Abstract
Die Hauptaufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) ist die flächendeckende ambulante medizinische und psychotherapeutische Versorgung der Region Westfalen-Lippe (WL). In dieser Aufgabe vertritt sie ca. 15.000 Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen. Seit Beginn der COVID-19-Pandemie erweiterte sich das Aufgabenspektrum um den Umgang mit der Pandemie und deren Eingrenzung.
In dem vorliegenden Beitrag werden die Umsetzung der COVID-19-Impfkampagne in Nordrhein-Westfalen, im Landesteil WL mit 8,3 Mio. Einwohner*innen, sowie die Erfahrungen im Aufbau von Impfzentren (IZ) und in der Durchführung von Massenimpfungen dargestellt. Ein Kernproblem über nahezu das gesamte Zeitintervall der Massenimpfungen war die unstete Verfügbarkeit der Impfstoffe. Dadurch war der Betrieb der Impfzentren, insbesondere deren Auslastung und Performance negativ beeinflusst. Eine weitere Belastung in der Umsetzung der Impfziele war das häufige Fehlen von Transparenz und nachvollziehbarer Kommunikation bei den dezidierten Vorgaben zur Impfreihenfolge (Priorisierung). Die Zielvorgaben der Politik konnten dennoch vollumfänglich umgesetzt werden.
Schlüsselwörter: COVID-19-Immunisierung, COVID-19-Impfkampagne, Massenimpfungen, Impfzentren
Abstract
The main task of the Association of Statutory Health Insurance Physicians Westfalen-Lippe (KVWL) is to provide comprehensive outpatient medical and psychotherapeutic care in the region of Westfalen-Lippe (WL). It represents approximately 15,000 physicians and psychotherapists. Since the beginning of the COVID-19 pandemic, the range of tasks has expanded to include dealing with the pandemic and its containment.
This article describes the implementation of the COVID-19 vaccination campaign in WL, the northeastern part of North Rhine-Westphalia (NRW) with a population of 8.3 million, as well as the experience gained in setting up vaccination centers and conducting mass vaccinations. A key problem throughout the time of mass vaccination was the unsteady availability of vaccines. This negatively impacted the operation of the vaccination centers, particularly their utilization and performance. Another burden in the implementation of the vaccination targets was the frequent lack of transparency and comprehensible communication in the dedicated guidelines for the vaccination order (prioritization). Nevertheless, the policy targets were entirely implemented.
Keywords: COVID-19 immunization, COVID-19 vaccination campaign, Mass vaccination, Vaccination centers
Einleitung
Die COVID-19-Pandemie hat alle nationalen Gesundheitssysteme und deren Strukturen vor bisher unbekannte Herausforderungen gestellt. So war auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) als Akteurin für die flächendeckende ambulante medizinische Versorgung in der Region Westfalen-Lippe (WL) seit Ausbruch der Krankheit in Deutschland im Januar 2020 auf verschiedenen Ebenen stark eingebunden: Errichtung und Betrieb von über 50 Diagnose- und Behandlungszentren als Eigeneinrichtungen der KVWL, vor allem während des massiven Ausbruchs im Kreis Gütersloh, zentraler Einkauf und Logistik von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) für die ca. 15.000 niedergelassenen Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen in WL und deren Praxispersonal während der gesamten Pandemie, Umbau der ca. 90 Notfallpraxen zur Sicherstellung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes unter den neuen pandemiebedingten Hygienerichtlinien, Umsetzung von sog. Infekt-Sprechstunden, Abrechnung von Leistungen nach Coronavirus-Test- und Impfverordnung sowie die stetige Bereitstellung von verlässlichen Informationen während der hochdynamischen Lage über die verschiedenen Kanäle (Internetauftritt, E‑Mail-Newsletter, telefonische Servicehotline etc.) an die Mitglieder der KVWL.
Parallel zur Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen wurden auch Konzepte für die Durchführung von Massenimpfungen diskutiert und entwickelt. Aufgrund des bisherigen Zusammenspiels der verschiedenen Akteure waren vom Landesgesundheitsministerium (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen – MAGS NRW) beauftragte und von den Gebietskörperschaften (Kreise, kreisfreie Städte, Kommunen) sowie Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) gemeinschaftlich umgesetzte regionale Impfzentren (IZ) ein naheliegender Lösungsansatz. Die Herausforderung bestand in der Detailabstimmung bezüglich Zuständigkeiten, in ständiger Abwägung zwischen landesweit einheitlichem Vorgehen und kleinräumigen Besonderheiten und vor allem in einer transparenten Kommunikation bei hohem zeitlichen und politischen Druck.
Die Ausgangslage
Abb. 1 zeigt den zeitlichen Verlauf der COVID-19-Impfkampagne in NRW. Die Bundesregierung hat schnell erkannt, dass nur durch eine Immunisierung per Impfung die folgenschwere Situation für die Volksgesundheit und -wirtschaft unter Kontrolle zu bringen war. Daraus folgte, dass innerhalb kurzer Zeit Massenimpfungen zu organisieren waren. Die neu entwickelten mRNA-Impfstoffe stellten besondere Anforderungen an Lagerung und Transport (Kühlkette bei < −60 °C). Auch die Konfektionierung in Mehrdosenbehältnisse erhöhte den organisatorischen Aufwand in der Anwendung.
