Skip to main content
Springer Nature - PMC COVID-19 Collection logoLink to Springer Nature - PMC COVID-19 Collection
. 2022 Dec 14;27(10):44–48. [Article in German] doi: 10.1007/s00735-022-1644-2

Veränderungen in anhaltenden Extremsituationen

Psychosoziale Belastungen von Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe während der Covid-19 Pandemie

Tanja Schuchter 1, Katharina Mayer 1, Manela Glarcher 1,
PMCID: PMC9875164  PMID: 36712463

Abstract

Hintergrund

Global hat das Covid-19 Virus zu zusätzlichen Herausforderungen bei Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe geführt.

Ziel

Ziel dieser Studie ist es, die dadurch entstandenen psychosozialen Arbeitsbelastungen beim gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, sowie der Pflege(fach)assisstenzberufe in einer österreichischen Schwerpunktkrankenanstalt zu eruieren. Zudem sollen Unterschiede im Erleben zwischen den Angehörigen des Gesundheits- und Krankenpflegepersonals und den Assistenzberufen sowie in Führungs- und Managementpositionen als auch zwischen Stationen mit und ohne Covid-19 positiven Patientinnen und Patienten erfasst werden.

Methode

Im Rahmen einer Mixed-Method Studie wurde eine webbasierte Umfrage mithilfe des Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) durchgeführt. Die qualitative Erhebung erfolgte mit vier offenen Fragestelllungen. Die Ergebnisse wurden deskriptiv sowie inferenzstatistisch mit einer einfaktoriellen Varianzanalyse und dem Mann-Whitney-U-Test analysiert. Die qualitativen Daten wurden durch eine zusammenfassende Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 104 Personen an der Befragung teil. Die Ergebnisse zeigen, dass die Pflege im Bereich emotionalen Arbeitsanforderungen und -menge (p < 0.01) belastet ist (p = 0.03), jedoch werden keine Unterschiede zwischen den einzelnen Berufsgruppen der Pflege deutlich. Personen in Fuhrungs- und Managementpositionen geben weniger Belastungen an als das restliche Pflegepersonal (p. 0.05). Bei der Unterscheidung der Belastungen zwischen Covid-19(-Verdachts-)Stationen und non-Covid-19-Stationen waren zwei Skalen (Anforderungen, Gefuhle zu verbergen & Entwicklungsmoglichkeit) statistisch signifikant (p ≤0.04).

Diskussion/Schlussfolgerung

Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen die psychosozialen Belastungen der Gesundheits- und Krankenpflege durch die Covid-19 Pandemie mit unterschiedlichen Ausprägungen und decken sich mit dem aktuellen Forschungsstand. Zukünftige Studien sollten sich mit den Auswirkungen auf die Arbeitsbelastungen für die Pflegepraxis beschäftigen.

Electronic Supplementary Material

Supplementary material is available for this article at 10.1007/s00735-022-1644-2 and is accessible for authorized users.

Schlüsselwörter: Psychosoziale Arbeitsbelastungen, Covid-19 Pandemie, Pflegepersonal, Krankenhaus, Advanced Practice Nurses


Im Dezember 2019 berichtete die World Health Organisation (WHO) erstmals von einer neu auftretenden Atemwegserkrankung. Rasch verursachte das Infektionsvirus COVID-19 eine Pandemie (WHO 2020). Auch in Österreich kam es zu einer großen Anzahl an Krankenhauseinweisungen und Todesfällen, sodass die nationale Gesundheitsversorgung überlastet wurde (Rabadán 2020).

