Schon Hippokrates (460–370 v. Chr.) soll bemerkt haben, dass es viele Berufe gibt, die mit mancherlei Gesundheitsgefahren verbunden sind, und darum sei es besonders wichtig, von vornherein jeden Kranken nach seinem Beruf zu fragen. Dieser Empfehlung kann bis heute ohne Einschränkung gefolgt werden. Erfreulicherweise wurde dies auch über die Jahrhunderte beibehalten, insbesondere seit die sich ausbreitende Industrialisierung mit neuen Technologien im 19. Jahrhundert zu einer Zunahme der sog. „Gewerbekrankheiten“ führte. Während früher unter arbeitsbedingten Dermatosen die sog. Maurerkrätze, Bäckerkrätze und andere sog. „Krätzeformen“ verstanden wurden, dominieren im 21. Jahrhundert die Ekzemerkrankungen, insbesondere das Handekzem [1], der BK (Berufskrankheit) 5101 zugeordnet. Seit 2015 existiert die neue BK-Nr. 5103 (Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung). Ebenfalls gehört die BK Nr. 5102 (Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe) zu den dermatologisch relevanten Berufserkrankungen, die jedoch in der Vergangenheit eine größere Bedeutung hatte und durch die BK-Nr. 5103 in den Hintergrund rückte. Nicht vergessen werden sollten in diesem Kontext auch die durch Infektionserreger oder Parasiten verursachten Krankheiten sowie Tropenkrankheiten, die sich häufig auch an der Haut manifestieren können (BK-Nr. 3101 „Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig ist oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war“). Nicht immer im Kontext der Berufsdermatologie geläufig ist die BK-Nr. 3102, die „Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten“, bei denen die Versorgung (Therapiekosten, Lohnausfallkosten) über den entsprechenden Unfallversicherungsträger erfolgt, was in diesen Berufsgruppen von großer Bedeutung ist, da die Betroffenen, wie z. B. Landwirte, in der Regel in beruflicher Selbstständigkeit arbeiten. Es handelt sich hierbei um die Gruppe der Zoonosen, also durch Bakterien, Pilze, Viren, Parasiten verursachte Erkrankungen, von Borreliose über Trichophytie, Tollwut bis Yersiniose reichend.
Die bedeutendsten BK-Nr. bleiben und sind die Nr. 5101 und nunmehr seit über 5 Jahren die Nr. 5103. Bezüglich der BK-Nr. 5101 sind die Zahlen in den vergangenen Jahren stets konstant hoch gewesen, auch im Jahr 2018 wurden 21.101 Anzeigen gestellt, etwa 505 kamen damals zur Anerkennung. Dies wird sich nun mit den Rechtsänderungen bei den Berufskrankheiten zum 01.01.2021 ändern [2, 3]. Die Änderung betrifft v. a. den Wegfall des sog. Unterlassungszwangs. Dies bedeutet, dass der in der Vergangenheit als Nachteil angesehene (teilweise) Ausschluss von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zukünftig nicht mehr vorkommen soll, indem nicht mehr der Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit besteht, sondern auch bei Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit eine BK 5101 anerkannt werden kann [2]. Daher beschäftigen wir uns in diesem Schwerpunktheft mit der BK-Rechtsreform, die zum 01.01.2021 in Kraft getreten ist [2, 3]. Auch soll an dieser Stelle darauf verwiesen werden, dass ab 01.01.2021 eine Ärztliche BK-Anzeige zur BK-Nr. 5101 zu erstatten ist, wenn eine Hautkrankheit bereits schwer oder wiederholt rückfällig ist. Im Regelfall sollte zusätzlich ein Hautarztbericht erstattet werden, wie überhaupt das Hautarztverfahren durch die BK-Rechtsreform noch weiter aufgewertet wird [2]; denn umso mehr sollen Versicherten schnell und umfassend alle erforderlichen Maßnahmen zur Individualprävention zuteilwerden. Deshalb beschäftigen sich in diesem aktuellen Schwerpunktheft renommierte Experten mit dem Wegfall des Unterlassungszwangs sowie mit dem Thema „Ärztliche BK-Anzeige“ bei Berufsdermatosen.
Die bedeutendsten BK-Nr. bleiben und sind die Nr. 5101 und seit über 5 Jahren die Nr. 5103
Auch weiterhin ist das Handekzem eine komplexe, multifaktorielle und häufige Hauterkrankung, deren Diagnostik und Therapie eine Herausforderung ist [1]. Dabei stellt das allergische Kontaktekzem besondere Anforderungen an die Diagnostik [4], sodass in 2 Beiträgen von ausgewiesenen Experten neue Allergene für die Berufsdermatologie und außergewöhnliche Berufsallergene vorgestellt werden. Dabei wird auch auf das Thema „Nahrungsmittel“ eingegangen.
Von zunehmender Bedeutung ist das Thema „berufsbedingter heller Hautkrebs“. Dieses wird von einer Expertin beleuchtet und dabei auf eine laufende Studie zur Auslösung des Basalzellkarzinoms durch UV-Licht eingegangen.
Neben den Herausforderungen der BK-Rechtsreform stehen Gegenwart und Zukunft unter dem Eindruck der aktuellen COVID-19-Pandemie. Immer wieder wird, ob über Patienten, ärztliche Kollegen oder Laien, über eine Zunahme der Ekzemerkrankungen berichtet, hier v. a. das Handekzem, aber auch über irritative Ekzeme im Gesichtsbereich [5–7]. Sehr gut nachvollziehbar ist die große Belastung bestimmter Berufsgruppen durch das tägliche, oft stundenlange Tragen von Schutzmasken, was immer wieder auch zu einer Exazerbation bestehender Dermatosen wie Rosazea und perioraler Dermatitis führen kann. Während es bislang keine sicheren Berichte über das Auftreten dieser Erkrankungen einschließlich der Entstehung von allergischen Kontaktekzemen durch Mund-Nasen-Schutz gibt, hat es in der Literatur und in den Medien in den vergangenen Monaten gehäuft Berichte zu Handekzemen sowohl in der Allgemeinbevölkerung, bei Kindergartenkindern und insbesondere bei den Mitarbeitern von Gesundheitsberufen gegeben. Hier wäre eine standardisierte Untersuchung nicht nur in bestimmten Berufsgruppen, sondern auch in gezielten Populationen zu empfehlen. Sicherlich werden uns die COVID-19-Pandemie und insbesondere deren Folgen noch jahrelang begleiten, sodass davon auszugehen ist, dass die Berufsdermatologie auch in den nächsten Jahren eine hohe praktische Bedeutung haben wird. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele neue Erkenntnisse beim Lesen dieses Leitthemenheftes.
Interessenkonflikt
E. Weisshaar und S.M. John geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Contributor Information
Elke Weisshaar, Email: Elke.Weisshaar@med.uni-heidelberg.de.
Swen Malte John, Email: sjohn@uos.de.
Literatur
- 1.Weisshaar E, Eyerich K. Einführung zum Thema: Handekzem: auch weiterhin eine diagnostische und therapeutische Herausforderung. Hautarzt. 2019;70:752–754. doi: 10.1007/s00105-019-04477-2. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
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