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. 2022 Feb 11;34(1):6–7. [Article in German] doi: 10.1007/s15014-022-3968-6

Corona und die Kinder

Nicola Zink 1,
PMCID: PMC8831006

Körperlich sind Kinder und Jugendliche von COVID-19 meist nur leicht betroffen - außer es kommt zu den seltenen Spätfolgen Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS) oder Long-COVID. Beide Syndrome gehen oft mit deutlich schwereren Symptomen einher als die durchstandene COVID-19-Erkrankung und schränken die Lebensqualität der Betroffenen massiv ein.

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Ein schwer an COVID-19 erkranktes Kind ist eine absolute Rarität. In verschiedenen Studien wird der Anteil an symptomatisch verlaufenden SARS-CoV-2-Infektionen mit 14,6-42 % angegeben, die häufigsten Symptome sind dabei Fieber, Husten, Kopfschmerz und Müdigkeit [1]. Neugeborene erkranken hingegen oftmals schwer. Die mediane Krankheitsdauer beträgt bei älteren Kindern sieben Tage, bei jüngeren Kindern fünf Tage. Gemäß einiger Untersuchungen müssen rund 2 % der Patienten intensivmedizinisch behandelt werden [1], wobei dieser Wert im COVID-19-Survey der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) für Deutschland bei 5 % liegt [2]. In der Datenbank wurden als häufigste Symptome oder Lokalisationen Fieber (61 %), untere Atemwege (42 %), HNO/obere Atemwege (40 %), Magen-Darm-Trakt (24 %) und neurologisch/neuromuskulär (10 %) gemeldet.

68 % der Kinder und Jugendlichen mit PIMS mussten intensivmedizinisch versorgt werden.

Die Mortalität wird bei Kindern und Jugendlichen mit 0,08 % angegeben [1]. Auch in der "S3-Leitlinie - Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19" heißt es, dass die für das pädiatrische Kollektiv errechnete Letalität mit 0,0018 % extrem niedrig sei. Bisher wurden bei Säuglingen und Kindern nur Einzelfälle der bei Erwachsenen häufig auftretenden COVID-19-Pneumonie oder eines akuten Lungenversagens berichtet [3].

Von schweren Verläufen sind - ähnlich wie bei den Erwachsenen - vor allem Kinder und Jugendliche mit Vorerkrankungen betroffen. Als Risikofaktoren wurden in einer europäischen Studie chronische Lungenerkrankungen, Tumorerkrankungen, neurologische Erkrankungen, Vitium cordis, chromosomale Anomalien und chronische Nierenerkrankungen identifiziert. Eine Untersuchung aus den USA fand als Risikofaktoren auch Diabetes mellitus, schwere Adipositas, Frühgeburtlichkeit, Immunsuppression, chronische gastrointestinale Erkrankungen und Asthma bronchiale. In weiteren Studien wurde zudem die Trisomie 21 genannt.

Spätfolge von COVID-19: PIMS

In seltenen Fällen erkranken Kinder und Jugendliche jedoch an dem Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS), international auch als Multisystem Inflammatory Syndrome in Children and Adolescents (MIS-C) bezeichnet. Der PIMS-Survey der DGPI meldete bis Ende Januar in Deutschland 593 an PIMS erkrankte Kinder [4]. Die DGPI wertet einen Fall als PIMS, wenn

  1. Fieber,

  2. erhöhte systemische Inflammationsparameter (C-reaktives Protein, Prokalzitonin) und

  3. mindestens zwei Organbeteiligungen vorliegen sowie

  4. eine aktuelle (positiver PCR- oder Antigennachweis) oder stattgehabte (positive SARS-CoV-2-Serologie) COVID-19-Infektion oder ein SARS-CoV-2-Kontakt nachzuweisen sind und

  5. andere infektiologische Ursachen ausgeschlossen werden können.

Die Symptome eines PIMS sind relativ schwer und manifestieren sich etwa zwei bis sechs Wochen nach einer symptomatischen oder asymptomatischen SARS-CoV-2-Infektion - vermutlich als Spätfolge von COVID-19. Das mediane Intervall zwischen Infektion und PIMS beträgt 25 Tage (Range: 6-51 Tage). Zu diesem Zeitpunkt einen SARS-CoV-2-Nachweis mittels PCR zu bekommen, stellt entsprechend eine Ausnahme dar. Die berichtete Letalität liegt zwischen 1 % und 2 % [3], gemäß einer Übersichtsarbeit aus Großbritannien starben 1,5 % der Kinder und Jugendlichen mit PIMS [5].

