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. 2021 Jan 26;65(1):14–21. [Article in German] doi: 10.1007/s12176-020-0364-3

"Als Controller weiß ich oft mehr, als ich selbst kommunizieren darf"

Utz Schäffer 1,
PMCID: PMC7941385

Gunhild Grieve und Thomas Denny haben im April 2020 beim Energieversorger RWE ihre Posten getauscht: Seitdem leitet Grieve das Controlling und Risiko-Management und Denny den Bereich Investor Relations. Im Interview sprechen beide über ihre neuen Rollen, Vorteile und Schwierigkeiten der Zusammenarbeit - und über die Frage, welche Folgen die Neuaufstellung von RWE für ihre Arbeit hat.

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Frau Grieve, Herr Denny, Sie haben im April 2020 die Jobs "getauscht". Seitdem leiten Sie, Frau Grieve, das Controlling & Risk Management bei RWE und Sie, Herr Denny, den Bereich Investor Relations. Wie kam es zu dieser Rotation?

Grieve: Wir waren beide schon sehr lange im Unternehmen und bereits seit September 2016 in unseren vorherigen Positionen. 2019 kam dann die Frage auf, welche Aufgabe wir als Nächstes übernehmen, welcher neuen Herausforderung wir uns stellen könnten.

Denny: Ja, in der Tat. Unser gemeinsamer Chef, CFO Markus Krebber, hat uns beide angesprochen. Für mich kristallisierten sich im Gespräch die beiden Bereiche Finanzen RWE AG und Investor Relations RWE AG als interessant heraus. Ich habe zuerst eher den Finanzbereich mit Treasury und internem Finanz-Management favorisiert. Letztlich wurde mir aber sehr schnell klar: Es sind die Investor Relations, die für mich persönlich die spannendere Herausforderung darstellen und die mich viel mehr aus meiner Komfortzone als Controller herauslocken.

Grieve: Bei mir war es ähnlich. Ich bin seit zwölf Jahren bei RWE und war von Anfang an im Bereich Investor Relations tätig. Es gab im Gespräch die Option, Investor Relations mit einem anderen Bereich zusammenzulegen und so meine Position zu verändern. Oder aber einen ganz anderen Bereich zu wählen. Da ich der Meinung bin, dass beim Zusammenlegen von Bereichen schnell auch mal der Fokus verloren gehen kann, habe ich mich für Controlling und Risiko-Management bei der AG entschieden. Ich komme aus dem Investment Banking, und insbesondere der gesamte Bewertungsteil fühlt sich für mich ein bisschen wie Back to the Roots an.

Helfen Ihnen die Erfahrungen aus der alten Position in der neuen Rolle?

Denny: Mir helfen meine bisherigen Erfahrungen bei RWE auf jeden Fall! Ich bin schon 17 Jahre im Unternehmen, zehn davon im Controlling, kenne also nicht nur das Hier und Heute, sondern auch die Historie unseres Unternehmens. Ich weiß, warum wir heute diese bestimmte Struktur haben, weshalb unser Portfolio an Assets in dieser Weise zusammengesetzt ist, warum Braunkohle noch immer eine Rolle bei uns spielt und wir nicht viel früher größer im Bereich Windkraft geworden sind. Das hilft mir, den Investoren und Analysten RWE zu erklären und in den Gesprächen glaubwürdig zu sein. Sie gehen einfach davon aus, dass ich das Unternehmen kenne und verstehe. Sie sind sich sicher, dass ich die nötigen Zahlen und das notwendige Wissen mit an den Tisch bringe.

Grieve: Ich stimme Thomas zu. Auch mir hilft mein Investor Relations Background in meiner neuen Position. Er verschafft mir eine zusätzliche Perspektive auf die Zahlen. Investor Relations denken immer von der Kapitalmarkt- beziehungsweise der Bewertungssicht der RWE-Aktie aus. Das ist eine Perspektive, die auch für das Controlling sehr wertstiftend ist, gerade bei Investitionsentscheidungen. Ich stelle mir bei solchen Entscheidungen Fragen, die mir selbst in meiner alten Rolle gestellt wurden: Was wären die Konsequenzen? Wie würde der Kapitalmarkt das sehen? Noch bin ich so gut in diesem Thema drin, dass ich die Fragen selbst beantworten kann, aber ich werde in Zukunft sicher immer öfter zum Hörer greifen, um Thomas zu fragen "Wie siehst Du das?".