Die psychische Belastung des Gesundheitspersonals hat sich durch das Infektionsvirus und damit verbundenen spezifischen Faktoren seit Pandemiebeginn verändert (Petzold et al. 2020). In einer in Österreich durchgeführten Studie wird deutlich, dass vor allem zu Beginn die Einschätzung über das Infektionsgeschehen, Engpässe in der Materialbeschaffung, mangelhafte Erfahrung und Routine in der Betreuung der Erkrankten, die bevorstehende unsichere Zeit sowie der fehlende Regelbetrieb die größten Belastungen für das medizinische Personal waren. Dazu kommt noch das erschwerte Arbeiten mit Schutzausrüstungen (Juen et al. 2020). Nach einem Jahr Pandemie sind mehr als die Hälfte der Gesundheits- und KKrankenpflegepersonen der Meinung, dass sich die Arbeitssituation weiter verschlechtert hat. Etwa 85 Prozent fühlen sich aufgrund der COVID-19 Pandemie psychisch mittelmäßig bis sehr stark belastet (Gferer und Gferer 2021).

In den vergangenen Jahren wurde häufig versucht, standardisierte Instrumente zur Aufzeichnung der psychischen Belastungen im Arbeitsumfeld zu entwickeln und zu validieren, jedoch fehlt aktuell ein wissenschaftlicher Konsens zum theoretischen Konstrukt, den Messmethoden sowie den vielfältigen Operationalisierungen des Begriffs „psychische Arbeitsbelastung“ (Ertel 2001). Eine Möglichkeit zur Erfassung von arbeitsbezogenen Belastungen bietet der Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ), welcher international anerkannt ist und in 19 Ländern eingesetzt wird (Quasdorf et al. 2018).

Daher wurde eine Mixed-Methods Studie durchgeführt unter Verwendung des deutschsprachigen COPSOQ mit folgender Fragestellung:

Welche psychische Belastung hat die Pandemie auf Angehörige der Gesundheitsund Krankenpflegeberufe in einem österreichischen Schwerpunktkrankenhaus?

Zudem sollte untersucht werden, ob es Unterschiede zwischen den Angehörigen des Gesundheits- und Krankenpflegepersonals und den Assistenzberufen, in Führungs- und Managementpositionen sowie zwischen Stationen mit COVID-19 positiven und Verdachtspatientinnen und -patienten und Stationen mit Non-COVID-Patientinnen und -Patienten gibt.

Material und Methode

Design

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde eine Mixed-Methods Studie mit eingebettetem qualitativem Design durchgeführt.

Studienpopulation

In die Befragung eingeschlossen wurden Angehörige des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege (DGKP), Pflegefachassistenz (PFA) und Pflegeassistenz (PA), die zum Zeitpunkt der Befragung ein aufrechtes Dienstverhältnis in einem Schwerpunktkrankenhaus und eine Mindestbeschäftigungsdauer von einem halben Jahr (letztmögliches Einstellungsdatum 1.3.2021) hatten. Keinen Einfluss hatten das Geschlecht, die generelle Berufserfahrung sowie das Arbeiten in speziellen Tätigkeitsbereichen.

Die Grundgesamtheit betrug 203 Personen (DGKP, PFA, PA). Mittels der G-Power konnte bei mittlerem Effekt von 0,31 (Cohens’ d), einem Signifikanzniveau von 95% und einem alpha-Fehler von 0,05 die errechnete Stichprobe von 104 erreicht werden. Somit sind die vorliegenden Ergebnisse für das Bundesland repräsentativ.

Datenerhebung

Die quantitative Datenerhebung erfolgte online zu einem einmaligen Zeitpunkt mithilfe des deutschsprachigen, mittellangen Fragebogen COPSOQ mit 87 Items in 26 Skalen. Diese behandeln allgemeine Fragen zur Arbeit sowie die Themengebiete Anforderungen am Arbeitsplatz, psychisches Wohlergehen, Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten der Arbeitsstelle, Verhältnis zu den Arbeitskolleginnen und -kollegen sowie die Führungsqualität. Die Antwortmöglichkeiten bestehen, mit Ausnahme weniger Fragen, aus einer fünf Punkte Likert-Skala (Nübling et al. 2006).

„International hat sich der Einsatz von APNs während der Pandemie bewährt.“

Ergänzend zum COPSOQ wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vier optionale offene Fragen zum Erleben der aktuellen Arbeitsbelastungen, negative und positive Veränderungen während der Pandemie sowie Zukunftswünsche gestellt.

