diese Aufgabe leistet ein Digital Transformation Office (DTO). Es ermöglicht die in der digitalen Transformation notwendige bereichsübergreifende Kollaboration, nimmt eine orchestrierende Rolle ein und dient zudem als neutrale Anlaufstelle bei Unstimmigkeiten zwischen zentraler Unternehmenssteuerung und dezentralen Umsetzungsbereichen.

Die Aufgabe des Digital Transformation Office ist die Auswahl und Priorisierung von Digitalaktivitäten (Top-down-Ansatz). Bei Bedarf kann es die Anpassung der strategischen Vorgaben empfehlen. Es verantwortet Monitoring und Feedback der Digitalaktivitäten für die zentrale Steuerung (Bottom-up-Ansatz). Um das Digital Transformation Office als Teil des Digital Governance Models vollständig aufzubauen, bedarf es neben der oben gezeigten Steuerung des Portfolios der Berücksichtigung von zwei weiteren Handlungsfeldern, Change Management und Gremien, die unmittelbar mit der Governance-Struktur verknüpft sind.

Implementierung des Digital Governance Models

Die erfolgreiche Implementierung einer Governance-Struktur zur Steuerung der digitalen Transformation erfolgt in mehreren Schritten und umfasst einen Zeitraum von etwa zwölf Monaten. Im ersten Schritt müssen - ein schon bestehendes Digital Transformation Office vorausgesetzt - die notwendigen Rahmenbedingungen gesichert sein und der Status quo der Digitalaktivitäten im Unternehmen erfasst werden. Dafür stehen drei Monate zur Verfügung. Im zweiten Schritt, für den ebenfalls drei Monate veranschlagt werden, können erste Synergien gehoben und Anforderungen für eine Steuerung definiert werden. Nach einem halben Jahr der Vorbereitung kann dann mit der Implementierung eines Portfolio-Steuerungs-Tools begonnen werden.

Rahmenbedingungen

Neben der Portfoliosteuerung an sich muss ein Change Management etabliert werden, um alle Mitarbeiter, die von direkten Änderungen betroffen sind, vorzubereiten und mitzunehmen. Hierfür hat sich im genannten Beispielunternehmen ein Patenmodell als sehr nützlich erwiesen, in dem das Digital Transformation Office sogenannte personifizierte Schnittstellen zu allen von der digitalen Transformation betroffenen Bereichen aufgebaut hat. Aus diesen wurden sogenannte Digital-Change-Botschafter ausgewählt, die über die aktuellen Strategieentscheidungen zur digitalen Transformation am besten informiert sind und diese unkompliziert in ihre entsprechenden Bereiche tragen können. Zum anderen ist eine Gremienstruktur aufzubauen, durch die das Digital Transformation Office ideal mit der zentralen Steuerung und den dezentralen Bereichen verknüpft ist.

Status quo

Von Beginn an müssen alle Digitalaktivitäten im Unternehmen erfasst werden. Sie werden in das Atommodell eingeordnet, sodass klar ist, welcher Dimension sie zuzurechnen sind. Am Ende des dritten Monats sollte ein vollständiges Portfolio aller Digitalaktivitäten vorliegen. Der Überblick macht erste Redundanzen zwischen Bereichen sichtbar und gibt Hinweise auf mögliche Synergien.

Portfolio-Steuerung

Steht das initiale Portfolio fest, wird dieses im Weiteren in enger Abstimmung mit den dezentralen Bereichen verfeinert. Erste Funktionsanforderungen an das digitale Portfolio-Steuerungs-Tool werden aufgenommen sowie eine Make-or-buy-Entscheidung im Digital Transformation Office anhand eines Kriterienkatalogs (beispielsweise Cloud-Verfügbarkeit, Erweiterungsoptionen, Performance, Möglichkeit zum Customizing) getroffen. Wichtig hierbei ist es, die Redundanzen zwischen den dezentralen Bereichen vollständig zu heben, um Synergien schnell nutzbar zu machen. Daneben gilt es, die Kommunikation unter den dezentralen Bereichen zu stärken sowie ein digitales Reporting für die Gremien zur Verfügung zu stellen. Je nach Größe des Unternehmens und Anzahl der dezentralen Bereiche sind hierfür weitere drei Monate notwendig.