"Investoren und Analysten sind sich sicher, dass ich die nötigen Zahlen und das notwendige Wissen mit an den Tisch bringe." - Thomas Denny -

Frau Grieve, kommt es denn manchmal vor, dass Investoren bei Ihnen anrufen, die Sie noch aus Ihrer alten Rolle kennen?

Grieve: Nein, Investor Relations würden nicht erlauben, dass externe Investoren oder Analysten direkt auf eine andere Funktion im Unternehmen zugehen. Das ist so eine Art Unspoken Rule. Ich würde immer auf Thomas verweisen und ihn informieren.

Ist das Controlling bei Roadshows und den dort stattfindenden Gesprächen mit Analysten und Investoren dabei?

Denny: Bei den Roadshows und Gesprächen mit Investoren selbst nicht. Und das ist auch gut so: Als Controller weiß ich oft mehr, als ich selbst kommunizieren darf. Ich muss sehr genau wissen, was ich sagen darf und was nicht. Letzteres gilt natürlich auch für Investor Relations: Ich muss sehr darauf achten, was ich wie und zu welchem Zeitpunkt sage, um nicht unbewusst Informationen zu transportieren. Investoren und Analysten haben sehr sensible Antennen und achten sehr auf die Tonalität in den Antworten.

Lassen Sie es uns auf den Punkt bringen: Wo liegt im Kern der Unterschied zwischen beiden Rollen?

Denny: Als Controller war ich immer eher nach innen fokussiert. In Investor Relations konzentriere ich mich auf das, was draußen passiert.

Grieve: Ja, das spiegelt sich auch genau so in der Kommunikation. Als Controllerin erkläre ich die Zahlen nach innen, Thomas kommuniziert sie nach außen.

Unterscheidet sich auch der Blick auf die Zahlen?

Grieve: Ja, die Sichtweise auf die Zahlen ist zwangsläufig unterschiedlich. Als Leiterin Controlling schaue ich viel stärker nach vorne auf die Planung, die Projekte für die Zukunft, die Strategie. Ich habe die Jahresprognose im Blick und das verbleibende Jahr und schaue, ob beides zusammenpasst.

Denny: Investor Relations berichten vor allem über Ist-Zahlen und die Strategie. Wir schauen sehr stark darauf, wie wir beispielsweise das aktuelle Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr erklären können. Das ist eine Sichtweise, die im Controlling nicht wirklich berücksichtigt wird. Wir aktualisieren auch nicht so häufig wie das Controlling. Wir haben beispielsweise die Guidance für 2022 draußen. Seitdem wurde die Mittelfrist-Planung, glaube ich, zweimal in der ständigen Prognose überarbeitet, aber wir als Investor Relations aktualisieren nicht jedes Mal aufs Neue nach außen. Das kommunizierte Ziel bleibt weiterhin gültig - solange die aktualisierten Prognosen beziehungsweise die neue Mittelfrist-Planung nicht etwas anderes anzeigen.

"Mein Investor Relations Background verschafft mir eine zusätzliche Perspektive auf die Zahlen." - Gunhild Grieve -

Aber interessiert sich ein Analyst nicht auch primär dafür, was in der Zukunft passiert?

Denny: Schon richtig, aber ich glaube, der Controller denkt einfach drei Ebenen weiter und baut sich entsprechend viel komplexere Modelle, als der Analyst das tut. Er kennt viel mehr interne Daten und Annahmen. Er vergleicht Prognose mit Prognose oder mit dem Budget. Analysten abstrahieren sehr viel stärker und bauen sich ihre eigenen, meist sehr guten Modelle basierend auf öffentlich verfügbaren Informationen. So schätzen sie ab, wie unser nächstes Quartal wird. Als Controller hat man viel mehr Informationen, als der Analyst benötigt - was aber nicht notwendigerweise zu besseren Ergebnissen führt.

Grieve: Die Planung, wie wir sie im Controlling machen, ist arbeitsaufwendig und geht sehr ins Detail. Das kann ein Analyst gar nicht leisten, denn er kennt diese Details nicht. Er macht in der Regel kein Bottom-up-Modell, sondern vergleicht von Jahr zu Jahr, schaut auf den letzten Ist-Stand und baut darauf seine Betrachtung auf. So etwas würden wir im Controlling nie machen.

Inwieweit arbeiten Sie denn im Rahmen der Planung eng zusammen?

