Das Thema Lunge im Alter wurde zuletzt vor fast 10 Jahren als Schwerpunktthema in dieser Zeitschrift behandelt [1]. Die jetzt neuerliche Bearbeitung dieser Thematik ist von besonderer Bedeutung. Denn Pneumologie darf nicht erst beginnen, wenn die Patienten alt genug sind, eine Lungenfunktionsprüfung absolvieren zu können (Pädiatrie), und nicht dann aufhören, wenn die Patienten hierfür zu alt sind (Geriatrie). Im Jahr 2018 werden 21 % (16,9 Mio.) der Bundesbürger älter als 65 Jahre und 5,2 Mio. Einwohner über 79 Jahre alt sein (7 %). Für 2028 wird ein Bevölkerungsanteil von 25 % über 65 Jahren (19,7 Mio.) prognostiziert, bei 6,8 Mio. Bürgern über 79 Jahren (8 %). So wichtig die Arbeit der ärztlichen Kollegen in der Geriatrie ist, die diese Patienten im stationären Bereich oft schwerpunktmäßig versorgen, so wichtig ist es, dass die Pneumologie für diese Patienten zuständig bleibt und versucht, geeignete ambulante und stationäre Strukturen für die Versorgung dieser Patientengruppen zu etablieren. Dies wird auch von der Politik so gefordert und spielt in der Bettenplanung in NRW (Nordrhein-Westfalen) in Form einer engeren Verzahnung von Geriatrie und Pneumologie eine zunehmend größere Rolle.
Wie schon beim Schwerpunktheft 2012 sind die wissenschaftlichen Arbeiten zu geriatrischen Aspekten von Lungenerkrankungen und schlafbezogenen Atemstörungen immer noch selten. Erfreulich ist aber der erkennbare Trend. Im Jahr 2017 bildete sich in der DGP (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin) eine eigene Arbeitsgemeinschaft pneumologische Altersmedizin. Aus diesem Arbeitskreis gingen bis jetzt diverse Publikationen hervor [2–10].
Bei geriatrischen Patienten besteht das Risiko, dass trotz gegebener Indikation für eine Spirometrie aufgrund angenommener, nicht mehr vorhandener Eignung diese Untersuchung unterbleibt. Laut Schätzungen ist davon auszugehen, dass dadurch jeder zweite ältere Mensch mit einer COPD (chronische obstruktive Lungenerkrankung) nicht erfasst wird. Zudem wird die mit mehr als 20 % im Alter häufige COPD bei vielen älteren Menschen durch die alleinige Anamnese und ohne Spirometrie nicht entdeckt. H. Frohnhofen zeigt die Möglichkeiten der Durchführung einer Spirometrie im Alter auf und beschreibt, welche Prädiktoren für eine erfolgreiche Durchführung entscheidend sind.
Auch geriatrische Patienten benötigen eine fachgerechte pneumologische Diagnostik und Therapie
Nicht nur die Diagnostik, sondern auch die Therapie im Alter bedarf mehr Schulung als beim jungen Patienten: P. Haidl beschreibt, dass die korrekte Anwendung der Inhalationssysteme eine an die individuellen Fähigkeiten des Patienten adaptierte Schulung erfordert. Bei Patienten mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten sollten die Angehörigen oder das Pflegepersonal einbezogen werden. Die korrekte Auswahl der vielen verschiedenen verfügbaren Inhalationssysteme wird durch die Erkrankung und die notwendigen Inhaltsstoffe bestimmt. Die Koordinationsfähigkeit und der inspiratorische Spitzenfluss sind wichtige Faktoren für die Auswahl des richtigen Präparats. Die Therapiepläne sind einfach zu strukturieren, da aufgrund der erhöhten Komorbidität auch die nichtpneumologische Medikation zu berücksichtigen ist. Die Anzahl der täglichen Inhalationen sollte so gering wie möglich gehalten werden, ggf. unter Verwendung von Kombinationspräparaten.
Die Alterung der Lunge wird im dritten Artikel dieses Hefts beschrieben. Sie ist ein entscheidendes Merkmal bei der Entwicklung der idiopathischen Lungenfibrose. Im Alter kommt zur Alterung des Organs Lunge noch die des Immunsystems hinzu (sog. Immunseneszenz). Die schweren Verläufe von SARS-CoV-2-Infektionen (SARS-CoV-2: „severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“) haben hier ihre Ursache.
Dies gilt auch für die bakterielle Pneumonie: Die sprunghaft ansteigende Mortalität von Pneumonien im Alter wird von H. Frohnhofen im letzten Artikel des Schwerpunktthemas beschrieben. Und nicht nur das: Auch für die überlebenden Senioren ist die akute Pneumonie nicht selten ein Bruch im Leben („life changing event“), sodass häufig nachfolgend erstmalig häusliche Pflege oder eine Intensivierung bereits bestehender Pflege notwendig wird.
Dr. Sven Stieglitz
Interessenkonflikt
S. Stieglitz gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur
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