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editorial
. 2021 Jun 28;18(4):209–211. [Article in German] doi: 10.1007/s10405-021-00393-2

Genetik von Lungenkrankheiten

Genetics of pulmonary diseases

Claus Vogelmeier 1,2, Bernd Schmeck 1,2,3,4,
PMCID: PMC8237538  PMID: 34220402

Erkrankungen der Atemwege und des Lungenparenchyms gehören weltweit zu den hinsichtlich Prävalenz, Morbidität und Mortalität wichtigsten Erkrankungen. Oft konzentrieren sich die klinischen und pathophysiologischen Betrachtungen auf exogene Auslöser, z. B. Infektionserreger, Allergene oder toxische Substanzen. Jedoch steht einer oftmals großen Gruppe von Exponierten nur eine begrenzte Zahl tatsächlich Erkrankter gegenüber. Dies legt einen bedeutsamen Einfluss endogener, unter anderem genetischer Ursachen nahe.

Vielen Lungenerkrankungen liegen neben exogenen Faktoren auch genetische Ursachen zugrunde

In diesem Heft stellen daher klinisch und grundlagenwissenschaftlich erfahrene Kolleginnen und Kollegen die Bedeutung genetischer Ursachen für wichtige Lungenkrankheiten dar und beschreiben die Implikationen für die Patientenbehandlung:

Lungenentzündungen sind die weltweit häufigste Todesursache durch Infektionskrankheiten. Gerade erleben wir mit COVID-19 die enormen medizinischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer pandemischen Pneumonie in Form einer „emerging infectious disease“. Der Fokus liegt bei diesen Erkrankungen ganz offensichtlich auf dem infektiösen Erreger, sogar in der Nomenklatur (Pneumokokkenpneumonie etc.), v. a. da er Adressat sehr erfolgreicher Präventions- (Impfungen) und Therapiemaßnahmen (Antibiotika) ist. Neue molekularbiologische Methoden und genetische Erkenntnisse demonstrieren jedoch bedeutende mono- oder polygenetische Einflüsse auf die Suszeptibilität für eine Pneumonie und deren Verlauf (Beitrag Bertrams et al.). Die Konsequenzen für eine entsprechend personalisierte Infektionsmedizin müssen erst in Studien und für die Praxis entwickelt werden.

Asthma bronchiale ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, die häufig schon im Kindesalter symptomatisch wird. Sie zeigt eine große klinische und immunologische Heterogenität. In der aktuellen medizinischen Betrachtung stehen auch hier Umweltfaktoren im Vordergrund, v. a. Allergien, aber auch Medikamente und physikalische Reize. Durch Kohortenstudien, Sequenzierungsansätze, aber auch experimentelle Untersuchungen in Modellorganismen wurden Punktmutationen identifiziert, die das individuelle Risiko, an Asthma zu erkranken, aber auch das Ansprechen auf Therapien (Beitrag Borchers et al.) mit beeinflussen. Ebenfalls von Bedeutung sind Veränderungen im Epigenom, also nicht der Basensequenz, die ihrerseits durch die Umwelt – teils schon vorgeburtlich – geprägt werden.

Die COPD („chronic obstructive pulmonary disease“) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege und des Lungenparenchyms. Sie wird durch inhalative Noxen, v. a. Zigarettenrauch, aber auch andere Umweltexpositionen ausgelöst. Sie tritt daher üblicherweise erst in höherem Erwachsenenalter klinisch in Erscheinung und ist in der Regel mit einer Vielzahl von Komorbiditäten (kardial, metabolisch …) vergesellschaftet. In den letzten Jahren wurden genetische Assoziationen für verschiedene klinische Manifestationen (Bronchitis, Emphysem, Komorbiditäten), Pathophysiologien (oxidativer Stress, Proteasenaktivität, Inflammation) und das Therapieansprechen identifiziert (Beitrag Jarosch et al.). Eine besondere Form ist der α1-Antitrypsinmangel, eine monogenetische Ursache, die zum Teil zu direkten Therapiekonsequenzen führt und auf die daher unbedingt getestet werde sollte.

Die interstitiellen Lungenkrankheiten und speziell die idiopathische pulmonale Fibrose stellen trotz neu zugelassener Therapiemöglichkeiten weiterhin große klinische Herausforderungen dar. Neben äußeren Einflüssen auf den Krankheitsverlauf wurden schon früh familiäre Krankheitscluster identifiziert, die genetische Ursachen nahelegten. Die inzwischen identifizierten genetischen Veränderungen finden sich jedoch teilweise sowohl bei den familiären wie bei den sporadischen Krankheitsformen (Beitrag Markart et al.). Zusammenfassend liegen also vielen Lungenerkrankungen neben exogenen Faktoren auch genetische Ursachen zugrunde. Sie bieten zukünftig die Chance einer besseren individuellen Risikoabschätzung und/oder zielgerichteteren Therapie. In ausgewählten Fällen sind jedoch auch heute schon gezielte genetische Testungen indiziert.

Prof. Dr. Claus Vogelmeier,

Prof. Dr. Bernd Schmeck

Interessenkonflikt

C. Vogelmeier und B. Schmeck geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Articles from Der Pneumologe are provided here courtesy of Nature Publishing Group

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