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. 2022 Nov 30;171(1):58–62. [Article in German] doi: 10.1007/s00112-022-01657-8

Wann sind Antikörperbestimmungen im Serum vor oder nach Impfungen sinnvoll und wann nicht?

Stellungnahme der Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen des Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V.

When are antibody determinations in serum before or after vaccination indicated and when not?

Ulrich Heininger 1,; Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen des Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V.
PMCID: PMC9713190  PMID: 36471874

Abstract

In der Praxis stellt sich häufig die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Bestimmung von Antikörperwerten bzw. Titern zur Überprüfung des Impfschutzes vor bzw. nach Impfungen. Dies kann in Ausnahmesituationen sinnvoll sein, z. B. bei Personen unter immunsuppressiver Therapie bzw. bei Verdacht auf Immundefizienz, bei Patienten mit unbekanntem Impfstatus sowie in definierten Risikosituationen (z. B. Überprüfung des Hepatitis-B-Impfschutzes nach Nadelstichverletzungen bzw. des COVID-19-Impfschutzes bei bestimmten Formen einer Immundefizienz). Im Gegensatz dazu sind für keine allgemein empfohlenen Standardimpfungen individuelle serologische Kontrollen empfohlen oder sinnvoll. Zum einen deswegen, weil aus den Zulassungsstudien oder langjähriger Anwendung bekannt ist, dass bei Einhalten der Impfempfehlungen eine ausreichend hohe individuelle Schutzwahrscheinlichkeit besteht (z. B. > 99 % bei Tetanus), zum anderen, weil die Impfstrategie primär auf indirekten Populationsschutz und nicht auf Schutz jeder einzelnen Person abzielt. Die wenigen Personen, die trotz Impfung nicht direkt geschützt sind („Impfversager“), profitieren somit indirekt von dem reduzierten Expositionsrisiko. Dies wurde an den Beispielen der oralen Poliomyelitis-Impfung in den 1960er-, der MMR-Impfung seit den 1970er- und der Hib-Impfung seit den 1990er-Jahren gezeigt. Diese Stellungnahme unserer Kommission zeigt die Evidenz zum sinnvollen Vorgehen auf, wann welche Antikörperbestimmungen nach bzw. vor einer Impfung hilfreich und aussagekräftig sind, und wann man sie besser unterlassen sollte. Sie lehnt sich dabei eng an die STIKO-Impfempfehlungen bzw. deren Anwendungshinweise an. Wir raten davon ab, dem Wunsch mancher Eltern nach medizinisch nicht begründeten Titerbestimmungen bei ihrem Kind nachzukommen.

Schlüsselwörter: Antikörper, Titer, Schutzkorrelat, Impfung, Serologie


In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer spezifischen, erregerbezogenen Bestimmung von Antikörperwerten (d. h. Konzentrationen im Serum) bzw. Titern (d. h. Verdünnungsstufen von Serum). Für manche, insbesondere diagnostische Fragestellungen kann das durchaus sinnvoll sein: z. B., ob es sich bei einem hoch fiebernden, nichtgeimpften Patienten mit Husten und makulopapulösem Exanthem um Masern handeln könnte (Test: IgM-Bestimmung im Serum).

Auch zur Bestimmung des Impfschutzes vor bzw. nach immunsuppressiver Therapie bzw. bei bekannter oder Verdacht auf Immundefizienz, bei Patienten mit unbekanntem Impfstatus sowie in definierten Risikosituationen (wie z. B. Überprüfung des Hepatitis-B-Impfschutzes nach Nadelstichverletzungen) ergeben sich sinnvolle Fragestellungen.

Dagegen lässt sich grundsätzlich festhalten, dass für keine der von der STIKO allgemein empfohlenen Standardimpfungen individuelle serologische Kontrollen empfohlen sind. Entweder,

  • weil aus den Zulassungsstudien oder langjähriger Anwendung bekannt ist, dass bei Einhalten der Impfempfehlungen, inkl. eventueller Auffrischungen, eine ausreichend hohe individuelle Schutzwahrscheinlichkeit besteht (z. B. > 99 % bei Tetanus) oder

  • weil die Impfstrategie primär auf indirekten Populationsschutz und nicht auf direkten Schutz einer jeden einzelnen Person abzielt (alle anderen Standardimpfungen). Das heißt, Personen, die trotz Impfung nicht direkt geschützt sein sollten, profitieren indirekt von dem reduzierten Expositionsrisiko. Das gilt für alle Standardimpfungen außer Tetanus. Dieses Konzept ist eindrucksvoll an den Beispielen der oralen Poliomyelitis-Impfung in den 1960er-, der MMR-Impfung seit den 1970er- und der Hib-Impfung in den 1990er-Jahren gezeigt worden.