Vor Inbetriebnahme der Impfzentren war bekannt, dass nach der Zulassung von COVID-19-Impfstoffen anfangs nur eine limitierte Menge an Impfstoff für die deutsche Bevölkerung zur Verfügung stehen würde. Damit war eine Priorisierung der Impfreihenfolge unabdingbar. Der Deutsche Bundestag debattierte im Dezember 2020 unter Einbindung der entsprechenden Institutionen wie Ständiger Impfkommission (STIKO), Robert Koch-Institut (RKI), Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Deutschem Ethikrat, Leopoldina etc. über die erforderlichen Grundsätze und Vorgaben für die Impfreihenfolge. Das Thema COVID-19-Impfung wurde zum zentralen gesellschaftlichen Thema.
Mit der „Nationalen Impfstrategie COVID-19“ [1] legte die Bundesregierung im November 2020 die Eckpunkte für die Organisation einer zügigen Erstimmunisierung in Deutschland vor: Beschaffung, zentraler Einkauf und Finanzierung durch die Bundesregierung; Verteilung und Logistik über das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit Unterstützung der Bundeswehr und anderer zentraler Strukturen; Organisation der Impfungen über die Bundesländer mit Unterstützung der KVen und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD); zentrales Impfquotenmonitoring durch das RKI. Das BMG regelt als Verordnungsgeber auf Grundlage von § 20i Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) durch die Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) die Ausführungsbestimmungen.
Das BMG verlangte von den Bundesländern, dass deutschlandweit ab dem 15.12.2020 Impfzentren betriebsbereit gestellt werden sollen und, mit dem Markteintritt des ersten Impfstoffs, die zentral organisierte Verabreichung an die hochpriorisierten vulnerablen Bevölkerungsgruppen starten soll, d. h. Personen über 80 Jahre, Bewohner*innen von beschützenden Einrichtungen sowie deren Personal. Die IZ sollten durch sog. mobile Teams für aufsuchende Impfungen bei immobilen Bürger*innen ergänzt werden.
Das konkrete Vorgehen in Nordrhein-Westfalen (NRW)
In NRW lag die Federführung für die Umsetzung der nationalen Impfkampagne beim MAGS NRW. Die Landesregierung bestimmte, dass zum Start der Impfkampagne in NRW je Kreis bzw. kreisfreier Stadt genau ein Impfzentrum einzurichten sei. Dies bedeutete für NRW insgesamt 54 Impfzentren. Zudem wurde für NRW ein zentrales Impfstoffdepot für die Aufnahme der für NRW zugeteilten, tiefgefrorenen Impfdosen eingerichtet.
Für NRW wird folgende Aufgabenteilung festgesetzt, die in der Infobox dargestellt ist.
Die Impfzentren wurden als Einrichtungen des Landes NRW betrieben. Das Land agierte auf der Grundlage der CoronaImpfV und zugehöriger Gesetzesgrundlagen in Richtung Gebietskörperschaften durch Erlasse und in Richtung KVen aufgrund einer eigens für diesen Zweck geschlossenen Vereinbarung. Das MAGS schloss parallel eine Vereinbarung mit den Apothekerkammern in NRW zur Bereitstellung von pharmazeutischem Personal in den IZ für die Herstellung gebrauchsfertiger Impfdosen.
Während des Betriebs der IZ ergingen durch das MAGS in der Zeit vom 04.12.2020 bis 04.10.2021 insgesamt 41 Erlasse. Alle Beteiligten mussten bei einer sehr dynamischen Informationslage mit schnell wechselnden Rahmenbedingungen ihre Aufgaben managen. Die konkreten Ausführungsbestimmungen wurden aufgrund der gegebenen Sachlage und manchmal unklarer Zuständigkeiten bzw. komplexer Entscheidungswege sehr kurzfristig mit geringem Vorlauf bekannt gegeben, so dass in den Impfzentren große Unsicherheiten entstanden. Eine landesweit einheitliche Umsetzung der Impfkampagne wurde damit deutlich erschwert. Eines der größten Probleme war dabei die unzuverlässige Lieferung des Impfstoffes. Die vom BMG zugesagten Impfstoffkontingente für NRW konnten aufgrund von Lieferausfällen bei den Herstellern nicht eingehalten werden, die Verteilung der im Zentrallager NRW verfügbaren Impfdosen auf Krankenhäuser, Impfzentren und andere Impfstellen war nicht ausreichend transparent und die erforderliche Zweitdosis für eine vollständige Immunisierung erforderte entsprechende Rückstellungen in den Impfzentren bzw. im Zentrallager NRW. Die kleinteilige Umsetzung der Priorisierung war bei einer stark schwankenden Verfügbarkeit von Impfstoff in den Impfzentren nur schwer plan- bzw. umsetzbar.
In kürzester Zeit entwickelten die KVen in Zusammenarbeit mit dem MAGS ein Konzept zur operativen Durchführung von Massenimpfungen. Dabei gab es in Deutschland bisher keinerlei Erfahrungen mit Einrichtungen dieser Art. Für eine ausgiebige Literaturrecherche mit theoretischer Konzeptionierung oder prototypischer Pilotierung blieb keine Zeit. Der schematische Aufbau eines Impfzentrums in WL und die grundsätzliche Arbeitsteilung bzw. Zuständigkeiten von KV und Gebietskörperschaft (Kreis, kreisfreie Stadt, Kommune) sind in Abb. 2 dargestellt.
