Anfang April stimmte der Bundestag in Deutschland gegen eine allgemeine COVID-19-Impfpflicht. Monatelange Debatten darüber waren dieser Abstimmung vorausgegangen. Letztendlich scheiterten diverse Anträge für aber auch gegen eine allgemeine COVID-19-Impfpflicht am 7. April im Deutschen Bundestag. Was aber würde die Einführung einer allgemeinen COVID-19-Impfpflicht für die Allergologie in Deutschland bedeuten? Was wären die Folgen daraus? Im Rahmen dieser Debatte lohnt sich ein Blick über die Grenzen nach Österreich. Dort wurde am 5. Februar eine allgemeine COVID-19-Impfpflicht mit Vollendung des 18. Lebensjahres eingeführt. Auch in Österreich fand im Vorfeld eine breite Abstimmung auf politischer sowie gesellschaftlicher Ebene statt, um möglichst viele Aspekte und Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben berücksichtigen zu können. Mit Einführung der Impfpflicht in Österreich wurden zahlreichen Ausnahmegründe in der darauffolgenden Verordnung des Gesundheitsministers aufgenommen. So sind in § 2 Absatz 2 Personen mit "Allergien beziehungsweise Überempfindlichkeiten gegen einzelne Inhaltsstoffe, die in allen zentral zugelassenen und in Österreich verfügbaren COVID-19-Impfstoffen enthalten sind" von der Impfpflicht ausgenommen. Dies führte zu einem teils massiven Ansturm in die allergologischen Praxen und Allergieambulanzen der Krankenhäuser von Patient*innen, die eine allergologische Abklärung und Impfbefreiung einforderten.
Als Fachexperten wissen wir, wie selten tatsächlich eine Anaphylaxie gegen COVID-19-Impfstoffe ist. Aus zahlreiche Studien konnte eine Anaphylaxierate gegenüber einer COVID-19-Impfung weltweit mit durchschnittlich 7,91 Fällen pro einer Million Impfungen berechnet werden [Greenhawt M et al. J Allergy Clin Immunol Pract 2021;9:3546-67]. Überträgt man dies auf Österreich, wären bei einer hundertprozentigen Impfquote etwa 65 Personen in ganz Österreich davon betroffen. Auch die intensive Kommunikation über die Medien und zahlreiche Stellungnahmen der Fachgesellschaften (z. B. ÖGAI, AG Allergologie der ÖGDV), dass eine vorbeugende Testung auf die Impfstoffe oder deren Inhaltsstoffe ohne entsprechende Anamnese nicht durchgeführt werden soll, bewirkten wenig bis gar nichts. In der Realität beanspruchten Personen mit vermeintlichen Allergien gegen COVID-19-Impfstoffe die Ressourcen der österreichischen Allergologie dermaßen, dass die Versorgung von Patient*innen mit anderen allergischen Erkrankungen nur eingeschränkt möglich war. Dies änderte sich erst, als die allgemeine COVID-19-Impfpflicht in Österreich am 12. März vorrübergehend ausgesetzt wurde. Schlagartig leerten sich die Praxen und Allergieambulanzen der Spitäler. Quo vadis österreichische Impfpflicht? Wir wissen es nicht! Die Aussetzung der Impfpflicht in Österreich ist zunächst bis 31. Mai 2022 gültig.
Abseits der Debatte über die Impfpflicht bietet Ihnen das Allergo Journal in der aktuellen Ausgabe wieder ein Potpourri an spannenden Beiträgen. Das Positionspapier des AeDA und der DGHNO-KHC stellt das aktuelle Wissen über die Rhinitis allergica bei Vorratsmilbenallergie dar (S. 20). In einer Originalarbeit geht das Floridsdorfer Allergiezentrum in Wien der Frage nach, ob Inhalationsallergien im Laufe des Lebens "verloren gehen" (S. 48), und eine Übersichtsarbeit (S. 34) beschäftigt sich mit dem Management und der Therapie von Erdnussallergien. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!