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. 2021 Oct 26;13(5):10–11. [Article in German] doi: 10.1007/s15033-021-2758-0

Bauchlage des wachen Patienten senkt Intubationsrate und Mortalität

Stephan Budweiser 1,
PMCID: PMC8526092  PMID: 34691271

Hintergrund und Fragestellung: Die Prognose einer schweren COVID-19 ist gerade bei invasiv beatmeten Patienten besonders ungünstig. Zur Vermeidung der Intubnation ist neben nicht invasiven respiratorischen Unterstützungsverfahren wie nicht invasive Beatmung (NIV) bzw. contiunous positive airway pressure (CPAP) und nasaler High-flow-Therapie eine weitere Option die Bauchlage des wachen Patienten. Während die intermittierende Bauchlage beim ARDS unter invasiver Beatmung ein etabliertes Therapieprinzip ist, ergibt sich für den Einsatz der Bauchlage bei wachen Patienten (awake proning, AP) nur eine dünne wissenschaftliche Evidenz. Insbesondere sind diesbezüglich keine randomisierten kontrollierten Studien verfügbar.

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Wenn auch überwiegend von einer Verbesserung der Oxygenierung berichtet wird, ergab sich aus den bisherigen nicht randomisierten, überwiegend retrospektiven und monozentrischen Studien keine einheitlichen Ergebnisse hinsichtlich harter klinischer Endpunkte. Konsequenterweise wird in der aktuellen Version der S3-Leitlinie zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19, auch aufgrund möglicher Komplikationen wie Gefahr der Aspiration, keine grundsätzliche Empfehlung abgegeben [1]. Ob die Bauchlage hinsichtlich Intubationsrate und Sterblichkeit Vorteile bietet, sollte in dieser Studie geprüft werden.

Patienten und Methoden: In der vorliegenen multizentrischen Studie, die COVID-19 Patienten aus 27 Kliniken in Mexico und Ecuador im Zeitraum von May bis Juni 2020 einbezog, wurden nicht intubierte Patienten mit oder ohne AP hinsichtlich der Endpunkte Intubation und Sterblichkeit verglichen. Zur Kompensation der Gruppenunterschiede wurden multivariable Regressions-Analysen bzw. ein sogenanntes "propensity score matching" durchgeführt.

Ergebnisse: Von den 827 Patienten mit COVID-19 der Studie erhielten 505 Patienten AP während 322 in Rückenlage verblieben. In der AP-Gruppe war die Intubationsrate (23,6 % vs. 40,4 %) als auch Sterblichkeit (20 % vs 37,9 %) signifikant niedriger. Der Vorteil der AP erwies sich auch nach multivariater Adjustierung hinsichtlich Intubationrate (OR = 0,39, 95%-KI: 0,28-0,56; p < 0,0001) und Mortalität (OR = 0,38, 95%-KI: 0,25-0,57; p < 0,0001) als signifikant. Ein höheres Intubationsrisiko bestand insbesondere mit höherem Alter, niedrigerer SpO2/FiO2 und Behandlung mit einer Non-Rebreather-Maske.

Schlussfolgerung: Bei hospitalisierten, nicht intubierten Patienten mit COVID-19 bestand ein niedrigeres Risiko for Intubation und Tod, wenn wenn eine intermittierende Bauchlage erfolgte.

Kommentar von Prof. Dr. med. Stephan Budweiser.

Aufgrund der Studienlimitationen weiterhin nur Hinweise auf Nutzen

Diese Studie ist die bisher größte multizentrische, die sich mit dem Stellenwert der AP bei nicht intubierten COVID-19-Patienten befasst hat. Herauszustellen ist, dass die vergleichweise relativ jungen Petienten der aktuellen Studie (mittleres Alter 54,3 Jahre) bereits in der Notaufnahme rekrutiert wurden. Diese Studie deutet auf einen klaren Vorteil hinsichtlich einer Reduktion der Intubationsrate und einer verminderten Sterblichkeit hin. Die Autoren argumentieren, dass die AP besonders in Ländern, bei denen Beatmungsgeräte nur einschränkt zur Verfügung stehen, besonders hilfreich sein könnte.

Inwieweit die Daten auf (Mittel-)Europa übertragbar sind, muss natürlich offen bleiben. Überraschend ist in dieser Studie der trotz des relativ jungen Alters der Patienten hohe Anteil von Patienten mit Diabetes (38,1 % vs. 29,2 %), während Linksherzerkrankungen eher selten waren (2,1 %).

Zudem müssen neben dem retrospektiven Design viele weitere Limitation genannt werden. Außer Patienten mit positiver SARS-CoV-2-PCR wurden auch Patienten mit einem COVID-19-Reporting-and-Data-System(CO-RADS)-Score > 3 einbezogen. Die Sauerstoffgabe konnte als Niedrig-Fluss-Therapie über eine Nasenkanüle, nHF oder Non-Rebreather-Maske erfolgen, wobei fast die Hälfte der Patienten (48,6 %) nur Niedrig-Fluss-Sauerstofftherapie erhielt. Anzunehmen ist, dass eine nHF oft gar nicht zur Verfügung stand. Ebenso wurde laut den Autoren eine NIV nicht eingesetzt bzw. war gar nicht verfügbar. Die Kriterien zur Initiierung der Bauchlage waren nicht standardisiert, zudem waren bereits 2 Stunden in Bauchlage ausreichend, damit die Patienten der AP-Gruppe zugeordnet wurden. Ebenso darf davon ausgegangen werden, dass die Behandlungsprotokolle einschließlich Intubationskriterien zwischen den einzelnen Zentren sehr unterschiedlich gehandhabt wurden. Weiterhin waren auch keine Laborwerte verfügbar, während die in dieser Studie verordnete medikamentöse Therapie (29 % Hydroxychloroquin, 66 % Azithromycin und nur 18,5 % systemische Steroide) nicht mehr dem aktuellen Standard entspricht. Schließlich wurden auch keine Komplikation der AP berichtet.

Aufgrund dieser und noch weiterer zahlreicher Limitationen kann diese Studie wiederum nur Hinweise darauf liefern, dass - in erster Linie bei limitierten medizinischen Ressourcen - die AP hilfreich sein könnte, um Intubationen bzw. Tod bei Patienten mit schwerer COVID-19 zu verhindern. Zur Bestätigung dieser Ergebnisse sind allerdings weiterhin randomisierte Studien notwendig. Basierend auf pathophysologischen Überlegungen und der gegebenen Datenlage werden allerdings viele erfahrene Zentren bei geeigneten bzw. kooperativen Patienten diese Option wohl auch weiterhin nutzen.

Originalie.

Perez-Nieto OR, Escarraman-Martinez D, Guerrero-Gutierrez MA et al. Awake prone positioning and oxygen therapy in patients with COVID-19: The APRONOX study. Eur Respir J. 2021; https://doi.org/10.1183/ 13993003.00265-2021

Prof. Dr. med. Stephan Budweiser.

Medizinische Klinik III Klinikum Rosenheim Pettenkoferstraße 10 83022 Rosenheim stephan.budweiser@ro-med.de

Literatur


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