Zur Umsetzung der Impfzentren musste die KVWL ihren Regelbetrieb verlassen und die Organisationseinheiten kurzfristig neu ausrichten. Der Aufbau der IZ wurde intern als Projekt eingerichtet. Es wurde ein Kernteam mit enger Anbindung an die Entscheidungsebenen eingesetzt und je Impfzentrum wurden 2 Mitarbeiter*innen der KVWL als Projektleitung für die Koordination vor Ort in die Fläche entsandt. Damit waren vor Ort über 50 Mitarbeiter*innen als Ansprechpartner*in in den IZ im Einsatz. Im Hintergrund wurden zusätzliche Teams für die Kernbereiche Personal, Infrastruktur, IT, Beschaffung, Kommunikation und Presse am Standort Dortmund gebildet. Für den kurzfristigen Aufbau der erforderlichen EDV und andere Aufgaben wurden externe Dienstleister eingebunden.
Es wurden sog. ärztliche Standortleiter*innen, inklusive Stellvertreter*innen rekrutiert, die während der Betriebsphase den medizinischen Bereich des IZ verantworteten. Sie wurden in den operativen Prozessen vor Ort durch sog. Koordinator*innen, die in der Regel als erfahrene medizinische Fachangestellte (MFA) qualifiziert waren, unterstützt. Durch die Gebietskörperschaften wurde ein sog. organisatorischer Standortleiter*in eingesetzt, der die Organisation der Liegenschaft verantwortete. Zur Steuerung der IZ und mobilen Teams setzten die Kreise und kreisfreien Städte in der Regel über den ÖGD eine sog. Koordinierungseinheit ein. Hier wurde die kleinteilige Umsetzung in der Region organisiert. Ärztliche*r und organisatorische*r Standortleiter*in waren Teil der Koordinierungseinheit. Die Koordinierungseinheit stellte Listen der aufzusuchenden Einrichtungen für die mobilen Teams bereit, regelte Details zur Umsetzung der Priorisierung, setzte die Kapazitätsplanung des Impfzentrums gemäß Vorgaben des MAGS um etc. Parallel dazu gab es auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte die seit Ausbruch der Pandemie eingerichteten Krisenstäbe.
Kapazitätsplanung und Standortauswahl
In Westfalen-Lippe (WL) leben ca. 8,3 Mio. Einwohner*innen, davon sind ca. 6,3 Mio. über 16 Jahre alt. Es wurde von der Landesregierung festgesetzt, dass je Kreis bzw. kreisfreie Stadt nur genau ein Impfzentrum einzurichten sei. Als Grundlage für die Kapazitätsplanung machte das Land NRW im ersten Erlass zum Aufbau der Impfzentren vom 04.12.2020 die Vorgabe, dass je 70.000 Einwohner*innen eine sog. Impfstraße vorzuhalten sei und je Impfstraße ca. 7000 Impfungen pro Monat umzusetzen seien.
Für WL war damit eine Kapazität von insgesamt ca. 120 Impfstraßen festgesetzt. Die Impfzentren sollten bei voller Auslastung 7 Tage pro Woche geöffnet sein. Um eine verlässliche und praktikable Einsatzplanung für das bereitzustellende Personal sicherzustellen, sollten die Impfzentren in 2 Schichten à 6 h mit Öffnungszeiten von 8 bis 20 Uhr Impfungen anbieten. Dies korrespondierte mit der Zielvorgabe von ca. 20 Impfungen pro Stunde je Impfstraße. Als zeitbestimmender Prozessschritt wurde die persönliche, ärztliche Aufklärung mit Feststellung und Dokumentation der Impfbereitschaft und Impffähigkeit gesehen. Hierfür wurden ca. 3 min je Impfung als durchschnittlicher Zeitbedarf kalkuliert.
Jeder der 27 Kreise bzw. kreisfreien Städte in Westfalen-Lippe wurde aufgefordert, bis zum 30.11.2020 den Standort für das Impfzentrum des Kreises bzw. der kreisfreien Stadt zu benennen. Dabei wurden auf Grundlage des gemeinsamen Konzeptes von KVen und MAGS entsprechende Anforderungen bzgl. Größe und Beschaffenheit, Verfügbarkeit von Parkplätzen, Sicherheitsvorkehrungen, hygienischer Anforderungen, performanter Anbindung an das Internet für das tagesscharfe digitale Impfquotenmonitoring (DIM) etc. vorgegeben.
Die KVWL hatte im Rahmen der Konzeptionierung die optimale Verteilung von Impfzentren in WL mit geostatistischen Methoden analysiert. Um eine Erreichbarkeit innerhalb von maximal 45 PKW-Fahrminuten sicherzustellen, wären 35 Standorte in WL erforderlich gewesen. Abb. 3a zeigt die optimale Verteilung von Impfzentren nach rein planerischem Ansatz. Bei der Analyse wurde die Kapazität der Impfzentren im Sinne der zu erwartenden Anzahl von Impfungen in 3 Kategorien (M, L, XL) angenommen.
