Das Essverhalten wird stark von kulturellen und sozialen Aspekten beeinflusst. Ändern sich im persönlichen Umfeld viele Komponenten der Ernährung gleichzeitig, ist mit Auswirkungen auf die Gesundheit zu rechnen.
Die Essgewohnheiten während des ersten Lockdowns in Deutschland wurden nur in einer einzigen Studie untersucht, in die an fünf bayrischen Universitäten 1.964 Personen mit einem mittleren Alter von 23 Jahren und einem mittleren Body-Mass-Index (BMI) von 22,1 kg/m2 eingeschlossen und von Mitte bis Ende April 2020 befragt wurden. Sie sollten ihre aktuellen Ernährungsgewohnheiten mit denen vor dem Lockdown vergleichen. Mithilfe eines Fragebogens wurden Daten zu Nahrungsaufnahme, körperlicher Aktivität, Rauchen und Alkoholkonsum erhoben.
51 % der Teilnehmer änderten die Nahrungsmittelaufnahme nicht, 31 % aßen mehr und 17 % weniger als vor dem Lockdown. Vor allem Männer und Personen mit einem BMI > 25 kg/m2 konsumierten während der Ausgangsbeschränkungen mehr. Auch Rauchen, Alkoholkonsum, Stress und vermehrte Bewegung steigerten die Energieaufnahme.
Wer mehr Kalorien zu sich nahm, aß vor allem mehr Süßigkeiten (+64 %), auch mehr Brot (+47 %), mehr Fleisch (+25 %) mehr Milchprodukte (+28 %), aber nicht mehr Obst und Gemüse.
Auch die Beschaffung von Nahrungsmitteln hat sich verschoben. Besuche in Restaurants gingen von 46 % auf 2 % und in Cafeterias von 49 % auf 2 % zurück; diese Lokalitäten waren während des Lockdowns geschlossen. Die Zubereitung von Essen zuhause, die Versorgung durch vorgefertigte Lebensmittel und durch Lieferdienste änderte sich kaum.
Huter BC et al. Altered nutrition behavior during COVID-19 pandemic lockdown in young adults. Eur J Nutr. 2021;60:2595-602
Kommentar
Die beobachteten Anpassungen überraschen nicht, zeigen aber, dass sich nicht nur der Nahrungskonsum, sondern auch die Beschaffung von Nahrung geändert hat. Die untersuchte Gruppe mag nicht repräsentativ für Deutschland sein. Umfassendere Daten liegen jedoch nicht vor. Welche gesundheitlichen Auswirkungen der Lockdown durch die veränderte Ernährungssituation für die Betroffenen in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht hatte, geht aus dieser Studie nicht hervor. In Studien aus dem Ausland mit längerer Beobachtungsdauer wurde ebenfalls eine erhöhte Energieaufnahme beobachtet, darüber hinaus auch eine Zunahme des Körpergewichts. Der Lockdown ging zudem mit einer erhöhten Ängstlichkeit der Studienteilnehmer einher.
Prof. Dr. med. Alfred Wirth.
Melle