Einem Pretest folgte die Befragung im September 2021, welche mittels des Online-Tools SoSci-Survey in einem Zeitraum von vier Wochen stattgefunden hat. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der österreichischen Krankenhausinstitution, welche die Einschlusskriterien erfüllten, erhielten eine Einladung via E-Mail zur Teilnahme an der anonymen Umfrage.*

Ergebnisse

Deskriptivstatistik

Insgesamt nahmen 108 Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe an der Befragung teil (Tab. 1). Vier Fragebögen waren unvollständig ausgefüllt und mussten aus der Analyse ausgeschlossen werden. Die optionalen offenen Fragen beantworteten zwischen 51 und 71 Personen. Bei den Tests auf Normalverteilung wurde festgestellt, dass die Ergebnisse des Kolmogorov-Smirnov- und des Shapiro-Wilk-Tests p-Werte < 0.05 erzielten. Es liegt somit keine Normalverteilung der Daten vor.

Psychosoziale Arbeitsbelastungen des Pflegepersonals (Tab. 2) Die Ergebnisse der Gesamtpopulation verdeutlichen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in insgesamt sieben von 25 Skalen psychosoziale Belastung erleben. Diese thematisieren die Anforderungen sowohl im Mengenmaß als auch im emotionalen Erleben, die Bedeutsamkeit und Vorhersehbarkeit der Arbeit sowie die Rollenklarheit, die Führungsqualitäten und die gebotene soziale Unterstützung. Bei den Skalen quantitative und emotionale Anforderung sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in dieser Studie stark belastet gewesen. Positiv wird hingegen die Bedeutung der Arbeit, die Vorhersehbarkeit und die Rollenklarheit der Arbeit erachtet. Die Probandinnen und Probanden fühlten sich von ihren Stationsleitungen gut geführt und von ihren Teammitgliedern unterstützt. Zwischen den psychosozialen Arbeitsbelastungen während der COVID-19 Pandemie zwischen den Berufsgruppen bestanden keine Unterschiede (DGKP n = 94; PFA & PA n = 10).

Psychosoziale Arbeitsbelastungen zwischen Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflege und jenen in Führungspositionen (Tab. 3) Bei allen Skalen mit statistisch signifikanten Ergebnissen (n = 8) wurde festgestellt, dass das Pflegepersonal ohne Führungsposition deutlich belasteter scheint. Bei den Anforderungen der Arbeit war der Wert für „Emotionen verbergen“ statistisch signifikant (p-Wert < 0.05). Beim Themenbereich „soziale Beziehung und Führungsqualität“ wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Skala Rollenkonflikt nach widersprüchlichen Anforderungen bei ihrer Arbeit gefragt. Diese waren bei Pflegepersonal ohne Führungs- und Managementposition deutlich höher. Im Bereich des Feedbacks gaben Pflegepersonen mit einer organisatorischen Zusatzaufgabe an, deutlich häufiger Rückmeldung über die Qualität der Arbeit von ihren direkten Vorgesetzen zu erhalten.

„Die psychische Belastung des Gesundheitspersonals hat sich durch das Infektionsvirus und damit verbundenen spezifischen Faktoren seit Pandemiebeginn verändert.“

Außerdem bewerten diese die unmittelbare Unterstützung als höher und erhalten mehr Zeit, um über ihre Probleme bei der Arbeit zu sprechen. Beim Themenbereich „Outcomes und Beschwerden“ wurden die meisten relevanten Unterschiede, bei fünf von sieben möglichen Skalen, ermittelt. Differenzen wurden bei „Absicht, Beruf aufzugeben“, „Arbeitszufriedenheit und dem derzeitigen Gesundheitszustand“, dem Copenhagen Burnout Inventory und der „Lebenszufriedenheit“ erforscht.