Laut PIMS-Survey sind die betroffenen Kinder im Gegensatz zu den stationär behandelten COVID-19-Infektionen älter und häufiger männlich (64 %) und zudem seltener von Grunderkrankungen betroffen. In der britischen Studie betrug das mediane Alter der an PIMS erkrankten Kinder 8,6 Jahre [5]. Hier dominierten gastrointestinale Symptome (71 %), vor allem Bauchschmerzen (34 %) und Diarrhö (27 %). Husten (4,5 %) und Atemnot (9,4 %) wurden dagegen seltener beobachtet. Laut der Erhebung der DGPI sind neben Fieber (100 %) die häufigsten Organbeteiligungen Gastrointestinaltrakt (80 %), Herz und Kreislauf (74 %), Haut (71 %), Schleimhaut (64 %) und untere Atemwege (50 %). Die S3-Leitlinie benennt neben Fieber, Exanthem, Konjunktivitis, Polyserositis, gastrointestinalen Symptomen und Ödemen häufig auch einen vasoplegischen Schock. Bei einigen Patienten sind zusätzlich Kawasaki-Syndrom-ähnliche Symptome mit Koronaranomalien oder einer schweren linksventrikulären Funktionseinschränkung zu beobachten [3].

In Deutschland wie auch in Großbritannien (hier 68 %) mussten die von PIMS betroffenen Kinder zum Großteil intensivmedizinisch betreut werden. 5,7 % von ihnen trugen Folgeschäden davon, glücklicherweise starb in Deutschland aber noch kein Kind an der Erkrankung [4].

Schwer von Long-COVID betroffene Patienten zeigen oftmals das klinische Bild einer ME/CFS.

Long-COVID - noch lange nicht erforscht

Eine zweite, ebenfalls mittel- bis längerfristig auftretende Folgeerkrankung einer SARS-CoV-2-Infektion ist Long-COVID beziehungsweise Post-COVID. Mehr als 200 unterschiedliche Beschwerden wurden der Erkrankung bis dato zugeschrieben, viele davon unspezifisch und in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet, darunter Müdigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Appetitlosigkeit. Professor Michael Kabesch von der Regensburger St. Hedwig-Klinik schätzt die Prävalenz auf 1-3 %. Zusammen mit Professor Uta Behrends von der Technischen Universität München koordiniert er die Initiative "Post-COVID Kids Bavaria". Behrends beschäftigt sich schon lange mit postviraler myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) bei jungen Menschen. Die Versorgung der komplex und schwer betroffenen Kinder und Jugendlichen mit Post-COVID profitiert von der Expertise, die sie zum ME/CFS sammeln konnte. Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin 2021 hob Behrends hervor, dass das Post-COVID-Syndrom eine komplexe funktionelle Erkrankung sei, die die Alltagsfunktion erheblich beeinträchtige und Teilhabemöglichkeiten der Patienten sowie ihre Lebensqualität dramatisch einschränke [6].

In einem Review von 14 Studien zu Long-COVID mit rund 20.000 Kindern und Jugendlichen waren die häufigsten Symptome: Fatigue (3-87 %), Konzentrationsschwierigkeiten (2-81 %), Kopfschmerzen (3-80 %), Bauchschmerzen (1-76 %), Schlafstörungen (2-63 %), Myalgie oder Arthralgie (1-61 %), Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust (2-50 %), Engegefühl oder Schmerzen in der Brust (1-31 %), Husten (1-30 %), Geschmacks- oder Geruchsstörungen (3-26 %), Hautausschlag (2-52 %) sowie eine verstopfte oder laufende Nase (1-12 %) [7]. Schwer betroffene Patienten zeigten oftmals das klinische Bild einer ME/CFS. Neben der Fatigue mit Funktionsverlust ist diese Erkrankung geprägt von einer starken Belastungsintoleranz (postexertionelle Malaise), die sich in einer dramatischen Zustandsverschlechterung bereits nach geringer Alltagsbelastung äußert.

Literatur

  • 1.Zepp F et al. "Coronavirus disease 2019 (COVID-19)" im Kindes- und Jugendalter. Monatsschr Kinderheilk 2021;169:1010-33 [DOI] [PMC free article] [PubMed]
  • 2.https://dgpi.de/covid-19-survey-update/
  • 3.S3-Leitlinie - Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19. AWMF-Register-Nr. 113/001
  • 4.https://dgpi.de/pims-survey-update/
  • 5.Radia T et al. Multi-system inflammatory syndrome in children & adolescents (MIS-C): A systematic review of clinical features and presentation. Paediatr Respir Rev 2021;38:51-7 [DOI] [PMC free article] [PubMed]
  • 6.www.springermedizin.de
  • 7.Zimmermann P et al. How common is Long COVID in children and adolescents? Pediatr Infect Dis J 2021;40:e482-7 [DOI] [PMC free article] [PubMed]

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