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. 2022 Jun 17;164(12):19. [Article in German] doi: 10.1007/s15006-022-1248-6

Impfen Sie jetzt verstärkt gegen Tollwut!

Elke Oberhofer 1,
PMCID: PMC9215149  PMID: 35731387

Die Tollwutimpfung für Reisende ist durch die Coronapandemie extrem wichtig geworden. Für Last-Minute-Kandidaten gilt: Auch wenn Sie in der Praxis kein reguläres Schema mehr hinbekommen, ist Impfen sinnvoll, sogar noch am Tag vor dem Abflug.

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Die Tollwut hat in vielen Reiseländern zugenommen, daher sollten Hausärztinnen und Hausärzte jetzt verstärkt impfen, rät Dr. Camilla Rothe, Tropenmedizinerin am LMU Klinikum München. Neue Daten deuten darauf hin, dass bereits ein 2-Dosis-Schema bei der Grundimmunisierung ausreichend schützt. Grundsätzlich gilt: Einmal ist besser als keinmal!

In reisemedizinisch relevanten Ländern hat sowohl die Hundetollwut als auch die humane Tollwut zugenommen, so Rothe. Der Grund: Kampagnen zur Hundevakzinierung sind durch die COVID-19-Pandemie ins Stocken geraten. Zudem haben sich Menschen nach Tierbissen weltweit deutlich seltener vorgestellt als in den Jahren vor 2020.

Die Tropenmedizinerin empfahl daher mit Nachdruck, auch in deutschen Praxen "liberal zu impfen". Die Tollwutimpfung sei aktuell "definitiv eine der wichtigsten Impfungen auf Reisen". Für die präexpositionelle Impfung wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) gegenwärtig ein Schema mit 3 Dosen empfohlen, entweder an den Tagen 0, 7 und 21-28 oder als Schnell-Schema bei Erwachsenen unter 65 Jahren an den Tagen 0, 3 und 7 (außer beim HDC-Impfstoff).

Im Institut für Tropenmedizin am Münchner LMU Klinikum kommt seit Kurzem ein Schema mit nur 2 Dosen (1. Dosis: Tag 0; 2. Dosis: ab Tag 7) zum Einsatz. Dass sich damit ein ausreichender Schutz gegen Tollwut erzielen lässt, hat eine aktuelle Datenauswertung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestätigt. Das 2-Dosis-Schema wird laut Rothe bereits vom ACIP (Advisory Committee on Immunization Prac-tices), dem der STIKO entsprechenden Expertengremium in den USA, empfohlen. Der psychologische Effekt sei beachtlich: "Unsere persönliche Erfahrung ist, dass sich viel mehr Leute impfen lassen, seit wir dieses Schema anbieten", berichtete die Infektiologin.

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Quelle: Infektio Update, 20./21. Mai 2022, Mainz/online

Das nächste Infektio Uptdate findet statt am 12. und 13. Mai 2023 in Mainz. Zur Anmeldung: https://infektio-update.com

In vielen Reiseländern fehlt Immunglobulin

Eine ausreichende Grundimmunisierung ist Rothe zufolge vor allem auch deshalb wichtig, weil man sich keineswegs darauf verlassen kann, dass im Reiseland Immunglobulin vorhanden ist. Das gelte nicht nur für tropische Länder, sondern z. B. auch für Südafrika.

Nach einem Tierbiss genügen bei grundimmunisierten Personen 2 Boosterimpfungen, und zwar an Tag 0 und 3. Wer dagegen vor der Exposition nicht geimpft war, benötigt sowohl eine passive Immunisierung mit humanem Immunglobulin als auch eine aktive Impfung. Hierfür werden vom RKI derzeit 2 verschiedene Schemata empfohlen:

  • das Essen-Schema mit insgesamt 5 Dosen an Tag 0, 3, 7, 14 und 28 oder

  • das deutlich handlichere Zagreb-Schema, bei dem an nur 3 Terminen insgesamt 4 Dosen verabreicht werden: 2 Dosen (in den rechten und linken Arm) an Tag 0, die beiden weiteren dann an Tag 7 und 21.

"Tollwut selbst ist bei Reisenden zum Glück sehr selten" so Rothe. "Was aber nicht selten ist, sind Bisse von Hunden oder andere relevante Tierkontakte." In diesen Fällen sei eine postexpositionelle Tollwutimpfung in jedem Fall indiziert.

Entscheidend ist die Boostbarkeit

Für Rothe ist eine entscheidende Frage, ob der Patient in der Lage ist, nach einem Tierbiss die Antikörper schnell genug hochzufahren. Dass dies mit ganz unterschiedlichen Impfschemata gelingt, deuten die Ergebnisse einer kleinen Studie aus den Niederlanden an: Hier hatte man bei insgesamt 28 Teilnehmenden viele Jahre nach ihrer Tollwutimpfung den Basisantikörperspiegel gemessen und danach eine einzelne Boosterimpfung verabreicht. Bei den dreimal Geimpften lag der Anteil mit protektiven Antikörperspiegeln auch nach 10-24 Jahren bereits zur Basismessung bei 100%, ebenso an Tag 7 nach der Boosterung. Aber auch in den Gruppen, die zur Grundimmunisierung lediglich 2 Impfdosen, teilweise in ungewöhnlichen Abständen, erhalten hatten, hatte der Booster seine volle Wirkung entfaltet, mit protektiven Titern (> 0,5 IU/ml) an Tag 7 bei 100% der Teilnehmenden. "Es geht nicht darum, mit hohen Antikörperspiegeln durchs Leben zu laufen", so Rothe. "Worum es geht, das ist die Boostbarkeit und darum, dass der Reisende nach einem Tierbiss reagiert."

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