Abstract
Die Zahl von Teenagerschwangerschaften ist in Österreich seit Jahren rückläufig, die verbleibenden Fälle erfordern jedoch eine enge Kooperation von Geburtshelfern, Neonatologen, Familien und sozialen Diensten. Bei optimaler Betreuung ist das Risiko für neonatale Komplikationen nur gering erhöht. Bei inadäquater Schwangerschaftsbetreuung besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für Frühgeburtlichkeit, niedriges Geburtsgewicht und damit assoziierte Sekundärprobleme wie neonatales Atemnotsyndrom („infant respiratory distress syndrome“) und Gehirnblutung. Präventive Maßnahmen wie Aufklärung über Schwangerschaftsverhütung, regelmäßige Schwangerschaftskontrollen und psychosoziale Betreuung stehen daher im Vordergrund.
Schlüsselwörter: Teenagerschwangerschaft, Neonatales Risiko, Frühgeburtlichkeit, Sekundärprobleme, Soziale Belastung
Abstract
The number of teenage pregnancies in Austria has been decreasing for years. The remaining cases require the close cooperation of obstetricians, neonatologists, families, and social workers. With optimized support the risk of neonatal complications is only slightly raised. However, inadequate pregnancy support increases the risk of premature birth, low birthweight, and associated secondary complications such as infant respiratory distress syndrome and brain hemorrhage. Preventive measures such as information about contraception, regular pregnancy checks, and psychosocial supervision are essential.
Keywords: Teenage pregnancy, Neonatal risk, Premature birth, Secondary problems, Social burden
Während in Entwicklungsländern Teenagerschwangerschaften nicht ungewöhnlich sind, sind sie in Europa und anderen Industrieländern die Ausnahme. Die Akzeptanz einer derartigen frühen Schwangerschaft ist nach familiärer Einstellung und sonstigem sozialen Umfeld recht unterschiedlich. Manche Familien sehen in der Teenagerschwangerschaft durchaus ein freudiges Ereignis. Oft war in solchen Familien auch die Mutter des Teenagers eine junge Mutter, die dann manchmal schon mit 30 Großmutter wird. Andere Familien empfinden eine sehr frühe Schwangerschaft als Katastrophe und favorisieren den Weg der indizierten Interruptio.
Wenn Jugendliche ihr Kind austragen, bestehen für Mutter und Kind bestimmte Risiken, die bei optimierter Schwangerschaftsbetreuung minimiert werden können. Dieser Beitrag fasst die möglichen kindlichen Risiken zusammen und entspricht der Transkription eines am 02.10.2020 gehaltenen Web-Vortrags bei der Jahrestagung 2020 der Plattform für Interdisziplinäre Kinder- und Jugendgynäkologie Österreich (PIKÖ).1
Teenagerschwangerschaften in Österreich
Pro Jahr gibt es in Österreich etwa 1200 Schwangerschaften, bei denen die werdenden Mütter jünger als 20 Jahre sind, davon entfällt etwa ein Drittel auf die Bundeshauptstadt Wien. Seit dem Jahr 2003 ist der Trend kontinuierlich rückläufig. Etwa 10 Schwangerschaften jährlich betreffen Kinder/Jugendliche unter 14 Jahren. Neben den persönlichen Ansprechstellen (Frauenarzt bzw. -ärztin, Jugendarzt bzw. -ärztin, Beratungsstellen, Kinder-Jugendhilfe u. a.) steht auch webbasierte Information2 zur Verfügung, um den bestmöglichen Verlauf der Schwangerschaft zu erzielen.
Literatursuche in PubMed
Eine am 03.01.2021 in PubMed durchgeführte Literatursuche mit der Stichwortekombination „teenage pregnany“ AND „neonate“ AND „risks“ erbrachte 1243 Treffer. In 9 dieser Publikationen findet sich auch der Begriff „Austria“. Eine dieser Studien3 aus dem Jahr 2010 vergleicht das Outcome von Teenagerschwangerschaften in Tansania und Österreich und belegt, dass adäquate Schwangerschaftsbetreuung das Risiko minimieren kann.
Nicht ganz unerwartet betreffen auch in dieser Suche die rezentesten Arbeiten COVID-19-Erkrankungen. Dabei wird beschrieben, dass höhere Krankheitslast der werdenden Mutter das Risiko auch für das Kind erhöht, der Einfluss des jungen mütterlichen Alters wird hier allerdings (wohl auch mangels ausreichender Daten) nicht analysiert.
Interessant ist, dass je nach Studie das Alterslimit für „teenage prenancies“ sehr unterschiedlich gesetzt wurde. Während manche Studien dafür nur die Altersgruppe unter 14 Jahren heranziehen, gehen andere Analysen sogar bis zu einem Alter von 21 Jahren. Somit besteht – auch bezüglich der analysierten Parameter – eine große Heterogenität der Studien, sodass diese nur bedingt miteinander vergleichbar sind.