Abb. 3b zeigt die tatsächlichen Standorte der Impfzentren gemäß den Vorgaben des Landes NRW. Die Regelkapazität der Impfzentren wurde hier je nach Bevölkerungszahl der Region in M (2–3 Impfstraßen), L (4–5 Impfstraßen) und XL (6–10 Impfstraßen) bemessen. Es zeigte sich, dass nicht immer die besten Standorte aus der Perspektive der Erreichbarkeit gewählt wurden. Für den im Norden gelegenen Kreis Steinfurt (ST) wurde z. B. der zu dem Zeitpunkt nicht in Betrieb befindliche Flughafen Münster/Osnabrück (FMO) in Greven als Standort gewählt, während die Geoinformationssystem(GIS)-Analyse eher den weiter nördlich liegenden Standort Rheine vorgeschlagen hatte. In Greven gab es nach Ansicht der Verantwortlichen bessere infrastrukturelle Voraussetzungen. Dies hatte aber zur Folge, dass die Bevölkerung im Kreis Steinfurt z. T. längere Anfahrtswege zum Impfzentrum in Kauf nehmen musste. Zudem war zu beachten, dass eine Zuweisung zum Impfzentrum nach dem Wohnortprinzip vorgesehen wurde, d. h., Mitversorgereffekte von benachbarten Kreisen bzw. kreisfreien Städten (hier Münster) nur begrenzt gewünscht waren, da ansonsten der Verteilung des Impfstoffs nach Bevölkerungsschlüssel die Grundlage entzogen worden wäre.
Termineinladungswesen
Die Umsetzung der Impfpriorität machte es erforderlich, dass die Vereinbarung zum Impftermin nach einem strukturierten Prozess, inklusive eines dezidierten Einladungswesens, abzulaufen hatte. Die Bundesländer waren hier wie auch bei der Frage der Anzahl der Standorte unterschiedliche Wege gegangen. Während z. B. in Niedersachsen den impfberechtigten Personen ein Impftermin zugewiesen wurde, sollte in NRW die jeweils impfberechtigte Zielgruppe, z. B. Personen älter als 80 Jahre, im per Erlass gesetzten Zeitkorridor einen Impftermin frei wählen dürfen. Die Menge an verfügbarem Impfstoff vor Ort bestimmte dabei die einzustellenden Terminkapazitäten. Die genauen Zeitpunkte zur Freischaltung des Terminportals für die Bürger wurden ebenfalls per Erlass vorgegeben. Die Zuständigkeit für die Bereitstellung eines zentralen Impfterminservices wurde dabei bei den KVen verortet.
In WL wurde hierzu im ersten Schritt das Angebot der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV, Berlin), den bereits vorhandenen digitalen Terminservice der kv.digital1 zu nutzen, angenommen. Die Besonderheit des Corona-Impfterminservices war, dass eine Person 2 zusammenhängende Impftermine im zueinander definierten Zeitabstand buchen musste. Die kv.digital passte die vorhandene Softwarelösung an die vom Bund vorgegebenen Anforderungen für einen digitalen Impfterminservice an. Die Buchungsoption per Internet mit vorheriger Registrierung der Nutzer wurde ergänzt durch eine telefonische Buchungsmöglichkeit über den ebenfalls bereits vorhandenen Patientenservice 116117.
Mit Start der Massenimpfungen in den Impfzentren am 09.02.2021 zeigte sich, dass die von der kv.digital bereitgestellte Terminbuchungsplattform für die konkrete Ausgestaltung im bevölkerungsstarken und zugleich großflächigen Bereich Westfalen-Lippe und zusätzlich eigenen Anforderungen des Landes NRW (z. B. sog. Partnerbuchungen) nicht optimal war. Es wurde daher gemeinschaftlich mit dem MAGS die Entscheidung getroffen, im laufenden Betrieb die digitale Impfterminplattform über einen anderen Anbieter zu organisieren. Am 03.04.2021 wurde mit der Öffnung von Impfterminen für Personen ab 60 Jahren eine Terminplattform des Anbieters T‑Systems produktiv gesetzt und die bisherige Plattform der kv.digital abgeschaltet. Der Plattformwechsel gelang weitestgehend reibungslos, das neue technische System zur Online-Impfterminvergabe war den Anforderungen gewachsen.
Schematischer Aufbau und Ausstattung eines Impfzentrums
Abb. 2 zeigt den schematischen Aufbau eines Impfzentrums in WL. Die Impfzentren wurden von den Gebietskörperschaften in Stadt‑, Messe- oder Konzerthallen, Industriegebäuden, ungenutzten Flughafenbereichen, Turnhallen oder eigens aufgestellten mobilen Zelthallen eingerichtet. Entsprechend flexibel musste bei der Einrichtung und Ausstattung der Impfzentren auf die spezifische Situation vor Ort reagiert werden. Die Prozesskette von der Ankunft bis zum Verlassen des Impfzentrums wurde jedoch in allen Impfzentren sehr ähnlich umgesetzt. Es gibt kaum Literatur mit Beschreibung zum idealtypischen Aufbau einer Einrichtung für Massenimpfungen. Das für WL entworfene Konzept entspricht aber anderen in der Literatur beschriebenen Beispielen [2, 3].
