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. 2022 Dec 13;164(21-22):40–43. [Article in German] doi: 10.1007/s15006-022-2091-5

Aktuelles zum Impfen im Alter

Update on vaccination in old age

Anja Kwetkat 1500684343001,, Hans Jürgen Heppner 1500684343002, Anne-Sophie Endres 1500684343003, Andreas Leischker 1500684343004
PMCID: PMC9744592  PMID: 36510070

Gerade bei Älteren sind Impfungen wichtig, um schwere Verläufe von Infektionskrankheiten zu verhindern. Wo gibt es noch Impflücken? Welche Impfstoffe und Impfschemata empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) zum Schutz vor Influenza, Pneumokokken und COVID-19?

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Ältere sind durch alterungsbedingte Veränderungen des angeborenen und erworbenen Immunsystems (Immunseneszenz) anfälliger für Infekte. Komorbiditäten und funktionelle Defizite begünstigen Komplikationen und schwere Verläufe, sodass nicht nur COVID-19, sondern auch Influenza und Pneumokokken-Pneumonien mit einer deutlich erhöhten Mortalität im Alter verbunden sind.

Umso wichtiger sind Impfungen. Obwohl die Immunseneszenz zu einer Abschwächung der Immunantwort auf Impfungen führt und dadurch Erkrankungen nicht sicher zu verhindern sind, blocken sie doch zuverlässig schwere Verläufe ab. Die Entwicklung neuerer, stärker immunogener Vakzine ist daher wichtig - gerade für diese Altersgruppe.

Unzureichende Impfquoten und ablehnende Haltung können dazu führen, dass die Wirksamkeit von Impfungen als Präventionsmaßnahme schwindet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält daher Zweifel an der Wirksamkeit von Impfstoffen für eine der zehn größten Gesundheitsgefahren der Zukunft (https://www.who.int/news-room/spotlight/ten-threats-to-global-health-in-2019, letzter Zugriff 31.8.2022).

Aktuelle Impfempfehlungen der STIKO

Die Ständige Impfkommission (STIKO) gibt jeweils zum Jahresanfang Impf-Empfehlungen heraus, die auch unterjährig aktualisiert werden. Für die Altersgruppe 60+ finden Sie die aktuelle Empfehlung in Tab. 1 [1]. Wegen der nach wie vor häufigen Anpassungen zur COVID-19-Impfung wird auf die jeweils aktualisierten spezifischen STIKO-Empfehlungen verwiesen [2]. Für einen schnellen Zugriff auf alle neuen Informationen zum Impfen bietet die STIKO eine eigene, kostenlose App an.

Impfung Empfehlung Wiederholungsimpfung
Tetanus Grundimmunisierung, falls nicht vorhanden Auffrischimpfungen in 10-jährigem Intervall mit Td-Kombinationsimpfstoff
Diphtherie Grundimmunisierung, falls nicht vorhanden
Pertussis Einmalig bei der nächsten fälligen Diphtherie-Impfung als Tdap-Kombinationsimpfung Derzeit keine Wiederholung empfohlen
Influenza Impfung im Herbst mit einem inaktivierten quadrivalenten Hochdosis- Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlener Antigenkombination. Jährlich
Pneumokokken Standardimpfung mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23) für Senioren, die keiner Risikogruppe angehören Ggf. Wiederholungsimpfungen mit PPSV23 im Abstand von mindestens 6 Jahren nach individueller Indikationsstellung
Herpes Zoster Zweimalige Impfung mit dem adjuvantierten Herpes-Zoster-Totimpfstoff im Abstand von mindestens 2 bis max. 6 Monaten Derzeit keine Wiederholung empfohlen
COVID-19 Generelle Impfempfehlung zur Grundimmunisierung Zweimalige Auffrischimpfung mit mRNA-Vakzine nach jeweils 6 Monaten

Nahezu 90% der Todesfälle durch Influenza finden sich in der Altersgruppe 60+.