Grieve: Vor der eigentlichen Planung bauen wir gemeinsam mit Investor Relations und einem anderen Team einen Outside-In-View. Wir fragen uns auf Grundlage der aktuellen Informationen: Wie sollten in den nächsten drei Jahren die Ergebnisse aussehen? Wir betrachten die Treiber, die wir von außen sehen, und nehmen die Daten, die man auch am Markt bekommt, und machen damit unsere Modelle und Forecasts. Das hilft uns dann, die Planung der operativen Gesellschaften zu challengen.

Denny: Diese Vorgehensweise kommt aus dem IPO-Prozess unserer ehemaligen Tochtergesellschaft Innogy und hat sich sehr bewährt, denn sie hilft, die komplexe Welt zu abstrahieren und zu vereinfachen. Wir betrachten nur fünf bis zehn Parameter und können auf dieser Grundlage sehr viel besser diskutieren. Damit schlagen wir auch eine Brücke zur Kapitalmarktkommunikation, wo wir unsere Planung ja so erklären müssen, dass der Kapitalmarkt sie versteht.

"Ich muss sehr darauf achten, was ich wie und zu welchem Zeitpunkt sage, um nicht unbewusst Informationen zu transportieren." - Thomas Denny -

Grieve: Aus meiner Sicht könnte man noch weiter gehen und sich fragen, ob man nicht den gesamten Planungsprozess genauso vereinfachen und verkürzen könnte. Würde es nicht ausreichen, sich auf einige wesentliche Dinge zu konzentrieren und mit pauschalen Annahmen zu arbeiten?

Spannend. Manchmal kann weniger mehr sein …

Grieve: Ja, ich glaube, es hilft beim Challengen der operativen Gesellschaften, es hilft dem weiteren Prozess, es hilft bei der Erklärung der Treiber.

Lassen Sie uns noch mal eine andere Perspektive einnehmen: Wie gestaltet sich Ihre Zusammenarbeit im Jahresverlauf?

Grieve: Wir haben über das ganze Jahr sehr viele Berührungspunkte. Wir sind wöchentlich durch Sonderthemen und unsere allgemeinen Jours fixes im Austausch. Und wenn sich Themen oder Fragen ergeben, die dort nicht besprochen werden, dann telefonieren wir oder machen eine Videokonferenz.

Denny: Vor ein paar Jahren haben wir eingeführt, dass wir bei den klassischen Reporting-Anlässen zu jedem Quartal eine neue Jahresprognose mitbringen. Damit haben wir einen sehr eng verzahnten Prozess. Wir haben zwei wesentliche Reporting-Termine: Der eine ist unter dem Lead von Controlling, der andere ist unter dem Lead von Investor Relations. Den ersten Termin nennen wir dementsprechend Finanzdialog. Hier versuchen wir einfach, gemeinsam zu verstehen, was die Performance im Quartal war, im Halbjahr oder auch für die Prognose. Der zweite Termin hat den Fokus auf der externen Kommunikation, also Investor Relations und Presse. Hier fragen wir nach den Botschaften, die wir nach draußen tragen wollen. Hier besprechen wir auch ganz konkret die Kommunikationsdokumente. Wir arbeiten da sehr integriert zusammen.

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Welche Personen sind denn daran beteiligt?

Grieve: In der Regel nehmen etwa 15 Personen teil, der CFO und der Head of Controlling der AG und die CFOs und Heads of Controlling der operativen Gesellschaften sowie alle Bereichsleiter der zentralen Finanz-Ressorts. In den Meetings, die eineinhalb bis zwei Stunden dauern, werden die Ist-Zahlen präsentiert, der Forecast, quasi ganze Excel-Tapeten für jedes der Segmente und für den Konzern insgesamt. Jeder liest vor dem Meeting die Unterlagen, sodass hier nur noch Verständnisfragen gestellt werden und man sich ganz auf die Diskussion fokussieren kann.

"Die Sichtweise auf die Zahlen ist zwangsläufig unterschiedlich. Als Leiterin Controlling schaue ich viel stärker nach vorne." - Gunhild Grieve -

Das klingt alles sehr harmonisch. Gibt es im Zusammenspiel auch mal Probleme?

Denny: Als ich noch im Controlling war, war mein wichtigster Stakeholder mein Chef, der CFO. Jetzt rufen mich zusätzlich externe Stakeholder wie Investoren und Analysten an, deren Anliegen für mich die höchste Priorität haben. Wenn ich deshalb dringende Fragen habe und auf andere Bereiche angewiesen bin, die diesen Druck nicht spüren und meine Anfrage nicht entsprechend priorisieren, habe ich ein Problem. Manchmal kommen die Antworten zu spät - oder das Segment oder der Controlling-Bereich redet mit mir gar nicht erst offen über bestimmte Hintergründe. Das läuft nach dem Motto: Wir können extern nicht darüber sprechen und deswegen erzähle ich auch Investor Relations nicht die ganze Wahrheit. Aus meiner Sicht ist das die größte Gefahr in der Zusammenarbeit: Wenn ich selbst nicht die volle Transparenz habe, kann ich mir auch nicht überlegen, was ich nach außen kommuniziere. Das Problem haben wir aber eher mit den dezentralen Bereichen, nicht mit dem Controlling.

