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. 2022 Dec 14;27(10):50–51. [Article in German] doi: 10.1007/s00735-022-1646-0

Cochrane Pflegeforum

Dejan Djukic 1,, Simone Fleckinger 1, Altin Zharri 1, Daniela Schoberer 1
PMCID: PMC9875163  PMID: 36712464

Abstract

Tests zur Bestimmung des am besten geeigneten Antibiotikums im Falle einer bakteriellen Blutstrominfektion: Sind Schnelltests besser als Standardtests?


Plain Language Summary

Ziel dieses Cochrane Reviews. Menschen mit Blutstrominfektionen bedürfen dringend einer Behandlung mit Antibiotika. Die Bestimmung der Bakterien, welche die Infektion verursachen, hilft sicherzustellen, dass das richtige Antibiotikum verabreicht wird. Mit Antibiotika-Schnelltests ist eine Bestimmung rasch möglich, dies könnte die Versorgung verbessern. Wir wollten herausfinden, ob der Einsatz von Antibiotika-Schnelltests die Zahl der Todesfälle verringert oder die Krankheitsdauer verkürzt.

Kernaussagen. Schnelle Empfindlichkeitstests zur raschen Bestimmung eines geeigneten Antibiotikums für Personen mit einer Blutvergiftung machen möglicherweise einen nur geringen bis gar keinen Unterschied in Bezug darauf:

  • _ wie viele Personen innerhalb von 30 Tagen nach der Diagnose der Blutvergiftung sterben;

  • _ wie lange die erkrankten Personen im Krankenhaus bleiben müssen;

  • _ ob ein geeignetes Antibiotikum verabreicht wird.

Ob die Verwendung von Antibiotika-Schnelltests diese Ergebnisse verbessert, wird in größeren Studien erforscht werden.

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Was in diesem Review untersucht wurde. Die Empfindlichkeit auf Antibiotika wird im Labor getestet, indem gemessen wird, ob die Bakterien wachsen können, wenn sie verschiedenen Antibiotika ausgesetzt sind. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die verabreichten Antibiotika gegen den Infektionserreger wirksam sind. Bei diesem Standardverfahren, bei dem Blutproben kultiviert werden, dauert es bis zu 36 Stunden, bis ein Ergebnis vorliegt. Schnelltests zur Identifizierung von Bakterien, die Blutstrominfektionen verursachen, und deren Empfindlichkeitstestung auf Antibiotika liefern nach maximal acht Stunden entsprechende Ergebnisse. Diese Antibiotika-Schnelltests enthalten:

  • _ Tests, welche direkt die Wirkung der Antibiotika auf die Bakterien untersuchen (sogenannte phänotypische Tests); und

  • _ Tests, die nach bestimmten Genen in den Bakterien suchen, um festzustellen, ob sie gegenüber einem Antibiotikum empfindlich oder dagegen resistent sind (sogenannte genotypische Tests).

Die wesentlichen Ergebnisse dieses Reviews. Wir fanden sechs Studien mit insgesamt 1.638 Erwachsenen mit einer Blutstrominfektion. Alle Studien wurden in spezialisierten medizinischen Zentren in Ländern mit hohem Einkommen in Europa, den USA und Ostasien durchgeführt.

Im Vergleich zu herkömmlichen Testverfahren machen die Antibiotika-Schnelltests möglicherweise nur einen geringen oder gar keinen Unterschied in Bezug darauf:

  • _ viele Personen innerhalb von 30 Tagen sterben (Evidenz aus sechs Studien mit 1.638 Personen);

  • _ wie lange die Menschen im Krankenhaus bleiben müssen (4 Studien mit 1.165 Personen); oder

  • _ wie lange es dauert, bis die betroffene Person das richtige Antibiotikum zur Behandlung der Infektion erhält (5 Studien mit 1.493 Personen).

Phänotypische Antibiotika-Schnelltests verringern möglicherweise die Zeit bis zur Verabreichung des richtigen Antibiotikums; dies ist jedoch unsicher (Evidenz aus 2 Studien mit 564 Personen).

Phänotypische Antibiotika-Schnelltests machen möglicherweise nur einen geringen bis keinen Unterschied in Bezug auf die Zeit bis zur Verabreichung des richtigen Antibiotikums (Evidenz aus 4 Studien mit 1.074 Personen).