Ab Monat sieben wird die Entwicklung des Portfolio-Steuerungs-Tools gestartet. Dies dauert in etwa sechs Monate. Hierbei sollen kleinere Prototypen und neue Funktionen den dezentralen Bereichen sofort vorgestellt werden. Im Rahmen des Change Managements sichert dies die optimale Einbindung der Bereiche in die Entwicklung ab und gewährleistet damit letztlich auch eine rechtzeitige Fertigstellung des Tools.

Im Anschluss ist ein voll funktionsfähiges Tool vorhanden, das sowohl die Portfoliosteuerung beherrscht als auch gleichzeitig ein Regel-Reporting digital ersetzt und sich ideal in die Gremienstruktur des DTOs einfügt.

"Die erfolgreiche Implementierung einer Governance-Struktur zur Steuerung der digitalen Transformation umfasst einen Zeitraum von etwa zwölf Monaten."

Schlussbetrachtung

Das Digital Governance Model ermöglicht durch die Zusammenführung von Top-down- und Bottom-up-Ansatz, dass Digitalaktivitäten nicht mehr nur einseitig nach zentralen Vorgaben gesteuert werden, sondern dass auch bewusst zugelassen wird, dass Fachbereiche die (Digitalisierungs-)Strategie beeinflussen dürfen. Das Digital Transformation Office als unabhängige Organisationeinheit kann durch den hybriden Management-Ansatz die zentralen Vorgaben und die dezentrale Umsetzung dynamisch steuern. Die digitale Transformation im Unternehmen gewinnt an Transparenz, Redundanzen werden vermieden und Synergieeffekte erkannt und genutzt. Das Digital Portfolio Management Tool schafft für Entscheider die ideale Informationsgrundlage, um auf die für das Unternehmen richtigen Digitalaktivitäten zu setzen. Neue, vielfältige Technologien können als Kerntreiber für die Weiterentwicklung und die Optimierung von Geschäftsmodellen und Unternehmensprozessen erkannt und genutzt werden.

Literatur

Beyer, C./Kirchgeorg, M. (2016): Herausforderungen der digitalen Transformation für die marktorientierte Unternehmensführung, in: Gehrckens, H. M./Heinemann, G. (Hrsg.): Digitale Transformation oder digitale Disruption im Handel, Wiesbaden.

www.springerprofessional.de/link/10997028

Gehrke, L. (2017): Entwicklung eines Industrie-4.0-Managementkonzepts als Beitrag zur Digitalen Transformation der Logistik und Produktion - Eine empirische Fallstudienanalyse in der Automobilindustrie, Dissertation, Dortmund.

Gleich, R./Möller, K. (2018): Organisation von Business Analytics - Formen und Entwicklungspfade, in: Krause, S./Pellens, B. (Hrsg.): Betriebswirtschaftliche Implikationen der digitalen Transformation, ZfbF-Sonderheft 72/17, S. 49-63.

www.springerprofessional.de/link/15079496

Kesler, G./Kates, A. (2016): Bridging Organization Design and Performance, New Jersey.

Kienbaum (2017): Die richtige Organisation zur Digitalen Transformation, https://tinyurl.com/die-richtige-Organisation (letzter Abruf: 01.10.2019).

Zusammenfassung.

  • Mit der digitalen Transformation entsteht in Unternehmen ein komplexes und unstrukturiertes Potpourri an Digitalaktivitäten, das sich nur schwer wertschöpfend steuern lässt.

  • Die Einführung einer Portfoliosteuerung in Kombination mit der Etablierung eines Digital Transformation Offices ermöglicht eine dynamische Steuerung der Digitalaktivitäten und trägt zur erfolgreichen digitalen Unternehmenstransformation bei.

