Wissen für die IMC-Pflege Funktionsstörungen der Atmung sind bei Patienten auf der Intermediate Care Station (IMC) häufig und ein Kernelement pflegerischer Interventionen in diesem Bereich. Eine sorgfältige Überwachung der Atemfunktion ist daher unablässig. Hier werden die wichtigsten atemtherapeutischen Interventionsmöglichkeiten erläutert.
Voraussetzung für eine atemtherapeutische Intervention ist ein Verständnis für die Pathophysiologie der Atemstörungen, die im Folgenden kurz skizziert wird.
Respiratorische Insuffizienz: Generell wird bei der respiratorischen Insuffizienz unterschieden zwischen Ventilations- und Diffusionsstörungen, d.h. zwischen Beeinträchtigung der Atemmechanik (Atempumpe) und Störung des Lungengewebes. Die Symptome der respiratorischen Insuffizienz sind je nach Schweregrad unterschiedlich stark ausgeprägt.
Diffusionsstörungen: Die Diffusion, also der Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid, findet in den Alveolen statt. Die Strecke, die die Atemgase überbrücken müssen, um aus den Alveolen ins Blut der Kapillaren oder umgekehrt zu gelangen, bezeichnet man als Blut-Luft-Schranke. Die Blut-Luft-Schranke ist nur etwa 0,1-1,5 µm dick. Diese dünne Wand ermöglicht einen raschen Durchtritt der Atemgase. Bei einer Diffusionsstörung ist also der Durchtritt der Atemgase durch die Blut-Luft-Schranke erschwert.
Wenn die Diffusionsstörung den Durchtritt von Sauerstoff ins arterielle Blut behindert, kommt es zu einer Hypoxämie (PaO2 < 60 mmHg). Ist auch die Diffusion von Kohlendioxid gestört, kommt es zusätzlich zur Hyperkapnie (PaCO2 > 45 mmHg). Man spricht dann von einer Globalinsuffizienz.
Ventilationsstörungen: Unterschieden werden restriktive und obstruktive Ventilationsstörungen. Bei den restriktiven Störungen ist die Dehnbarkeit der Lunge bzw. des Thorax eingeschränkt z.B. durch Thoraxtrauma, Pleuraerguss oder Thoraxdeformationen. Die obstruktiven Störungen sind durch eine Verengung der Atemwege gekennzeichnet. Typische Erkrankungen sind das Asthma bronchiale oder die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Die COPD ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen der Gegenwart. Auffällig bei den betroffenen Patienten ist die permanente Erhöhung des CO2. Sie können aufgrund der verengten Atemwege das Kohlendioxid nicht mehr in ausreichendem Maße abatmen. Ein Fortbestehen der COPD kann zu einer Überblähung der Lunge führen, es entsteht ein Lungenemphysem. Die überblähten Alveolen werden teilweise zerstört, formieren sich zu größeren Einheiten (Blasen), dadurch verkleinert sich deren Oberfläche und der Gasaustausch verschlechtert sich zunehmend.
Atemfördernde und -unterstützende Maßnahmen
Zu den atemfördernden Basismaßnahmen zählen
die atemerleichternde Positionierung, die die freie Beweglichkeit der Atemmuskulatur - insbesondere des Zwerchfells - unterstützt,
die Mobilitätsförderung als eine der effektivsten Maßnahmen zur Atemförderung,
die Sauerstoffinsufflation bei manifester Hypoxämie,
eine angemessene Schmerztherapie, um Schonatmung zu verhindern.
Im Folgenden sollen die weiteren Maßnahmen erläutert werden, bei denen es schrittweise von der Atemförderung zur Atemunterstützung übergeht. Dies beinhaltet den Einsatz von Atemtrainern und Inhalationstherapie, CPAP/EzPAP, High-Flow-Sauerstoffinsufflation und die Nichtinvasive Ventilation. High-Flow-Sauerstoffinsufflation und Nichtinvasive Ventilation gewinnen aktuell zunehmend auch bei der Behandlung von COVID-19 an Bedeutung.
Einsatz von Atemtrainern
Atemtrainer sind wichtige Hilfsmittel bei der Atemtherapie, sofern sie korrekt eingesetzt und für die Patientensituation passend ausgewählt werden. Bei einigen Trainern wird die Exspiration, bei anderen die Inspiration geschult und verbessert. Je nach Krankheitsbild ist das eine sinnvoll oder das andere vielleicht sogar kontraindiziert. Geräte, welche die Inspiration trainieren, bezeichnet man als SMI-Trainer. SMI steht für "sustained maximal inspiration", also eine langsame und tiefe Einatmung. Die vertiefte Atmung verhindert, dass Atelektasen entstehen, das heißt Lungenareale, die nicht belüftet werden. Sie verbessert die Oxygenierung und fördert das Abhusten von Sekret. Damit dient das Training der Atelektasenprophylaxe und Pneumonieprävention. Bestehende Atelektasen können durch SMI-Trainer jedoch nicht eröffnet werden. Wichtig ist, dass die Inspiration mit einer möglichst geringen Flussgeschwindigkeit (Flow) erfolgt, damit die Atemluft Zeit hat, sich gleichmäßig in der Lunge zu verteilen.