Vertrauen in die Ergebnisse. Unser Vertrauen in diese Ergebnisse ist begrenzt, da:

  • _ die Zahl der in den Studien gemeldeten Todesfälle zu gering ist, um Unterschiede mit ausreichender Sicherheit zu belegen;

  • _ sich die verwendeten Tests und die Ergebnisse der Studien stark unterscheiden;

  • _ die Studien nicht genügend Teilnehmende einschlossen, um eindeutige Schlussfolgerungen zu ermöglichen.

Weitere Forschung wird diese Ergebnisse wahrscheinlich verändern.

Aktualität des Reviews. Wir schlossen Evidenz ein, die bis zum 21. Oktober 2020 veröffentlicht wurde.

Kommentar zum PLS

Seit der COVID-19 Pandemie und den großflächigen Teststrategien der Länder sind diagnostische Schnelltests in Form von PCR (Polymerase-Ketten-Reaktion) Verfahren auch Personen mit wenig labordiagnostischen Kenntnissen vertraut; beinahe jeder Mensch kennt den Begriff PCR-Test.

PCR-Tests sind Schnelltests zur Identifizierung verschiedener Krankheitserreger, wie Bakterien und Viren. Sie beschränken sich also nicht nur auf die Testung hinsichtlich des SARS-CoV-2. Dem Schnelltestverfahren steht das konventionelle labordiagnostische Verfahren der Blutkultur zur Identifizierung eines Erregers und zur Feststellung eines geeigneten Antibiotikums gegenüber. Beide Testverfahren kommen bei der Diagnose und Therapie einer Blutvergiftung, der Sepsis, zum Einsatz (AWMF 2018).

Weltweit gibt es jährlich 47 bis 50 Millionen Fälle einer Sepsis. Die hochgerechneten Daten für Österreich liegen bei 28.000 Sepsis-Erkrankten pro Jahr (ÖGARI 2021). Infolge einer Sepsis kann es zu einem septischen Schock, einem Multiorganversagen und zum Tod kommen (AWMF 2018). Jährlich verstirbt weltweit eine von fünf Personen mit einer diagnostizierten Sepsis an dessen Folgen. In Österreich liegen die Zahlen bei etwa 6.700 Sepsis bedingten Todesfällen jährlich (ÖGARI 2021).

Die Hauptergebnisse des Reviews von Anton-Vazquez et al. (2021) zeigen keine wesentlichen Vorteile beim Einsatz eines Schnelltests (PCR-Tests) im Vergleich zum Einsatz von Blutkulturen, hinsichtlich der Sterberate innerhalb von 30 Tagen, der Länge des Krankenhausaufenthaltes und der Dauer, bis das richtige Antibiotikum zum Einsatz kommt. Es wurde jedoch gezeigt, dass speziell die sogenannten phänotypischen Schnelltests die Zeit bis zur Verabreichung des richtigen Antibiotikums verkürzen können. Ergebnisse einer aktuell veröffentlichten, randomisiert kontrollierten Studie bestätigen eine deutlich verkürzte Zeit bis zum Einsatz eines geeigneten Antibiotikums durch den PCR-Test (Darie et al. 2022). Erfolgte die Probenentnahme durch eine Lungenspiegelung bei einer gramnegativen bakteriellen Erkrankung (wie beispielsweise einer Lungenentzündung oder Hirnhautentzündung), so war die Dauer einer unangemessenen Antibiotikabehandlung zwischen 19,5 und 57,7 Stunden kürzer im Vergleich zur Blutkulturdiagnostik.

Die Qualität der Evidenz des Reviews von Anton-Vazquez et al. (2021) wurde bei allen Endpunkten als “niedrig” eingestuft. Gründe für die niedrige Einstufung waren das Fehlen von Studien mit direkten Vergleichen und die Ungenauigkeit der Ergebnisse.