Im Eingangsbereich des Impfzentrums wurde die Zugangsberechtigung des Impflings durch Anbindung an die digitale Terminplattform geprüft sowie eine kontaktlose Fiebermessung durchgeführt. An den von der KVWL ausgestatteten Computerterminals erfolgte die elektronische Registrierung der Impflinge. Dies wurde mit einem sog. Praxisverwaltungssystem (PVS), inklusive Kartenlesegeräte für die elektronische Gesundheitskarte (eGK) vollzogen. Es wurden standardisierte Impfaufklärungen, die in mehreren Sprachen auf Papier vorgehalten wurden, ausgehändigt. Im Wartebereich wurde, bei Bedarf mit Unterstützung durch Mitarbeiter*innen der Gebietskörperschaften bzw. Hilfsorganisationen, der standardisierte Anamnesebogen ausgefüllt. Die Unterlagen wurden den Bürgern zusätzlich vorab bereits bei der Terminvergabe elektronisch zur Verfügung gestellt.
Im medizinischen Bereich erfolgten innerhalb geschützter Impfkabinen Beratung, Aufklärung und medizinische Dokumentation jeweils durch einen Arzt oder eine Ärztin. Die Impfungen wurden direkt im Anschluss an die ärztliche Beratung durch geschultes medizinisches Fachpersonal unter ärztlicher Aufsicht verabreicht.
Nach der Impfung verweilte die geimpfte Person ca. 15–30 min im sog. Nachbeobachtungsbereich, um bei möglichen Impfreaktionen schnell und professionell reagieren zu können. Dieses Zeitintervall der Nachbeobachtung wurde parallel genutzt, um die Dokumentation abzuschließen und die Daten für das digitale Impfquotenmonitoring (DIM) per PVS zu erfassen.
Jede Impfung im Impfzentrum wurde gemäß Vorgabe des RKI mit eindeutigem Pseudonym, Impfdatum, Impfstoff, Chargennummer, Reihenfolge in einer Impfserie (Erst‑/Folgeimpfung), Alter, Geschlecht und Postleitzahl des Wohnortes erfasst. Die Daten aus den Impfstraßen wurden mehrmals täglich per gesicherter Internetverbindung an das Rechenzentrum der KVWL übertragen. Dort wurden die Meldungen aus den 27 Standorten gebündelt, auf Plausibilität geprüft und tagtäglich per definierter Datenschnittstelle an das RKI übermittelt. Diese Daten bildeten die Grundlagen für die durch das RKI ausgewiesenen regionalen Impfquoten.
Im Impfzentrum waren weitere Bereiche für Administration, separate Räume für Notfallsituationen, Räumlichkeiten mit besonderen hygienischen Standards zur Rekonstitution der gebrauchsfertigen Impfdosis, Lager- und Logistikflächen, Umkleiden und Sozialräume für die Mitarbeiter*innen etc. vorzuhalten.
Eine besondere Herausforderung stellte die personelle Ausstattung der Impfzentren mit medizinischem Personal dar. Aufgrund der Vorgaben zur Kapazität der Impfzentren an den 27 Standorten waren täglich bis zu ca. 1000 Ärzt*innen und MFA in 2 Schichten à 6 h im Einsatz. Um diesen hohen Personalbedarf decken zu können, startete die KVWL eine eigene internetbasierte Rekrutierungskampagne mit elektronischer Registrierung von einsatzwilligen Personen. In der Personalverwaltung der KVWL mussten die erforderlichen Standardprozesse zur Prüfung der formalen Qualifikation, Abwicklung von Honorar- und Zeitverträgen, Personalabrechnung und Schichtplanung hausintern aufgebaut werden.
Ab dem 30.11.2020 konnten sich interessierte Ärzt*innen und medizinisches Fachpersonal (MFA, Krankenpfleger*innen, Rettungsassistent*innen etc.) für den Einsatz im Impfzentrum registrieren. Bereits am 10.12.2020 waren ca. 4500 Ärzt*innen und ca. 3900 MFA und Personen mit vergleichbarer Qualifikation in der zentralen Datenbank der KVWL registriert. Bis zur Schließung der Impfzentren Anfang Oktober 2021 waren ca. 20.000 Personen über die KVWL im Impfzentrum im Einsatz [4].
Start, Verlauf und Performance der Impfkampagne in WL
Am 21.12.2020 wurde der erste Impfstoff gegen SARS-CoV-2-Infektionen EU-weit zugelassen. Am Sonntag nach Weihnachten (27.12.2020) startete in NRW die Impfkampagne regelhaft mit ersten Impfungen für knapp 10.000 Bewohner*innen von ca. 80 verschiedenen Pflegeeinrichtungen durch mobile Teams [5]. Die Landesregierung hatte entschieden, dass zu allererst den Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen als besonders vulnerable Personengruppe sowie deren Personal ein aufsuchendes Impfangebot zu machen war.
Die ersten Impfwellen über die Weihnachtstage und den Jahreswechsel wurden dabei über ein elektronisches Portal der KVWL organisiert. Dadurch konnten die regionalen Bestellmengen koordiniert werden. Die mobilen Impfteams bildeten sich nach Aufruf durch die KVWL selbstorganisiert aus den heimversorgenden Praxen vor Ort. Sie meldeten über einen verkürzten, bundeseinheitlichen Weg tagesscharf die Anzahl durchgeführter Impfungen über ein Meldeportal der KBV an das RKI, die Abrechnung der durchgeführten Impfungen erfolgte über die KVWL. Nach Start der Impfzentren wurden die mobilen Teams zwecks Impfstoffbestellung und Dokumentation sowie Personal- und Einsatzplanung an die Impfzentren und dortigen Koordinierungseinheiten administrativ angebunden. Bis zur endgültigen Schließung der Impfzentren wurden in 3078 Einrichtungen aufsuchende Impfangebote dokumentiert.