Diese Stellungnahme soll die verfügbare Evidenz zum sinnvollen Vorgehen darstellen, wann welche Antikörperbestimmungen nach bzw. vor einer Impfung hilfreich und aussagekräftig sind, und wann man sie besser unterlassen sollte. Sie lehnt sich eng an die STIKO-Impfempfehlungen bzw. deren Anwendungshinweise an [15].

Für welche Impfungen gibt es serologische Schutzkorrelate?

Man muss sich über die fehlende oder eingeschränkte Aussagekraft vieler Antikörperbestimmungen zur Feststellung eines Impfschutzes bewusst sein. Oftmals sind die Testverfahren nicht geeignet, die Frage „Besteht Impfschutz vor Krankheit x?“ zu beantworten. Dementsprechend schwierig bis unmöglich ist dann die Interpretation des Ergebnisses. Nur, wenn ein sogenanntes serologisches Schutzkorrelat bekannt und zuverlässig ist, d. h. im Rahmen von Studien ermittelt und definiert wurde, kann die Bestimmung sinnvoll sein – aber selbst dann nur in klar definierten Situationen.

Im Rahmen der Erstellung von Anwendungshinweisen zum Impfen bei Immundefizienz hat die STIKO im Grundlagenpapier 2017 die akzeptierten Schutzkorrelate in einer Tabelle dargestellt (Tab. 1 in [2]). In der Tabelle sind auch die Impfungen aufgeführt, für die kein zuverlässiges Schutzkorrelat bekannt ist. Die Zuverlässigkeit der Korrelate ist sehr heterogen. Im Falle von Masern heißt es: „bei Nachweis von Masern-IgG kann von einem Schutz ausgegangen werden“, was für neutralisierende Antikörper (die i. d. R. nur in Referenzlaboratorien verfügbar sind) eher zutrifft als für die im ELISA-Verfahren nachgewiesenen Antikörper. Neben der Prätestwahrscheinlichkeit ist hier auch die Güte des jeweils verwendeten Testverfahrens von entscheidender Bedeutung. Diese ist leider gemäß Ringversuchen – z. B. zur Bestimmung von Röteln-IgG [6] – sehr variabel.

Dennoch bietet die Tabelle (Tab. 1) einen Anhalt zur Interpretation von Laborwerten bei individuellen Fragestellungen.

Impfung Testverfahren Antikörperkonzentration/Titer Anmerkungen
Diphtherie ELISA; Toxin NT 0,1 IU/ml
Hepatitis A ELISA 10 mIU/ml
Hepatitis B ELISA Anti-HBsAG: 10 IE/l Korrelat für Langzeitschutz: 100 IE/l
Hib ELISA 0,15 μg/ml Anti-PRP Auch bei nichtnachweisbaren Antikörpern können Gedächtniszellen induziert worden sein
HPV ELISA, Multiplex-Serologie n. d.
Masern ELISA, NT n. d. Bei Nachweis von Masern-IgG kann von einem Schutz ausgegangen werden
Meningokokken hSBA ≥ 1:4
Mumps ELISA, NT n. d. Bei Nachweis von Mumps-IgG kann von einem Schutz ausgegangen werden. Reinfektionen sind möglich
Pertussis n. d. Kein serologisches Schutzkorrelat bekannt
Pneumokokken Unterschiedliche Serotypen in einem Impfstoff; Grenzwerte beruhen auf Studien bei Kindern, Übertragbarkeit auf Erwachsene fraglich
– PCV ELISA PCV13: ≥ 0,35 μg/ml
– PPSV ELISA; Opsonophagozytose PPSV23: 0,20–0,35 μg/ml; 1:8 Dilution
Poliomyelitis NT > 1:4 Neutralisationstest weist definitionsgemäß schützende Antikörper nach
Röteln ELISA 10–15 IU/ml Unterschiedliche Testverfahren international nicht standardisiert; zelluläre Immunität
Tetanus ELISA 0,1 IU/ml
Varizellen ELISA, FAMA

ELISA: n. d.