Influenza

Die durch Influenza-A- und -B-Viren verursachte Virusgrippe ist die Infektionskrankheit mit der höchsten bevölkerungsbezogenen Mortalität von bis zu 12% [3] bei hospitalisierten Grippepatienten. Nahezu 90% der Todesfälle durch Influenza finden sich in der Altersgruppe 60+.

Die hohe Variabilität der Virus-Subtypen macht eine alljährliche Anpassung der Antigene notwendig. Infektionen mit dem Influenza-Subtyp A(H3/N2) führen bei Älteren zu einer besonders hohen Krankheitslast [4]. Die Influenza-Impfung ist für alle ≥ 60-Jährigen als Standardimpfung empfohlen, für Senioren- und Pflegeheimbewohner gilt sie als Indikationsimpfung [1].

Derzeit sollen alle Personen ab 60 Jahren mit dem inaktivierten, quadrivalenten Hochdosisimpfstoff (Efluelda®) in aktueller, von der WHO empfohlener Antigenkombination geimpft werden. Das ist ein Ei-basierter Spaltimpfstoff, der die 4-fache Menge HA-Antigen (60 µg) enthält [5]. Für diesen konnte eine signifikant bessere Wirksamkeit gegenüber dem konventionellen Impfstoff in der Standarddosis gezeigt werden [6], und auch die Hospitalisationsraten in Verbindung mit einer Pneumonie sowie kardiorespiratorische Ereignisse traten bei älteren Patienten weniger auf [7]. Dieser Hochdosisimpfstoff wird von den Krankenkassen erstattet [8].

Mit Fluad® Tetra, einem adjuvantierten quadrivalenten Grippevakzin, steht ein weiterer stärker immunogener Impfstoff zur Verfügung [9]. Im Falle von Lieferengpässen für den Hochdosisimpfstoff sollte daher an Stelle der Standardimpfstoffe auf das adjuvantierte Vakzin ausgewichen werden.

Laut STIKO sind die Risikogruppen leider nur unzureichend geimpft [10] (Abb. 1). Dem gilt es entgegenzuwirken und die Impfquoten für die Influenzaimpfung deutlich anzuheben.

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Pneumokokken

In Deutschland verursachen Pneumokokken-Infektionen jährlich etwa 12.000 Todesfälle. Von den Verstorbenen sind 80-90% über 60 Jahre alt. Daher wurden bereits in den 1970er-Jahren zunächst Polysaccharid-Impfstoffe gegen Pneumokokken entwickelt. Durch Kopplung der Polysaccharid-Antigene an Eiweiße konnte die Immunogenität deutlich gesteigert werden. Diese neuen Impfstoffe werden Konjugatimpfstoffe genannt [11].

Nach der aktuellen STIKO-Empfehlung sollen Ältere mit dem Polysaccharidimpfstoff PPSV23 (Pneumovax®) geimpft werden. Daten zur Serotypenverteilung in Deutschland zeigen, dass invasive Pneumokokken-Erkrankungen bei Menschen ab 60 Jahren zu gut 70% durch Serotypen verursacht werden, die in PPSV23 vorhanden sind. Der Konjugatimpfstoff PCV13 (Prevenar®) enthält die Antigene von 13 Serotypen und deckt damit etwa 30% der klinisch relevanten Serotypen bei Erwachsenen ab. Für PCV13 ist auch eine Schutzwirkung vor nichtbakteriämisch verlaufenden Pneumonien nachgewiesen.

Nur 20-51% der über 60-Jährigen in Deutschland sind gegen Pneumokokken geimpft.

Für Menschen mit besonderer Gesundheitsgefährdung im Alter über 18 Jahren empfiehlt die STIKO die Impfung mit PPSV23 mit einer einmaligen Auffrischimpfung nach 6 Jahren. Für Menschen mit angeborener oder erworbener Immunsuppression oder mit Asplenie empfiehlt die STIKO die sequentielle Impfung: PCV13, gefolgt von PPSV23 im Abstand von 6-12 Monaten [1]. Abb. 2 fasst die Empfehlungen der STIKO zur sequentiellen Pneumokokken-Impfung zusammen [12].