Grieve: Dahinter steckt die Befürchtung, dass Investor Relations, wenn sie zu viel wissen, dies zu früh in der Tonalität ihrer Antworten verraten könnten. Zwischen Investor Relations und uns sehe ich da aber ebenfalls keine Konflikt-Potenziale, nur dass wir ab und zu tatsächlich nicht schnell genug sind.

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Herr Denny, verraten Sie uns Ihre Tricks und Kniffe, um trotz der Barrieren alle für Investor Relations notwendigen Informationen zeitnah zu bekommen?

Denny: Ich mache es mir gerne einfacher, indem ich die Fragen oft weit oben in der Organisation stelle. Das ist nicht immer schön, aber so bekomme ich relativ schnell eine Antwort. Stelle ich sie hingegen tief unten in der Organisation, entstehen Abstimmungsschleifen. Im besten Fall erhalte ich die Antwort erst dann, wenn sie mit dem CEO des Bereichs abgestimmt wurde. Das dauert zu lange. Das kann man so natürlich nicht jedes Mal machen, und für wiederkehrende Fragen haben wir Standardprozesse. Der zweite Kniff ist, schon im Vorfeld zu wissen, welche Fragen voraussichtlich kommen werden, und sich die Datenbasis vorher zu sichern. Das tun wir durch einen kontinuierlichen Austausch mit Experten zu Spezialthemen.

"Wir haben über das ganze Jahr sehr viele Berührungspunkte." - Gunhild Gieve -

Lassen Sie uns noch einen Blick auf die Veränderungen der letzten Jahre werfen: Hat sich durch die Übernahme der erneuerbaren Energien die Arbeit von Investor Relations verändert?

Grieve: Ich kann mich noch erinnern, dass wir im Frühjahr 2015 der "Zombie of the Utility World", also Zombie in der Welt der Versorgungsunternehmen genannt wurden, weil wir immer noch einen signifikanten Anteil an Kohleerzeugung hatten, die Regierung mit einer weiteren CO2-Abgabe liebäugelte und wir nicht stark genug in erneuerbare Energien investierten. Inzwischen landet bei uns eine finale Investitionsentscheidung für Erneuerbare-Energien-Projekte nach der anderen auf dem Tisch. Das Thema Nachhaltigkeit ist in den vergangenen zwei Jahren sehr wichtig für die Bewertung des Unternehmens geworden.

Denny: Ja, erst kürzlich hat mich ein Investor gefragt, ob wir noch viele Fragen zur Braunkohle oder zur Steinkohle bekommen. In unserem Halbjahres-Call kam keine einzige Frage mehr zu unseren Kohlekraftwerken. Von der wirtschaftlichen Bedeutung her spielt das Thema aus Sicht der Analysten und der Investoren keine Rolle mehr. Die Fragen lauten jetzt: Wie schnell könnt ihr wachsen? Wie viel könnt ihr investieren? Sind eure Investitionsprojekte on Time und on Budget? Der Fokus liegt sehr stark auf erneuerbaren Energien.

"Wir arbeiten oftmals an den gleichen Dingen, aber die Arbeitsverteilung ist doch sehr viel unterschiedlicher als gedacht." - Gunhild Grieve -

Macht dieser veränderte Fokus die Arbeit in Investor Relations nicht auch ein Stück einfacher?

Grieve: Den Markt interessiert, ob unsere Projekte sich in der Bandbreite bewegen, die wir kommuniziert haben. Solange ich die Antwort gebe: Ja, unsere Projekte erfüllen die Renditeanforderungen, sind unsere Investoren zufrieden. Wenn unsere Projekte aber nicht mehr on Time und on Budget sind, sie die Rendite nicht mehr erreichen oder sich die Wirtschaftlichkeit des Projektes nicht in unserem Ergebniswachstum in den Folgejahren widerspiegelt, wird es auch im Umfeld erneuerbarer Energien spannend. Wir müssen dann zum Beispiel erklären, warum wir für die fünf Milliarden Euro, die wir investiert haben, gerade eben nicht fünfhundert Millionen EBITDA-Wachstum haben, sondern vielleicht weniger oder mehr. In den kommenden Jahren wird es deshalb wichtig sein, klar zu sehen, wie sich die neuen Projekte in unseren Ergebnissen auch wirklich widerspiegeln.