FAMA: 1:2 bis 1:4

ELISA: je nach Labor und Test-Kit unterschiedliche Grenzwerte

NT Neutralisationstest, n.d. nicht definiert, ELISA „enzyme-linked immunosorbent assay“, FAMA Fluoreszenz-Antikörper-Membran-Antigen-Test (nur im VZV-Referenzlabor Jena), PRP Hib Polyribosylribitol-Phosphat, hSBA „serum bactericidal activity with human complement“

Vorgehen in besonderen Risikosituationen

Patienten mit Immundefizienz

Für immunsupprimierte Patienten haben Antikörperbestimmungen eine andere Bedeutung als für immunkompetente Patienten. Wir empfehlen ein standardisiertes Vorgehen nach Vorgaben der STIKO in ihren Anwendungshinweisen zum Impfen bei Immundefizienz: Grundlagen [2], Impfen bei primären Immundefekterkrankungen und HIV-Infektion [3], Impfen bei Autoimmunkrankheiten, bei anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen und unter immunmodulatorischer Therapie [4] sowie Impfen bei hämatologischen und onkologischen Erkrankungen (antineoplastische Therapie, Stammzelltransplantation), Organtransplantation und Asplenie [5].

Beruflich indizierte Impfungen (Hepatitis B, Tollwut)

Hepatitis B

Von einer erfolgreichen Hepatitis-B-Impfung kann bei einem Anti-HBs-Antikörperwert ≥ 100 IE/l ausgegangen werden. Dieser Wert korreliert mit Langzeitschutz vor klinisch manifester Hepatitis B. Die Antikörperkontrolle sollte idealerweise 4 bis 8 Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung vorgenommen werden. Eine Kontrolle soll bei beruflicher Indikation erfolgen, welche die STIKO wie folgt definiert:

„Personen mit erhöhtem arbeitsbedingten Expositionsrisiko, einschließlich Auszubildender, PraktikantInnen, Studierender und ehrenamtlich Tätiger mit vergleichbarem Expositionsrisiko, z. B. Personal in medizinischen Einrichtungen (einschließlich Labor- und Reinigungspersonal), Sanitäts- und Rettungsdienst, betriebliche ErsthelferInnen, PolizistInnen, Personal von Einrichtungen, in denen eine erhöhte Prävalenz von Hepatitis-B-Infizierten zu erwarten ist (z. B. Gefängnisse, Asylbewerberheime, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen).“ Ferner weist die STIKO darauf hin, dass die angeführten Personengruppen exemplarischen Charakter haben und keine abschließende Indikationsliste darstellen. Vielmehr soll man das tatsächliche Expositionsrisikos einschätzen [1].

  • Bei Anti-HBs-Werten von 10–99 IE/l („Low Responder“) wird sofort eine weitere Impfstoffdosis empfohlen, wiederum gefolgt von einer Anti-HBs-Kontrolle nach 4 bis 8 Wochen. Falls der Wert wieder < 100 IE/l beträgt, empfiehlt die STIKO bis zu 2 weitere Impfstoffdosen, jeweils mit anschließender Anti-HBs-Kontrolle nach 4 bis 8 Wochen. Nach 6 erfolglosen Impfstoffdosen (Anti-HBs 10–99 IE/l) muss das weitere Vorgehen individuell besprochen werden (Erläuterungen in [7]). Erfolgreiche Impfserien mit deutlich mehr als 6 Impfstoffdosen sind dokumentiert.

  • Bei einem Anti-HBs < 10 IE/l (sogenannte „Nonresponder“) sollen HBsAg und Anti-HBc zum Ausschluss einer chronischen HBV-Infektion im Serum bestimmt werden. Falls beide Parameter negativ sind, ist das weitere Vorgehen, wie oben bei „Low-Respondern“ beschrieben.

  • Bei früher (z. B. im Säuglingsalter) gegen Hepatitis B geimpften Personen mit neu aufgetretenem Infektionsrisiko und unbekanntem Anti-HBs sollte erst eine weitere Hepatitis-B-Impfstoffdosis verabreicht werden, ehe die serologische Erfolgskontrolle erfolgt. Das Vorgehen ist dann, wie oben beschrieben.

  • Ist ein Anti-HBs-Wert ≥ 100 IE/l dokumentiert, besteht Langzeitschutz, und Auffrischimpfungen sind nicht indiziert.

    CAVE: Nach Standardimpfungen im Kindes- und Jugendalter ist eine Anti-HBs-Titerkontrolle nicht sinnvoll.

Tollwut

Die STIKO empfiehlt für Laborpersonal, welches mit dem Tollwutvirus arbeitet, nach der Grundimmunisierung alle 6 Monate die Bestimmung von neutralisierenden Antikörpern gegen Tollwutviren im Serum. Eine Auffrischimpfung ist bei einem Wert < 0,5 IE/ml Serum indiziert.