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Seit Ende 2021 ist in der EU auch ein 15-valenter Konjugatimpfstoff (Vaxneuvance®) zugelassen zum Einsatz ab 18 Jahren. Er enthält zusätzlich ein aluminiumhaltiges Adjuvans. Anfang 2022 erfolgte die Zulassung eines 20-valenten Konjugatimpfstoffs (Apexxnar®) in der EU, ebenfalls zum Einsatz ab 18 Jahren. Beide Vakzine dürfen nicht bei Personen angewendet werden, die gegen Diphtherietoxoid (ein abgeschwächtes Toxin aus dem Diphtherie verursachenden Bakterium) überempfindlich sind. Beide Impfstoffe sind in den aktuellen STIKO-Empfehlungen noch nicht berücksichtigt.

Trotz der schon lange bestehenden Pneumokokken-Impfempfehlung sind nur 20-51% der über 60- Jährigen in Deutschland gegen Pneumokokken geimpft [13]. Auch hier gilt es, die Impfquoten zu steigern.

COVID-19

SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2) ist ein neues Beta-Coronavirus, das Anfang 2020 als Auslöser von COVID-19 identifiziert wurde. Zu den Beta-Coronaviren gehören u. a. auch MERS-CoV (Middle East respiratory syndrome coronavirus) sowie die als "Erkältungsviren" zirkulierenden humanen Coronaviren (HCoV) HKU1 und OC43.

Zur Immunisierung gegen eine SARS-CoV-2-Infektion stehen in Deutschland zwei mRNA-Vakzine zur Verfügung: Comirnaty® und Spikevax®. Zusätzlich sind hier zwei Vektor-basierte Impfstoffe, Vaxzevria® und Jcovden®, ein Protein-basierter Impstoff, Nuvaxovid®, sowie ein inaktivierter, adjuvantierter Ganzvirusimpfstoff, Valneva®, zugelassen [2].

In der letzten Aktualisierung zum Schutz vor COVID-19 empfiehlt die STIKO nun neben den zwei Impfungen zur Grundimmunisierung und einer ersten Auffrischungsimpfung allgemein eine weitere Auffrischungsimpfung bereits ab dem Alter von 60 Jahren (bisher ab 70 Jahren) sowie für Personen im Alter ab 5 Jahren mit einem erhöhten Risiko für schwere COVID-19-Verläufe infolge einer Grunderkrankung [2]. Die STIKO empfiehlt für Auffrischimpfungen ab 12 Jahren vorzugsweise einen der zugelassenen und verfügbaren Omikron-adaptierten bivalenten mRNA-Impfstoffe (Comirnaty Original/Omicron BA.1, Comirnaty Original/Omicron BA.4/5 oder Spikevax bivalent Original/Omicron BA.1) [2]. Ferner wird Nuvaxovid® zur Grundimmunisierung entsprechend der erweiterten Zulassung auch für Kinder und Jugendliche im Alter von 12-17 Jahren empfohlen. Alternativ für Personen zwischen 18 und 50 Jahren empfiehlt die STIKO außerdem zur Grundimmunisierung den adjuvantierten Totimpfstoff Valneva.

Für bestimmte Personengruppen ab 12 Jahren ist zusätzlich zur Impfung eine SARS-CoV-2-Präexpositionsprophylaxe als medikamentöse Prävention mit dem Kombinationspräparat Evusheld® empfohlen, welches aus den beiden SARS-CoV-2-neutralisierenden monoklonalen Antikörpern Tixagevimab und Cilgavimab besteht [2].