Spezifische neonatale Probleme
Insgesamt finden sich in den zu dieser Thematik publizierten Analysen v. a. folgende Primärprobleme:
Frühgeburtlichkeit
Niedriges Geburtsgewicht
„small for gestational age“ (SGA)
Abortus/Totgeburt
Niedrigere Apgar-Werte
Neonatale und postneonatale Todesfälle
Neonatale und postneonatale Infektionen
Mehr/längere Hospitalisierung
Geringere Stillrate bzw. -dauer
Dabei stehen Frühgeburtlichkeit (Abb. 1) und niedriges Geburtsgewicht an erster Stelle; die damit verbundenen Sekundärprobleme wurden nur sehr sporadisch oder gar nicht statistisch analysiert. So gibt es z. B. keine spezifischen Risikoanalysen für das (vermehrte) Auftreten von Atemnotsyndrom (IRDS; Abb. 2), Ventrikelblutungen (IVH; Abb. 3) und nekrotisierende Enterokolitis (NEC). Dass diese Komplikationen häufiger sind, ist in Anbetracht der höheren Frühgeburtenrate aber wahrscheinlich. Insgesamt wurden folgende Sekundärprobleme beschrieben:
IRDS/neonatales Atemnotsyndrom
IVH/Hirnblutung
Darmtransportstörungen
(Hypoglykämie)
(Hyperbilirubinämie)
Ernährungs‑/Stillprobleme
(plötzlicher Kindstod, SIDS)
Dabei zeigten sich in den statistischen Analysen mehrere „confounders“, d. h. neben der Teenagerschwangerschaft vorliegende andere Risikofaktoren. Diese waren u. a. schlechte soziale Verhältnisse, weniger/schlechtere Schwangerschaftsvorsorge, Mangelernährung der Schwangeren, Nikotinkonsum, Drogenabusus, „fehlender“ Vater.
Nichtprobleme von Teenagerschwangerschaften
Bestimmte Risikokonstellationen sind bei Teenagerschwangerschaften seltener als bei anderen Graviditäten. Niedriger sind z. B. – auch wegen fehlender IVF-Schwangerschaften – die Raten von Mehrlingsschwangerschaften und Sectio. Auch Diabetes mellitus und Herzkreislauferkrankungen sind bei jungen Schwangeren seltener. Demgemäß ist auch die Rate damit assoziierter neonataler Komplikationen niedriger.
Kooperation von Geburtshilfe, Neonatologie und anderen Bereichen
Die Prävention zielt naturgemäß v. a. auf die Verhinderung von Schwangerschaften im frühen Jugendalter, u. a. durch Aufklärung über adäquate Verhütungsnahmen. Insbesondere bei sehr jungem Alter kommt auch die indizierte Interruptio in Betracht. Wenn sich Teenager für die Fortsetzung der Schwangerschaft entscheiden und ihr Kind austragen wollen, sollten sie dabei von einem multiprofessionellen Team begleitet werden. Diese Betreuung umfasst die frühzeitige Betreuung („early booking“) durch Geburtshelfer, gegebenenfalls Hebamme und psychosoziale Dienste (u. a. Frühe Hilfen); Ressourcen innerhalb der Familie sollen mit genutzt werden. Im Fall möglicher bzw. zu erwartender neonataler Komplikationen sollten auch die Neonatologen rechtzeitig informiert und eingebunden werden. Bei optimaler Schwangerschafts- und Geburtsbetreuung kann auf diese Weise für Teenagerschwangerschaften das Risiko neonataler Komplikationen minimiert werden; dieses unterscheidet sich dann kaum von jenem anderer Schwangerschaften.
Fazit für die Praxis
Die Häufigkeit von Teenagerschwangerschaften ist in Österreich rückläufig.
Das neonatale Outcome korreliert mit der Qualität der Schwangerschaftsbetreuung.
Jugendliche Schwangere sollten daher multiprofessionell begleitet werden, u. a. durch Frühe Hilfen.
Bei optimierter Betreuung unterscheidet sich das neonatale Outcome nach Teenagerschwangerschaft kaum von jenem anderer Schwangerschaften.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
R. Kerbl gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Footnotes
Web-Fachtagung der PIKÖ (Plattform für Interdisziplinäre Kinder- und Jugendgynäkologie Österreich) „Wenn der Storch die Kinder bringt. Sexualität in der Adoleszenz und Teenagerschwangerschaften“, 02.10.2020.
Zeck W, Wilkinson J, Obure J, Masenga G, Ulrich D, Oneko O (2020) Comparison of obstetrical risk in adolescent primiparas at tertiary referral centres in Tanzania and Austria. J Matern Fetal Neonatal Med 23(12):1470–4. 10.3109/14767051003678077.
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