Bei Patienten mit obstruktiven Ventilationsstörungen werden Geräte eingesetzt, die einen Effekt auf die Exspiration haben. Diese sogenannten PEP-Systeme (positive expiratory pressure) lassen die Patienten gegen gezielten Atemwegswiderstand langsam ausatmen. Die langsame Exspiration gegen einen Widerstand verhindert den Bronchialkollaps und hilft, das CO2 abzuatmen. Mit einem Inspirationstrainer könnten diese Patienten sich dagegen erschöpfen, ihre respiratorische Insuffizienz könnte sich verschlimmern. Oszillierende PEP-Trainer (z.B. VRP1-Flutter) erzeugen zusätzlich eine Vibration, die das Sekret in den Atemwegen mobilisiert.
Gezielte Wirkung mit Inhalationstherapie
Bei der Inhalationstherapie handelt es sich um eine topische Medikamentenapplikation. In die Atemwege werden vor allem Sekretolytika und Broncholytika, aber auch Kortikosteroide verabreicht. Die Wirkstoffe lassen sich in der Regel nicht verdampfen (Verdampfung setzt einen niedrigen Siedepunkt voraus, wie er z.B. bei ätherischen Ölen vorliegt). Daher erfolgt die Applikation als Aerosol bzw. durch Verneblung. Aerosole sind kleinste mit Gas oder Flüssigkeit vermischte Schwebeteilchen, Nebel besteht aus feinen Tröpfchen. Je nach Größe gelangen die Partikel / Tröpfchen mehr oder weniger tief in den Respirationstrakt.
Der Vorteil der Inhalationstherapie liegt darin, dass die Substanzen gezielt dosiert und direkt am Zielorgan zur Wirkung kommen und so systemische Nebenwirkungen reduziert werden.
Als Nachteil ist das Hygieneproblem zu nennen, da mit den Partikeln auch Mikroorganismen inhaliert werden können. Zur Prävention sind die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO 2013) zu beachten.
Vorhandene Atelektasen eröffnen
Die bisher genannten Maßnahmen können den Gasaustausch verbessern, sind aber nicht in der Lage, bereits vorhandene Atelektasen zu eröffnen. Dies ist jedoch möglich durch Verabreichen eines kontinuierlichen positiven Atemwegsdrucks, der als CPAP (continuous positive airway pressure) bezeichnet wird. Die Patienten atmen dabei spontan auf einem erhöhten Druckniveau. Die Lunge bleibt auch am Ende der Exspiration in einem stärker geblähten Zustand. Daraus resultiert eine Verbesserung der funktionellen Residualkapazität, das ist das Volumen, das am Ende der Exspiration noch in der Lunge verbleibt.
Mit dem EzPAP-System steht ein kompaktes Gerät zur Verfügung, das den CPAP-Druck ohne maschinelle Unterstützung aufbaut. Es besteht aus einer Kunststoffröhre, der über ein Flowmeter Sauerstoff zugeführt wird. Durch die spezielle Formung des Innenlumens wird der Flow verstärkt ("Coanda-Effekt") und es baut sich ein Druck auf. Der Patient atmet über ein Mundstück oder eine Maske und bei einem eingestellten Flow von 5-8 l/min liegt der endexpiratorische Druck bei ca. 6-10 mbar. Das EzPAP-System kann mit einem Medikamentenvernebler kombiniert werden.
Alternative High-Flow-Sauerstoffinsufflation
Als Alternative zur herkömmlichen Sauerstoffinsufflation wird den Patienten bei der High-Flow-Insufflation über eine spezielle Nasensonde ein Luft-Sauerstoff-Gemisch mit hohem Fluss verabreicht (z.B. 50 l/min). Das Atemgas wird angewärmt und befeuchtet, sodass die Atemwege nicht austrocknen und die Selbstreinigung der Atemwege (mukoziliäre Clearance) gefördert wird. Bei Patienten mit globaler Ateminsuffizienz kann über dieses Verfahren nicht nur die Hypoxämie, sondern auch die Hyperkapnie bekämpft werden. Allerdings reagieren Patienten unterschiedlich, daher muss der Effekt gut überwacht werden.