Insbesondere Ältere entwickeln oft schwere Verläufe der Infektion und leiden danach unter einer deutlichen Einschränkung der Selbsthilfefähigkeit [14]. Besonders bei Pflegeheimbewohnern ist die Erkrankung häufig und schwer verlaufend [15]. Vorerkrankungen wie Herzinsuffizienz, Übergewicht, Diabetes mellitus, Leberzirrhose, chronische Niereninsuffizienz, aktive hämatologische Erkrankungen und der Z. n. Organtransplantation zählen zu den Risikofaktoren für einen schweren Verlauf der Infektion [16].

Für Pflegeheimbewohner konnte gezeigt werden, dass die Impfung die Infektion zwar nicht verhindert, aber einen milderen Verlauf bewirkt [17]. Leider sind jedoch auch bei der COVID-19-Impfung die Impfquoten mit 76,3% Grundimmunisierten und 62,4% mit mindestens einer Auffrischungsimpfung zu gering, um den potenziellen präventiven Nutzen voll ausschöpfen zu können (https://impfdashboard.de/ letzter Zugriff 07.11.2022).

Im September 2022 hat die Europäische Arzneimittelagentur EMA angepasste COVID-19-Impfungen auf die Omicron-Variante BA.1 (Comirnaty Original/Omicron BA.1; Spikevax bivalent Original/Omicron BA.1) in der Europäischen Union zugelassen (https://ema.europa.eu/en). Künftig werden weitere Impfstoffe gegen andere Omikron-Varianten wie BA.2, BA.5, BA.4/5 geprüft.

Aufgrund der Veränderungen des Virus und der damit sich ständig verändernden Daten zu Übertragung, Schwere und Verlauf der Erkrankung sowie Impfeffektivität, werden die Vakzine kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, auch die Impfempfehlungen für COVID-19 ständig zu aktualisieren. Um hier immer auf dem Laufenden zu sein, sei nochmals auf die kostenlose STIKO-App verwiesen.

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Autorinnen und Autoren:

Dr. med. Anja Kwetkat

Klinik für Geriatrie und Palliativmedizin, Klinikum Osnabrück Am Finkenhügel 1, D-49076 Osnabrück, anja.kwetkat@uni-osnabrueck.de; AG Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie

Prof. med. Hans Jürgen Heppner

Klinik für Geriatrie und Geriatrische Tagesklinik, Klinikum Bayreuth - Medizincampus Oberfranken, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; AG Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie

Dr. med. Anne-Sophie Endres

Evangelisches Geriatrie Zentrum Berlin; AG Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie

Dr. med. Andreas Leischker

Lehrbeauftragter für Geriatrie an der Philipps-Universität Marburg; AG Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie

Fazit für die Praxis.

  1. Ältere sind in besonderem Maße durch Influenza-, Pneumokokken- und SARS-CoV-2-Infektionen gefährdet.

  2. Die konsequente Umsetzung der mindestens jährlich aktualisierten STIKO-Impfempfehlungen ist die wesentlichste Maßnahme zur Prävention dieser schwerwiegenden Infektionen.

  3. Um gerade auch bei kurzfristig angepassten Empfehlungen zur COVID-19-Impfung immer einfach und sicher auf dem aktuellsten Stand zu sein, ist der Einsatz der STIKO-Impf-App zu empfehlen.

Supplementary Information

Interessenkonflikt

A. Kwetkat: Forschungsunterstützung: Pfizer; Beratungs-/Gutachtertätigkeit: Seqirus, GSK, Pfizer, Sanofi-Pasteur, Astra Zeneca; Vortragstätigkeit: Pfizer, MSD, Novartis, Daiichi-Sankyo, Bristol-Myers Squibb, Sanofi-Pasteur; H. J. Heppner: Forschungsunterstützung: Thermo Fisher Science; Vortragshonorare: Pfizer, Thermo Fisher Science, Janssen-Cilag; Beratertätigkeit: Pfizer, GSK; A.-S. Endres: Vortragshonorar: Pfizer; A. Leischker: Honorare für Vorträge und Beratungstätigkeit (Advisory Boards) für GSK, Pfizer Vaccines, Sanofi, Novartis

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