Sie haben jetzt über Renditeanforderungen gesprochen. Wie intensiv schauen Analysten auf das Thema Risiko?

Denny: Ich glaube, das Risiko, das die Analysten und Investoren am stärksten in den Blick nehmen, ist das politische Risiko. Der Wert eines Unternehmens oder einer Investition liegt ja im Wachstum und darin, dass wir immer neue Projekte anstoßen, Investitionsentscheidungen treffen und diese dann wertstiftend umsetzen. Und das hängt vor allem vom politischen Umfeld ab, in Europa beispielsweise vom EU Green Deal, der Erhöhung der Wachstumsziele von Offshore- oder speziell in Deutschland von Verzögerungen im Genehmigungsprozess von Onshore-Windprojekten. Daher spielen neben den Marktrisiken auch die politischen Risiken eine wichtige Rolle. Angesichts all dieser Risiken kommt der Kommunikation schon eine ganz zentrale Rolle zu.

Zu guter Letzt noch eine übergreifende Frage: Was hat Sie im ersten Jahr in der neuen Rolle am meisten überrascht?

Grieve: Wir arbeiten oftmals an den gleichen Dingen, aber die Arbeitsverteilung ist doch sehr viel unterschiedlicher als gedacht. Im Controlling hat man meistens Ruhe, sobald der Vertrag unterschrieben ist. In Investor Relations beginnt dann erst die eigentliche Arbeit, man telefoniert intensiv mit Investoren und Analysten. Ein weiterer großer Unterschied ist, dass man im Controlling immer frei und offen reden kann.

Denny: Genau, das ist auch das, woran ich zuerst gedacht habe. Ich hatte großen Respekt davor, eine Aufgabe zu übernehmen, in der ich sehr darauf achten muss, was ich sage. Es macht mir aber unheimlich Spaß, Sprachrohr des Unternehmens zu sein. Ich bekomme viele Impulse von außen, die ich bei uns einbringen kann. Und ich bekomme sehr stark mit, was das Unternehmen, aber auch, was den Markt treibt. Am spannendsten finde ich, dass ich nie weiß, was mich an einem Tag erwartet. Es passiert sehr oft etwas, das ich vorher nicht habe kommen sehen. Zum Beispiel taucht irgendwo in der Organisation eine Pressemitteilung zum Thema Wasserstoff auf, und dann schießt sich der ganze Markt auf das Thema ein, weil parallel die Politik eine Wasserstoff-Strategie kommuniziert hat. Oder ich fahre morgens um acht Uhr meinen Rechner hoch, sehe eine E-Mail von einem Namen, den ich noch nie vorher gesehen habe, und erfahre, dass der norwegische Staatsfonds seine Anteile an RWE verkauft hat. Parallel lese ich das in einem "Financial Times"-Artikel, und im nächsten Augenblick ruft der CFO an, kurz darauf die Analysten und fragen mich: Was bedeutet das jetzt für RWE?

"Am spannendsten finde ich, dass ich nie weiß, was mich an einem Tag erwartet." - Thomas Denny -

Das hört sich nach einem spannenden Tag an! Frau Grieve, Herr Denny, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Das Gespräch führte Prof. Dr. Utz Schäffer, Direktor des Instituts für Management und Controlling (IMC) der WHU - Otto Beisheim School of Management, Vallendar, und Mitherausgeber der Controlling & Management Review.

E-Mail: utz.schaeffer@whu.edu

RWE AG.

Der börsennotierte Energieversorgungskonzern mit Sitz in Essen ist auf die Stromerzeugung und den Energiehandel spezialisiert. Die Umstrukturierung des Traditionsunternehmen macht RWE zu einem der international führenden Stromerzeuger aus regenerativen Quellen. Bis 2040 hat RWE das Ziel, die Stromproduktion des Konzerns so weit umgestellt zu haben, dass der Anspruch der Klimaneutralität erfüllt wird. Vier Segmente bilden das Kerngeschäft des Konzerns: Offshore Wind, Onshore Wind/Solar, Wasser/Biomasse/Gas und Energiehandel. Hinzu kommt das fünfte Segment Kohle/Kernenergie. Der Essener Konzern beschäftigt weltweit aktuell circa 20.000 Mitarbeiter.


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