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. 2022 Jun 10;33(6):10–13. [Article in German] doi: 10.1007/s15016-022-9488-3

Drei starke Berufsverbände in Neurologie und Psychiatrie

Sabine Köhler 1,
PMCID: PMC9183749

BVDN, BDN und BVDP setzen sich für die medizinischen, gesellschaftlichen, unternehmerischen, juristischen und ökonomischen Interessen der neurologisch und psychiatrisch tätigen Ärzte ein. Eines der Hauptziele ist es, die flächendeckende ambulante und stationäre Versorgung der Patienten sowie die kontinuierliche Verbesserung einer patientenorientierten Berufsausübung in Neurologie und Psychiatrie zu stärken.

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Für die Interessen der vertragsärztlich tätigen Neurologen, Psychiater und Nervenärzte treten drei Berufsverbände ein. Der Berufsverband der Deutschen Nervenärzte (BVDN) ist der derzeit größte dieser drei Verbände. Der Facharztdifferenzierung folgend, wurden vor mittlerweile 22 Jahren der Berufsverband der Neurologen (BDN) und der Berufsverband der Deutschen Psychiater (BVDP) gegründet. Die Entscheidung zur Gründung weiterer Verbände war zukunftsweisend. Heute stellen wir im Gespräch mit jungen Kolleginnen und Kollegen fest, dass diese sich meist in einer "reinen" Neurologie- oder Psychiatrie-Umgebung bewegen und die bis in die 1990er-Jahre diesbezüglich gelebte Einheit im "Nervenarzt" als ungewöhnlich empfinden. Ihre Anwerbung für eine Mitgliedschaft im BVDN wird mithin immer schwieriger, weil der Begriff "Nervenarzt" kein Identifikationsfaktor mehr ist. Anders stellt sich das bei der Mitgliedergewinnung für den Neurologen- und den Psychiater-Verband dar. Schon in der Verbandsbezeichnung wird deutlich, wer vertreten wird und wir haben dann keine Mühe, die Zuordnung plausibel zu machen. So sank die Zahl der Mitglieder im BVDN im Zeitraum von 2011 bis 2021 auch um 22 %, während sich BDN und BVDP über einen Zuwachs von 36 % beziehungsweise 58 % freuen konnten (Abb. 1).

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Neurologie und Psychiatrie in der vertragsärztlichen Versorgung

Die Bedarfsplanung für unsere Fachgebiete erfolgt noch unter der Überschrift "Nervenheilkunde". Dazu gehören unter anderem die Fachärzte für Nervenheilkunde, jene für Neurologie und auch die für Psychiatrie und Psychotherapie. Gerade in den ländlichen Regionen spüren wir, wie wichtig die Versorgung aus beiden Fachgebieten gleichermaßen ist. Die große Nähe der beiden Fächer bildet sich nicht zuletzt im Erhalt des Komplementärjahres ab, das in beiden Facharztweiterbildungen weiterhin vorgesehen ist.

In den letzten Jahren hat sich bereits ein Generationswechsel in den Praxen abgezeichnet. Gelegentlich wird eine Praxis mit einem "Doppelfacharzt" (Facharzt für Nervenheilkunde oder Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, in letzterem Fall also mit zwei Facharztbezeichnungen) nachbesetzt.

Die "doppelfachärztliche" Versorgung haben auch die Experten des G-BA bei der Überarbeitung der Bedarfsplanungsrichtlinie als bedeutsam erachtet und erstmals eine Quotenregelung zur Nachbesetzung eingeführt: 25 % der Vertragsarztsitze der Bedarfsplanungsgruppe der Nervenärzte in einer Region sollen durch Fachärzte für Nervenheilkunde oder Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie besetzt werden. Dabei gelten diejenigen, die beide Facharztprüfungen (für Neurologie und für Psychiatrie/Psychotherapie) abgelegt haben, als "Doppelfachärzte". Die verbleibenden Kassenarztsitze sollen hälftig durch Neurologen und Psychiater besetzt sein [1].