Die Impfzentren starteten am 09.02.2021. Sie waren im Zeitraum von Februar bis September 2021 an durchschnittlich 264 Tagen (SD 11,86) für Impftermine geöffnet. Die ersten Impftermine zur Verimpfung von 482.000 Impfdosen (Erst- und Zweitimpfung) für ca. 241.000 impfberechtigte Personen aus der Priorisierungsstufe 1 (Personen ≥ 80 Jahre) wurden ab dem 25.01.2021 zur Buchung freigeschaltet. Da in WL ca. 540.000 Personen im Alter über 80 Jahre leben, war klar, dass die beim Start bereitgestellte Impfstoffmenge für die Zielgruppe nicht ausreichen und damit ein hoher Druck auf die Vergabe von Impfterminen entstehen würde. Diese Situation wiederholte sich bei der Öffnung der nachfolgenden Priorisierungsstufen.
Die Impfzentren wurden bei der Konzeption so dimensioniert, dass bei personeller Minimalbesetzung der 2 × 6-Stunden-Schichten insgesamt ca. 4500 Impfungen pro Tag und bei Volllast insgesamt bis zu ca. 30.000 Impfungen pro Tag durchgeführt werden konnten. Die konkreten Impfstoffmengen wurden auf Basis der vom Bund angekündigten Liefermengen per Erlass in Kontingenten kreisscharf nach Kalenderwochen zugewiesen.
Bis zur Schließung der Impfzentren Ende September 2021 wurden in WL insgesamt ca. 11,2 Mio. Impfdosen verabreicht. Tab. 1 zeigt die Anzahl durchgeführter Erst- und Folgeimpfungen:
| Impfort | Anzahl Erst- und Folgeimpfungen bis 30.09.2021 |
|---|---|
| Mobile Teamsa | 755.300 |
| Impfzentren (IZ) | 5.216.984 |
| Arztpraxen | 4.888.231 |
| Krankenhäuserb | 346.144 |
| WL gesamtc | 11.206.659 |
aImpfungen von mobilen Teams wurden ab Juni 2021 überwiegend über die IZ erfasst und sind dort enthalten
bNur Digitales-Impfquotenmonitoring(DIM)-Meldung an das Robert Koch-Institut (RKI) über die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL)
cEs fehlen hier die Impfungen von Privatärzt*innen, Betriebsärzt*innen und anderen Impfstellen, die nicht über die (KVWL-)DIM-Daten an das RKI meldeten
Im Mai 2021 wurden mit über 1,14 Mio. Impfungen die meisten Impfungen pro Monat geleistet (Tab. 2). Die Vorgabe des MAGS mit insgesamt 120 Impfstraßen und 7000 Impfungen pro Monat (= 840.000 Impfungen pro Monat für WL) wurde damit um ca. 36 % deutlich übererfüllt.
| Monat (2021) | Anzahl Impfungen in IZ (ohne mobile Teams) |
|---|---|
| Februar | 162.177 |
| März | 611.296 |
| April | 1.003.331 |
| Mai | 1.142.889 |
| Juni | 985.026 |
| Juli | 515.599 |
| August | 505.503 |
| September | 291.159 |
Ab April 2021 wurde auch den Arztpraxen die Bestellung von COVID-19-Impfstoff über die örtlichen Apotheken ermöglicht. Damit wurde die Impfkampagne auf breitere Füße gestellt und die Regelstrukturen der ambulanten Versorgung eingebunden. Mit der breiteren Verfügbarkeit von Impfstoff konnte die Durchimpfungsquote der Bevölkerung für die Erstimmunisierung wie auch für die spätere Boosterung sehr effektiv gesteigert werden (Abb. 4a, b). Im Dezember 2021 erreichten die Praxen mit 1.962.048 dokumentierten Impfungen pro Monat ihre höchste Impffrequenz.
Im November 2021 wurden die Gebietskörperschaften aufgefordert, weitere niedrigschwellige Impfangebote an viel frequentierten Plätzen oder zu gezielten Anlässen mit kleineren, temporären Impfstellen zu unterbreiten. Dadurch sollten insbesondere jüngere Menschen und Personen, die der Impfung eher kritisch gegenüberstanden, angesprochen werden, um eine möglichst hohe Durchimpfungsquote zu erreichen. Durch eine Gesetzesänderung wurde ab Februar 2022 auch Apotheken die Verabreichung von COVID-19-Impfungen ermöglicht. Nach unserem Kenntnisstand haben die Apotheken allerdings bisher keinen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Impfquote in Deutschland leisten können.
Die Auslastung und Performance der Impfzentren wurde über den gesamten Verlauf durch die Verfügbarkeit von Impfstoff bestimmt. Abb. 4a, b zeigen die monatliche „Impfleistung“ der verschiedenen „Säulen“ der Impfkampagne (Impfzentren inkl. mobile Teams, Arztpraxen, Sonstige: Krankenhäuser, Privatärzt*innen, Betriebsärzt*innen, ÖGD soweit DIM-Meldung über KVWL erfolgt).