Psychosoziale Arbeitsbelastung bei unterschiedlichen Patientinnen- und Patientengruppen Zuletzt wurde überprüft, ob es einen Unterschied bei der Betreuung der Patientinnen- und Patientenkohorte gibt. Die erste Gruppe bildeten 97 Pflegepersonen, welche mit COVID-19 positiven uund/oder Verdachtsfällen zusammengearbeitet haben. Die zweite Kohorte (n= 7) war durch den fehlenden Kontakt zur oben genannten Patientengruppe charakterisiert. Diese kleine Anzahl ergibt sich daraus, dass die Institution in mehreren Wellen Pandemieschwerpunktzentrum war. Bei den Anforderungen wurden bei der Skala „Emotionen zu verbergen“ statistisch signifikante Ergebnisse (p-Wert 0.013) ermittelt. Jene ohne Kontakt hatten einen höheren Mittelwert (M = 79,29) als Pflegepersonal mit Kontakt (M = 50,57). Die Skala „Entwicklungsmöglichkeit“ zeigt, dass die Pflegemitarbeiterinnen und -mitarbeiter, welche mit COVID-19 Patientinnen und Patienten bzw. mit Verdachtspatientinnen und -patienten gearbeitet haben, diese als geringer bewerten.

* Datenanalyse: Nach dem Import der quanitativen Daten in IBM SPSS v27 wurden diese deskriptiv sowie inferenzstatistisch analysiert. Die Prüfung auf Normalverteilung erfolgte mit dem Kolomogorov-Smirnov- und dem Shapiro-Wilk-Test. Bei der Berechnung von Gruppenunterschiede kamen Mann-Whitney-U-Tests sowie einfaktorielle Varianzanalysen (ANOVA) zur Anwendung. Die Homogenität der Fehlervarianzen wurde mit dem Levene-Test geprüft, das partielle Eta-Quadrat wurde zur Berechnung der Effektstärke verwendet und der Scheffé-Post-hoc-Test zur Überprüfung der Unterschiede zwischen den Stichprobenmitteln auf Signifikanz. Für den Mann-Whitney-U-Test wurde zusätzlich der Pearson Korrelationskoeffizient (r) herangezogen.

Die qualitativen Daten wurden nach den Transkriptionsregeln von Dresing und Pehl (2018) aufbereitet und im Rahmen einer zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (2016) ausgewertet. Die initialen Codes wurden mithilfe der MaxQDA Software gebildet, sortiert und klassifiziert.

Ethische Aspekte: Für das Forschungsvorhaben wurde die Genehmigung der für das Bundesland zuständigen Ethikkommission eingeholt. Um an der Umfrage teilnehmen zu können, musste eine informierte Zustimmung bezüglich der Studien- und Datenschutzinformation von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorliegen.

Qualitative Ergebnisse

Im Fragebogen COPSOQ (Nübling et al. 2005) wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmer drei offene Fragen aus dem Bereich der Phänomenologie gestellt. Diese behandelten die höchsten Arbeitsbelastungen des Pflegepersonals, die negativen als auch positiven Veränderungen am Arbeitsplatz sowie Zukunftswünsche. Da diese optional zu beantworten waren, haben je nach Frage zwischen 51 und 71 Personen geantwortet.

Als besondere Belastung zeigte sich die Hauptkategorie Schutzausrüstung, welche von der Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwähnt wurde. Das Fehlen von adäquater bzw. nicht desolater Schutzkleidung, das Ein- und Ausschleusen aber auch das Tragen wurden als anstrengend empfunden. Viele Teilnehmenden beklagten das hohe Arbeitspensum, die körperliche und psychische Anstrengung sowie eine Reduktion der Pflegequalität. Zehn Prozent nannten die Ungewissheit als einen großen Belastungsfaktor. Es gab viele Dienstplanänderungen und die Kommunikation im Team hat aufgrund von diversen Schutzmaßnahmen gelitten. Des Weiteren sei die Unterstützung seitens der Managementebene zu wenig gewesen.