Wir haben in den vergangenen 20 Jahren einen Wandel in der Facharztlandschaft unserer Fächer erlebt, der sich in den kommenden Jahren beschleunigen wird. Ob in allen Regionen Deutschlands die Besetzung der Vertragsarztsitze langfristig wie in der Bedarfsplanungsrichtlinie festgelegt mit "Doppelfachärzten" gelingen wird, muss bezweifelt werden, denn nur wenige muten sich zwei Facharztweiterbildungen mit entsprechenden Prüfungen zu. Wir lernen aber junge und motivierte Kolleginnen und Kollegen kennen, die sich mit Enthusiasmus und Neugier den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie nähern sowie eine fundierte Weiterbildung genießen. Teilweise sind sie in ihrer Weiterbildung bereits in Vertragsarztpraxen beschäftigt und entscheiden sich letztlich für die Tätigkeit in einer dieser Niederlassungen. Sie wollen durch einen Berufsverband vertreten werden, der die eigene Facharztbezeichnung bereits im Namen trägt. Bei Eintritt in den Berufsverband sind sie mit der Wahlmöglichkeit aus drei Verbänden und deren Kombinationen mitunter überfordert und setzen das Kreuz oft ausschließlich beim BDN oder BVDP. Wir erklären dann immer wieder geduldig die Historie der einzelnen Verbände und deren Arbeitsstrukturen.

BVDN - Berufsverband Deutscher Nervenärzte

Der BVDN ist in 17 Landesverbänden und im gemeinsamen Bundesverband organisiert. Der Berufsverband Deutscher Nervenärzte e. V. ist die berufspolitische Vertretung der niedergelassenen Nervenärzte, Neurologen und Psychiater/Psychotherapeuten in Deutschland. Der BVDN engagiert sich nachhaltig für die qualifizierte ambulante neuro-psychiatrische Patientenversorgung durch niedergelassene Fachärzte sowie für die Umsetzung wirtschaftlicher und politischer Interessen und die fachliche Fortbildung seiner Mitglieder.

In allen 16 Bundesländern haben sich eigene Landesverbände gegründet und entsprechend der Anzahl des Landes-KVen gibt es 17 BVDN-Landesverbände. Der Facharztdemografie folgend übernehmen mehr und mehr Fachärzte für Neurologie oder Fachärzte für Psychiatrie/Psychotherapie die Verantwortung in den Landesverbänden. Im BVDN-Bund wurde bereits vor einigen Jahren die Regelung getroffen, den Vorsitz mit zwei Personen so zu besetzen, dass beide Fachbereiche repräsentiert sind. Das macht mittlerweile Schule und wurde in einigen Landesverbänden analog umgesetzt. Damit bleibt die berufspolitische Vertretung in den Ländern insgesamt stark und die Bedürfnisse beider Fächer können folglich Berücksichtigung finden. Aus den Landesverbänden heraus werden die Aktivitäten der Selbstverwaltungsgremien, insbesondere der Kassenärztlichen Vereinigungen und Landesärztekammern, begleitet. So können sowohl Honorarthemen, Nachbesetzungsprobleme, spezifische Themen der intersektoralen Versorgung regional sowie die gute Qualität der Weiterbildung und vieles andere mehr mit breiter fachärztlicher Basis vertreten werden.

Delegierte der Landesverbände treffen sich jeweils im Frühjahr und Herbst zu Delegiertenversammlungen. Die Frühjahrsversammlung findet seit einigen Jahren während der ZNS-Tage in Köln statt. Im Herbst wird eine Zusammenkunft mit wechselnden Orten durch die gesamte Bundesrepublik organisiert - zuletzt trafen sich die Delegierten im November 2021 in Hannover.

Die Delegierten wählen aus ihrer Mitte den BVDN-Bundesvorstand und bestimmen die inhaltlichen und wirtschaftlichen Geschicke des Bundesverbandes. Der Austausch untereinander und Informationstransport aus den Bundesländern in den Bund und umgekehrt stehen dabei im Mittelpunkt. Der BVDN hat somit eine enorme Bedeutung für die Wirkung in jedem einzelnen Bundesland und damit direkt für unsere Praxen.

BDN - Berufsverband Deutscher Neurologen

Der Berufsverband Deutscher Neurologen ist eine freie und unabhängige Interessenvertretung der gesamten Neurologie in Deutschland. Er berät und unterstützt seine Mitglieder umfassend, kümmert sich um die bestmöglichen Arbeitsbedingungen in der Neurologie und setzt sich für eine Kooperation von Einrichtungen der ambulanten und stationären neurologischen Versorgung ein. Im BDN gibt es neben den Mitgliedern aus dem vertragsärztlichen Bereich Mitglieder, die in Kliniken tätig sind. Der BDN-Vorstand besteht hälftig aus Klinikern.