Atemunterstützung durch Nichtinvasive Ventilation
Bei der Nichtinvasiven Ventilation (NIV) erfolgt - anders als bei EzPAP oder High-Flow-Therapie - eine Atemhilfe mit maschineller Unterstützung. Die NIV-Therapie wird mit Hilfe verschiedener Maskensysteme durchgeführt, beispielsweise nasale Masken, Nasenmundmasken (Full Face) oder Ganzgesichtsmasken (Total Face). Unter nichtinvasiver Ventilation wird eine Atemunterstützung auf CPAP-Niveau oder eine Beatmung mit einem eingestellten zusätzlichen Inspirationsdruck verstanden. Es sind assistierende (z.B. BIPAP) oder die Spontanatmung unterstützende Modi (z.B. Pressure Support Ventilation, PSV) denkbar. Sowohl bei der druckunterstützten Spontanatmung als auch bei der assistierenden Beatmung handelt es sich um Formen der Überdruckbeatmung. Der erhöhte Druck in der Inspiration ist nicht physiologisch, hohe Beatmungsdrücke und Atemzugvolumina können zur Schädigung des Lungengewebes führen, dem sogenannten Baro- oder Volu-trauma. Die Einstellung der Atemunterstützung erfordert daher Fachwissen und engmaschige Patientenüberwachung.
Bei der nichtinvasiven Beatmung ist auch zu bedenken, dass die Gefahr besteht, dass auch Luft in den Magen gelangen kann. Das kann zum Erbrechen führen und würde die Gefahr einer Aspirationspneumonie provozieren. NIV-Patienten sollen deswegen mit erhöhtem Oberkörper positioniert werden.
Maheshwari et al. (2006) haben in einer Studie zeigen können, dass ein Großteil des medizinischen Personals in der Akutversorgung unzureichendes Wissen zur NIV hat. Schulungen und Einweisungen für das Personal sind deswegen obligat. Neben dem Gerätetraining und dem sicheren Umgang mit dem Zubehör erfordert die Anleitung und Begleitung der Patienten ein hohes Maß an Kompetenz. Zudem müssen Ärzte und Pflegende nach Einleiten der Therapie erkennen, ob diese erfolgreich verläuft oder ob ein NIV-Versuch als fehlgeschlagen angesehen werden muss. Vor dem Einsatz der Nichtinvasiven Ventilation im IMC-Bereich muss geklärt sein, ob die personellen Ressourcen und notwendigen Kompetenzen gewährleistet sind.
Auf einen Blick.
Symptome der respiratorischen Insuffizienz
Dyspnoe bzw. Orthopnoe
Tachypnoe
Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz
Angst, Unruhe
Zyanose (bei schwerer Hypoxämie)
Bewusstseinseintrübung bis hin zur Bewusstlosigkeit (bei ausgeprägter Hyperkapnie)
Störungen der Diffusion treten auf:
Wenn die Diffusionsstrecke vergrößert ist durch Veränderung des Lungengewebes (Fibrose), durch Sekretablagerung (Pneumonie) oder Flüssigkeitseinlagerung (Lungenödem),
Wenn die Fläche für den Gasaustausch verringert ist durch nicht belüftete Lungenareale (Atelektasen, Shuntbildung),
Wenn Lungenareale, die belüftet sind, nicht gut durchblutet werden (Verteilungsstörung).
Hygiene-Empfehlungen der KRINKO
Verneblersysteme und Medikamente ausschließlich patientenbezogen einsetzen
Medikamentenvernebler unter sterilen Kautelen befüllen
Medikamente nur aus sterilen Einmalgebinden entnehmen
Möglichst Einmalmaterial verwenden und täglich wechseln
(Quelle: KRINKO 2013)
Abbruchkriterien bei der Nichtinvasiven Ventilation
Zunahme der Dyspnoe
Verschlechterung der Vigilanz
Zunahme der Tachypnoe und Tachykardie
Weiterer Anstieg des PaCO2 unter NIV
pH Wert Abfall unter NIV
Keine Verbesserung der Oxygenierung (SaO2 unter 85%)
(Quelle: Schönhofer et al. 2008)
Pflege einfach machen.
Funktionsstörungen der Atmung sind bei Patienten auf der Intermediate Care Station häufig und gelten als ein Kernelement pflegerischer Interventionen in diesem Bereich.
Für die Förderung und Unterstützung der Atmung sind Kenntnis der individuellen Patientensituation und Wahl der angemessenen Maßnahmen essentiell für eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung im IMC-Bereich.
Durch die kontinuierliche Überwachung muss sichergestellt werden, dass bei akuten Verschlechterungen Sofortmaßnahmen eingeleitet werden können.
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