Originalpublikation
Golan Y, Prahl M, Cassidy A et al. (2021) Evaluation of Messenger RNA From COVID-19 BTN162b2 and mRNA-1273 Vaccines in Human Milk. JAMA Pediatr. 2021 Oct 1;175(10):1069–1071. 10.1001/jamapediatrics.2021.1929. PMID:34228115
Egwang TG (2021) Evaluating COVID-19 Vaccine-Related Messenger RNA in Breast Milk. JAMA Pediatr. 2021 Oct 18. 10.1001/jamapediatrics.2021.4090. Online ahead of print. PMID:34661603
Golan Y, Flaherman VJ, Gaw SL (2021) Evaluating COVID-19 Vaccine-Related Messenger RNA in Breast Milk. Reply. JAMA Pediatr. 2021 Oct 18. 10.1001/jamapediatrics.2021.4087. Online ahead of print. PMID: 34661610
Hintergrund.
Wie bei allen neu zugelassenen Präparaten stellt sich auch für COVID-19-Impfungen die Frage nach deren Sicherheit während Schwangerschaft und Stillzeit. Während diese für die Schwangerschaft weitestgehend mit „kein Risiko“ beantwortet ist, gibt es zur Stillperiode bisher nur wenige Untersuchungen. Eine „Ministudie“ aus Harvard ist nun der Frage nachgegangen, ob die mRNA aus COVID-19-Impfungen in die Muttermilch übergeht und gestillte Säuglinge damit in Kontakt kommen (Golan et al. 2021).
Methodik.
In die „Ministudie“ wurden 7 stillende Mütter aufgenommen, die freiwillig Muttermilchproben zur Verfügung stellten. Dabei wurde die erste Probe vor der Impfung abgegeben, weitere Proben wurden 4–48 h nach erfolgter Impfung gewonnen. Die Proben wurden tiefgefroren und später mittels RT-PCR auf das Vorliegen von SARS-CoV-2-RNA untersucht.
Ergebnisse.
In keiner der untersuchten Proben konnte virusspezifische RNA nachgewiesen werden. Die Autoren schließen daher, dass mRNA aus COVID-19-Impfungen nicht in die Muttermilch übergeht und gestillte Säuglinge daher nicht damit in Kontakt kommen.
Diskussion.
Es ist zunächst verwunderlich, dass eine Untersuchung mit nur 7 Probandinnen in dem hochrangigen Journal JAMA Pediatrics publiziert wurde. Der renommierte Herkunftsort „Harvard“ könnte dazu beigetragen haben. Die Autoren selbst führen die geringe Fallzahl als Limitation ihrer Publikation an, ebenso die RT-PCR-Analyse aus tiefgefrorenen Proben. Und fordern selbst weitere Untersuchungen zur gewählten Fragestellung.
Ein „Letter to the Editor“ (Egwang 2021) verweist ebenfalls auf die geringe Fallzahl und stellt in Frage, ob das Ergebnis auch auf andere Populationen übertragbar sei. Konkret wird in diesem Letter angesprochen, dass z. B. in Afrika subklinische Mastitiden häufig seien und durch Schädigung der epithelialen Barriere der Übertritt von mRNA durchaus möglich sei. Die Verfasser dieses Letter verweisen auf andere Virusinfektionen (HIV, EBV) und parasitäre Erkrankungen (Malaria), wo der Übertritt von RNA bzw. parasitären Antigenen in einem gewissen Prozentsatz gut dokumentiert ist.
Die Autoren der Studie beantworten diesen Kommentar mit ihrer Einschätzung, dass in Anbetracht von weltweit bisher 4,4 Mio. COVID-19-Toten das Nutzen-Schaden-Verhältnis auch bei Stillenden zugunsten der Impfung ausfällt (Golan, Flaherman and Gaw 2021). Sie bekräftigen ihre Sichtweise aus der Erstpublikation, dass auch ein fallweiser minimaler Übertritt von mRNA in die Muttermilch für gestillte Kinder bedenkenlos sei, weil die RNA in deren Gastrointestinaltrakt enzymatisch „abgebaut“ wird. Sie verweisen dabei auf das Beispiel HIV, wo trotz Viruskontamination ein Stillen des Kindes durchaus in Betracht kommt. Die Autoren schließen, dass auch in Afrika COVID-19-mRNA-Impfungen als „sicher“ empfohlen werden können.
Interessenkonflikt
R. Kerbl gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Footnotes
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