Vorgehen bei unbekanntem Impfstatus

Bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation von Impfungen sollte im Interesse der betroffenen Person von fehlenden Impfungen ausgegangen werden und altersentsprechend Nachholimpfungen empfohlen werden (Tabellen 10A–E der jeweils aktuellen Impfempfehlungen der STIKO [1]). Im Rahmen einer Nachholimpfserie mit Totimpfstoffen (insbesondere tetanustoxoidhaltige Kombinationsimpfstoffe) können an der Impfstelle ausgeprägte Nebenwirkungen (Schmerzen, Schwellung, Rötung, Überwärmung) im Sinne eines Arthus-Phänomens entstehen. Dafür können hohe vorbestehende Serum-Antikörper-Konzentrationen ursächlich verantwortlich sein. In dieser Situation kann deshalb vor weiteren Impfungen eine Antikörperbestimmung gegen Tetanustoxin empfohlen werden. Beträgt der Wert > 0,1 IU/ml, ist von einem ausreichend hohen Schutz auszugehen, und die Nachholimpfserie kann abgebrochen werden. Da die Tetanus-Impfung im Allgemeinen nicht als Einzel-, sondern als Kombinationsimpfung mit Diphtherie und Pertussis (und ggf. weiteren Komponenten) durchgeführt wurde, kann dieser Wert als Surrogatmarker auch für diese Impfungen herangezogen werden.

COVID-19

Für Antikörperbestimmungen nach COVID-19-Impfung bei Patienten mit Immundefizienz verweisen wir auf die jeweils aktuellen Empfehlungen der STIKO [8].

Derzeit empfiehlt die STIKO keine serologische Antikörpertestung zur Überprüfung des Impferfolges bei geimpften Personen. Diese Antikörpertestung soll auch dann nicht erfolgen, wenn die Personen älter sind, Vorerkrankungen oder eine Immundefizienz haben. Begründung: Der Wert, der einen sicheren Schutz bedeutet und damit eine oder mehrere Impfstoffdosen unnötig machen würde, ist nicht bekannt. Zudem beruht die Immunantwort gegen SARS-CoV‑2 auch ganz wesentlich auf dem zellulären Arm des Immunsystems, der hier nicht abgebildet wird. Lediglich bei „schwer immundefizienten Personen mit einer erwartbar stark verminderten Impfantwort“ (Verweis auf Tab. 8 der 20. Aktualisierung vom 24. Mai 2022) ≥ 4 Wochen nach der 2. Impfstoffdosis UND ≥ 4 Wochen nach der 3. Impfstoffdosis ist eine quantitative serologische Untersuchung auf spezifische Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Spike-Protein empfohlen (Gesamtprotein-S1-Untereinheit oder Rezeptorbindungsdomäne). Mit diesem Vorgehen kann bei initial fehlender oder niedriger Antikörperantwort die Antikörperkinetik (gibt es einen Anstieg?) beurteilt werden. Die Blutentnahme für die erste Antikörpermessung kann am selben Termin durchgeführt werden, an dem die 3. Impfstoffdosis verabreicht wird; das Antikörperergebnis muss aus den o. g. Gründen für die Gabe der 3. Impfstoffdosis nicht abgewartet werden. Sollten auch nach der 3. Impfstoffdosis unverändert sehr niedrige oder keine spezifischen Antikörper messbar sein, verweist die STIKO auf verschiedene weitere Maßnahmen [8].

Vorgehen bei Wunsch von „Titerbestimmungen“ von Patienteneltern

Pädiater werden regelmäßig mit dem Wunsch oder der Forderung von Eltern konfrontiert, bei ihrem Kind den individuellen Impfschutz zu messen. Besonders typisch ist der Wunsch, vor oder nach einer anstehenden oder fehlenden 1. oder 2. MMR-Impfung den „Maserntiter“ zu bestimmen. Mit Einführung des Masernschutzgesetzes und dessen Implikationen für den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen hat sich dies intensiviert. Hintergrund ist, dass für die Zulassung in Gemeinschaftseinrichtungen der Nachweis einer Masernimmunität (nicht näher definiert) oder die vollständige Impfung (also 2 Dosen MMR) gefordert wird. Manche Eltern wollen deshalb entweder bereits vor der 1. oder aber nach der 1. MMR-Impfung den „Maserntiter“ bei ihrem Kind bestimmt haben, um im Falle eines positiven Ergebnisses ganz auf die MMR-Impfung bzw. die 2. Dosis verzichten zu können. Wir lehnen dies ab, weil die Spezifität der kommerziell verfügbaren ELISA-Verfahren nicht 100 % beträgt und somit der Schutz gegen Masern beim Kind nicht garantiert werden kann. Hinzu kommt, dass auch der Schutz gegen Mumps (kein zuverlässiges serologisches Korrelat bekannt!) bzw. Röteln nicht gewährleistet ist. Zudem verursacht die Antikörperbestimmung unnötige Kosten und Schmerzen bei der Blutentnahme.