Zum Thema Veränderungen am Arbeitsplatz wurden deutlich häufiger Nachteile als Vorteile der COVID-19 Pandemie genannt. Als positiv wurden eine gestärkte Teamarbeit und ein Gewinnbringungseffekt für das Individuum wahrgenommen. Es konnten sowohl im persönlichen als auch im fachlichen Bereich Erfahrungen gemacht werden. Als negativ, wurde abermals das hohe Arbeitspensum, gekennzeichnet durch fehlende Zeit- und Personalressourcen angegeben. Die Arbeit war durch eine erschwerte Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten, die individuelle Überlastung und pandemiebedingte Maßnahmen (Schutzkleidung, Überstunden, Teamsplitting etc.) mühsam. Laut Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde seitens der Managementebene zu wenig Anerkennung und Unterstützung erbracht.

Außerdem wünschen sich die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine bessere Personaldeckung, psychische Unterstützung und eine Veränderung der Arbeitsbedingungen (Gehaltserhöhung, vermehrte Pausenzeiten, Dienstplananpassungen). Für das künftige Pandemiegeschehen fordert das Pflegepersonal eine Unterstützung der Krankenhausinstitution im Bereich der Organisation (Informationsfluss, Schutzmaßnahmen) und monetäre sowie zeitliche Boni. Die Belastungsgrenzen sind laut einigen Angaben bei Weitem nicht mehr so hoch wie früher.

Diskussion

In dieser Studie werden erstmalig die psychosozialen Belastungen von Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufen während der vierten Welle im November 2020 in der COVID-19 Pandemie in einem österreichischen Bundesland aufgezeigt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Pilotstudie waren laut den quantitativen Ergebnissen vor allem emotional und körperlich stark belastet (p< 0.05). Neben der hohen Arbeitsmenge und der Absicht, den Beruf aufzugeben, bewerteten die Probandinnen und Probanden ihre Arbeits- und Lebenszufriedenheit schlecht. Auch gesundheitlich fühlen sich die Pflegenden überbelastet und haben ein Risiko, an Burnout zu erkranken. Diese quantitativen Ergebnisse spiegeln die Aussagen im qualitativen Teil wider. Hier wurden vor allem die mangelhafte, oder teilweise fehlende Schutzausrüstung, das erhöhte Arbeitspensum und die fehlende Wertschätzung und Unterstützung seitens der Führung kritisiert. Die Angst, sich und andere mit dem Virus zu infizieren, ein sich ständig ändernder Dienstplan, sowie diverse Einschränkungen in der Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten, Teammitgliedern aber auch mit dem Management waren besondere Belastungsfaktoren während der COVID-19 Pandemie.

Im Vergleich dazu konnte in ähnlichen europäischen Studien verdeutlicht werden, dass ein Anstieg an emotionalem Stress und eine erhebliche Burnout-Gefahr für das Pflegepersonal verursacht durch die Pandemie besteht (Bellanti et al. 2021; Gferer und Gferer 2021; Giménez-Espert et al. 2020; Lorente et al. 2020; Manzano García und Ayala Calvo 2020; Sayilan et al. 2020; Simonetti et al. 2021). Auf der einen Seite wirken sich personelle Ressourcen und ein guter Informationsfluss seitens des Managements positiv auf die Arbeitszufriedenheit und die Psyche aus (Giménez-Espert et al. 2020). Andererseits fördern Überstunden, das Tragen der Schutzausrüstung, der Personalmangel, ein erhöhter organisatorischer Aufwand sowie die fehlende Absehbarkeit der COVID-19 Pandemie zu Belastung und Stress bei (Gferer und Gferer 2021).