Bei der Entscheidung für ein Testverfahren müssen die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden. Laut Hunfeld et al. (2008) haben Schnelltests den Vorteil der kürzeren Auswertungsdauer, was auch die Studien insbesondere bei phänotypischen PCR-Tests bestätigen, und eine erhöhte Sensitivität (Wahrscheinlichkeit, dass ein Test bei tatsächlich Kranken die Krankheit auch erkennt). Nachteile sind der hohe technische Aufwand und die höheren finanziellen Kosten. Hunfeld et al. (2008) merkten an, dass sich wahrscheinlich durch fortschreitende technische Entwicklungen eine bessere Kosten-Nutzen-Relation von PCR-Tests, vor allem bei der Diagnose und Therapie einer Sepsis, zeigen wird. Aufgrund der Ausweitung der PCR-Testmöglichkeiten, während der COVID-19 Pandemie, sollte die Kosteneffizienz der PCR-Tests zur Diagnose von Krankheitserregern neu bewertet und in künftigen Forschungsarbeiten analysiert werden.

COCHRANE PFLEGE FORUM: WISSEN WAS WIRKT

Das „Cochrane Pflege Forum“ ist eine Serie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Cochrane Zentrum. Es zeigt in regelmäßigen Abständen den aktuellen Stand der Forschung in Form von Zusammenfassungen von Cochrane Reviews auf. Dabei werden unterschiedliche pflegerische Themen aufgegriffen. Ziel der Serie ist es, den Pflegekräften Forschungsergebnisse schneller und direkter zur Verfügung zu stellen.

BUCHEMPFEHLUNG

Assistierter Suizid

Die Legalisierung der Beihilfe zum Suizid in Österreich bringt tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen mit sich. Das bisherige Selbstverständnis von Medizin und Pflege wird dadurch in Frage gestellt und es wird eine neue Auseinandersetzung mit dem Leid am Lebensende erfordern.

Die Autoren aus Pflege, Medizin und Ethik&Recht in der Medizin geben einen Überblick über die ethischen Aspekte und die internationalen Entwicklungen der Suizidassistenz sowie über die Spannungsfelder, die sich durch die Legalisierung der Beihilfe zum Suizid aus der Sicht von Palliative Care ergeben. Entscheidend wird sein, wie gut es gelingt, Rahmenbedingungen festzulegen, die gewährleisten, dass der Entschluss für einen assistierten Suizid frei von Druck getroffen wird.

„Bei schwerer Erkrankung, bei Pflegebedürftigkeit und intensiven Leiderfahrungen sind Sterbewünsche der Patienten und Patientinnen keineswegs selten, selbst bei bester Palliativversorgung“, so Angelika Feichtner, Palliativpflegekraft und Dozentin im Bereich von Hospizarbeit und Palliative Care. „Meist sind Pflegepersonen die ersten Adressaten dieser Wünsche, denn oft entsteht der Wunsch zu sterben aus einer aktuellen Situation heraus, meistens dann, wenn sich eine besondere Nähe ergibt, oder wenn die krankheitsbedingten Einschränkungen besonders deutlich wahrgenommen werden.

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Angelika Feichtner, Ulrich Körtner, Rudolf Likar, Herbert Watzke, Dietmar Weixler

Assistierter Suizid

Hintergründe, Spannungsfelder und Entwicklungen

Springer-Verlag 2022, 380 Seiten

Softcover: ISBN 978-3-662-64346-4,

Preis: 56,53 Euro

eBook: ISBN978-3-662-64347-1,

Preis: 42,99 Euro

Literatur

  1. Anton-Vazquez V, et al. Cochrane Database Syst Rev. 2021;5(5):CD013235. doi: 10.1002/14651858.CD013235.pub2. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
  2. AWMF Leitlinie der Deutsche Sepsis Gesellschaft . S3-Leitlinie Sepsis — Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge. 2018. [Google Scholar]
  3. Darie AM, et al. Lancet Respir Med. 2022;10(9):877–887. doi: 10.1016/S2213-2600(22)00086-8. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
  4. Hunfeld KP, et al. Anaesthesist. 2008;57(4):326–37. doi: 10.1007/s00101-008-1345-7. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
  5. ÖGARI. Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (2021). https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210910_OTS0019/sepsis-weltweit-fuer-einen-vonfuenf-todesfaellen-verantwortlich-50-prozent-der-sepsis-ueberlebenden-leiden-an-langzeit-folgen. Accessed 14. Juni 2022

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