Die Tab. 3 zeigt die Performance im Sinne der Anzahl dokumentierter Impfungen pro Tag je Impfzentrum. Die Statistik zeigt die Heterogenität der IZ untereinander. Der hohe Interquartilsabstand zwischen 25 %- und 75 %-Quantil je IZ verdeutlicht zudem, wie stark die Schwankungen in der täglichen Auslastung waren. Das größte Impfzentrum in WL verzeichnete mit fast 3500 den Spitzenwert an dokumentierten Impfungen pro 12-Stunden-Tag (entspricht ca. 290 Impfungen pro Stunde).
| Impfzentrum (anonymisiert) | Anzahl Öffnungstage | Anzahl dokumentierter Impfungen pro Tag | Gesamtzahl Impfungen Jan–Sept. 2021 | ||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Mittelwert | 25 %-Quantil | Median | 75 %-Quantil | Maximum | |||
| IZ13 | 194 | 445 | 318 | 421 | 596 | 972 | 86.505 |
| IZ19 | 227 | 462 | 152 | 390 | 717 | 1320 | 105.083 |
| IZ04 | 200 | 549 | 338 | 548 | 774 | 1197 | 109.935 |
| IZ26 | 233 | 500 | 305 | 448 | 665 | 1482 | 116.653 |
| IZ01 | 229 | 550 | 299 | 507 | 797 | 1264 | 125.979 |
| IZ27 | 235 | 574 | 407 | 576 | 749 | 1158 | 135.113 |
| IZ12 | 227 | 650 | 327 | 619 | 951 | 1283 | 147.758 |
| IZ17 | 222 | 681 | 409 | 601 | 987 | 1932 | 151.253 |
| IZ23 | 219 | 700 | 355 | 645 | 1024 | 1469 | 153.379 |
| IZ16 | 227 | 747 | 420 | 773 | 1040 | 1654 | 169.662 |
| IZ22 | 221 | 778 | 269 | 806 | 1158 | 2020 | 172.049 |
| IZ08 | 231 | 747 | 409 | 759 | 1051 | 1649 | 172.722 |
| IZ20 | 235 | 736 | 440 | 685 | 1053 | 1589 | 173.029 |
| IZ21 | 230 | 763 | 392 | 687 | 1167 | 1643 | 175.553 |
| IZ25 | 235 | 772 | 331 | 725 | 1073 | 1915 | 181.488 |
| IZ15 | 222 | 913 | 505 | 872 | 1253 | 2200 | 202.903 |
| IZ06 | 217 | 992 | 538 | 997 | 1396 | 1974 | 215.390 |
| IZ11 | 229 | 944 | 520 | 930 | 1377 | 1831 | 216.192 |
| IZ14 | 235 | 946 | 463 | 984 | 1395 | 2007 | 222.422 |
| IZ07 | 225 | 996 | 419 | 949 | 1586 | 1986 | 224.307 |
| IZ18 | 236 | 1028 | 511 | 908 | 1542 | 2704 | 242.702 |
| IZ05 | 235 | 1068 | 620 | 1065 | 1519 | 2081 | 251.001 |
| IZ24 | 233 | 1102 | 526 | 929 | 1695 | 2810 | 256.964 |
| IZ02 | 235 | 1096 | 692 | 1101 | 1509 | 2423 | 257.652 |
| IZ10 | 222 | 1197 | 616 | 1144 | 1806 | 2164 | 265.924 |
| IZ09 | 224 | 1388 | 775 | 1320 | 2064 | 2633 | 311.035 |
| IZ03 | 234 | 1599 | 847 | 1469 | 2419 | 3455 | 374.328 |
Eine tiefergehende Bewertung der Impfzentren bezüglich Wirtschaftlichkeit und Effizienz ist der KVWL aufgrund fehlender Daten zu Gesamtkosten und Aufwand leider nicht möglich.
Diskussion
Insgesamt konnten die Zielvorgaben der Politik uneingeschränkt umgesetzt werden. Durch die Einrichtung von Impfzentren und den Einsatz von mobilen Teams konnte der Bevölkerung unter Einhaltung der Priorisierungsvorgaben ein flächendeckendes Impfangebot gemacht werden. Dabei war die Region Westfalen-Lippe bei den stichtagsbezogenen Vergleichen der Impfquoten aller Bundesländer immer in der Spitze des Benchmarks vertreten.
Im weiteren Verlauf der Impfkampagne haben die niedergelassenen Praxen ihre Flexibilität, hohe Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit in einer nie dagewesenen Krisensituation unter Beweis gestellt und eine Durchimpfung von über 90 % der Bevölkerung in WL über 18 Jahre ermöglicht.
In der Retrospektive war die unstete Verfügbarkeit der Impfstoffe über die gesamte Laufzeit der Impfkampagne das Kernproblem, das alle Mitwirkenden erheblich belastet hat. Auf die zu Beginn sehr knappe Ressource Impfstoff konnte und musste man sich einstellen. Auch die im Verlauf immer wieder eingetretenen unerwarteten Lieferengpässe und eine ungenügende Transparenz bezüglich der noch verfügbaren Impfstoffmenge bedeuteten eine unzureichende Planbarkeit von Impfterminen und Personaleinsatz.