Durch die psychosozialen Arbeitsbelastungen werden eine Niedergeschlagenheit im Beruf und fehlende Motivation sowie eine schlechte psychische Verfassung von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern erwähnt. Bei einer Befragung der österreichischen Arbeiterkammer wurde im Jahr 2014 ermittelt, dass das Pflegepersonal selten an einen Berufswechsel gedacht hat (Geissler 2014). Dies hat sich laut der hier vorliegenden Umfrage geändert. Mehr als zehn Personen würden den Beruf (DGKP, PFA & PA) nicht wieder wählen. Bestätigt wird dies durch die Ergebnisse von Gferer und Gferer (2021) und Bellanti et al. (2021).

Rosa et al. (2020) empfehlen die Einrichtung einer COVID-19-Taskforce mit einer starken Präsenz von Advanced Practice Nurses (APNs). Sie können bei der Ressourcenzuweisung von Technologien und über die Personalplanung praxisrelevante Informationen liefern. APNs haben ein institutionelles Wissen und erörtern, warum gesetzte Anforderungen nicht effektiv in die Praxis umgesetzt werden. Der Theorie-Praxistransfer durch die APNs soll daher helfen, Maßnahmen umsetzbarer zu gestalten.

Fehlende Unterstützung und Wertschätzung führen zu einem Verlust der Identifikation mit dem Unternehmen. Daraus resultiert moralischer Distress und die Gefahr, an Burnout zu erkranken. Auch in dieser Pilotstudie werden die fehlende Unterstützung und Wertschätzung bemängelt. Die emotionalen Belastungsfolgen (emotionale Anforderungen, Copenhagen Burnout Inventory) spiegeln sich auch in dieser Pilotstudie signifikant wider (p < 0.05). Allgemein betrachtet, zeigt sich, dass durch den Einsatz von APNs ein qualitatives Pandemiemanagement, bessere Pflegeoutcomes erzielt und die Behandlungskosten gesenkt werden können (Rosa et al. 2020).

Deshalb kann auch dieses Berufsbild in künftigen Krisensituationen einen wertvollen Beitrag in verschiedensten Bereichen leisten (Bekemeier et al. 2021). Damit jedoch auch Österreich von dieser Berufsgruppe profitieren kann, müssen mehr Ausbildungsplätze und gesetzliche Veränderungen zur Erlaubnis der erweiterten Pflegepraxis vorliegen (Glarcher und Lex 2020).

Limitationen

Neben der Limitation der sozial erwünschten Antworten kann auch die Rücklaufquote (vor allem in der Gruppe der Betreuung von non-COVID-19 Patientinnen und Patienten) und die geringe Teilnahme der Assistenzberufe (Pflege(fach)assistenz) llimitierende Auswirkungen haben. Potenzielle Gründe reichen von einem schwindenden Interesse und keinen merklichen Einschränkungen im Arbeitsalltag, wenn kein Kontakt zu COVID-19 Patientinnen und Patienten besteht, bis zur kürzlichen Einführung der Berufsgruppe der Pflege(fach)assistenz.

Für künftige Forschungsprojekte empfiehlt die Autorin dieser Arbeit eine exaktere Berufsgruppenverteilung bei der Auswahl der Stichprobe, sofern dies erwünscht ist.

Zusammenfassung

Durch die COVID-19 Pandemie haben sich psychosoziale Belastungen für das Gesundheits- und Krankenpflegepersonal ergeben. Die in dieser Untersuchung gewonnenen Ergebnisse können auch durch nationale sowie internationale Erkenntnisse gestützt werden. Aufgrund des Andauerns der COVID-19 Pandemie werden weitere Studien in diesem Bereich empfohlen. International hat sich der Einsatz von APNs während der Pandemie bewährt.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Für diese Forschung wurden keine spezifischen Zuschüsse von öffentlichen, kommerziellen oder gemeinnützigen Einrichtungen gewährt.

Die Autorinnen erklären, dass keine Interessenkonflikte bestehen. Die im Text angeführten Tabellen sind als elektronisches Zusatzmaterial zum Artikel verfügbar.