  • Das Digital Governance Model schafft einen Ausgleich zwischen Top-down- und Bottom-up-Management-Ansatz durch direkte Feedback-Möglichkeiten aus den Digitalaktivitäten in Richtung Unternehmensstrategie.

Feedback aus der Praxis.

Andreas Kauder, Digital Transformation Office | VW Group Strategy, hat zusammen mit MHP ein digitales Portfolio-Steuerungs-Tool konzernweit eingeführt. Er empfiehlt:

"Wenn ein Unternehmen zum ersten Mal mit Digitalaktivitäten in Berührung kommt, sollte es frühzeitig die Beschreibung der gemeinsamen Steuerungs- und Ordnungsrahmen in Angriff nehmen. Nur so kann es die notwendige Transparenz schaffen, um Redundanzen zu vermeiden und gemeinsame Synergiepotenziale zu identifizieren. Die Funktionalfachbereiche und Marken haben zwar differenzierte Sichtweisen auf den Kunden und Märkte, was notwendig ist, um vielfältige und zugleich wettbewerbsfähige Lösungsansätze im digitalen Wandel hervorzubringen. Sie stehen in einem gesunden Wettbewerb untereinander. Die Entscheider benötigen jedoch einen Überblick über alle Digitalaktivitäten, um die beste Lösung für den Konzern priorisieren zu können. Dafür bietet sich das Digital Portfolio Management Tool an. Es ist die ideale Informationsgrundlage, die Entscheidern ermöglicht, rechtzeitig auf gemeinsame und vor allem auf die für alle Beteiligten richtige Digitalaktivität zu setzen."

Handlungsempfehlungen.

  • Lösen Sie sich von einem reinen Top-down-Management-Ansatz und kommunizieren Sie diese Neuerung proaktiv in Ihre Organisation.

  • Etablieren Sie zwischen der zentralen Unternehmenssteuerung und den dezentralen (Fach-)Bereichen eine unabhängige Organisationseinheit zur Umsetzung der digitalen Unternehmenstransformation, die auch das dafür nötige Change Management übernimmt.

  • Nehmen Sie alle Digitalaktivitäten Ihres Unternehmens auf, um ein Portfolio nach Geschäfts- und Betriebsmodell sowie Optimierung und Weiterentwicklung von Geschäftsmodell und Unternehmensprozessen zu erstellen.

  • Harmonisieren Sie Ihr Portfolio durch Bottom-up-Feedback der Digitalaktivitäten und lassen Sie dadurch eine Anpassung Ihrer strategischen Vorgaben zu.

Ergänzender Studientipp.

von Boeselager, F. (2018): Der Chief Digital Officer - Die Schlüsselposition für eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie. Wiesbaden.

www.springerprofessional.de/link/15428190

Biographies

Friedrich von Boeselager

ist Senior Manager und Berater für Organisationsentwicklung und Transformation Excellence mit langjähriger Führungserfahrung bei MHP - A Porsche Company, Ludwigsburg. graphic file with name 12176_2020_105_Figb_HTML.jpg

Patrice Motlik

ist als Senior Manager bei MHP in leitender Funkion für die Umsetzung von ganzheitlichen Prozesstransformationen verantwortlich.graphic file with name 12176_2020_105_Figc_HTML.jpg

Hendrik Hellhammer

ist Organisationsberater mit den Schwerpunkten Transformation, Governance und Verhaltensökonomie im digitalen Umfeld bei MHP tätig.graphic file with name 12176_2020_105_Figd_HTML.jpg

Robin Aden

ist als Berater mit den Schwerpunkten digitale Transformation und systemisch- integrale Organisationsentwicklung bei MHP tätig.graphic file with name 12176_2020_105_Fige_HTML.jpg

Projekt-Team Digital Governance Model

E-Mail: dgm@mhp.com


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