Bereits bei der Konzeption der Impfzentren wurde mit Blick auf die gesetzten Anforderungen für ein tagesscharfes, zentrales Impfquotenmonitoring die unzureichende digitale Infrastruktur in Deutschland allgemein und im ÖGD im Speziellen sehr deutlich, z. B. existiert in Deutschland keine eindeutige Personen-ID, die von allen Beteiligten (Bürger*innen, Impfzentren, RKI etc.) für die Dokumentation elektronisch verwendet werden kann (z. B. digitaler Personalausweis als flächendeckender Standard).
Gerade zu Beginn der Impfaktionen verzögerten unklare Anforderungen an den Umfang der Aufklärung bzw. Dokumentationspflichten sowie die damit verbundenen datenschutzrechtlichen Bewertungen die konzeptionellen Planungen. So wäre es z. B. wünschenswert gewesen, dass der konkrete Umfang der Archivierungspflicht (Papier oder EDV?) bundeseinheitlich vor dem Start der IZ festgelegt worden wäre.
Grundlegenden Entscheidungen, wie z. B. Vorgaben zur dezidierten Umsetzung der Impfreihenfolge (Priorisierung), fehlten oftmals die Transparenz und eine nachvollziehbare Kommunikation. Im Krisenmodus zeigten sich die Schwachstellen durch zu viele beteiligte Schnittstellen in der Koordination zwischen Bund und Land sowie Land und Gebietskörperschaften.
In einigen Situationen wurde die Wertschätzung durch Politik und Entscheidungsträger für das starke Engagement aller Beteiligten vermisst. Für die weitere Umsetzung der Impfkampagne sehen wir die vorhandenen Regelstrukturen des Gesundheitswesens mit Schwerpunkt auf niedergelassene Praxen gut gerüstet, sofern ausreichend Impfstoff für die fortlaufende Immunisierung der Bevölkerung zur Verfügung steht.
Infobox Aufgabenverteilung bei der Impfkampagne in Nordrhein-Westfalen (NRW)
Land NRW/Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS)
Beschaffung, zentrale Lagerung und Distribution der Impfstoffe und des Impfzubehörs
Detailvorgaben zur Impfreihenfolge/Priorisierung
Zentrale Vorgaben für Eckpunkte bei der Umsetzung der Impfzentren (Kapazität, Ausstattung, Öffnungszeiten etc.)
Finanzierung (mit teilweise Refinanzierung über den Bund)
Gebietskörperschaften (Kreise, kreisfreie Stadt)
Auswahl der Standorte der Impfzenten (in Abstimmung mit MAGS)
Einrichtung und Betrieb der Infrastruktur für die Impfzentren
Bereitstellung von nicht-medizinischem Personal
Anbindung an den Rettungsdienst sicherstellen
Kassenärztliche Vereinigung
Einrichtung und Betrieb des medizinischen Bereichs innerhalb der IZ inkl. Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), EDV und weiterer erforderlicher Hilfsmittel
Bereitstellung des medizinischen Fachpersonals
Bereitstellung und Betrieb eines Impfterminvermittlungs- und -vergabeservices
Durchführung der Impfung inkl. Aufklärung und Dokumentation in den Impfzentren sowie mobilen Teams
Acknowledgments
Danksagung
Unser besonderer Dank gilt allen KVWL-Mitarbeiter*innen für ihren enormen Einsatz im Rahmen der Pandemie und insbesondere beim Aufbau und Betrieb der Impfzentren. Wir bedanken uns bei den von der KVWL in den Impfzentren und mobilen Impfteams eingesetzten Menschen für die erfolgreich geleistete Arbeit unter ungewöhnlichen Umständen. Unser Dank gilt ebenso alle anderen Beteiligten, wie den Beschäftigten der Landes- und Bezirksregierung, kommunalen Einrichtungen, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen für die gute, sachorientierte Zusammenarbeit in schwierigen Situationen.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
F. Meyer, C. Schwenzer und D. Spelmeyer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt.
Footnotes
Die kv.digital GmbH ist eine Tochtergesellschaft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Literatur
- 1.https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/Impfstoff/Nationale_Impfstrategie.pdf. Zugegriffen: 31. Juli 2022
- 2.Oliani F, Savoia A, Gallo G, Tiwana N, Letzgus M, Gentiloni F, et al. Italy’s rollout of COVID-19 vaccinations: the crucial contribution of the first experimental mass vaccination site in Lombardy. Vaccine. 2022;40(10):1397. doi: 10.1016/j.vaccine.2022.01.059. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 3.Gianfredi V, Pennisi F, Lume A, Ricciardi GE, Minerva M, Riccò M. Challenges and opportunities of mass vaccination centers in COVID-19 times: a rapid review of literature. Vaccines. 2021;9(6):574. doi: 10.3390/vaccines9060574. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
- 4.https://www.corona-kvwl.de/praxisinformationen/corona-impfzentren. Zugegriffen: 31. Juli 2022
- 5.https://www.kvno.de/meta-navigation/suche/news/nachricht/impfstart-in-nrw-gelungen. Zugegriffen: 31. Juli 2022