Electronic supplementary material

Literatur

  1. Bekemeier B, et al. Nursing Outlook. 2021;69(5):865–874. doi: 10.1016/j.outlook.2021.03.023. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
  2. Bellanti F, et al. Int. J. of Environ. Res. and Public Health. 2021;18:1–14. doi: 10.3390/ijerph18105051. [DOI] [Google Scholar]
  3. Dresing T, Pehl T. Praxisbuch Interview, Transkription & Analyse. Anleitungen und Regelsystem für qualitativ Forschende. Marburg: Eigenverlag; 2018. [Google Scholar]
  4. Ertel M. Möglichkeiten und Grenzen bei der Erfassung psychischer Belastungen in der Arbeitswelt. In: C C F, I F-B, F G, K.-T W, editors. Psychischer Stress in der Arbeitswelt. Erkennen — mindern — bewältigen. Eschborn: RKW; 2001. pp. 30–32. [Google Scholar]
  5. Geissler H. „Zfrieda schaffa im Krankahus“. Ergebnisse der Befragung der Beschäftigten in den Vorarlberger Landeskrankenhäusern. krankenhaus_32ohne 126_Layout 1 (arbeiterkammer.at) 2014. [Google Scholar]
  6. Gferer A, Gferer N. Procare. 2021;26:50–56. doi: 10.1007/s00735-021-1378-6. [DOI] [Google Scholar]
  7. Glarcher M, Lex K M. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen. 2020;155:11–16. doi: 10.1016/j.zefq.2020.06.012. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
  8. Giménez-Espert C, et al. Frontiers in Public Health. 2020;8:1–10. doi: 10.3389/fpubh.2020.566896. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
  9. Juen B, Korunka C, Kubicek B, Prinz WH, Rakowsky S. COVID-19 und die Arbeitswelt: Psychosoziale Bedingungen, Entwicklungen und Effekte. 2020. [Google Scholar]
  10. Lorente L. et al. (2020): J. of Advanced Nurs., 77, 1335-1344. [DOI] [PMC free article] [PubMed]
  11. Manzano García G, Ayala Calvo JC. J. of Advanced Nurs. 2020;77:832–844. doi: 10.1111/jan.14642. [DOI] [PubMed] [Google Scholar]
  12. Mayring P. Einführung in die qualitative Sozialforschung. Weinheim: Beltz; 2016. [Google Scholar]
  13. Nübling M, Stößel U, Hasselhorn H- M, Michaelis M, Hofmann F. Methoden zur Erfassung psychischer Belastungen. Fb 1058 Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Berlin, Dresden, Dortmund: Wissenschaftsverlag NW; 2005. [Google Scholar]
  14. Nübling M, et al. GMS Psycho-Social-Medicine. 2006;3:1–14. [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
  15. Petzold MB, Plag J, Ströhle A. Psychische Belastungen können reduziert werden: Der Prävention und Reduktion der psychischen Belastung in der Allgemeinbevölkerung im Rahmen der COVID-19-Pandemie kommt aktuell eine wichtige Bedeutung zu. Eine Synopse von Handlungsempfehlungen für den ärztlichen Alltag. 2020. [Google Scholar]
  16. Rabadán R. Das Coronavirus verstehen. Berlin, Heidelberg: Springer; 2020. [Google Scholar]
  17. Rosa W E, et al. Int. Nurs. Review. 2020;67:554–559. doi: 10.1111/inr.12632. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
  18. Sayilan A A, et al. Perspectives in Psychiatric Care. 2020;5:1231–1236. [Google Scholar]
  19. Simonetti V, et al. J. of Clinical Nurs. 2021;30(9–10):1360–1371. doi: 10.1111/jocn.15685. [DOI] [PMC free article] [PubMed] [Google Scholar]
  20. World Health Organisation WHO . WHO erklärt COVID 19-Ausbruch. 2020. [Google Scholar]

Associated Data

This section collects any data citations, data availability statements, or supplementary materials included in this article.

Supplementary Materials


Articles from Procare are provided here courtesy of Nature Publishing Group

RESOURCES