BVDP - Berufsverband Deutscher Psychiater

Der Berufsverband der Deutschen Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie ist die Interessenvertretung der Kolleginnen und Kollegen, die sich für die Gesamtheit psychischer und psychosomatischer Störungen verantwortlich sieht. In der fachärztlichen Versorgung steht der psychisch kranke Mensch mit der Entstehungsgeschichte seiner Erkrankung und seinem sozialen Umfeld im Mittelpunkt: Die gleiche Fürsorge und Behandlungsauffassung wie bei somatisch Erkrankten wird dabei als selbstverständlich angesehen.

Zusammenarbeit aller Verbände

Der BDN und der BVDP haben keine eigenen Landesverbände gegründet. Die Vorstände der Verbände engagieren sich entsprechend ihrer fachlichen Ausbildung in der Berufspolitik des Bundes. Auch europaweit sind beide Berufsverbände durch Vertreter in EU-Gremien engagiert. Hier wird insbesondere die Entwicklung vergleichbarer Facharztqualifikationen diskutiert. Die besondere und fachlich hochwertige deutsche Facharztversorgung durch das Vertragsarztsystem ist in Europa eine Ausnahme. In der Gesamtheit der Deutschland- und EU-weit aktiven Verbände mit durchaus divergierenden Interessen müssen wir für den Erhalt dieser Versorgungsform zusammenstehen.

Die Wurzeln der berufspolitischen Arbeit sind aber zu einem nicht unerheblichen Teil in den Landesverbänden des BVDN zu finden. Hier werden Sorgen und Bedürfnisse der Neurologen und Psychiater gesammelt und diskutiert. Mehrfach im Jahr finden eigene Versammlungen der Landesvertreter dieser beiden Berufsverbände statt. In den vergangenen zwei Jahren gab es einen regen Austausch in Zoom-Konferenzen - das thematische Arbeiten an den Arbeitsaufträgen ist während der COVID-19-Pandemie nahezu ohne Unterbrechung fortgeführt worden.

Die drei Berufsverbände BVDN, BDN und BVDP arbeiten von jeher eng zusammen. In den Bundesvorständen sind die Nachbarverbände wechselseitig vertreten. Auf den BVDN-Delegiertenversammlungen werden Themen der Schwesterverbände besprochen. Dies ist bewährte Praxis der vergangenen Jahrzehnte. Nicht zuletzt die gemeinsame Geschäftsstelle in Berlin sowie eine gemeinsame Regelung des Mitgliedsbeitrags - der Beitrag gilt für die Mitgliedschaft in allen drei Berufsverbänden - zeugen deutlich von der engen Verschränkung der Verbände.

Die bereits beschriebene veränderte Facharztdemografie läutete einen Wandel ein. Begann dieser langsam, nimmt er nun wellenartig Fahrt auf. Der BVDN hat sich darauf gut vorbereitet, indem er die Gründung der Schwesterverbände aktiv unterstützt und gestaltet hat. Der BDN und der BVDP wachsen und müssen fachlich und berufspolitisch immer breiter Verantwortung übernehmen. Die Vernetzung der Berufsverbände durch jeweilige Vertreter in den Vorständen sichert die enge Zusammenarbeit und den regen Austausch über gemeinsame und verwandte Themen in der berufspolitischen Arbeit im Bund. In den Landesverbänden hat sich die Zusammenarbeit der Fachvertreter in einem Verband bereits vielerorts bewährt. Gelingt die Demonstration der gemeinsamen zielgerichteten Arbeit in den Fachbereichen Neurologie und Psychiatrie, können wir junge Kolleginnen und Kollegen auch plausibel für die Mitgliedschaft im BDN und BVDP sowie deren schrittweise Verantwortungsübernahme in den BVDN-(Landes)Vorständen gewinnen. Wenn der BDN und BVDP wachsen, kann der BVDN als gemeinsame Arbeitsorganisation in Form eines Dachverbandes überleben und erstarken.

Dr. med. Sabine Köhler.

Vorsitzende des BVDN

Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie

Dornburger Straße 17

07743 Jena

sab.koehler@web.de

Literatur


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