Manche besonders besorgte Eltern erbitten die Masern-IgG-Antikörper-Bestimmung nach der 2. MMR-Impfung, um sicher zu sein, dass ihr Kind auch wirklich geschützt ist. Ähnlich wie bei Röteln beträgt die Schutzwahrscheinlichkeit nach 2 Impfdosen > 99 % und ist somit zuverlässiger als eine IgG-Antikörper-Bestimmung. Mit anderen Worten: Nach 2 MMR-Impfungen gibt es mehr falsch-negative als richtig-negative Masern-IgG-Test-Ergebnisse. Aus diesem Grund wird selbst bei schwangeren Frauen (also einer Hochrisikopopulation bei Auftreten von Röteln) seit vielen Jahren keine Röteln-IgG-Antikörper-Bestimmung mehr in der Schwangerschaft empfohlen, wenn 2 dokumentierte Röteln-Impfungen vorliegen.

Vielmehr sagt die STIKO dazu [9]:

„Liegt der Nachweis über zwei erfolgte Rötelnimpfungen vor, ist von einer Immunität auszugehen, weitere Maßnahmen wie Titerkontrollen sind nicht erforderlich.

Der serologische Nachweis von Antikörpern ist nur bei Schwangeren ohne entsprechende Nachweise einer bestehenden Immunität (Ungeimpfte oder einmalig Geimpfte oder Impfanamnese unbekannt) sinnvoll. International wird als schützender Titer ein Wert von 10 bis 15 IU/ml im ELISA-Test angesehen. In Deutschland gilt bislang die Empfehlung der Diagnostik-Kommission der Gesellschaft für Virologie (GfV) und der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV), dass bei Werten zwischen 15 IU/ml und 34 IU/ml ein Zweittest herangezogen werden soll. Dafür kann der früher verwendete HHT eingesetzt werden, bei dem Titer ab < 1:8 als ausreichend positiv angesehen werden. Aufgrund der schlechten Standardisierbarkeit der Rötelnteste steht zu vermuten, dass in Zukunft der generelle Nachweis von Anti-Röteln-IgG-Antikörpern, d. h. ein grundsätzlich positives Testergebnis, ausreichend sein wird.“

Deshalb halten wir auch nach der 2. MMR-Impfung den Wunsch zur Bestimmung von Masern‑, Mumps- und Röteln-Antikörpern nicht für sinnvoll und lehnen ihn ab.

Stellungnahme der Kommission

Die Bestimmung von Antikörperkonzentrationen bzw. Titern nach Impfungen sollte regelhaft auf die von der STIKO definierten Situationen begrenzt und gut begründet sein [10]. Die variable Testgüte mit zu erwartenden unterschiedlichen Ergebnissen aus identischen Seren und die Bedeutung der Prätestwahrscheinlichkeit gilt es dabei zu beachten. Von darüber hinausgehenden Messungen auf individuellen Wunsch der Patienteneltern raten wir ausdrücklich ab, weil sie nicht sinnvoll interpretiert werden können.

Acknowledgments

Mitglieder der Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen des Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V.

PD Dr. med. U. von Both (München); Dr. med. H. Grundhewer (Berlin); Prof. Dr. med. U. Heininger (Basel; Kommissionssprecher und Federführung); Prof. Dr. med. H.-I. Huppertz (Bremen); Dr. med. A. Iseke (Münster); Prof. Dr. med. M. Knuf (Worms); Prof. Dr. med. G. Ch. Korenke (Oldenburg); Prof. Dr. med. A. Müller (Bonn)

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

H.-I. Huppertz: Participation on a Data Safety Monitoring Board or Advisory Board: Pfizer on meningococcal vaccines, BioNTech on COVID vaccines, GSK on children’s vaccines. U. Heininger, U. von Both, H. Grundhewer, A. Iseke, M. Knuf, G. Ch. Korenke und A. Müller geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.

Footnotes

Die Mitglieder der Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen des Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e.V. werden am Beitragsende gelistet.

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Contributor Information

Ulrich Heininger, Email: kontakt@buendnis-kjg.de.

Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen des Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V., Email: kontakt@buendnis-kjg.de, http://www.buendnis-kjg.de

Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen des Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V.:

U. von Both, H. Grundhewer, U. Heininger, H.-I. Huppertz, A. Iseke, M. Knuf, G. Ch. Korenke, and A. Müller

Literatur

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