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. 2021 Sep 7;15(4):46. [Article in German] doi: 10.1007/s15034-021-3735-8

Das macht COVID-19 bei Diabetes so gefährlich

Beate Schumacher 1,
PMCID: PMC8407924

Diabetespatienten sind bei einer SARS-CoV-2-Infektion überdurchschnittlich gefährdet. Schutz vor schweren Verläufen bietet außer der Impfung eine optimale Diabetestherapie inklusive Lebensstilmaßnahmen und im Akutfall die schnelle Normalisierung einer Hyperglykämie.

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Diabetes ist für den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung "ein weitaus stärkerer Risikofaktor, als es kardiovaskuläre Erkrankungen sind", betonte Prof. Naveed Sattar von der Universität Glasgow bei der virtuellen Jahrestagung der American Diabetes Association (ADA). Von der Exzessmortalität durch die Coronavirus-Pandemie sei weltweit ein überproportionaler Anteil auf Diabetespatienten entfallen. Gefährdet sind sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Patienten: Das Risiko für ein schlechtes Outcome wie Intensivbehandlung oder Tod ist nach nationalen Datensätzen, etwa aus England, Schottland oder Schweden, bei Typ-1-Diabetes (T1D) rund zwei- bis viermal und bei Typ-2-Diabetes (T2D) zwei- bis fünfmal so hoch wie bei vergleichbaren Patienten ohne Diabetes. Während T2D das Risiko v. a. bei jüngeren Patienten steigert, gewinnt T1D als Risikofaktor mit zunehmendem Alter und fortschreitender Erkrankung an Bedeutung.

"Diabeteskomplikationen verhindern schützt"

Die schlechte Prognose zeigte sich in den Studien insbesondere bei Diabetikern mit erhöhten HbA1c-Werten, Übergewicht, Blutzuckerentgleisungen in der Vorgeschichte, schlechterer Nierenfunktion sowie mikro- und makrovaskulären Schäden. "Das heißt, Diabeteskomplikationen zu haben, erhöht das Risiko für schwere COVID-Verläufe", so Sattar. Gerade in der Pandemie komme es daher darauf an, dass die Qualität der Diabetesversorgung nicht nachlasse. "Wir müssen Diabeteskomplikationen verhindern und die üblichen Risikofaktoren wie Dyslipidämie, Hypertonie, Nierenschäden behandeln. Das bewahrt die Patienten vor schweren COVID-Verläufen. Komplizierter ist es nicht." Mit welchen Antidiabetika behandelt wird, spielt nach Einschätzung von Sattar keine Rolle. Studienergebnisse, wonach Metformin mit günstigerer und Insulin mit schlechterer COVID-Prognose verknüpft ist, spiegelten wahrscheinlich eher das Stadium des Diabetes und das damit verbundene Risiko wider.

Wichtig ist laut Sattar im Hinblick auf COVID, "bei der Therapie die Lebensstilfaktoren nicht zu vergessen". Er warnte vor allem vor den Konsequenzen der Adipositas. Starkes Übergewicht sei bei COVID ein noch bedeutsamerer Risikofaktor für einen schweren Verlauf als bei einer Influenza oder einem akuten Atemnotsyndrom. Das Risiko für eine COVID-bedingte Hospitalisierung steigt z. B. mit jeder BMI-Einheit um 14 %. Patienten mit erfolgreicher bariatrischer Op. haben dagegen ein deutlich reduziertes Risiko für stationäre und intensivmedizinische Behandlungen. Als Ursachen der schlechten Prognose von adipösen Menschen gelten u. a. reduzierte Lungen- und Nierenfunktion, vaskuläre Probleme, Inflammation und erhöhte Thromboseneigung.

Insulininfusionen verbessern Prognose

Wenn Diabetiker akut an COVID-19 erkrankt sind, ist der Blutzuckerspiegel ein entscheidender Risikofaktor: Eine Hyperglykämie ist insbesondere bei Krankenhausaufnahme mit einer schlechteren Prognose verknüpft. In einer retrospektiven Studie lag die Mortalität von Patienten mit BZ-Werten über 180 mg/dl bei 11%, Patienten mit niedrigeren Spitzenwerten hatten dagegen eine 99%ige Chance zu überleben (Zhu et al. Cell Metabol 2020). Prof. Antonio Ceriello vom IRCCS Multimedica in Mailand erinnerte daran, dass dieser Zusammenhang auch und noch ausgeprägter bei Nichtdiabetikern mit COVID zu beobachten ist. Dass eine Hyperglykämie bei akuter schwerer Erkrankung mit einer erhöhten Mortalität einhergeht, ist an sich nichts Neues. Laut Cerielleo fördert bei COVID-Patienten nicht nur der Zytokin-Sturm, sondern auch der Befall der Betazellen durch SARS-CoV-2 die Entstehung einer Hyperglykämie, die dann wiederum die Entstehung von Thrombosen und Organschäden vorantreibt.

Für den Mailänder Arzt ist eine rasche Korrektur der Hyperglykämie der Schlüssel zu einer besseren Prognose. Sein Appell: "Optimieren Sie die Blutzuckerkontrolle von Diabetespatienten mit COVID, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen!" In Studien hatten hyperglykämische Patienten mit Insulinfusionen eine geringere Mortalität als Patienten ohne. Durch die Infusionen kam es außerdem zu einer schnelleren Senkung der erhöhte D-Dimer-Spiegel. Laut Ceriello gibt es inzwischen erste Daten, dass schwerkranke COVID-Patienten von einer kontinuierlichen Blutzuckermessung profitieren. Um ihre Prognose zu verbessern, rät er, den Blutzuckerspiegel zwischen 70 und 160 mg/dl zu halten.

Vor der Impfung Blutzucker optimieren?

Eine gute Blutzuckereinstellung kann laut Ceriello möglicherweise auch den Erfolg der Coronaimpfung bei Diabetespatienten verbessern. Grund für diese Hypothese sind widersprüchliche Berichte über die Immunantwort bei an COVID-erkrankten Diabetikern. Nach vorläufigen Daten kommt es nicht bei allen Patienten zu einer Serokonversion. Das mögliche Ausbleiben einer Reaktion auf das Virus kann laut Ceriello ebenfalls mit der Hyperglykämie zusammenhängen, weil sie oft mit einer Lymphopenie einhergeht. Hierzu seien aber noch mehr Daten erforderlich.

Quelle: Symposium "COVID-19, Diabetes, and Obesity" am 28. Juni 2021, Virtueller Kongress der American Diabetes Association (ADA) 2021


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